In der Führung der CDU ist Panik ausgebrochen, nachdem bekannt wurde, dass zwei Bundestagsabgeordnete unter Ausnutzung ihres Mandats Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Masken-Geschäften eingesteckt haben. Wenige Tage vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am kommenden Sonntag und ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl fürchtet die Union den Zorn der Wähler.
Der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein soll ein „Beraterhonorar“ von 660.000 Euro für den staatlichen Ankauf von Corona-Schutzmasken, der CDU-Abgeordnete Nikolas Löbel 250.000 Euro für die Vermittlung eines Masken-Deals kassiert haben. Beide wickelten die Geschäfte über eine von ihnen geführte Firma ab.
Nachdem sie sich anfangs geweigert hatten, haben Nüßlein und Löbel ihr Bundestagsmandat mittlerweile niedergelegt. Löbel ist aus der CDU ausgetreten. Beide waren unter Druck der Parteispitze geraten, die Verwunderung und Entsetzen heuchelte. CDU-Chef Armin Laschet sagte der ARD, wer in der Krise Geschäfte mit dem Schutz von Menschen mache, sei kein Volksvertreter und müsse das Parlament schleunigst verlassen. CSU-Chef Markus Söder schrieb auf Twitter: „Alle Betroffenen sollten umgehend reinen Tisch machen und grundlegende Konsequenzen ziehen.“
Auch Fraktionschef Ralph Brinkhaus forderte die beiden auf, ihre Mandate sofort aufzugeben. Er schloss nicht aus, dass es noch mehr solche Fälle gebe. „Wir werden die nächsten Tage dazu nutzen, auch alle Zweifelsfälle entsprechend zu klären,“ sagte er der ARD. Das lässt vermuten, dass Brinkhaus von weiteren konkreten Fällen weiß – auch in anderen Parteien.
Tatsächlich sind die Fälle Nüßlein und Löbel nur die Spitze des Eisbergs. Die beiden Hinterbänkler taten, was andere in viel größerem Stil betreiben. CDU-Chef Laschet war bereits im Frühjahr in einen ähnlichen Skandal verstrickt. Er hatte als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen Schutzkittel im Wert von zehn Millionen Euro bei einer Firma bestellt, zu der sein Sohn Johannes, der als Lobbyist tätig ist, den Kontakt hergestellt hatte.
Provisionen und Vermittlungsgelder sind nur eine Form, in der die Pandemie zu Geld gemacht wird. Spekulanten, Konzerne und ihre politischen Handlanger schlachten jeden Aspekt der Krise aus, um aus dem Elend der Bevölkerung Gewinn zu schlagen. Profite haben stets Vorrang vor der Gesundheit und dem Leben von Menschen.
Das beginnt bei der Weigerung der Bundes- und Landesregierungen, einen strikten Lockdown zu verhängen. Ein solcher Lockdown, das zeigen die Beispiele Chinas und anderer Länder, hätte einen Großteil der bundesweit 73.000 und weltweit 2,6 Millionen Corona-bedingten Todesfälle verhindern können. Doch die Bundesregierung hat noch nicht einmal erwogen, die Produktion in nicht lebensnotwendigen Betrieben stillzulegen. Und damit diese weiter produzieren konnten, mussten auch Kitas, Schulen und öffentlicher Nahverkehr weitgehend offenbleiben.
So wurden nicht nur Gesundheit und Leben von Kindern, Erziehern, Busfahrern und Arbeitern gefährdet, diese trugen das Virus auch in Familien und Altersheime, wo sich Alte und Vorerkrankte infizierten. Die Experten der Regierung behaupteten darauf, dass Infektionen vorwiegend im privaten Bereich stattfänden, ohne die offensichtliche Frage zu stellen, wie das Virus in den privaten Bereich gelangt.
Während sie mit dem Leben von Kindern, Lehrern und Arbeitern russisches Roulette spielten, überfluteten die Bundesregierung, die Europäische Union und die Europäische Zentralbank die Finanzmärkte und die großen Konzerne mit Billionen Euros. Ein Bruchteil dieser Summe hätte genügt, um sämtliche Lohnausfälle und sämtliche Verluste von Selbständigen und Kleinunternehmen während eines mehrwöchigen Lockdowns auszugleichen.
Doch das war nicht der Zweck der „Hilfspakete“. Stattdessen erzeugten sie einen Geldregen für die Superreichen. Der DAX klettert trotz Wirtschaftseinbruch von Rekord zu Rekord. Am Mittwoch erreichte er ein Allzeithoch von 14.540 Punkten, 72 Prozent mehr als nach Beginn der Pandemie. Der Gesamtwert der 40 DAX-Firmen ist in knapp einem Jahr um 550 Milliarden auf 1,3 Billionen Euro gestiegen – eine Bereicherungsorgie für Investoren und Spekulanten.
Autokonzerne wie VW, Daimler und BMW, die gewaltige staatliche Summen für Kurzarbeitergeld und Kaufprämien kassiert haben, schütten Milliarden an Dividenden aus, während die Arbeiter oft monatelang vom geringen Kurzarbeitergeld leben müssen. Allein BMW will für das abgelaufene Geschäftsjahr 1,64 Milliarden Euro an seine Aktionäre zahlen. Die Hälfte der Summe geht an die Familien Quandt und Klatten, deren Vermögen auf die Ausbeutung von Zwangsarbeit im Dritte Reich zurückgeht.
Gleichzeitig wird die Pandemie genutzt, um langgehegte Rationalisierungspläne voranzutreiben und Arbeitspläne abzubauen. Laut einer Studie des McKinsey Global Institute, die die Auswirkungen der Pandemie berücksichtigt, stehen in Deutschland bis zum Jahr 2030 rund 10,5 Millionen Arbeitnehmer vor grundlegenden Veränderungen. 6,5 Millionen werden sich „erhebliche neue Fähigkeiten und Qualifikationen aneignen oder sich umschulen“, 4 Millionen eine neue Arbeitsstelle suchen müssen.
Auch das Schneckentempo der Impfkampagne, die entscheidend ist, um die Pandemie zu überwinden, ist zum Teil Profitinteressen geschuldet. Obwohl die Corona-Impfstoffe mit staatlichen Geldern gefördert wurden und auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien aufbauen, die an öffentlichen Universitäten entwickelt wurden, weigert sich die Regierung strikt, den Patentschutz aufzuheben und die Gewinne der Pharmakonzerne anzutasten.
Für letztere ist der Impfstoff eine Goldgrube. Sie haben ein großes Interesse daran, das Angebot knapp zu halten und die erforderlichen Produktionskapazitäten erst dann aufzubauen, wenn der Absatz gesichert ist. Obwohl bereits im Sommer und Herbst letzten Jahres milliardenschwere Lieferverträge abgeschlossen wurden, werden einige der erforderlichen Fabriken erst jetzt ausgebaut.
Pfizer und Biontech hatten ihren Impfstoff der Europäischen Union im Juni vergangenen Jahres zu einem Wucherpreis von 54,08 Euro pro Dosis angeboten, wie die Süddeutsche Zeitung am 18. Februar unter Berufung auf interne Unterlagen berichtete. Für 500 Millionen Dosen verlangten sie 27 Milliarden Euro. Sie begründeten dies damit, dass sich der Preis nicht an den Forschungs- und Entwicklungskosten bemesse, sondern am medizinischen Nutzen, also am Schaden, den die Pandemie ohne Impfung anrichten würde.
Laut der Zeitung war dies einer der Gründe, weshalb es erst im November zum Vertragsabschluss kam. Man einigte sich schließlich auf einen Preis von 15,50 Euro pro Dosis, weniger als ein Drittel der ursprünglichen Forderung. Trotzdem rechnet das deutsche Unternehmen Biontech in diesem Jahr mit einem Vorsteuergewinn von 4,4 Milliarden bei einem Umsatz von 6,5 Milliarden Euro – eine Umsatzrendite von 68 Prozent. Der Börsenwert hat sich entsprechend auf 27 Milliarden Dollar verdreifacht.
Das 2010 gegründete US-Unternehmen Moderna, dessen Impfstoff ebenfalls zugelassen wurde und das 2019 noch einen Umsatz von 60 Millionen Dollar erzielt hatte, rechnet mit einem Umsatz von 13,2 Milliarden und ist an der Börse inzwischen 62 Milliarden Dollar wert.
Gemessen am Raubzug der Finanzmärkte, der Autokonzerne und der Impfstoff-Monopole nehmen sich Nüßlein und Löbel wie Taschendiebe aus. Trotzdem läuten in den Parteizentralen die Alarmglocken. Sie fürchten, dass die öffentlich zur Schau gestellte Bereicherung gewählter Abgeordneter die Wut über die Corona-Politik der Bundesregierung zum Überlaufen bringt.
Diese Politik, die dem Grundsatz „Profite vor Leben“ folgt, wird in den Bundesländern von allen Parteien unterstützt. In ihren Programmen zur Bundestagswahl treten sie für ihre Fortsetzung ein. Selbst so zahme Forderungen, wie die massive Besteuerung von Spekulationsgewinnen, Vermögen und Spitzeneinkommen, finden sich darin nicht, geschweige denn die Forderung nach Enteignung der Krisengewinnler. Alle im Bundestag vertretenen Parteien sind entschlossen, die Billionengeschenke an die Reichen durch eine Rückkehr zur Politik der „schwarzen Null“ auf Kosten der Sozialausgaben und der Löhne wieder hereinzuholen.
Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) ist die einzige Partei, die zur Bundestagswahl antritt, um die Arbeiterklasse für ein sozialistisches Programm zum Sturz des Kapitalismus zu mobilisieren. In ihrem Wahlaufruf heißt es: „Kein gesellschaftliches Problem kann gelöst werden, ohne die Banken und Konzerne zu enteignen und unter die demokratische Kontrolle der Arbeiterklasse zu stellen. Ihre Gewinne und Vermögen müssen beschlagnahmt und die Billionen, die ihnen im letzten Jahr zur Verfügung gestellt wurden, zurückgeholt werden.“