Am Sonntag vor zwei Jahren wurde der WikiLeaks-Gründer Julian Assange gewaltsam aus der ecuadorianischen Botschaft in London gezerrt. Seitdem ist er im Gefängnis und kämpft gegen seine Auslieferung in die USA. Dort droht ihm lebenslange Haft unter barbarischen Bedingungen, weil er Kriegsverbrechen, Putschversuche, staatliche Massenüberwachung, Folter und Korruption aufgedeckt hat.
Am 11. April 2019 widerrief die Regierung von Ecuador Assanges politischen Asylstatus, und am selben Tag betrat die britische Polizei das Botschaftsgebäude, um ihn wegzuschleppen. Die kürzlich veröffentlichten Tagebücher des ehemaligen Außenministers Sir Alan Duncan bestätigen, dass sich die höchsten Ebenen des Staates an dieser gesetzlosen Operation beteiligten.
Duncan berichtet dort, er habe die Polizeirazzia über eine Live-Übertragung aus der "Einsatzzentrale ganz oben im Außenministerium" beobachtet. Die Operation lief unter dem Codenamen "Pelican", und wie Duncan sich erinnert, habe ein Beamter "mit einer Krawatte mit Pelikan-Motiv" zugeschaut. Duncans Tagebucheintrag schließt mit den Worten: "Also, Job endlich erledigt - und wir machen ein Erinnerungsfoto vom Team Pelican. Es hatte viele Monate geduldiger diplomatischer Verhandlungen gebraucht, und am Ende klappte es reibungslos. Ich gebe Millionen von Interviews und gebe mir Mühe, mein Grinsen zu unterdrücken."
Der Sadismus dieser Schnapp-Operation des britischen Staates wurde nur noch von den üblen Bemühungen der Pseudolinken übertroffen, Assange zu verunglimpfen und seinen Ruf zu schädigen. Dabei bezogen sie sich auf die fabrizierte Untersuchung in Schwedem 2010 wegen angeblicher sexueller Übergriffe. Assange suchte damals Asyl in der ecuadorischen Botschaft, weil er zu Recht befürchtete, dass seine Auslieferung an Schweden eine Falle sein könnte, um ihn an die USA auszuliefern. Als er in der Botschaft war, führten seine ehemaligen "Medienpartner", allen voran der Guardian, gemeinsam mit der internationalen Riege der Pseudolinken, eine üble, jahrelange Verleumdungskampagne, um ihn als Sexualverbrecher zu verunglimpfen.
Das schwedische Komplott war eine Operation auf höchster Ebene. Als die Staatsanwälte 2012 signalisierten, dass sie den Fall wahrscheinlich fallen lassen würden - was sie schließlich 2019 abschließend taten - sandte der britische Crown Prosecution Service (CPS) eine Warnung: "Wagt es nicht, kalte Füße zu bekommen!!!" Der CPS wurde damals vom derzeitigen Vorsitzenden der Labour Party, Sir Keir Starmer, geleitet. Die Unterstützung der schwedischen CIA-Operation durch pseudolinke Gruppen auf der Grundlage der Gender-Politik entlarvte diese Gruppen als ein Werkzeug imperialistischer Interessen. Im Jahr 2012 vertrat die wohlhabende soziale Basis der Pseudolinken bereits die Doktrin der "humanitären Intervention" und unterstützte Regimewechseloperationen in Syrien, Libyen und anderswo.
In den USA befürworten sowohl die Republikaner als auch die Demokraten Assanges Inhaftierung. Im Jahr 2018 schrieben 10 Senatoren der Demokratischen Partei an Vizepräsident Mike Pence und bedrängten die Trump-Administration, Druck auf Ecuador auszuüben, um Assange aus der Botschaft auszuweisen, damit er verhaftet und ausgeliefert werden könne. Damals beschuldigten sie Assange, sich an der angeblichen "russischen Einmischung" in den amerikanischen Wahlkampf beteiligt zu haben.
Die Trump-Administration, so erfuhr man später, arbeitete mit der CIA zusammen, um Assange auszuspionieren, seine geschützte Kommunikation mit Anwälten und Ärzten zu belauschen und seine persönlichen Dokumente zu stehlen. CIA-Agenten planten Assanges Entführung und sogar seine Ermordung, bis der ecuadorianische Präsident Lenin Moreno zustimmte, ihn an die britische Polizei zu übergeben.
Einmal in den Händen des britischen Staates, wird Assange seit zwei Jahren pseudo-juristischen Schikanen ausgesetzt, was bereits in einem entwürdigenden Schauprozess gipfelte. Nur wenige Stunden nach seiner Entführung aus der Botschaft wurde Assange vor dem Westminster Magistrates Court schon für schuldig befunden, gegen eine Kaution verstoßen zu haben. Bezirksrichter Michael Snow erklärte damals: "Seine Behauptung, er habe keine faire Anhörung erhalten, ist lächerlich. Und sein Verhalten ist das eines Narzissten, der nicht über seine eigenen egoistischen Interessen hinauskommt."
Bei einer anschließenden Anhörung vor dem Southwark Crown Court wurde Assange zu der praktischen Höchststrafe für Kautionsverletzung (50 Wochen) verurteilt und ins Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh geschickt. Richterin Deborah Taylor warf ihm vor: "Sie nützen Ihre privilegierte Position aus", und er habe die Gesetze missachtet und international in Misskredit gebracht.
Während Assanges Zeit in Belmarsh wurden ihm wiederholt und auf eklatante Weise seine Rechte vorenthalten, was darauf abzielte, ihn zu brechen und in den Suizid zu treiben. Immer wieder wurde sein ordnungsgemäßer Zugang zu seinen Anwälten behindert und wurden ihm Dokumente und Materialien vorenthalten, die er für die Vorbereitung seiner Verteidigung benötigte. Als Assange seine Strafe abgebüßt hatte, ordnete Bezirksrichterin Vanessa Baraitser an, dass er weiterhin in Belmarsh in Untersuchungshaft bleiben müsse. Während der ersten Woche von Assanges Auslieferungsanhörung, die im Februar 2020 am Woolwich Crown Court stattfand, musste er in einem Glaskasten sitzen, und Baraitser hinderte ihn daran, zu sprechen oder auch nur mit seinen Anwälten zu kommunizieren. Am ersten Tag wurde er zweimal nackt ausgezogen und 11 Mal in Handschellen gelegt.
Im Vorfeld der Hauptanhörung vor dem Westminster Magistrates Court im September 2020 wurde Assange eine Freilassung auf Kaution wiederholt verweigert, selbst als Covid-19 sich im Belmarsh-Gefängnis ausbreitete. Assange ist dafür aufgrund einer Atemwegserkrankung besonders anfällig.
Die US-Regierung nutzte diese Zeit, um ihren monströsen Angriff auf demokratische Rechte voranzutreiben. Die ursprüngliche Anklageschrift gegen den WikiLeaks-Gründer, die am Tag seiner Ergreifung aus der Botschaft entsiegelt wurde, hatte ihn der Verschwörung mit der Absicht, einen Computer zu hacken, beschuldigt. Darauf stand eine Höchststrafe von fünf Jahren. Am 23. Mai 2019 enthüllten die USA 17 neue Anklagen unter dem Espionage Act von 1918 mit einem möglichen Strafmaß von insgesamt 170 Jahren. Diese Anklagen haben abschreckende Auswirkungen auf die Pressefreiheit, da sie grundlegende journalistische Praktiken kriminalisieren und mit Hochverrat oder Spionage gleichsetzen.
Eine weitere Nebenklage wurde am 24. Juni 2020 erhoben, nachdem Assanges erste Anhörungsphase abgeschlossen war, und wenige Wochen, ehe die Verteidigung ihre grundsätzliche Argumentation für die zweite Phase vorlegen sollte. Die neue Anklageschrift beruhte größtenteils auf Aussagen von FBI-Informanten mit einer Vorgeschichte als Betrüger und Provokateure. Abgesehen davon, dass ihr unvermitteltes Auftauchen einen groben Verstoß gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren darstellte, erweiterte die neue Schrift den Rahmen der Anklagen auf ein noch breiteres Spektrum an journalistischen Aktivitäten.
Die immense Bedeutung des Journalismus von WikiLeaks und Assange und die Kriminalität ihrer Verfolgung wurden bei seiner Anhörung im September deutlich. Dutzende von Zeugen bestätigten das ungewöhnlich hohe Maß an Quellenschutz durch WikiLeaks und sprachen über die globalen Auswirkungen von Publikationen wie zum Beispiel des Videos "Collateral Murder", das das Massaker an irakischen Zivilisten und Journalisten durch US-Soldaten dokumentiert. Damit stand die Anklage der USA nackt da als eine grundlose, rachsüchtige Hexenjagd. Es wurde klar, dass sie darauf abzielt, Assange zu vernichten, und dass damit ein Präzedenzfall geschaffen werden soll, um Journalisten einzuschüchtern, die es wagen sollten, imperialistische Verbrechen aufzudecken.
Zunächst galt eine Entscheidung zugunsten der Auslieferung als so gut wie sicher, aber dann traf Baraitser am 4. Januar dieses Jahres eine überraschende Entscheidung dagegen. Allerdings blockierte ihr politisch kalkuliertes Urteil eine Auslieferung in die USA allein aufgrund von Assanges beeinträchtigter psychischer Gesundheit und seiner Suizidgefahr. Die Richterin akzeptierte jedes andere Element der Anklage, einschließlich der Verweigerung der freien Meinungsäußerung und Pressefreiheit, und sie rechtfertigte ausdrücklich den Missbrauch der demokratischen Rechte von Assange.
Damit blieb das Tor für eine US-Klage weit offen. Das US-Justizministerium reagierte schnell: "Auch wenn wir von der letztendlichen Entscheidung des Gerichts extrem enttäuscht sind, nehmen wir erfreut zur Kenntnis, dass sich die Vereinigten Staaten in jeder angesprochenen Rechtsfrage durchgesetzt haben. Insbesondere wies das Gericht alle Argumente von Herrn Assange bezüglich der politischen Motivation, politischer Verfolgung, des fairen Verfahrens und der Redefreiheit zurück. Wir werden uns weiterhin um die Auslieferung von Herrn Assange an die Vereinigten Staaten bemühen."
Baraitser hatte im Wesentlichen die Entscheidung über Assanges Schicksal hinausgeschoben, bis klar wurde, wie Trumps Putschversuch enden würde. Zwei Tage, nachdem seine Auslieferung blockiert worden war, stürmte am 6. Januar ein faschistischer Mob das Kapitol, und es gelang ihm beinahe, Kongressmitglieder zu ergreifen. Die anhaltende Feindseligkeit des britischen Staates gegen Assange wurde schon dadurch klar, dass Baraitser noch am selben Tag auf rechtlich absurde Weise seine Entlassung auf Kaution verweigerte und Assange ohne rechtmäßige Anklage zu weiterem Verbleiben im Hochsicherheitsgefängnis verurteilte.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Seitdem hat auch die Biden-Regierung Trumps Verfolgung des WikiLeaks-Gründers fortgesetzt. Schon 2010 hatte Biden ihn als "Hightech-Terroristen" bezeichnet. Wie die World Socialist Web Site und das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) immer betont haben, ist Assanges Inhaftierung ein integraler Bestandteil der verschärften Kriegstreiberei durch den US-Imperialismus, sowohl unter Trump als auch seinem Nachfolger.
Biden führt eine aggressive Anti-China-Kampagne und schürt im Innern antichinesische Fremdenfeindlichkeit, indem er Verschwörungstheorien über den Ursprung von Covid-19 verbreitet. Die USA und ihre Verbündeten hetzen gegen Russland wegen der Krim und der Ostukraine, und die endlosen antirussischen Provokationen und Stellvertreterkriege der NATO drohen, in einen größeren Krieg zu münden.
Militärische Konflikte von solch katastrophalem Ausmaß vertragen sich nicht mit demokratischen Gepflogenheiten im Innern. Die Veröffentlichungen der Afghanistan- und Irak-Kriegsprotokolle durch WikiLeaks waren der Funke für eine massenhafte Anti-Kriegs-Stimmung auf der ganzen Welt. In allen imperialistischen Ländern ist die herrschende Klasse entschlossen, die Berichterstattung über ihre Kriegspläne und Verbrechen zu unterdrücken. Deshalb wird jede linke, sozialistische und Antikriegsopposition unterdrückt. Der Fall Assange ist für diese Hinwendung zur Diktatur bezeichnend.
In den zwei Jahren seit Assanges Verhaftung haben sich im Kampf um seine Freiheit zwei scharf gegensätzliche politische Perspektiven herauskristallisiert. Die offizielle Kampagne, die die Organisation Don't Extradite Assange (DEA) führt, stützt sich auf nutzlose Appelle an den Staat und seine Vertreter. Zuerst wandte sich die DEA an den damaligen Labour-Chef, Jeremy Corbyn. Während der gesamten Parlamentswahlen 2019 hat Corbyn als Vorsitzender der Labour Party ein politisch kriminelles Stillschweigen zu Assange beachtet und die Entwicklung einer Massenbewegung gegen den britischen und US-Imperialismus verhindert. Als Corbyn schließlich das Wort ergriff, appellierte er an Boris Johnson und das britische Justizsystem, das die demokratischen Rechte von Assange offensichtlich mit Füßen tritt.
Schließlich wurde ein bunter Haufen von Parlamentariern, Prominenten und Bürgerrechts- und Medienvertretern zusammengetrommelt (von denen sich viele jahrelang an Assanges Verfolgung beteiligt hatten). In den Wochen vor Baraitsers Entscheidung erreichte die DEA-Kampagne einen neuen Tiefpunkt, als sie einen unterwürfigen Appell an Donald Trump richtete und den Präsidenten um Begnadigung anflehte. Dieser begnadigte stattdessen mehrere Kriminelle, Faschisten und Kriegsverbrecher.
Als Trump aus dem Amt schied, gingen die Appelle der DEA nahtlos auf Biden über, der keineswegs besser reagiert.
Das IKVI und seine Sektionen, die Sozialistischen Gleichheitsparteien, sind vollauf bestätigt worden. Sie haben darauf bestanden, dass der Kampf für Assanges Freiheit von der Entwicklung einer Massenbewegung in der Arbeiterklasse abhängt. Die Pandemie hat zweifelsfrei bewiesen, dass es in der herrschenden Klasse nicht einmal für die grundlegendsten demokratischen Rechte, einschließlich des Rechts auf Protest und Versammlung und des Rechts auf Leben, Unterstützung gibt. Die herrschende Klasse hat auf den Virus mit einer Politik des sozialen Mordes und weiteren Vorbereitungen auf staatliche Repression und Krieg reagiert.
Diese Politik hat dazu geführt, dass die kapitalistischen Staaten immer offener in Konflikt mit den unterdrückten Arbeitern auf der ganzen Welt geraten. Schon vor der Pandemie gab es große Streiks und Massenproteste. Assanges endgültiges Schicksal ist untrennbar mit diesem anwachsenden Konflikt verbunden: dem Kampf der internationalen Arbeiterklasse gegen Kapitalismus. Die wahren Verbrecher, die auf die Anklagebank gehören, sind die imperialistischen Kriegstreiber und Folterer.
Am zweiten Jahrestag der Ergreifung des WikiLeaks-Gründers bekräftigen wir unsere Forderung nach Assanges sofortiger, bedingungsloser Freiheit und wir verpflichten uns, für ein Programm des Klassenkampfs einzutreten, um dies zu erreichen.
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