Wachsender Konflikt zwischen USA und China – Taiwan droht mit Abschuss chinesischer Drohnen

Da die Biden-Regierung die Konfrontation zwischen den USA und China bewusst verschärft, wird Taiwan jetzt sehr schnell zum potenziellen Auslöser eines Kriegs zwischen den beiden Atommächten. Genau wie zuvor von Trump wird der diplomatische Rahmen, der seit Jahrzehnten zumindest einen unsicheren und labilen Frieden auf beiden Seiten der Taiwanstraße gewährleistet hat, jetzt auch von Biden in Frage gestellt.

Indem die USA ihre Beziehungen zu Taiwan stärken, stellen sie die Ein-China-Politik in Frage, welche die Grundlage für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Peking und Washington im Jahr 1979 bildete. Daneben ermutigen sie Taipeh zu einer deutlich aggressiveren Haltung gegenüber China, was den Konflikt noch gefährlicher macht. In Peking sorgt diese Entwicklung für Befürchtungen, die herrschende taiwanesische Demokratische Fortschrittspartei, die für größere Autonomie von China eintritt, könnte die vollständige Unabhängigkeit erklären. Damit wäre für Peking eine rote Linie überschritten.

Flugzeuge in Formation über der USS Ronald Reagan, einem Flugzeugträger der US Navy (Kaila V. Peters/U.S. Navy)

Der taiwanesische Außenminister Joseph Wu erklärte am Montag vor der Presse, „amerikanische Entscheidungsträger“ hätten vor einem drohenden chinesischen Angriff auf Taiwan gewarnt. Er erklärte offen, Taiwan sei in einem Konflikt mit China zu allem bereit: „Wir werden den Krieg führen, wenn wir ihn führen müssen. Und wenn wir uns bis zu unserem letzten Tag verteidigen müssen, dann werden wir uns bis zu unserem letzten Tag verteidigen.“

Am Mittwoch drohte der Leiter der taiwanesischen Küstenwache, Lee Chung-wei, Taiwan werde chinesische Drohnen abschießen, falls diese den von Taipeh kontrollierten Pratas-Inseln im Südchinesischen Meer zu nahe kommen. Lee erklärte zwar, dort seien chinesische Drohnen entdeckt worden, gab aber zu, dass keine von ihnen in die Gewässer- und Luftraum-Sperrzone von sechs Kilometern um die Inseln eingedrungen war. Wenn sie eindringen, erklärte er, „werden wir entsprechend den Regeln handeln. Wenn wir das Feuer eröffnen müssen, eröffnen wir das Feuer.“

Diese Äußerungen verdeutlichen, welche extremen Spannungen die USA im Indopazifik schüren. Washingtons Verurteilungen der „chinesischen Aggression“ und des „chinesischen Expansionismus“, die von seinen Verbündeten und Partnern weltweit nachgebetet werden, stellen die Realität auf den Kopf. Der US-Imperialismus hat in den letzten zehn Jahren ein riesiges Militäraufgebot in der Region stationiert und bewusst potenzielle Krisenherde geschürt, u.a. im Südchinesischen Meer und auf der koreanischen Halbinsel.

Am Mittwoch schickte die US Navy erneut ein Kriegsschiff durch die strategisch wichtige, an der engsten Stelle nur 130 Kilometer breite Taiwanstraße zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland. Der Lenkraketenzerstörer USS John S. McCain war das vierte US-Kriegsschiff, das seit Bidens Amtsübernahme die Meerenge durchfahren hat. Wenn Biden in diesem Tempo weitermacht, wird seine Regierung den Rekord der Trump-Regierung brechen, die im letzten Jahr 13 Schiffe durch die Taiwanstraße geschickt hat.

Am gleichen Tag führten der Flugzeugträger USS Theodore Roosevelt und seine Kampfgruppe Militärübungen im Südchinesischen Meer durch, u. a. Operationen von Starr- und Drehflügel-Flugzeugen, Angriffe zur See und U-Bootbekämpfungs-Operationen. Es ist bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass der riesige, nuklear getriebene Flugzeugträger und seine Armada so nahe am chinesischen Festland und an wichtigen chinesischen Marinebasen in Südchina Militärübungen durchgeführt haben. Der Befehlshaber der Kampfgruppe, Captain Eric Anduze, erklärte stolz: „Unsere Fähigkeit, Krieg zu führen, ist unerreicht.“

Zusätzlich hat die US Navy seit Bidens Amtsantritt mindestens zwei „Operationen zur Sicherung der Freiheit der Seefahrt“ (FONOP) im Südchinesischen Meer durchgeführt. Bei diesen Operationen verstoßen US-Kriegsschiffe direkt gegen chinesische Seegebietsansprüche, indem sie nahe an die von China kontrollierten Inseln heranfahren. Diese provokanten Manöver könnten, entweder versehentlich oder absichtlich, einen militärischen Zusammenstoß auslösen.

Washington nutzt den Vorwand der „Freiheit der Seefahrt“, um diese Militärübungen nahe der chinesischen Küste als legitim darzustellen. Doch Operationen von chinesischen Militärflugzeugen und Marineschiffen werden immer im bedrohlichsten Licht dargestellt. Am Donnerstag ließ Taiwan Kampfflugzeuge aufsteigen, weil 15 chinesische Flugzeuge in seine selbsterklärte Luftraum-Überwachungszone „eingedrungen“ waren. Diese Art von Einschränkungen des Luftraums hätte vor dem Völkerrecht keinen Bestand.

Gleichzeitig haben die amerikanischen und die internationalen Medien die Übungen des chinesischen Flugzeugträgers Liaoning und seiner fünf Eskortschiffe aufgebauscht, die am Sonntag die Miyako-Straße bei den japanischen Ryukyu-Inseln durchfahren haben. Die Meerenge ist breit genug, um Teil der internationalen Gewässer zu sein, sodass Japans Souveränität von China nicht verletzt wurde.

Zwei wichtige US-Militärs – der ehemalige Befehlshaber des Indo Pacific Command, Admiral Philip Davidson, und sein Nachfolger, Admiral John Aquilino – haben vor der erhöhten Gefahr eines Kriegs zwischen den USA und China wegen Taiwan in der nahen Zukunft gewarnt. Davidson erklärte: „Die Gefahr besteht in diesem Jahrzehnt – eigentlich in den nächsten sechs Jahren.“Aquilino erklärte während der Anhörung zu seiner Bestätigung vor dem Kongress: „Dieses Problem ist uns viel näher, als die meisten von uns glauben.“

Im Rahmen der Ein-China-Politik erkennen die USA die Regierung in Peking seit 1979 faktisch als legitime Regierung von ganz China, einschließlich Taiwans, an. Deshalb unterhalten die USA keine formellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan und nur Kontakte auf unteren Ebenen. Gleichzeitig haben die USA jedoch im Rahmen des Taiwan Relation Act Verteidigungswaffen an Taiwan geliefert und dem Land versichert, dass Amerika das Land im Falle eines chinesischen Angriffs verteidigen werde.

Die Trump-Regierung hat Kontakte mit Taiwan auf höherer Ebene aufgenommen, u. a. mit einem Besuch von Gesundheitsminister Alex Azar, einem Mitglied des Kabinetts, im letzten Jahr. Damit hat sie faktisch die bisherigen diplomatischen Protokolle unterlaufen, die mit der Ein-China-Politik assoziiert wurden. Trumps Außenminister Mike Pompeo ging dieses Jahr noch einen Schritt weiter und hob alle Einschränkungen für Kontakte zwischen amerikanischen und taiwanesischen zivilen und militärischen Vertretern auf. Diese Politik setzt Biden fort, und er bezeichnete sein Eintreten für Taiwan als „felsenfest“.

Unter Biden erwägt das Pentagon die Stationierung von Mittelstreckenraketen auf der ersten Inselkette um das chinesische Festland, zu der auch Taiwan gehört. Die USA unterstützen Taiwan zudem beim Aufbau seiner U-Bootflotte. Daneben entwickelt Taiwan eigene Raketen, mit denen es Angriffe auf Ziele tief im chinesischen Festland führen kann.

Die USA spielen leichtfertig mit dem Feuer. Als sie 1979 diplomatische Beziehungen zu Peking aufbauten, brachen sie die Beziehungen zu Taiwan ab und zogen ihre Streitkräfte ab. Jeder Versuch der USA, Soldaten oder Kriegsgerät auf Taiwan zu stationieren, würde daher eine feindliche Reaktion Chinas nach sich ziehen, die einen militärischen Konflikt auslösen könnte.

Taiwan ist sowohl strategisch als auch wirtschaftlich wichtig. Als Teil der ersten Inselkette wäre es ein entscheidender Faktor, falls die USA versuchen, eine Wirtschaftsblockade gegen China zu verhängen oder einen offenen Krieg zu beginnen. Gleichzeitig befindet sich dort die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, die etwa 90 Prozent der modernsten Computerchips herstellt, die für zahlreiche wirtschaftliche und militärische Anwendungen benötigt werden.

Die Warnungen der US-Admiräle vor einem möglichen Krieg mit China in der unmittelbaren Zukunft haben weniger mit der chinesischen „Aggression“ zu tun als mit Washingtons Angst, China könnte die USA wirtschaftlich und strategisch überholen. Die verstärkten Diskussionen in Washington über die Notwendigkeit engerer Beziehungen zu Taiwan machen deutlich, dass diese strategisch wichtige Insel ein zentraler Bestandteil der Pläne des Pentagons für einen Krieg gegen China ist. Der US-Imperialismus ist bereit, seine globale Vorherrschaft mit militärischen Mitteln zu verteidigen – selbst wenn dies zu einem katastrophalen Atomkrieg führt.

Angesichts der rapiden Verschärfung des Klassenkampfs in den USA versucht die herrschende Klasse auch, diese immensen sozialen Spannungen gegen einen äußeren Feind zu lenken. Arbeiter und Jugendliche müssen die wachsende Hetzkampagne zurückweisen, die China mit zunehmend rassistischer Rhetorik verteufelt, und auf die chinesische Arbeiterklasse zugehen, die mit den gleichen Formen der kapitalistischen Ausbeutung konfrontiert ist. Das bedeutet, dass die Kriegsgefahr nur abgewendet werden kann durch den Aufbau einer internationalen Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse auf sozialistischer Grundlage, um den Kapitalismus abzuschaffen – die Hauptursache für Kriege.

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