Die Socialist Equality Party verurteilt die faschistisch anmutende Polizeirazzia bei der Datenexpertin Rebekah Jones, die Informationen zur Corona-Pandemie in Florida und in den Schulen der USA verbreitet.
Ein Polizeikommando des US-Bundesstaats Florida drang am Montag in Jones' Haus ein und richtete Schusswaffen auf sie und ihre Familie. Die Beamten beschlagnahmten ihr Telefon, ihren Computer und mehrere Festplatten, sodass sie keine Daten über Corona-Ausbrüche mehr veröffentlichen kann.
Die Unterzeichnung des Durchsuchungsbefehls, twitterte Jones am Freitag, war offenbar eine der ersten Amtshandlungen von Bezirksrichter Joshua Hawkes. Dieser war erst im September vom republikanischem Gouverneur Floridas, Ron DeSantis, ernannt worden. DeSantis tut sich als Anhänger von US-Präsident Donald Trump hervor, der im Interesse der herrschenden Klasse die Politik der „Herdenimmunität“ vorantreibt und nicht lebensnotwendige Betriebe und Schulen offen hält.
Die von der Polizei beschlagnahmten Datenträger, so Jones gegenüber CNN, enthielten Beweise dafür, dass Beamte aus Florida „im Januar über interne Berichte und Mitteilungen der CDC [Infektionsschutzbehörde] gelogen haben“. Außerdem seien darauf „Beweise für illegale Aktivitäten des Staats“ gespeichert.
Gegen diese dreiste Unterdrückung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit muss Widerstand geleistet werden! Die Arbeiterklasse in den USA und weltweit muss Jones und alle Whistleblower verteidigen und für die vollständige Transparenz und Offenlegung aller Corona-Daten kämpfen!
Als ehemalige Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums von Florida gehört Jones zu den bekanntesten Datenexperten in den USA. Sie war an der Entwicklung des Corona-Dashboards für Florida beteiligt, mit dem die Ausbreitung der Pandemie unter Einsatz geografischer Informationssysteme dokumentiert wird. Im Mai war sie gefeuert worden, weil sie sich geweigert hatte, Daten zu manipulieren, um die Kampagne des Gouverneurs zur Rückkehr in die Betriebe und Schulen zu unterstützen.
Nach ihrer Entlassung half Jones bei der Entwicklung und Überwachung von „Florida COVID Action“ und „The COVID Monitor“, den umfassendsten Datenbanken für Corona-Infektionen und Todesfälle in Florida bzw. in den Primar- und Sekundarschulen in den gesamten USA.
Ihr Einsatz für diese Projekte und ihre unverblümte Kritik an DeSantis und Trump machten sie zur Zielscheibe des jüngsten staatlichen Angriffs. Unermüdlich warnte sie vor der verantwortungslosen Politik, die Schulen mitten in der schlimmsten Pandemie zu öffnen.
Der konkrete Anlass für die Polizeirazzia am Montag war der Verdacht, Jones sei für eine E-Mail an die Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums von Florida verantwortlich, in der diese beschworen werden, „den Mund aufzumachen, bevor weitere 17.000 Menschen tot sind“. Jones bestreitet, die E-Mail verschickt zu haben. Ihrer Ansicht nach wurden ihre Geräte zum Teil deshalb beschlagnahmt, weil festgestellt werden soll, mit welchen Mitarbeitern des Gesundheitsministeriums sie in Kontakt steht. Diese Mitarbeiter würden in naher Zukunft wahrscheinlich ebenfalls entlassen.
Die Razzia dient der mörderischen Politik, Schulen und nicht lebenswichtige Betriebe offen zu halten, obwohl die Pandemie außer Kontrolle ist. Kritische Wissenschaftler sollen eingeschüchtert werden, damit sie nicht mehr vor den Gefahren warnen, denen Arbeiter und Jugendliche ausgesetzt sind.
Jones und zwei Kollegen von „The COVID Monitor“ veröffentlichten am 2. Dezember in US News einen Artikel mit dem Titel „Sollten die Schulen offen bleiben? Immer langsam“. Sie stellten fest, dass sich über 1 Million Kinder mit dem Coronavirus angesteckt hatten, und kamen zu dem Schluss: „Unsere Daten zeigen, dass Schulen nicht die sicheren Zufluchtsorte oder Silos sind, für die manche sie hielten, und dass sie in Wirklichkeit auf verschiedene Weise zur Verbreitung von Covid-19 beitragen... Unserer Meinung nach zeigen die Daten, dass Schulen NICHT sicher sind und dass sie zur Verbreitung des Virus beitragen – sowohl in Schulen als auch in den damit verbundenen Communitys.“
„The COVID-Monitor“ dokumentiert, dass mindestens 187.351 Schüler und 80.689 Pädagogen in Schulen in den USA infiziert wurden. „Florida COVID Action“ meldet insgesamt 1.178.703 Infizierte und 19.716 Todesfälle in Florida, darunter 101.264 Infizierte und neun Todesfälle bei Kindern.
Die Polizeirazzia fand am selben Tag statt, an dem in New York City, dem größten Schulbezirk der USA, die Schulen wieder geöffnet wurden. Dieses verantwortungslose Vorgehen hatte die New York Times Tag für Tag gefordert. Vor allem Bürgermeister Bill de Blasio (Demokraten) und der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft UFT, Michael Mulgrew, machten sich dafür stark. Beide Parteien und die Gewerkschaften unterstützen die Wiedereröffnung der Schulen.
Ebenso wie die nationale Kampagne zur Wiedereröffnung von Schulen, die von der Trump-Administration angeführt wird, basiert auch das Vorgehen in New York City nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern auf den Profitinteressen der Finanzoligarchie.
Die Öffnung der Schulen ist für die Strategie der herrschenden Klasse von zentraler Bedeutung. Um Eltern zu zwingen, an unsichere Arbeitsplätze zurückzukehren, an denen sie oftmals einer brutalen Ausbeutung ausgesetzt sind, müssen die Schulen als Verwahranstalten für die Kinder geöffnet werden. Die Demokraten, eine Partei der Wall Street und des Finanzkapitals, sind dabei genauso schuldig wie die Republikaner.
Der designierte Präsident Joe Biden hat sich nicht zur Verteidigung von Jones oder zum Recht auf Zugang zu Daten über die Ausbreitung der Pandemie geäußert. Stattdessen erklärte Biden in einer Rede am Dienstag: „Es sollte eine nationale Priorität sein, unsere Kinder wieder in die Schule zu bringen und sie in der Schule zu halten“. Er werde sich dafür einsetzen, „dass die meisten unserer Schulen am Ende meiner ersten 100 Tage geöffnet werden können“.
Ungefähr die Hälfte aller Schüler in den USA besucht derzeit Schulen, die nur Online-Lernen anbieten, 32,5 Prozent besuchen Schulen mit reinem Präsenzunterricht, und knapp 17 Prozent besuchten Hybridschulen. Wenn Biden sein Ziel erreicht, werden bis Ende April, lange bevor die Bevölkerung vollständig geimpft ist, zig Millionen weitere Schüler in unsichere Klassenzimmer zurückkehren.
In seiner Rede verbreitete Biden die Lüge, dass Schulen in den kommenden Monaten sicher geöffnet werden können, indem zusätzliche Mittel für kosmetische Sicherheitsmaßnahmen bereitgestellt werden. Die Präsidentin der Lehrergewerkschaft American Federation of Teachers (AFT), Randi Weingarten, ihres Zeichens Mitglied des Nationalkomitees der Demokraten und potentielle Anwärterin auf das Amt der Bildungsministerin, gab diesem Betrug ihre volle Unterstützung und twitterte: „Halleluja! Im Gegensatz zu Trump versteht der designierte Präsident Biden, was wir brauchen, um die Schulen wieder sicher zu öffnen.“
Die Beschlagnahme von Jones' Ausrüstung und die Versuche, ihre Berichterstattung über Infektionen und Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus zu zensieren, ist der jüngste Akt im jahrzehntelangen Krieg des amerikanischen politischen Establishments gegen Whistleblower.
„The COVID Monitor“ sammelt Daten über Ausbrüche an Schulen, die anonym gemeldet werden können. Darin ähnelt er der Plattform WikiLeaks, die anonym eingereichte Dokumente über unzählige Verbrechen des amerikanischen und internationalen Imperialismus veröffentlicht hat. Als sich herausstellte, dass beinahe 750.000 Dokumente zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak von Chelsea Manning stammten, wurde die Whistleblowerin sieben Jahre lang inhaftiert und seelischer Folter unterworfen. WikiLeaks-Gründer Julian Assange wird seit zehn Jahren unerbittlich verfolgt und sitzt derzeit im Londoner Gefängnis Belmarsh ein. Er wartet auf ein Urteil über seine Auslieferung an die USA, wo ihm eine 175-jährige Haftstrafe droht.
Diese beiden mutigen Whistleblower wurden, ebenso wie Edward Snowden und viele andere, unter der Obama-Biden-Administration ebenso gejagt wie unter Trump, und die neue Biden-Harris-Regierung wird den Angriff auf die Redefreiheit verstärken.
Die Strategie der herrschenden Klasse, eine „Herdenimmunität“ ohne Impfstoff zu entwickeln, basiert auf der Unterdrückung von Daten und der Verdrehung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Eine solche Politik kann nur durch polizeistaatliche Maßnahmen wie die Razzia in Jones' Haus umgesetzt werden.
Die Arbeiterklasse ist die einzige gesellschaftliche Kraft, die in der Lage ist, die demokratischen Grundrechte zu verteidigen. Volle Transparenz aller Daten zu Corona-Infektionen entspricht ihren objektiven Interessen.
Die SEP ruft alle Arbeiter und Jugendlichen auf, Jones und alle Whistleblower zu verteidigen und für einen umfassenden Plan zur Eindämmung der Pandemie zu kämpfen.
Nicht lebensnotwendige Betriebe und die Schulen müssen sofort geschlossen werden. Alle Arbeiter müssen vollen Schutz vor Lohneinbußen und vor dem Verlust der Wohnung erhalten. Sie brauchen medizinische Versorgung und hochwertige Lebensmittel, bis die Pandemie eingedämmt wurde und vertrauenswürdige medizinische Experten bestätigen, dass der Impfschutz für die Bevölkerung ausreichend ist. Um diese Sozialprogramme zu finanzieren, müssen die riesigen Vermögen der herrschenden Eliten enteignet werden. Nachdem sie schon jahrzehntelang Billionen gehortet hatten, sind seit Beginn der Pandemie noch einmal 1 Billion Dollar dazugekommen.
Der Kampf zur Verteidigung demokratischer Rechte und zur Eindämmung der Pandemie erfordert einen revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus und für den Sozialismus. Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Gesellschaft nach dem Prinzip der sozialen Gleichheit völlig neu organisiert werden muss, um den Bedürfnissen der großen Mehrheit gerecht zu werden. Wer dieses Programm unterstützt und die Notwendigkeit erkennt, für seine Verwirklichung zu kämpfen, sollte sich heute noch entscheiden, Mitglied der Sozialistischen Gleichheitspartei zu werden und bei ihrem Aufbau mitzuhelfen.