Abschiebungen in Österreich: Grüne setzen Politik der FPÖ fort

Die brutale Abschiebung dreier in Österreich geborener Minderjähriger in der letzten Woche zeigt deutlich, dass sämtliche Parteien – insbesondere die Grünen, die in der Regierung sitzen – die Politik der rechtsextremen Freiheitlichen Partei vollständig übernommen haben.

Am vergangenen Donnerstag wurden aus dem Abschiebezentrum in Wien-Simmering unter dem Protest von etwa 160 Demonstranten mehrere Menschen, darunter drei Minderjährige, zu ihrem Abschiebeflug nach Georgien und Armenien gebracht.

Die Abschiebung von Frauen und Kindern wurde von einem Großaufgebot der Polizei exakt geplant und mit ungeheurer Härte durchgeführt. Laut mehreren Beobachtern vor Ort waren Spezialeinheiten der Polizei vertreten, maskiert und mit scharfen Hunden. Teilnehmer verglichen die Aktion mit einem „Antiterroreinsatz“. Mehreren Teilnehmern der Proteste zufolge machten sich die Sicherheitskräfte lustig über die Opfer der Abschiebung und ließen gut hörbar abfällige Bemerkungen fallen, um Ausschreitungen zu provozieren.

Einsatzpolizisten schleppen einen Demonstranten weg (Videoausschnitt)

Als es zu Sitzblockaden vor dem Abschiebezentrum kam, um die Fahrt zum Flughafen zu verhindern, ging die Polizei brutal gegen friedliche Protestierende vor. Laut einem Bericht der Wochenzeitung Der Freitag erklärte die Polizei kurz vor fünf Uhr morgens, dass „diese Versammlung einen die öffentliche Ordnung bedrohenden Charakter angenommen hat“ und deshalb aufgelöst werde.

Kurz darauf, so der Bericht, „geht alles ganz schnell. Einer schreit ein unverständliches Kommando. Tritte. Schläge. Schreie. Die Polizei zerrt Menschen mit Gewalt weg, schleift sie am Asphalt entlang. Einzelne Polizisten schlagen auf friedliche Demonstrierende ein. Diese fallen hin oder werden gerade noch von den Umstehenden aufgefangen. Manche der jungen Burschen wehren sich, aber nur kurz.“ Dann fahren die Fahrzeuge zum Flughafen.

Die Abschiebungen wurden in der Öffentlichkeit stark kritisiert. Noch am selben Tag versammelten sich rund 1000 Menschen in der Wiener Innenstadt, um gegen die unmenschliche Politik zu demonstrieren.

Abgeschoben wurden unter anderem die beiden Mädchen Tina (12) und Lea (5), sowie deren Mutter. Sie wurden nach Georgien gebracht, woher ihre Mutter stammt. Beide Kinder sind in Österreich geboren und aufgewachsen. Zahlreiche Mitschüler, Lehrer und Freunde setzten sich dafür ein, dass die Familie in Wien bleiben kann. Noch am Tag zuvor kamen mehrere Mitschüler zu dem Abschiebegefängnis, um sich durch die vergitterten Fenster von Tina zu verabschieden. Viele zeigten in Interviews ihre Fassungslosigkeit, Wut und Trauer.

In Georgien, einem für die Kinder völlig fremden Land, gibt es keine Perspektive für die Familie. Die von Oligarchen-Cliquen regierte ehemalige Sowjetrepublik ist ein politisches, wirtschaftliches und soziales Katastrophengebiet. Obwohl es dort regelmäßig zur brutalen Niederschlagung von Protesten Oppositioneller kommt, wurde das Land 2016 von Österreich als „sicheres Herkunftsland“ eingestuft.

Die Hälfte aller Beschäftigten arbeitet in der Landwirtschaft unter weitgehend prekären Bedingungen. Arbeitslosigkeit und Armut grassieren. Die Pandemie hat die Situation noch verschärft. Laut Weltbank sank das Bruttoinlandsprodukt Georgiens im letzten Jahr um rund sechs Prozent. Nach offiziellen Angaben hat das Coronavirus im Land mehr als 3000 Todesopfer gefordert.

Noch schlimmer ist die Lage in Armenien, wohin ein weiteres Kind abgeschoben wurde. Das österreichische Außenministerium hat derzeit eine Reisewarnung der Stufe 6 für das Land verhängt. Auch nach dem Ende des jüngsten Krieges mit dem Nachbarland Aserbaidschan ist die Lage höchst instabil. Noch immer sind Zehntausende, die aus den umkämpften Gebieten geflohen sind, noch nicht zurückgekehrt. Der Krieg hat die soziale und wirtschaftliche Lage weiter verschlimmert. Die Pandemie wütet ungebremst im Land. Im Januar konnten hunderte Erkrankte in den Kliniken des Landes nicht mehr behandelt werden.

Unbeeindruckt davon rechtfertigte die Regierungskoalition aus konservativer Volkspartei (ÖVP) und Grünen die Abschiebungen. Der notorisch rechte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) machte die Familie selbst für die Abschiebung verantwortlich und erklärte dreist, es habe sich um einen Fall von „Asylmissbrauch“ gehandelt.

Wie schon mehrfach versuchten die Grünen, ihre Beteiligung an der rechten Regierungspolitik hinter ein paar Krokodilstränen zu verbergen. Der grüne Bundespräsident Alexander van der Bellen erklärte in einem Video auf Twitter: „Ich kann und will nicht glauben, dass wir in einem Land leben, wo dies in dieser Form wirklich notwendig ist.“ Auch andere Grüne, wie Vizekanzler Werner Kogler, stimmten in den Chor der Heuchelei ein und erklärten, die Abschiebung sei „unmenschlich“ gewesen.

Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Grünen nach dem Ausscheiden der rechtsradikalen FPÖ 2019 aus der Regierung deren Rolle übernommen haben und deren Politik fortsetzen und forcieren. Von Anfang an einigten sich ÖVP und Grüne auf die Fortführung des rechten Programms in der Ausländer- und Asylpolitik. Wie andere ÖVP-Minister betonte auch Nehammer zu Beginn der Koalition ausdrücklich, er werde keinen Kurswechsel vornehmen.

Gleichzeitig ließ Kogler keinen Zweifel daran aufkommen, dass er die Koalition auch nach den Abschiebungen fortsetzen will. Die bestehenden Asyl-Gesetze seien in der Vergangenheit ohne Zustimmung seiner Partei beschlossen worden, so der Vizekanzler. Es brauche andere Mehrheiten, um sie zu ändern.

Auch der grüne Gesundheitsminister Rudolf Anschober argumentierte ähnlich. Im Interview mit Puls 24 sagte er: „Mein Gott, wir sind in der Regierung, damit wir einen Beitrag dazu leisten, dass die Dinge besser werden. Das gelingt an vielen Tagen, an manchen leider nicht.“

2020 hatten ÖVP und Grüne rund 900 Abschiebungen zu verantworten. Die Tatsache, dass weniger als in den letzten Jahren abgeschoben wurden, war lediglich der Corona-Pandemie geschuldet. Doch offensichtlich wollen ÖVP und Grüne in diesem Jahr die Zahl wieder erhöhen, wie es die oppositionelle FPÖ kürzlich gefordert hat. Im letzten Jahr stimmten die Grünen gemeinsam mit ÖVP und FPÖ gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem griechischen Flüchtlingslager Moria.

Die durchsichtigen Versuche von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, aus den Abschiebungen politisches Kapital zu schlagen, sind zum Scheitern verurteilt. „Als Mutter macht es mich fassungslos, dass gut integrierte Kinder aus ihrem Leben gerissen und in ein fremdes Land abgeschoben werden“, schrieb Rendi-Wagner auf Twitter.

Tatsächlich haben Sozialdemokraten und ÖVP in den letzen Jahren die Asylgesetzgebung ständig verschärft und die Grundlage für die Abschiebungen gelegt. 2016 hatten SPÖ und ÖVP der sogenannten Notstandsregelung zur Begrenzung von Asylanträgen zugestimmt. Dadurch erhalten nur noch wenige Flüchtlingsgruppen überhaupt die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, wenn die Regierung aufgrund der Entwicklung der Asylbewerberzahlen die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit in Österreich bedroht sieht.

Auch der Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig sprach sich medienwirksam gegen die Abschiebung aus. Tatsächlich ist er seit Langem ein Verfechter einer strikten Asyl- und Einwanderungspolitik. Im letzten Frühjahr hatte er sich gemeinsam mit seinem Parteikollegen und rechten Hardliner, dem burgenländischen Landeschef Hans Peter Doskozil, gegen die Aufnahme von Asylwerbern von den griechischen Inseln ausgesprochen. Es gebe zwar freie Kapazitäten, er sehe aber momentan keinen Anlass für solch einen Schritt, sagte Ludwig damals.

Loading