Bereiten Trump und Netanjahu Krieg gegen den Iran vor?

Die Trump-Regierung könnte noch in der letzten Woche ihrer Amtszeit einen Krieg gegen den Iran vom Zaun brechen. Darauf weisen ein massiver israelischer Luftangriff auf Syrien, den die USA unterstützt haben, und mehrere Iran-feindliche Maßnahmen hin, die das US-Außenministerium vergangene Woche beschlossen hat.

Israelische Kampfflugzeuge haben am Dienstag mehrere Ziele in der Grenzregion um die Städte Deir Ez Zor und Abu Kamal angegriffen, in der Nähe eines wichtigen Grenzübergangs zum Irak. Es war schon der vierte, wenn auch bei weitem nicht der größte, israelische Luftangriff auf Syrien in den letzten zwei Wochen.

Trümmer eines Hauses nach israelischem Luftangriff, Damaskus, April 2020.(Foto: SANA via AP)

Berichte aus der Region deuten darauf hin, dass Israel zurzeit die schwersten Angriffe auf die Region führt, seitdem Tel Aviv vor fast zehn Jahren in Absprache mit der CIA den Krieg für einen Regimewechsel in Syrien begonnen hat. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bei den Angriffen am Dienstag 57 Menschen getötet, darunter Soldaten der syrischen Armee und Mitglieder der vom Iran unterstützten Milizen. Weitere 37 Personen seien verwundet worden.

Obwohl sich Israel wie üblich weigert, die Verantwortung für diese Angriffe zu bestätigen oder zu leugnen, unterscheiden sich die Luftangriffe vom Dienstag doch in einem Punkt: Ein „erfahrener US-Geheimdienstagent“ soll der Associated Press unter Wahrung seiner Anonymität bestätigt haben, dass Israel den Angriff durchgeführt und Washington die geheimdienstliche Aufklärung dazu geliefert hätten.

Wie es in demselben AP-Bericht weiter heißt, hat US-Außenminister Mike Pompeo am Montag mit Yossi Cohen, dem Chef der israelischen Spionage-Agentur Mossad, im Nobelrestaurant Café Milano in Georgetown [Washington] diniert. Bei dem gemeinsamen Abendessen, so der Bericht, sei über die bevorstehenden Luftangriffe gesprochen worden.

Offenbar wurde auch die Rede, die Pompeo dann am Dienstag im National Press Club halten sollte, zwischen den beiden abgesprochen. Darin stellte Pompeo die Behauptung auf, dass al-Qaida, der angebliche Feind Nummer eins im zwanzigjährigen „Krieg gegen den Terror“, heute sein Hauptquartier in Teheran aufgeschlagen habe und auch die dortige Unterstützung genieße.

„Ich würde sagen, dass der Iran in der Tat das neue Afghanistan ist – als geographisches Hauptquartier für al-Qaida. Aber es ist eigentlich noch schlimmer“, sagte Pompeo. „Anders als in Afghanistan, als al-Qaida sich in den Bergen versteckte, operiert al-Qaida heute unter dem massiven Schutz des iranischen Regimes.“

Pompeo lieferte keinerlei Beweise, um diese Behauptung zu stützen. Sie ist nicht nur völlig aus der Luft gegriffen, sondern offensichtlich absurd. Al-Qaida hatte ihren Ursprung in den 1980er Jahren in Afghanistan als Schützling der CIA. Diese führte damals Krieg gegen die Sowjetunion, welche die afghanische Regierung unterstützte. Die al-Qaida vertritt eine salafistisch-dschihadistischen Ideologie, in deren Augen schiitische Muslime, die 95 Prozent der iranischen Bevölkerung ausmachen, als Ketzer gelten. Al-Qaida und ihre Ableger sind für mehrere Angriffe auf schiitische Moscheen und die Zivilbevölkerung sowie für einen Angriff auf das iranische Parlamentsgebäude im Jahr 2017 verantwortlich, bei dem zwölf Menschen getötet wurden.

In Wirklichkeit ist es die US-Regierung selbst, die sich schon im US-Nato-Krieg gegen Libyen al-Qaida-verbündeter Milizen bediente, als es darum ging, die libysche Regierung von Muammar Gaddafi zu stürzen, und die danach den al-Qaida-Ableger in Syrien bewaffnete und finanzierte, um einen weiteren blutigen Krieg für einen Regimewechsel gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad zu führen, der seinerseits militärische Unterstützung vom Iran erhielt.

Nach der Präsidentschaftswahl vom 3. November in den USA hatte Pompeo verkündet, es werde einen „reibungslosen Übergang zu einer zweiten Trump-Administration“ geben. Sein jüngster Versuch, den Iran mit al-Qaida in Verbindung zu bringen, ist mehr als bloß eine verleumderische Hetztirade. Als die USA 2001 in Afghanistan einmarschierten, geschah es unter dem Vorwand der Verfolgung von al-Qaida, und im Jahr 2003 haben sie ihren Krieg gegen den Irak mit der Lüge begonnen, Saddam Hussein sei bereit, nicht-existente „Massenvernichtungswaffen“ an al-Qaida zu liefern. In Wirklichkeit war Hussein zutiefst mit al-Qaida verfeindet.

Die Erfindung einer ähnlichen Achse Teheran–al-Qaida ist der kalkulierte Versuch, eine pseudo-legale Rechtfertigung zu schaffen, um noch einmal das Bundesgesetz Authorization for Use of Military Force (AUMF) von 2001 als juristisches Feigenblatt anzuwenden und einen neuen, noch katastrophaleren Angriffskrieg im Nahen Osten vom Zaun zu brechen, ohne dass der US-Kongress ihn absegnen müsste.

Sowohl die USA als auch Israel lancieren eine Provokation nach der andern und rüsten ihr Militär gegen den Iran immer weiter auf. Vor gut einem Jahr wurde der hochrangige iranische Führer Qassem Suleimani durch eine US-Drohne auf dem internationalen Flughafen von Bagdad ermordet. Auch der Mord an dem obersten iranischen Atomwissenschaftler, Mohsen Fakhrizadeh, im November 2020 war eine solche Provokation, die der Mossad ausführte.

Die USA haben massive Militärstreitkräfte in den Persischen Golf verlegt. Zusätzlich zum Flugzeugträger „USS Nimitz“, der letzten Monat auf seinem Weg in den US-Heimathafen plötzlich in die Region zurückbeordert wurde, hat das Pentagon das atomgetriebene U-Boot „USS Georgia“ in den Golf geschickt. Es ist mit 154 Tomahawk Cruise Missiles bewaffnet, die Ziele im gesamten Iran zerstören können. Wie die „Nimitz“ wird es von Kriegsschiffen begleitet, die ebenfalls mit solchen Raketen ausgerüstet sind.

Das Pentagon hat innerhalb eines knappen Monats vier Überflüge des Persischen Golfs durch Paare von schweren B-52-Bombern durchgeführt, die sowohl nukleare als auch konventionelle Waffen gegen iranische Ziele einsetzen können.

Israel seinerseits hat ein Angriffs-U-Boot der Dolphin-Klasse, ausgestattet sowohl mit Landangriffs- als auch mit Anti-Schiffs-Raketen, in die Region geschickt.

Die Washington Post berichtete am Mittwoch, der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu habe „Trump, der Israels Wahlkampf stark unterstützt hat, gedrängt, Druck auf Teherans Atomprogramm auszuüben und dem Programm einen letzten militärischen Schlag zu versetzen, ehe er die Iran-Politik an den designierten Präsidenten Joe Biden übergibt“.

Israel drängt zum Handeln, angeblich um einer Rückkehr der kommenden Biden-Administration zum Iran-Atomabkommen von 2015 zuvorzukommen. Die Trump-Regierung hat das Abkommen 2018 einseitig aufgekündigt und ein Sanktionsregime des „maximalen Drucks“ gegen den Iran errichtet, das einem Kriegszustand sehr nahe kommt.

Die Trump-Administration hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die darauf abzielen, eine erneute Annäherung an den Iran zu verhindern. Dazu gehört die Entscheidung in dieser Woche, die Houthi-Rebellen im Jemen strafrechtlich als „Terroristen“ einzuordnen, mit der Begründung, dass sie angeblich iranische Unterstützung erhielten. Mit dieser Maßnahme könnte auch die Hilfe für die 70 Prozent der jemenitischen Bevölkerung, die in den Houthi-Gebieten leben, beendet werden. Dies würde Millionen Menschen zum Hungertod verdammen.

Der designierte Demokratische Präsident Joe Biden hat eine bedingte Zusage gegeben, dem Abkommen mit dem Iran von 2015 wieder beizutreten. Gleichzeitig hat er jedoch angedeutet, dass seine Regierung neue Zugeständnisse vom Iran in Bezug auf konventionelle Raketen und seinen Einfluss im Nahen Osten verlangen werde. Das sind Themen, die Teheran als nicht verhandelbar betrachtet. Gleichzeitig predigt Biden eine Politik der überparteilichen Geschlossenheit, und es ist höchst unwahrscheinlich, dass er die Aufhebung des anti-iranischen Sanktionsregimes, auf dem Republikaner wie rechte Demokraten bestehen, vorrangig betreiben wird.

Donald Trump behauptet nach wie vor – auch nach der faschistischen Belagerung des US-Kapitols – er habe die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Auch Netanjahu steht unter Korruptionsanklage und sieht sich im März einer ungewissen Wahl gegenüber, während Massenproteste seinen Rücktritt fordern. Beide haben ein politisches Motiv, einen Krieg mit dem Iran vom Zaun zu brechen.

Was Trump angeht, so schlug er kurz nach der US-Wahl bereits vor, die iranische Hauptnuklearanlage in Natanz zu bombardieren – ein Kriegsverbrechen, das Tausende mit dem Leben und Hunderttausende mit Verstrahlung bezahlen würden. Zwar haben ihm seine engsten Vertrauten die Idee ausgeredet, doch die Kriegsdrohung steht nach wie vor im Raum.

Wie groß die Gefahr ist, dass der US-Präsident einen Krieg anzetteln könnte, um das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen zu kippen, wurde in einem Brief unterstrichen, den Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses, am 8. Januar an die Demokraten im Kongress richtete. Sie schrieb dazu auf Twitter, dass sie mit General Mark Milley, dem Leiter des Vereinigten Generalstabs, darüber gesprochen habe, was man tun könne, um zu verhindern, „dass ein außer Kontrolle geratener Präsident militärische Feindseligkeiten einleitet oder auf die Abschusscodes zugreift und einen Atomangriff befiehlt“.

Die Kriegsgefahr wird mit einer erfolgreichen Amtseinführung Joe Bidens nicht vorüber sein. Er bringt in seinem Kabinett das gesamte außenpolitische Establishment wieder an die Macht, das für die früheren Kriege verantwortlich ist, welche die USA zum Regimewechsel in Libyen und Syrien inszeniert hat. Es sind auch dieselben Politiker, die den berüchtigten „Pivot to Asia“ zu verantworten haben, der die Außenpolitik auf die Vorbereitung einer militärischen Konfrontation mit China konzentriert.

Wenn die Biden-Regierung überhaupt zustande kommt, dann wird sie zu einer Eskalation des US-Militarismus im Nahen Osten und auf der ganzen Welt führen. In einer Lage, in der Trump im Weißen Haus eine faschistische Kabale anführt, und das Pentagon am Persischen Golf mit einem militärischen Flächenbrand droht, richtet Bidens Übergangsteam seine ganze Aufmerksamkeit darauf, eine nahtlose Übergabe von Washingtons Kriegsmaschine sicherzustellen.

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