Mit der Kundgebung am 16. März vor dem Wiesbadener Landtag ist der Kampf der Flughafen-Bodenarbeiter gegen den WISAG-Konzern am Scheideweg angelangt.
Seit drei Monaten kämpfen die Arbeiter nun gegen willkürliche Entlassungen und Lohnraub. Der WISAG-Konzern nutzt die Pandemie als Vorwand, um Arbeiter mit jahrzehntelanger Erfahrung rauszuschmeißen, durch Billiglohnkräfte zu ersetzen und das Lohnniveau für alle zu drücken. Busfahrer, die sich gegen ihre Versetzung in eine Scheinfirma gewehrt hatten, erhielten seit Oktober 2020 keinen Lohn.
Im Kampf dagegen haben die Bodenarbeiter bewiesen, dass sich Arbeiter nicht wie Lämmer auf die Schlachtbank führen lassen. Arbeiter haben Rechte, und wer wie Firmeninhaber Wisser glaubt, sie zu rechtlosen Sklaven machen zu können, hat sich getäuscht. Die Arbeiter sind entschlossen, nicht aufzugeben, denn das Recht auf Arbeit ist ein Grundrecht, wie auch das Recht auf vernünftige Bezahlung und sichere Bedingungen am Arbeitsplatz.
Die WISAG-Arbeiter haben mindestens zehn Kundgebungen und Demonstrationen durchgeführt, sind sogar am Terminal 1 in den Hungerstreik getreten und haben ihn acht Tage lang durchgehalten. Zuletzt sind sie am letzten Dienstag vor den Wiesbadener Landtag gezogen. Die Arbeiter sind aus der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ausgetreten, die keinen Finger für sie rührte und die Entlassungen nicht einmal zur Kenntnis nahm. Sie haben sich stattdessen der kleinen Spartengewerkschaft IGL angeschlossen.
In Wiesbaden zeigte sich jedoch sehr deutlich, dass auch die IGL keine andere Perspektive vertritt als Verdi. Die IGL ließ zu, dass die Vertreter derselben Parteien, die für die schreienden Zustände am Flughafen verantwortlich sind, die Diskussion dominieren. Das Mikrophon wanderte von einem Politiker zum andern, und CDU, SPD, FDP und Linkspartei durften den Arbeitern symbolisch und real auf die Schulter klopfen, ihnen die „Solidarität“ ihrer jeweiligen Partei aussprechen und wohlfeile Krokodilstränen vergießen.
Die Arbeiter hatten eintausend Unterschriften gesammelt und dazu tausende Diskussionen geführt – mit Bekannten, Kollegen und Passanten am Flughafen während des Hungerstreiks. Diese Unterschriften nahm der CDU-Abgeordnete Ismail Tipi an sich und überreichte sie im Landtagsgebäude dem Präsidenten des hessischen Landtags, seinem CDU-Parteikollegen Boris Rhein. In welcher Schublade – oder welchem Papierkorb – sie anschließend verschwanden, ist nicht bekannt. Jedenfalls wurde die parlamentarische Plenumsdiskussion durch den Vorgang nicht eine Minute lang aufgehalten.
Die IGL hat in Wiesbaden gezeigt, dass sie das Schicksal der Flughafen-Bodenarbeiter in die Hände der Politiker von CDU, FDP, der Grünen, der SPD und der Linkspartei legt. Der gleichen Parteien, die für die soziale Misere, die Massenentlassungen und den Rechtsruck verantwortlich sind. Der gleichen Parteien, die mit ihrer Öffnungspolitik in der Corona-Pandemie das Leben zehntausender Arbeiter für die Profitinteressen der Reichen opferten.
Die Familie Wisser, eine der 300 reichsten Unternehmerfamilien Deutschlands, ist mit all diesen Parteien aufs Engste vernetzt. Seit Jahrzehnten organisiert der WISAG-Konzern sowohl das Facility Management als auch die Security an der Frankfurter Messe, am Flughafen, in den Bankentürmen und im öffentlichen Raum. Claus Wisser spendet großzügig, nicht nur an seine eigene Partei, die SPD. Er bringt seine Millionen auch in zahlreiche Immobilienprojekte ein.
Das erklärt auch, warum die Medien – die FAZ, Frankfurter Rundschau, Hessenschau etc. – den Arbeitskampf gegen den WISAG-Konzern derart isolieren konnten und sogar erst über den Hungerstreik berichteten, als dieser schon zu Ende war.
Immer wieder erklären die WISAG-Arbeiter: „Wir geben niemals auf.“ Aber Entschlossenheit allein reicht nicht aus. Die Arbeiter stehen am Scheideweg, sie müssen sich entscheiden. Wohin der Weg an der Seite der IGL führt, lässt sich klar erkennen. Die IGL appelliert an die bürgerlichen Politiker und an die großen Gewerkschaften. Als nächstes ist eine Kundgebung vor der Zentrale von Verdi in Frankfurt geplant, das heißt ausgerechnet vor der Gewerkschaft, aus der die Arbeiter ausgetreten sind.
Dieser Weg führt die Arbeiter offensichtlich an der Nase und im Kreis herum. Die Parole „gemeinsam sind wir stark“ wird zur inhaltsleeren Phrase, und am Ende wird es heißen: Jeder stirbt für sich allein.
Stattdessen müssen die Arbeiter sich an die einzigen Verbündeten wenden, die sie haben: ihre Kollegen an allen WISAG-Niederlassungen in Frankfurt, Berlin, Hamburg, etc., an alle Arbeiter an den Flughäfen, sowie an die Produktionsarbeiter und die Autoarbeiter, die sich gerade in Warnstreiks befinden. Überall stehen Arbeiter vor denselben Problemen wie sie. Ihre Rechte werden aufs Schärfste angegriffen.
WISAG ist kein Einzelfall: Vielmehr ist das brutale Vorgehen des WISAG-Konzern das neue Geschäftsmodell. Auch der Flughafenbetreiber Fraport, auch Lufthansa, auch Airbus und die großen Produktionsbetriebe planen Massenentlassungen. Auch bei den Opelwerken, die ihr Stammwerk wenige Kilometer vom Flughafen entfernt in Rüsselsheim haben, werden Arbeitsplätze zerstört, Betriebsrenten gestrichen, Leiharbeiter geheuert und gefeuert.
Weltweit profitieren Konzerne und Banken von der Corona-Pandemie, um lange gehegte Umstrukturierungspläne auf Kosten und auf dem Rücken der Arbeiter durchzusetzen. Nicht nur setzen alle Regierungen die Durchseuchungspolitik, die schon 2,7 Millionen Opfer gefordert hat, rücksichtslos durch. Einer Schätzung der Weltbank zufolge haben bisher etwa 120 Millionen Menschen in der Pandemie ihre Existenz verloren, während den Banken und Konzernen hunderte Milliarden in den Rachen geworfen wurden.
Die „soziale Marktwirtschaft“ der Nachkriegszeit ist bankrott. Die vielgepriesene Mitbestimmung hat die Gewerkschaftsbürokraten und Betriebsräte in Aufsichtsratsherrn und Juniorpartner der Konzerne verwandelt. Die sozialen und demokratischen Rechte der Arbeiter vertragen sich nicht mehr mit der kapitalistischen Profitwirtschaft. Wenn Arbeiter heute wie bei WISAG ihre Rechte verteidigen, sind sie mit einer Phalanx aus Unternehmen, Parteien und Gewerkschaften konfrontiert.
Arbeiter, die wirklich etwas erreichen und nicht nur symbolische Proteste veranstalten wollen, müssen sich deshalb unabhängig von den Gewerkschaften in Aktionskomitees organisieren. Sie müssen mit der bankrotten Bettelei der IGL brechen und sich mit den Komitees von Kollegen in anderen Betrieben vernetzen und den Arbeitskampf gemeinsam entwickeln und ausweiten.
Die Aktionskomitees müssen all diejenigen schützen und verteidigen, die der Willkür der Oligarchen ausgesetzt sind. Sie müssen Kontakt zu Flughäfen in ganz Europa aufnehmen, um einen europaweiten Generalstreik vorzubereiten. Das ist die einzige Möglichkeit, Arbeitsplätze und Löhne zu verteidigen. Schon jetzt haben sich nach den Berichten der WSWS zahlreiche Arbeiterinitiativen mit den streikenden WISAG-Kollegen solidarisiert.
Jeder ernsthafte Kampf bringt Arbeiter unweigerlich in Konflikt mit dem kapitalistischen System und seinen Parteien. Die Sozialistische Gleichheitspartei bewaffnet Arbeiter deshalb mit einem sozialistischen Programm, das die revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft nach den Interessen der Arbeiter zum Ziel hat. Kein gesellschaftliches Problem kann gelöst werden, ohne die großen Konzerne zu enteignen und unter demokratische Kontrolle zu stellen. Für diese Perspektive kämpfen wir bei den Bundestagswahlen.
Nehmt Kontakt auf zum Netzwerk der Aktionskomitees für sichere Arbeitsplätze und unterstützt den Wahlkampf der SGP!