Baden-Württemberg: Grüne erneuern Koalition mit CDU

Am Donnerstag beschloss der Landesvorstand der Grünen in Baden-Württemberg, die Koalition mit der CDU fortzusetzen.

Die Grünen, die in dem südwestlichen Land mit Winfried Kretschmann seit zehn Jahren den Ministerpräsidenten stellen, waren als stärkste Partei aus der Landtagswahl vom 14. März hervorgegangen, während die CDU fast 300.000 Stimmen verlor und in ihrem einstigen Stammland das historisch schlechteste Ergebnis einfuhr.

Die Wahlniederlage war das Ergebnis für die rechte Politik der grün-schwarzen Koalition, die eine Politik der Sozialkürzungen, der Staatsaufrüstung und der Durchseuchung verfolgt hatte. Die Spitzenkandidatin der CDU, Susanne Eisenmann, hatte als Bildungsministerin bereits im Januar inmitten der zweiten Corona-Welle gefordert, dass die Schulen unabhängig von der Inzidenz sofort geöffnet werden, und die Schüler dann jahrgangsweise zurück in die Schulen gezwungen. In der Folge sanken ihre Beliebtheitswerte in den Keller.

Kretschmann selbst gilt im Autoland Baden-Württemberg inzwischen als Liebling der Autobosse, die die schrecklichen Folgen der Corona-Pandemie nutzen, um lange geplante Umstrukturierungen und Massenentlassungen durchzusetzen. Unter stockkonservativen CDU-Mitgliedern genießt der praktizierende Katholik mehr Unterstützung als viele CDU-Politiker.

Seine Regierung hatte schon 2019 insgesamt 2648 Asylsuchende abgeschoben und auch während der Pandemie zahlreiche Geflüchtete deportiert. In den beengten und unhygienischen Flüchtlingsunterkünften breitete sich das Coronavirus rasend schnell aus. Anstatt die Lager aufzulösen, wurden die Migranten dort eingesperrt und von der Bundeswehr bewacht.

Dass die Grünen diese Regierung trotz der Niederlage der CDU fortsetzen, ist auch ein Signal für die Bundespolitik. Die Partei bereitet sich darauf vor, in die nächste Regierung einzutreten oder sie sogar zu führen. Nach dem jetzigen Stand der Umfragen wäre nicht nur ein Bündnis mit der Union unter einem Unionskanzler, sondern auch eine Ampelkoalition mit SPD und FDP und vielleicht sogar ein rot-rot-grünes Bündnis unter grüner Führung möglich. Mit der Entscheidung von Stuttgart machen die Grünen erneut deutlich, dass sie die verhasste Politik der Großen Koalition in jedem Fall fortsetzen werden.

Dabei fürchten die Grünen die wachsende Opposition gegen die katastrophale Corona-Politik der Großen Koalition, die sich im freien Fall der Umfragewerte der CDU äußert. Während die SPD bereits seit drei Jahren deutlich unter der 20-Prozent-Marke vor sich hin dümpelt, ist die Union in den vergangenen Wochen massiv abgestürzt – von knapp 40 Prozent vor einem Jahr auf derzeit noch 27 Prozent.

Der Unmut beschränkt sich dabei nicht auf die Große Koalition, sondern richtet sich auch gegen die Landesregierungen, an denen die Grünen in elf von 16 Ländern beteiligt sind. Die Zeit, die stets äußerst empfindlich auf Anzeichen gesellschaftlicher Erschütterungen reagiert, schlägt in ihrer jüngsten Ausgabe Alarm: „Was sich in diesen Tagen bemerkbar macht, ist eine bislang ungekannte Systemskepsis in den systemstabilisierenden Teilen der Bevölkerung. Ein Vertrauensverlust bei denjenigen, die der Politik bislang vertrauten.“

In den Umfragen, so Die Zeit, wachse „die Unzufriedenheit mit der Politik seit Wochen beinahe exponentiell“. Die Zahl derer, „die sich härtere Maßnahmen gegen die Pandemie wünschen“, schieße in die Höhe. „Und ebenso rasant wächst die absolute Mehrheit derer, die der Meinung sind, keine Partei sei in der Lage, mit den Problemen des Landes fertigzuwerden.“

Unter diesen Bedingungen schließen die Grünen die Reihen mit den Parteien der Großen Koalition. Als Merkels CDU im vergangenen Sommer ihren 75. Geburtstag beging, feierten sie die beiden Grünen-Vorsitzenden in ihren Glückwünschen als natürliche Regierungspartei. „So wie wir immer schon etwas wollten, seid Ihr immer schon etwas gewesen,“ schrieben Annalena Baerbock und Robert Habeck. „Ihr seid so etwas wie die institutionalisierte Regierungspartei, die Grundversorgung im Kanzleramt, das Bayern München der Politik.“

Im Bundestagswahlprogramm, das die Grünen vor zwei Wochen vorstellten, verpflichten sie sich auf die Fortsetzung der rechten und militaristischen Politik der Großen Koalition. Sie versprechen mehr Geld für Aufrüstung und Krieg, einen stärkeren Unterdrückungsapparat im Inneren und wirtschaftliche „Reformen“, um den deutschen Kapitalismus gegen seine internationalen Kontrahenten zu stärken.

Die Partei, die 1980 unter dem Banner von Umweltschutz, Pazifismus und Basisdemokratie von Vertretern der 68er-Stundentenbewegung gegründet wurde, hat sich längst in die herrschende Klasse integriert. Sie vertritt die Interessen wohlhabender Teile der Mittelklasse, die die Auflehnung von Arbeitern und unterdrückten Schichten als Bedrohung ihrer Privilegien empfinden.

In der Bundesregierung von Gerhard Schröder (SPD) und Joschka Fischer (Grünen) hatten die Grünen internationale Kampfeinsätze der Bundeswehr, massive Steuersenkungen für die Reichen, Hartz IV und die Senkung von Alterseinkünften und Renten unterstützt. Heute zählen sie zu den aggressivsten Verfechtern des deutschen Militarismus, der inneren Aufrüstung, der Abschiebung von Flüchtlingen und des Sozialabbaus.

Die Corona-Pandemie hat nicht nur alle Gegensätze des Kapitalismus auf die Spitze getrieben, sondern auch den Charakter der Grünen deutlicher gemacht. Wie die anderen kapitalistischen Parteien stellen sie in der Pandemie die Interessen und Profite der Wirtschaft über die Gesundheit und das Leben der Menschen.

Die einzige Partei, die dieser rechten Politik mit einer fortschrittlichen Perspektive entgegentritt, ist die Sozialistische Gleichheitspartei. Sie tritt zu den Bundestagswahlen an, um eine internationale Arbeiterpartei aufzubauen, die der kapitalistischen Barbarei – Durchseuchung, Krieg und Umweltzerstörung – eine sozialistische Gesellschaft entgegenstellt, die nach den Bedürfnissen der Menschen und nicht den Profitinteressen der Reichen organisiert ist.

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