Die Zahl der Langzeitarbeitslosen in den Vereinigten Staaten steigt weiter an. Millionen Arbeitslose sind gezwungen, für sich selbst zu sorgen, da der US-Kongress jegliche Hilfe zum Schutz vor Hunger, Armut und Obdachlosigkeit verweigert.
Aus dem Arbeitsmarktbericht des US-Arbeitsministeriums von letzter Woche geht hervor, dass nicht weniger als 695.000 Arbeiter jüngst ihre Stelle verloren haben.
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, die seit 27 Wochen oder länger arbeitslos sind, stieg um 781.000 auf 2,4 Millionen. Diese ehemals Beschäftigten haben damit ihr 26-Wochen-Limit für staatliche Arbeitslosenunterstützung ausgeschöpft. Weitere fünf Millionen Arbeitslose werden dieses Limit in den nächsten zwei Monaten erreichen.
Ende Juli ließ der Kongress den Zuschuss von 600 Dollar pro Woche auslaufen, der zusätzlich zu den Leistungen der jeweiligen Bundesstaaten ausgezahlt wurde. Hierdurch hat sich das wöchentliche Einkommen vieler Menschen in den letzten zwei Monaten um zwei Drittel oder mehr verringerte.
Trump hat zwar eine Lohnausfall-Unterstützung für sechs Wochen in Höhe von 300 Dollar pro Woche versprochen, doch die für dieses völlig unzulängliche Programm bereitgestellten Mittel sind schnell versiegt. Mindestens neun Bundesstaaten haben bereits bekannt gegeben, dass sie die Zahlung der Zusatzleistung eingestellt haben.
Der Kongress hat kein Interesse an der Fortzahlung der Arbeitslosenunterstützung, und den Leitmedien ist das Thema kaum eine Erwähnung wert. Erst recht ist es kein Thema für den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten Joe Biden. Die Frage einer Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung wurde in den Debatten nicht ein einziges Mal angesprochen.
Unter diesen Bedingungen wächst die Zahl der Menschen, die kaum wissen, wovon sie leben sollen. Im August verteilte das Feeding America-Netzwerk der Lebensmittelausgaben rund 593 Millionen Mahlzeiten, was einem Anstieg von 64 Prozent gegenüber einem typischen Monat vor der Pandemie entspricht. Meals on Wheels America, eine andere Wohltätigkeitsorganisation, berichtete, dass in ihren Lebensmittelprogrammen im August durchschnittlich 77 Prozent mehr Mahlzeiten ausgegeben wurden als vor dem 1. März 2020. Im gleichen Zeitraum sei die Zahl der Senioren mit hohem Armutsrisiko um 47 Prozent gestiegen.
Eine letzte Woche von Feeding America veröffentlichte Analyse prognostiziert für die nächsten 12 Monate eine Fehlmenge von 6 bis 8 Milliarden Mahlzeiten. Der Gesamtbedarf an karitativ eingesetzten Lebensmitteln wird nach Schätzungen von Feeding America im nächsten Jahr mehr als acht Millionen Tonnen betragen, mehr als dreimal so viel wie im vergangenen Jahr.
Einer kürzlich vom US Census Bureau im August durchgeführten Umfrage zufolge können sich 10,5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in den USA bzw. 22,3 Millionen Erwachsene die angemessene Ernährung ihrer Familien nicht leisten. Diese Zahl lag im März noch bei 18 Millionen.
Die Situation verschlimmert sich durch eine neue Runde von Massenentlassungen, unter anderem bei Fluggesellschaften, Unterhaltungskonzernen und Flugzeugherstellern, die staatliche Gelder in Milliardenhöhe aus dem CARES-Gesetz und in Form von Steuernachlässen erhalten haben. Allein in den letzten Tagen haben diese Unternehmen fast 100.000 neue Entlassungen angekündigt.
Am vergangenen Donnerstag begannen United, American und andere große US-Fluggesellschaften mit der Entlassung von 32.000 Flugbegleitern, Piloten und anderen Beschäftigten der Fluggesellschaften nach dem Auslaufen des vorübergehenden Verbots dauerhafter Stellenstreichungen, das im CARES-Gesetz an die Mittel in Höhe von 24 Milliarden Dollar zur Rettung der Fluggesellschaften enthalten war. Am Montag sagte der CEO von Southwest Airlines Gary Kelly, dass alle Mitarbeiter bis zum 1. Januar 2021 eine Gehaltskürzung von 10 Prozent hinnehmen müssten, um einen dauerhaften Stellenabbau zu vermeiden.
Diese Woche schließt Cineworld, die zweitgrößte Kinokette der Welt, ihre Lichtspielhäuser in den USA und in Großbritannien und entlässt 45.000 Mitarbeiter, darunter fast 40.000 in ihren amerikanischen Kinos. Vorausgegangen war die Ankündigung von Disney in der vergangenen Woche, dass das Unternehmen 28.000 seiner 100.000 Beschäftigten in den US-amerikanischen Freizeitparks entlassen werde.
Die Kaufhauskette JCPenney wird als Teil ihres Plans, aus dem Konkurs herauszukommen, 149 Läden schließen und 15.000 Arbeitsplätze noch vor dem Weihnachtsgeschäft abbauen.
Weitere 280.000 Arbeiter verloren im vergangenen Monat Arbeitsplätze im Bildungswesen, da neue Sparmaßnahmen gelten, obwohl der Unterrichtsbetrieb in unzulänglich vorbereiteten Schulen wieder aufgenommen wurde.
Die herrschende Klasse in den USA versucht, die Massenarbeitslosigkeit und die drohende Armut als Peitsche zu benutzen, um Arbeiter zurück in unsichere Fabriken und an unsichere Arbeitsplätze zu treiben und um dadurch die Finanzoligarchie weiter zu bereichern. Dies ist die Politik nicht nur von Trump und den Republikanern, sondern auch von den Demokraten auf allen Ebenen des Staates. Aus diesem Grund wurde die Abschaffung der Arbeitslosenunterstützung von beiden Parteien unterstützt.
Aber die Arbeiter wehren sich zu ihrer eigenen Verteidigung. In dieser Woche werden Krankenpfleger und andere Beschäftigte des Gesundheitswesens in Minneapolis und Nordkalifornien streiken. Proteste von Lehrern, Eltern und Schülern gegen die unsicheren Bedingungen in den Schulen, die bereits zum Tod von 30 Pädagogen und zur Infektion bei Tausenden Schülern geführt hat, breiten sich in New York, Wisconsin und anderen Bundesstaaten aus.
Zwar unterstützen die Gewerkschaften die schändliche Kampagne für die Rückkehr in Schule und an den Arbeitsplatz, doch Lehrkräfte, Autoarbeiter und andere Beschäftigte in Michigan, Indiana, Illinois, Texas, Florida und in anderen Bundesstaaten haben eigene Sicherheitskomitees gegründet.
In einem gestrigen Bericht spricht der Präsident der Weltbank David Malpass von einer „Pandemie der Ungleichheit“ ein Begriff, den zuerst die World Socialist Web Site prägte, und warnt die herrschenden Eliten vor den potenziell revolutionären Folgen eines internationalen Widerstands der Arbeiterklasse. „In einer vernetzten Welt, in der die Menschen so gut informiert sind wie nie zuvor“, sagt Malpass, „wird diese Pandemie der Ungleichheit – mit steigender Armut und sinkenden Medianeinkommen – in wachsendem Maße die Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung und der politischen Stabilität bedrohen.“
Die Furcht der herrschenden Klasse vor einem zunehmenden Widerstand in der Bevölkerung gegen die mörderische Politik der „Herdenimmunität“ ist der Grund für die Hinwendung zu autoritären Maßnahmen, einschließlich Trumps Drohung mit einem präsidialen Staatsstreich, falls er die Wahlen verliert. Einem Bericht des Wall Street Journal vom Montag zufolge trainiert die New Yorker Polizei bereits ihre 35.000 Einsatzkräfte, „um sich auf die Möglichkeit verbreiteter Unruhen nach der US-Präsidentschaftswahl und der Nominierung einer neuen Richterin am Obersten Gerichtshofs vorzubereiten“.
Was Biden und die Demokraten betrifft, so fürchten sie nichts mehr als eine Bewegung von unten gegen Trump. Gegen jede Gefahr, die eine solche Entwicklung für die Konzern- und Finanzoligarchie bedeutet, würden die Demokraten ebenso rücksichtslos vorgehen wie die Republikaner.
Aber genau eine solche Bewegung braucht es jetzt. Der wachsende Widerstand der Arbeiter und Jugendlichen gegen die Pandemie, die soziale Ungleichheit, die Polizeigewalt, die Gefahr des Faschismus und des Krieges muss gebündelt werden. In jedem Betrieb und in jeder Stadt müssen neue Organisationen gegründet werden, die unabhängig von den korrupten Gewerkschaften und den beiden kapitalistischen Parteien sind und einen politischen Generalstreik vorbereiten.
Die herrschende Klasse in den USA, die nichts als Massensterben und soziales Elend produziert hat, kann keinen legitimen Anspruch auf die politische Macht erheben. Es liegt an der Arbeiterklasse, die Zügel selbst in die Hand zu nehmen, das Privatvermögen der Milliardäre zu enteignen und eine sozialistische Umstrukturierung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens vorzunehmen, um die Bedürfnisse der Gesellschaft und nicht der wenigen Reichen zu befriedigen.