Rekordzahlen an Covid-19 Infektionen in Osteuropa

In den letzten Wochen haben sich nahezu überall in Europa die Corona-Fallzahlen aufgrund der raschen Ausbreitung verschiedener Mutationen des Virus und der verantwortungslosen Öffnungspolitik der Regierungen erhöht. Besonders dramatische Formen nimmt dies in den Staaten Ost- und Südosteuropas an. Dort kollabieren die ohnehin maroden Gesundheitssysteme und die Todeszahlen erreichen stetig neue Höchstwerte.

In Tschechien haben sich mittlerweile mit 1,3 Millionen Infektionen mehr als 10 Prozent der Bevölkerung angesteckt. Die Kliniken, vor allem in den Grenzregionen zu Deutschland können die wachsende Zahl an Patienten nicht mehr behandeln. Schwerkranke Menschen werden hunderte Kilometer für ein freies Bett auf einer Intensivstation transportiert.

Nach der anfänglichen Weigerung der Regierung, ist sie nun gezwungen Hilfsangebote aus dem Ausland anzunehmen. Deutschland, Polen und die Schweiz wurden um die Übernahme und Behandlung von mindestens einem Dutzend Covid-19-Patienten gebeten, teilte das Gesundheitsministerium in Prag am Freitagnachmittag mit. Grund dafür sei die Überlastung der Krankenhäuser, in denen die üblichen Behandlungsstandards nicht mehr gewährleistet werden könnten. Beobachter meldeten, dass der Druck auf das Gesundheitsministerium derart groß wurde, dass Gesundheitsminister Jan Blatny nur diese Möglichkeit blieb.

Massentests in der Slowakei, Bild: lukasmilan from Pixabay

Die Regionalregierungen wurden angewiesen, niedergelassene Ärzte für den Dienst in den Krankenhäusern zu rekrutieren. Darüber hinaus sollen auch Medizinstudenten den Mangel an Personal kompensieren. „Das Personal ist schrecklich müde“, erklärte Petr Hubacek, Direktor einer Klinik in Domazlice gegenüber dem Tschechischen Fernsehen. Schwerer als die physische Erschöpfung wiege dabei die psychische Belastung, so Hubacek.

Tschechien verzeichnet derzeit EU-weit die höchste Neuinfektionsrate, sie ist gut zehnmal so hoch wie in Deutschland. 21.325 Menschen sind verstorben, die 7-Tage-Inzidenz liegt im Schnitt über 800, in einigen Regionen bei über 1200. Die Neue Züricher Zeitung berichtete unlängst, in Cheb, habe ein Totengräber gegenüber einem Journalisten erklärt, es gebe so viele Beerdigungen wie nie seit der Bombardierung der Kleinstadt im Zweiten Weltkrieg.

Experten sehen den Grund für die Ausbreitung in der Verbreitung der so genannten britischen Mutante, die in Tschechien mittlerweile dominant ist. Diese dramatische Entwicklung war abzusehen und ist die Schuld der Regierung. Zwar wurden seit dem 1. März die Hygienemaßnahmen verschärft, doch kommen diese viel zu spät. Darüber hinaus sind weiterhin Betriebe geöffnet.

Die großen Unternehmen nutzen die Krise ihrerseits, um Entlassungen im großen Stil durchzusetzen. Die Volkswagen-Tochter Skoda kündigte an, dass sie in diesem Jahr zwei Prozent der Stellen in jenen Bereichen, die nicht direkt die Produktion betreffen, streichen will. Gewerkschaften erklärten sogar, es gäbe Pläne des Unternehmens, in diesen Bereichen jährlich fünf Prozent der Beschäftigten über einen Zeitraum von drei Jahren zu entlassen. Skoda beschäftigt in Tschechien 34.000 Menschen. Auch die Airline ČSA kündigte die Entlassung von 430 Mitarbeitern an.

Im Nachbarstaat Slowakei ist die Lage ähnlich. In dem nicht einmal 5,5 Millionen Einwohner zählendem Land sind 320.000 Menschen infiziert, 7.665 seit Beginn der Pandemie verstorben. Nirgendwo sonst in der EU sterben an der Bevölkerungszahl gemessen so viele Menschen an dem Virus.

Euronews berichtet über die katastrophalen Zustände in den Kliniken. In einem Krankenhaus in Galanta im Westen des Landes, werden nahezu ausschließlich Covid-19-Erkrankten behandelt. „Bei uns arbeiten ungefähr 650 Menschen“, wird die Krankenhausdirektorin zitiert. „100 sind derzeit wegen Corona krank gemeldet. 70 Prozent der Angestellten beschäftigen sich mit Covid-19-Patienten.“ Das Pflegepersonal arbeitet zwölf Stunden am Tag, ärztliches Personal bis zu 24 Stunden. 60 Prozent der behandelten Intensivpatienten versterben, in den letzten Wochen auch vermehrt jüngere Patienten. Am Wochenende wurden mehrere Intensivpatienten nach Deutschland geflogen, da eine Behandlung in der Slowakei nicht mehr möglich war.

Im vergangenen Jahr hat die kriminelle Politik der rechten Regierung um Igor Matovic das Land in eine Katastrophe geführt. Viel zu lange weigerte sich die Regierung, Schutzmaßnahmen gegen eine Ausbreitung zu erlassen. Gegenwärtig stecken die Regierungsparteien in erbitterten Auseinandersetzung und versuchen sich gegenseitig die Schuld für die Situation zuzuschieben.

Die Öffnungspolitik der rechtsextremen Regierung von Victor Orban hat in Ungarn mit 7269 gemeldeten Infektionen am Samstag einenneuen Höchstwert verschuldet. Das sind 14 Prozent mehr Fälle als am Freitag, wie die Behörden mitteilen. Auch hier haben sich die britische und die südafrikanische Virusmutationen massiv ausgebreitet.

Erst ab diesem Montag werden nun Handel und Schulen geschlossen, während Betriebe weiter geöffnet bleiben. Doch bis diese Maßnahmen wirken, werden Infektions- und Todeszahlen noch weiter ansteigen.

Polen verzeichnete in den letzten Tagen die höchsten täglichen Neuinfektionen seit November. Am Samstag wurden über 14.855 Fälle gemeldet. Die Gesamtzahl stieg damit auf 1.781.345 und die Zahl der zu beklagenden Toten liegt damit bei 45.159. 16.725 Menschen befinden sich mit der Infektion im Krankenhaus. Die Zahlen stiegen zuletzt nochmals stark an, nachdem die Regierung Mitte Februar die Öffnung von Hotels, Schwimmbädern, Kinos und Einkaufszentren durchsetzte.

Gesundheitsminister Waldemar Kraska musste eingestehen, dass angesichts dieser Werte „die dritte Welle nicht nur Fakt ist, sondern auch Tempo aufnimmt“. Deutschland hatte das Nachbarland bereits als Risikogebiet eingestuft. Kraska äußerte sich auch besorgt, dass angesichts der steigenden Zahl von Patienten, die Krankenhäuser an ihre Grenzen kommen. Gleichzeitig laufen auch hier die Impfungen nur sehr schleppend an. Erst rund 1,2 Millionen Menschen haben den vollständigen Impfschutz erhalten.

In Slowenien mehrt sich die Furcht vor steigenden Infektionen, nachdem die ersten Fälle der nigerianischen Variante in mehreren Landesteilen entdeckt wurden. Zuvor hatten sich schon die britische und südafrikanische Variante stark verbreitet. Bisherigen Erkenntnissen zufolge könnte die nigerianische Mutation noch resistenter gegen vorhandene Impfstoffe sein und auch die Ansteckung könnte leichter passieren.

In der etwas über zwei Millionen Einwohner zählenden ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik sind über 195.000 Menschen mit dem Virus nachweislich infiziert und 3.888 sind an den Folgen verstorben. Mitte Februar öffnete die rechte Regierung von Janez Jansa die Schulen und den Handel ohne nennenswerte Restriktionen. Experten warnten damals vor einem weiteren Aufflammen des Infektionsgeschehens.

Auch in der Republik Moldau zeigt sich die Gleichgültigkeit von Regierung und Europäischer Union gegenüber der Bevölkerung sehr deutlich. Das Gesundheitssystem, das bereits vor der Pandemie kaum diesen Namen verdient hat, ist nahezu kollabiert. Die Anzahl der freien Betten für Corona-Patienten in Kliniken liegt im zweistelligen Bereich. Zuletzt stiegen die Neuinfektionen um 1620, während es Mitte Januar weniger als 300 waren. Die offizielle Zahl der Infizierten liegt bei 194.605 Personen, doch es wird von einer Dunkelziffer ausgegangen, die weit höher liegt. Darunter waren über 10.000 Kinder und 800 schwangere Frauen. 4091 Menschen sind während der Pandemie offiziell an Covid-19 verstorben.

Trotz des sprunghaften Anstiegs fanden in dem kleinen Land zwischen Rumänien und der Ukraine noch keine Impfungen statt. Erst Anfang März lieferte die EU 14.400 Impfdosen aus dem COVAX-Programm. Diese Anzahl ist selbstverständlich viel zu gering um die Ausbreitung auch nur im Geringsten einzudämmen und ob die versprochenen weiteren Impfdosen das Land erreichen, ist fraglich.

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