Immer mehr Corona-Ausbrüche in Betrieben

Wer in diesen Tagen die Nachrichten verfolgt, steht immer wieder vor einem schreienden Widerspruch. Da kommen besorgte Wissenschaftler zu Wort, die über die zunehmende Ansteckungsgefahr durch neue Virus-Mutationen berichten, und unmittelbar danach wird über weitere Lockerungsentscheidungen der Regierungen berichtet.

Die schreckliche Bilanz dieser Politik lautet: über 70.000 Tote allein in Deutschland, eine halbe Million in den USA und 800.000 in Europa.

Verantwortlich für diesen brutalen und völlig unnötigen Verlust an Menschenleben sind die Parteien, Regierungen und Gewerkschaften, die die Interessen der Wirtschaft vor Leben und Gesundheit der Bevölkerung stellen. Profite vor Leben! Das ist die mörderische Politik der herrschenden Klasse weltweit.

Die weitgehende Öffnung der Schulen und Kitas in den letzten Wochen diente vor allem dazu, Eltern schnellstmöglich wieder an ihre Arbeitsplätze zu bringen und der Erzeugung von Profit für die Reichen, die Konzerne und Banken keinerlei Einschränkungen aufzuerlegen.

Genau diesem Ziel diente auch das Offenhalten der Betriebe. Obwohl viele ernsthafte Wissenschaftler immer wieder gefordert haben, Betriebe und Fabriken zu schließen, um die Infektionsraten wirksam herunterzudrücken, findet das Gegenteil statt.

Wie sehr gerade Corona in den Betrieben wütet, hatte die World Socialist Web Site bereits Mitte Februar aufgezeigt. Diese Entwicklung hält unvermindert an und nimmt sogar zu.

Sie trifft vor allem immer wieder Arbeiter, die unter sehr schwierigen Bedingungen arbeiten und überproportional von gefährlichen Arbeits- und Lebensbedingungen betroffen sind. Dazu gehören Arbeiter in Schlachthöfen, Logistikunternehmen, Baustellen, engen Fabrikhallen, oftmals Arbeiter aus Osteuropa. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter, die in engen Wohnverhältnissen leben, aber nicht nur sie.

Hier erneut eine Auswahl von meist regionalen Meldungen aus den letzten zwei Wochen über Corona-Ausbrüche in Betrieben, die die enorme Gefährdung von Arbeitern durch die Corona-Pandemie sehr drastisch zum Ausdruck bringt:

Am 18. Februar meldete der NDR (Norddeutscher Rundfunk), dass sich 13 Arbeiter bei dem Rüstungsbetrieb FFG in Flensburg (Schleswig-Holstein) mit dem Coronavirus infiziert haben. 100 Kollegen mussten in Quarantäne. Von 300 Mitarbeitern durften bis dahin nur 20 die Möglichkeit der Arbeit im Homeoffice nutzen, obwohl Flensburg zurzeit ganz besonders stark von Neuinfektionen betroffen ist. Am 2. März betrug der Inzidenzwert 154 pro 100.000 Einwohner/Woche. Etwa jede vierte Infektion ist eine mit der gefährlicheren und ansteckenderen britischen Variante.

In einem Schlachtbetrieb in Garrel (Landkreis Cloppenburg) in Niedersachsen ist am Wochenende des 20./21. Februar ein größerer Corona-Ausbruch bekannt geworden. Wie der Norddeutsche Rundfunk NDR1 Niedersachsen berichtete, haben sich 18 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infiziert In dem Betrieb arbeiten mehrere Hundert Beschäftigte. Die Belegschaft soll nun dreimal in der Woche getestet werden. Eine Schließung des Betriebs ist nicht geplant. Im Laufe der letzten Woche wurden 70 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet!

Ebenfalls am Samstag letzter Woche (20. Februar) wurde bekannt, dass sich im Schlachthof Passau in Niederbayern 10 Arbeiter mit Covid-19 infiziert haben. Die Geschäftsführung des Schlachthofs habe freiwillig beschlossen, den Betrieb für eine Woche einzustellen. Alle 80 Beschäftigte befinden sich in Quarantäne.

Am 24. Februar berichtete die Leipziger Volkszeitung vom ersten großen Coronavirus-Ausbruch in dieser Stadt auf der Porsche-Baustelle. 150 Arbeiter sind davon betroffen. Bei mehreren wurde die britische Virusmutante festgestellt. Der MDR (Mitteldeutscher Rundfunk) berichtete, dass sich 60 der 150 Infizierten in Leipzig in Wohnungen und Hotels unter Quarantäne befänden. Die anderen in Nordsachsen, anderen Teilen Deutschlands und in Osteuropa.

Auf der Baustelle zur Erweiterung des Porsche-Werks in Leizig arbeiten durchschnittlich 750 Arbeiter von 60 unterschiedlichen Unternehmen. Bei den 150 mit Corona infizierten Arbeitern soll es sich um Beschäftigte von zwei Unternehmen handeln, die vorwiegend aus Osteuropa kommen. Der Betrieb gehe mit Einschränkungen und Tests weiter, sodass der Zeitplan des Autokonzerns für den Ausbau seines Werks in Leipzig nicht in Gefahr sei.

Bei medi, einer Firma in Bayreuth (Bayern), die medizinische Hilfsmittel wie Kompressionsstrümpfe, orthopädische Einlagen und Bandagen herstellt, wurden seit Mitte Februar 13 Arbeiter aus Teilen der Produktion und der Logistik positiv auf das Coronavirus getestet. Bei weiteren Tests in der letzten Februarwoche kamen noch drei weitere infizierte Arbeiter dazu. Das Unternehmen beschäftigt insgesamt 2700 Arbeiter, 1650 von ihnen arbeiten in Bayreuth.

Laut Pressemitteilung des Unternehmens gilt für negativ getestete Mitarbeiter aus systemrelevanten Abteilungen eine sogenannte „Pendlerquarantäne”, das heißt, sie können zwischen Arbeitsplatz und Wohnung pendeln, obwohl sie sich eigentlich in Quarantäne befinden sollten, damit Produktion und Profite bei medi nicht eingeschränkt werden.

Ebenfalls in Bayreuth wurden in der Justizvollzugsanstalt St. Georgen 18 Menschen positiv auf Covid-19 getestet, 12 Gefangene und 6 Gefängniswärter. In dem Gefängnis befinden sich knapp 800 Gefangene und knapp 400 Mitarbeiter. Während sich die infizierten Angestellten zuhause in Quarantäne begeben konnten, wurden die Gefangenen, die positiv getestet wurden, auf einer Isolierstation im Gefängnis untergebracht.

Das gesamte Gefängnis wurde einem „totalen Shutdown” unterworfen. Das heißt, es gibt keine Besuche, keine Freizeitveranstaltungen und Arbeitsmöglichkeiten nur für einige wenige in den Versorgungsbetrieben. Bereits während der ersten Infektionswelle mit Corona im Frühjahr hatte es auch einen Ausbruch in dieser Justizvollzugsanstalt gegeben. Die Öffentlichkeit wurde nur durch den Hilferuf eines Gefangenen darauf aufmerksam.

Beim Matratzenhersteller Breckle in Northeim (Niedersachsen) wurden zunächst 16 Fälle von mit dem Coronavirus infizierten Arbeitern bekannt. Bei weiteren Tests der 350 Mitarbeiter kamen 20 positive Fälle dazu. Daraufhin wurden auch noch die weiteren 220 Arbeiter getestet, dabei wurden drei weitere Infizierte entdeckt. Das Ergebnis von 39 Infizierten bedeutet, dass mehr als jeder zehnte Arbeiter an Covid-19 erkrankt ist.

Im Werk Euskirchen (Nordrhein-Westfalen) des Hausgeräteherstellers Miele sind 18 Arbeiter von insgesamt 500 Beschäftigten positiv auf das Coronavirus getestet worden Bei zehn von ihnen wurde die britische Mutation festgestellt. Alle Infizierten arbeiteten in der Produktion, wo Antriebe für Elektrogeräte und Kabeltrommeln für Staubsauger hergestellt werden.

Laut Mitteilung von Miele mussten sich daraufhin 206 Mitarbeiter bis 9. März in Quarantäne begeben. Weil das Werk in Euskirchen nicht lieferfähig sei, müsse auch die Produktion im Gerätewerk in Gütersloh, in Bielefeld, im tschechischen Unicov und im polnischen Ksawerów vorübergehend heruntergefahren werden. Auch das Werk in Warendorf, das Kunststoffteile produziert, ist davon betroffen. Die Auswirkungen betreffen insgesamt 4000 Arbeiter.

Das Eisenwerk in Brühl (Nordrhein-Westfalen) meldet derzeit 34 mit Corona infizierte Arbeiter. 51 von insgesamt 1600 Mitarbeitern befinden sich in Quarantäne.

Im Logistikzentrum der Drogeriemarktkette dm in Weilerswist wurden neun von 1400 Mitarbeitern positive auf Corona getestet. Die Infizierten leben im Kreis Euskirchen. Vertreter des Gesundheitsamts, die vor Ort waren, hielten keine weiteren Schutzmaßnahmen für erforderlich.

Beim Lebensmittelhersteller hügli in Radolfzell bei Konstanz wurden in der letzten Februarwoche bei einem Massentest 62 Arbeiter positiv auf Corona getestet. Bei mindestens sechs der Fälle handelt es sich nachweislich um eine der Virusmutationen. Die 62 Betroffenen und ihre Kontaktpersonen befinden sich in Quarantäne. Die Produktion läuft mit dem Rest der Belegschaft weiter.

Etwa zwei Wochen vorher hatten sich bei der Firma Gerhard Haas in Stockach, Landkreis Konstanz, über 60 Arbeiter mit dem Coronavirus infiziert, darunter auch mit der britischen Mutation.

Bei Puma, dem bekannten Sportartikelhersteller mit Sitz in Herzogenaurach (Bayern) hat es unter den weltweit 16.000 Mitarbeitern 900 Erkrankungen mit dem Coronavirus gegeben. Konzernchef Björn Gulden bezeichnete 2020 als „das schwierigste Jahr”, das er je erlebt habe, aber dennoch sollen die Aktionäre nicht leer ausgehen. Auch hier zeigt sich wieder, dass für Konzerne und Banken Profite und die Bereicherung der Aktionäre über dem Leben und der Gesundheit der Arbeiter stehen.

Nach Bekanntwerden eines Corona-Ausbruchs am Mittwoch (3. März) sind hunderte Westfleisch-Mitarbeiter und mehrere Wohnhäuser in Hamm unter Quarantäne gestellt worden. 360 Personen sollen betroffen sein. Zuvor hatten sich bei Westfleisch in Hamm mindestens 36 Beschäftigte des Schlachthofs mit dem Coronavirus infiziert, einige von ihnen nachweislich mit der britischen Virusvariante.

Nachdem bereits in der ersten Welle im Frühjahr letzten Jahres Hunderte von Arbeitern in den Schlachthöfen bei Tönnies und auch bei Westfleisch erkrankt sind, hat sich offensichtlich nichts an den brutalen und gefährlichen Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen geändert. Überproportional sind Arbeiter aus Osteuropa, viele von ihnen aus Rumänien betroffen.

Am 4. März berichtete die WAZ (Westdeutsche Allgemeine Zeitung) in ihrem Duisburger Lokalteil, dass sich bei Thyssenkrupp Steel an allen NRW-Standorten im vergangenen Jahr 830 Arbeiter mit Corona infiziert haben. Das sind 3,5 Prozent aller etwa 24.000 Beschäftigten. Im Herbst vergangenen Jahres waren gleichzeitig 200 Arbeiter, die sich infiziert hatten und 300 weitere, die in Quarantäne waren, betroffen.

Trotz dieser hohen Zahl von Arbeitern, deren Gesundheit und Leben sowie das ihrer Familien durch diese lebensgefährliche Krankheit bedroht war, lobte der Co-Leiter des firmeneigenen Krisenstabs, Marcus Löffler, die enge Zusammenarbeit von Arbeitssicherheit, Medizinischem Dienst, Unternehmen und Betriebsrat während der Pandemie.

Die Liste ist keineswegs vollständig. Viele Informationen über das Infektionsgeschehen in den Betrieben werden nach wie vor unterdrückt. Dabei arbeiten Unternehmensleitungen, Betriebsräte, Gewerkschaften und Gesundheitsämter Hand in Hand. Sie wollen das wahre Ausmaß der Pandemie-Auswirkungen in den Betrieben und auf dem Arbeitsweg geheim halten, um trotz zunehmender Gesundheits- und Lebensgefahr die Profitmaximierung und Bereicherung aufrecht zu erhalten.

Die Sozialistische Gleichheitspartei kämpft dagegen. Sie fordert einen sofortigen Lockdown aller nicht lebensnotwendigen Betriebe bis die Pandemie unter Kontrolle ist. Für alle betroffenen Arbeiter muss voller Lohnersatz gezahlt werden.

Die SGP unterstützt das Netzwerk der Aktionskomitees für sichere Arbeitsplätze. Im Aufruf des Netzwerks heißt es: „Wir sind nicht mehr bereit, die geplanten Massenentlassungen in der Industrie, die gefährlichen Arbeitsbedingungen und die Vertuschung der Infektionszahlen in den Betrieben hinzunehmen. Wir wollen den wachsenden Widerstand unabhängig von Bundestagsparteien und Gewerkschaften organisieren und international koordinieren.“

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