Im Vorfeld der Amtsantrittsrede des künftigen Präsidenten Joe Biden, in der dieser fast ein Dutzend Mal über die Notwendigkeit von Einigkeit sprach, veranstaltete der Senat Anhörungen zur Bestätigung der wichtigen Kandidaten von Bidens Sicherheitskabinett. Der Tenor dieser Sitzungen machte deutlich, dass eine der Grundlagen für die Einigkeit zwischen der künftigen Regierung und den Republikanern ein parteiübergreifendes Einvernehmen über den Kurs der imperialistischen Aggressionen im Ausland sein wird. Die gleichen Republikaner hatten zuvor versucht, Bidens Wahlsieg unter anderem durch den faschistischen Putschversuch im Kapitol vom 6. Januar für nichtig zu erklären.
Die drei Nominierten, die am Dienstag vor Ausschüssen des Senats erschienen, waren Anthony Blinken (Außenpolitikausschuss), Lloyd Austin (Militärausschuss) und Avril Haines (Geheimdienstausschuss).
Alle drei waren bereits an der verbrecherischen Politik der Obama-Regierung beteiligt, u.a. an Kriegen und Regimewechseln im Nahen Osten, dem Drohnenmordprogramm und dem Putsch in der Ukraine 2014.
Das zentrale Thema bei den Anhörungen war die Vorbereitung auf einen „Großmachtkonflikt“ mit China. Während Trump im Wahlkampf 2020 versucht hatte, Biden als zu nachgiebig gegenüber Peking darzustellen, machten die Nominierten deutlich, dass die neue Regierung entschlossen ist, Washingtons anti-chinesische Kampagne bis hin zu einem bewaffneten Konflikt zu verschärfen.
Blinken äußerte sich in dieser Hinsicht am deutlichsten, indem er die Stoßrichtung der Politik der Trump-Regierung unterstützte: „Ich glaube auch, dass Präsident Trump Recht damit hatte, eine härtere Haltung gegenüber China einzunehmen. ... Ich bin zwar überhaupt nicht damit einverstanden, was er hierbei in vielen Bereichen getan hat, aber das Grundprinzip war richtig, und ich glaube, dass es unserer Außenpolitik sogar geholfen hat.“
Er erklärte zwar nicht, in welchen Bereichen die künftige Regierung von Trumps China-Politik abrücken werde, unterstützte jedoch deren anti-chinesische Rhetorik einschließlich der Behauptung, Peking habe die Welt bezüglich des Coronavirus getäuscht. Ebenso unterstütze er die Behauptung, China würde einen „Völkermord“ gegen die muslimischen Uiguren betreiben, wie es Trumps fanatisch anti-chinesischer Außenminister Mike Pompeo am gleichen Tag behauptet hatte. Kein anderes Land hat diesen Abschiedsschuss gegen Peking unterstützt.
Der einzige Bereich, der das Potenzial zu Konflikten mit dem Senatsausschuss barg, war das Atomabkommen, das die Obama-Regierung und die anderen internationalen Großmächte im Jahr 2015 mit dem Iran abgeschlossen hatten. In diesem Abkommen hatte sich Teheran als Gegenleistung für eine Lockerung der Sanktionen zu drastischen Einschränkungen seines zivilen Atomprogramms verpflichtet. Im November 2018 war die Trump-Regierung einseitig von dem Abkommen zurückgetreten und hatte, um „maximalen Druck“ auszuüben, ein Sanktionsregime verhängt, das einem Kriegszustand gleichkam. Die Folge war eine deutliche Zunahme von Armut, Hunger und vermeidbaren Todesfällen in der iranischen Bevölkerung.
Während Biden angedeutet hat, er wolle dem Abkommen wieder beitreten, machte Blinken unmissverständlich klar, dass dies so schnell nicht passieren werde. Sowohl der neue Vorsitzende des Ausschusses Bob Menendez (Demokraten, New Jersey) als auch der ranghöchste Republikaner Jim Risch (Idaho) lehnen den offiziell als Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) bekannten Vertrag ab.
Blinken erklärte, dass der Iran dem JCPOA erst wieder vollständig nachkommen müsse, bevor auch nur einige der drakonischen Sanktionen aufgehoben werden würden. Teheran hat als Reaktion auf die Aggression der USA und das Unvermögen der westeuropäischen Mächte, Washingtons Wirtschaftsblockade etwas entgegenzusetzen, seine Uranbestände erhöht und die Urananreicherung verstärkt. Teheran besteht darauf, dass Washington den ersten Schritt machen und seine Verstöße gegen das Abkommen einstellen müsse.
Blinken erklärte außerdem, dass die Biden-Regierung ein „langfristigeres und stärkeres“ Abkommen anstreben werde, das nicht nur das iranische Atomprogramm dauerhaft einschränken, sondern Teheran auch dazu verpflichten würde, sein konventionelles Raketenprogramm einzustellen und sich der Hegemonie der USA im Nahen Osten zu unterwerfen. Der Iran hält daran fest, dass diese Fragen nicht verhandelbar sind.
Blinken versicherte dem Senatsausschuss, es sei „noch ein langer Weg“ bis zu einem möglichen Wiedereintritt der USA in das Atomabkommen.
Er deutete außerdem an, dass die künftige Regierung eine aggressivere Politik gegenüber Russland betreiben wird: „Die Herausforderung durch Russland in einer ganzen Reihe von Bereichen ist ebenfalls ein dringliches Anliegen. ... Das ist sehr hoch auf der Agenda der künftigen Regierung.“ Er erklärte seine Bereitschaft, das rechte Regime in der Ukraine „mit Kriegswaffen zu unterstützen“. Weiter signalisierte er, dass die kommende Regierung die Bestrebungen der Trump-Regierung fortsetzen wird, die Fertigstellung der Gaspipeline Nord Stream 2 zu verhindern.
Blinken erklärte sich grundsätzlich mit der Aggression der Trump-Regierung gegenüber Venezuela einverstanden und erklärte, die neue Regierung werde die rechte US-Marionette Juan Guaido weiterhin als Staatsoberhaupt betrachten und alle Verhandlungen mit Präsident Nicolas Maduro ablehnen.
Blinken ließ durchblicken, dass die Biden-Regierung nicht die Absicht hat, Trumps Entscheidung zurückzunehmen, Tel Avivs Politik auf ganzer Linie zu unterstützen – darunter die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem. Er erklärte, die Regierung werde zu einer nominellen Befürwortung für die so genannte Zweistaatenlösung zurückkehren, versicherte den Senatoren aber, dass es „in nächster Zeit“ keine Aussicht auf Fortschritte hin zu einer solchen Lösung geben werde. Schon jetzt hat die von den USA unterstützte unerbittliche israelische Besatzung von palästinensischem Land in den besetzten Gebieten die Zweistaatenlösung zum toten Buchstaben verwandelt.
Die einzige Frage, in der Blinken Differenzen mit der Trump-Regierung äußerte, war dessen Unterstützung für den nahezu völkermörderischen Krieg, den Saudi-Arabien im Jemen führt, sowie die vor kurzem von der Trump-Regierung vorgenommene Einstufung der Huthi-Rebellen als „Terroristen“ – eine Maßnahme, die dazu dient, Lebensmittellieferungen an die von einer katastrophalen Hungersnot bedrohte Bevölkerung zu blockieren.
Niemand aus dem Ausschuss war so unhöflich, darauf hinzuweisen, dass Blinken selbst im Jahr 2015 als stellvertretender Außenminister nach Riad geflogen war, um den Deal zu zementieren, durch den das Pentagon Saudi-Arabien mit Waffen und Logistik unterstützte – u.a. mit Treibstofflieferungen für saudische Bomber – und damit den Massenmord an jemenitischen Zivilisten ermöglichte. Und noch während er seine Ablehnung gegenüber Trumps Politik heuchelte, bekräftigte Blinken Washingtons Verpflichtung, das Haus Saud gegen die „Aggression“ der Huthi zu verteidigen!
In seiner Zeit im Außenministerium und als Angehöriger des außenpolitischen Establishments der Demokraten war Blinken ein entschiedener Unterstützer einer aggressiveren US-Militärintervention in Libyen und Syrien.
Um seine Unterwerfung unter den rechten Flügel der Republikaner zu verdeutlichen, beantwortete er für einen politischen „Lackmustest“ eine Reihe von Fragen von Senator Lindsey Graham (South Carolina), einem glühenden Trump-Anhänger.
Auf die Frage, ob Blinken den Iran für den weltweit größten „staatlichen Geldgeber von Terrorismus“ hält, antwortete er: „Das tue ich.“ Ob er glaubt, dass Israel eine rassistische Nation ist? „Nein.“ Sollte jeder etwaige Rückzug von US-Truppen aus Afghanistan „von Bedingungen abhängen“? „Absolut.“ Und auf die Frage, was er Mittelamerikanern sagen würde, die vor Gewalt und Hunger fliehen, antwortete er: „Ich würde ihnen sagen: Kommen Sie nicht hierher.“
Graham war sichtlich erleichtert. „Ich glaube, Sie sind eine hervorragende Wahl und ich beabsichtige, für Sie zu stimmen“, sagte er.
Die anderen Nominierten, die am Dienstag aussagten, vertraten im Wesentlichen die gleiche Linie wie Blinken. Avril Haines, die von Biden zur Direktorin der nationalen Geheimdienste (DNI) nominiert wurde, erklärte dem Geheimdienstausschuss, China sei Washingtons „wichtigster strategischer Konkurrent.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Haines war unter Obama stellvertretende CIA-Direktorin und eine der Architekten des Drohnenmordprogramms, das im Nahen Osten, Zentralasien und Afrika zahllose Opfer gefordert hat. In Bidens Team wird sie als „erste weibliche DNI“ (Direktorin des Zusammenschlusses der 17 US-amerikanischen Nachrichtendienste) gepriesen.
Sie erklärte: „China ist in einer ganzen Reihe von Bereichen eine Gefahr für unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und unsere Werte, und ich unterstütze eine aggressive Haltung. ... In dieser Position sind wir jetzt, und sie ist entschlossener als unter der Obama/Biden-Regierung.“
Zum Iran erklärte sie auf eine Frage nach Bidens Wiedereintritt in das Atomabkommen: „Ehrlich gesagt, glaube ich, dass wir davon noch weit entfernt sind.“ Sie fügte hinzu, die künftige Regierung werde ein Auge auf „die Frage des Raketenprogramms“ und die „destabilisierenden Aktivitäten“ des Iran werfen müssen.
General a.D. Lloyd Austin, der von Biden als Verteidigungsminister nominiert wurde, beschrieb China in seiner Aussage vor dem Militärausschuss des Senats in militaristischer Rhetorik als „regionalen Hegemon“, dessen Ziel es sei, „eine dominante Weltmacht“ zu werden. Er fügte hinzu: „Sie [die Chinesen] arbeiten im gesamten Spektrum daran, in mehreren Bereichen mit uns zu konkurrieren, und die ganze Regierung wird dabei mithelfen müssen, sich ihren Bestrebungen glaubwürdig entgegenzustellen.“
Austin fügte hinzu, Teil dieser Abwehr sei die Forcierung der Produktion von modernen Atomwaffensystemen.
Ähnlich wie die Nominierung von Haines wurde auch die von Austin als bahnbrechend dargestellt, da er der erste schwarze Verteidigungsminister wäre. Wichtiger als seine Hautfarbe ist jedoch, dass er, genau wie Trumps erster Verteidigungsminister, General James „Mad Dog“ Mattis, bis vor kurzem aktiver General war. Um ihn zu bestätigen, müssen beide Häuser des Kongresses ein Gesetz aussetzen, laut dem ein Ex-Offizier erst sieben Jahre nach seinem Austritt aus dem Militär den Posten bekleiden darf.
Dieses Gesetz zielte darauf ab, die zivile Kontrolle über das Militär zu stärken. Die Nominierung Austins, der Mattis als Kommandant des US Central Command (CENTCOM) abgelöst hatte, das für die blutigen Kriege des US-Imperialismus im Nahen Osten und Afghanistan zuständig war, ist ein weiteres Anzeichen für die tiefgreifende Militarisierung des US-Staatsapparats.
Seit seinem Austritt aus dem Militär war Austin im Vorstand der Raytheon Corporation tätig, einem der größten Waffenlieferanten an das Pentagon. Sollte er als Verteidigungsminister bestätigt werden, müsste er diesen Posten niederlegen und würde von dem Rüstungskonzern ein Abfindungspaket im Wert von 1,7 Millionen Dollar erhalten.
Eine Aussage des designierten Außenministers Blinken gegenüber dem Senatsausschuss war beispielhaft für die Haltung der künftigen Regierung zu Washingtons globaler Rolle: „Tatsache ist, dass sich die Welt nicht selbst organisiert. Wenn wir nicht aktiv sind, wenn wir nicht führen, dann passiert eines von zwei Dingen: entweder ein anderes Land nimmt unseren Platz ein – aber wahrscheinlich nicht so, dass es unseren Interessen dient. Oder kein Land tut es, und das Chaos bricht aus.“
Mit anderen Worten, der US-Imperialismus muss die Welt „organisieren“. Angesichts des Niedergangs seiner wirtschaftlichen Hegemonie kann das nur eine globale Eruption des US-Militarismus bedeuten.