Die amerikanische Arbeiterklasse muss Assange zu Hilfe kommen!

Julian Assanges Vater und Bruder, John und Gabriel Shipton, bereisen derzeit die Vereinigten Staaten, um die Freilassung des WikiLeaks-Gründers zu verlangen. Sie besuchen mehrere amerikanische Städte, darunter Miami, Boston, Philadelphia, Milwaukee, San Francisco und Denver, und werden ihre Tour in Washington DC zum Abschluss bringen.

Assange ist ein mehrfach preisgekrönter Journalist. Seine bedeutendste Arbeit, die er zusammen mit der heldenhaften Whistleblowerin Chelsea Manning über WikiLeaks ausführte, ist die Veröffentlichung der Kriegsprotokolle von Irak und Afghanistan, der Diplomatendepeschen der USA im Jahr 2010 sowie der Guantanamo-Akten im Jahr 2011. Diese Veröffentlichungen deckten Kriegsverbrechen, Folter, Putschversuche und Korruption durch die USA und ihre Verbündeten auf der ganzen Welt auf.

Aus diesem Grund ist Assange seit mehr als einem Jahrzehnt einer bösartigen, ununterbrochenen Verfolgung durch die imperialistischen Mächte ausgesetzt. Er befindet sich derzeit im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh und kämpft gegen seine Auslieferung an die USA, wo ihm eine mögliche Strafe von 175 Jahren wegen Anklagen unter dem Espionage Act droht.

Am 4. Januar untersagte die britische Richterin Vanessa Baraitser Assanges Auslieferung an die USA mit der Begründung, dass dies aufgrund seines psychischen Zustands und der Selbstmordgefahr im US-Gefängnissystem „unterdrückerisch“ („oppressive“) wäre. Allerdings bestätigte Baraitser jeden anderen Aspekt des eklatant antidemokratischen Auslieferungsantrags der amerikanischen Regierung. Das Urteil versetzte Assanges Fall daher in einen Wartezustand, während der Ausgang des faschistischen Putschversuchs des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump noch unklar war. Seitdem wurde Assange die Kaution verweigert und er wird weiter in Belmarsh festgehalten, während die USA ihre Berufung vor dem High Court vorbereiten.

Seine fortgesetzte Inhaftierung ist unmenschlich. Die einzige Anklage, mit der Assange konfrontiert ist, wurde vom britischen Gericht als unzulässig eingestuft – doch dasselbe Gericht hat angeordnet, ihn im Gefängnis zu behalten. Er ist 22 Stunden am Tag in einer Zehn-Quadratmeter-Zelle eingesperrt und darf nur hinaus, um zu duschen, Sport zu treiben und Nahrung und Antidepressiva zu holen.

Assanges Partnerin Stella Moris berichtete kürzlich, dass er „in Belmarsh kaum noch durchhält... es fühlt sich an wie eine endlose Strafe. Manchmal ist er so verzweifelt, dass er denkt, er sei eine Last – Selbstmord ist also eine sehr reale Befürchtung“.

Moris setzte hinzu: „Er braucht menschliche Interaktion und geistige Stimulation. Ich habe ihn in einem schrecklichen Zustand gesehen, unfähig, auch nur einen Satz zu bilden.

Es ist hart, dort drinnen zu versuchen, ein Leben zu führen. Das Gefängnis hat sein eigenes Strafsystem und er hatte Ärger [mit seinen Wärtern] wegen kleinster Dinge, weil er etwa nach einem Löffel fragte, der ihm nicht zustand.“

Mit ihrer Reise in die USA – die auf Touren durch Australien und Europa folgt – anerkennen die Shiptons, dass die Hauptfront der Kampagne für Assanges Befreiung durch Amerika verlaufen wird, sollte das Berufungsurteil gegen ihn ausfallen.

Es gibt keinen Grund, ein solch übles Urteil auszuschließen. Eine der ersten Handlungen der neuen Biden-Administration bestand darin, ihre Entschlossenheit zu signalisieren, die von Trump angestoßene Verfolgung Assanges fortzusetzen. Dem britischen Staat wird es also weitaus leichter fallen, den WikiLeaks-Gründer nach Amerika auszuliefern, als es der Fall war, als Trumps Putsch noch in der Schwebe hing.

Die Gefahr von Assanges Auslieferung – der Anlass der amerikanischen Tour zu seiner Verteidigung – rückt die zentrale Frage in den Vordergrund, die sich der Kampagne stellt: Welche gesellschaftliche Kraft kann seine Freilassung erwirken?

Die USA-Reise der Shiptons wirft ein Schlaglicht auf das politisch folgenschwerste Merkmal von Assanges Fall: Seine systematische Verleumdung und Isolation durch die Medien und pseudolinke Gruppen.

Dies gilt nirgends so sehr wie in Amerika. Über nahezu ein ganzes Jahrzehnt hinweg haben sich die großen Nachrichtenorganisationen zusammengerottet, um den WikiLeaks-Gründer als Hacker, Terrorist, Sexualtäter oder russischen Agenten zu verleumden. Die Tatsache, dass die New York Times und andere Publikationen in letzter Sekunde die grausigen Implikationen anzuerkennen begannen, die sein Fall für die demokratischen Rechte mit sich bringt, ändert daran nichts. Derlei Proteste, die als bescheidene Appelle an Präsident Biden formuliert wurden, taugen höchstens dazu, seine Regierung in eine leichte Verlegenheit zu bringen.

Die weitgehende Degeneration der US-Medien zu einem Anhängsel des nationalen Sicherheitsapparates wird an diesem Sonntag – dem 50. Jahrestag der Erstveröffentlichung der Pentagon Papers durch die New York Times – in aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Damals war die Zeitung bereit, die vom Whistleblower Daniel Ellsberg durchgestochenen Dokumente über die katastrophalen Verhältnisse der US-Invasion in Vietnam zu veröffentlichen und sich vor Gericht gegen staatliche Verfolgung zu wehren.

Pseudolinke Organisationen wie Socialist Alternative haben sich der Hexenjagd auf Assange angeschlossen, indem sie den fabrizierten Behauptungen des schwedischen Staates über sexuelle Übergriffe Glaubwürdigkeit zukommen ließen, oder indem sie wie Jacobin und die Democratic Socialists of America geschwiegen haben. Das steinerne Schweigen von Jacobin wurde erst kürzlich mit zwei Kommentaren gebrochen, die vor Bidens Amtsantritt veröffentlicht wurden, sowie mit einem Interview im April, in dem der ehemalige CIA-Whistleblower Jeffrey Sterling mit der Aussage zitiert wird, dass Assange keinen fairen Prozess erhalten werde. Die verspäteten Warnungen vor der Bedrohung der Pressefreiheit und der demokratischen Rechte unterstreichen nur die politisch kriminelle Weigerung, irgendjemanden zur Verteidigung Assanges zu mobilisieren.

Solch einschläfernden Gesten, die dem politischen Imperativ dienen, die Demokraten zu unterstützen, darf nicht das geringste Vertrauen entgegengebracht werden. Die herrschende Klasse in den USA ist entschlossen, Assange zerstören zu lassen – als Präventivschlag gegen den massenhaften Widerstand gegen ihre imperialistische Kriegstreiberei.

Die einzige Kraft, die die Freilassung von Assange sicherstellen kann, ist eine Bewegung der internationalen Arbeiterklasse, deren amerikanisches Kontingent eine führende Rolle spielen muss.

Am Mittwoch waren John und Gabriel Shipton in Boston, um in Julian Assanges Namen den Sacco-Vanzetti-Gedächtnispreis für Soziale Gerechtigkeit 2021 entgegenzunehmen, der von der Community Church of Boston verliehen wird. Die Auszeichnung ist höchst angebracht.

Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti waren italienische Anarchisten, denen ein Mord angehängt wurde und die in den 1920er Jahren auf dem Höhepunkt einer antikommunistischen Hexenjagd hingerichtet wurden, die die Verhaftung tausender linker Persönlichkeiten zur Folge hatte. Dazu gehörte die Anwendung des Spionagegesetzes, um Sozialisten zu inhaftieren und zu zensieren, ursprünglich wegen ihrer Opposition gegen das imperialistische Gemetzel des Ersten Weltkriegs.

Eine massive weltweite Kampagne wurde unternommen, um die Freilassung von Sacco und Vanzetti zu erringen. Doch mit der Zeit schoben die Organisatoren der Kampagne die Bemühungen, einen Kampf der Arbeiterklasse zu organisieren, zugunsten von respektvollen Appellen an „progressive“ Politiker sowie Elemente des Staates und der Justiz beiseite. In den Worten von Max Shachtman, der bald darauf eine Rolle bei der Gründung der amerikanischen trotzkistischen Bewegung spielte: „Weil sie versagte oder sich weigerte, den eindringlichen Klassencharakter des Falles zu verstehen, erlag die Verteidigung den Forderungen der Anwälte; sie tauschte die Bewegung der Arbeiter gegen die Eingaben der Anwälte ein; sie verkaufte das Klassenanrecht von Sacco und Vanzetti zugunsten eines Gebräus aus liberaler Milch und Kinderbrei.“

Die World Socialist Web Site steht in der Tradition derer, die danach strebten, die Freiheit von Sacco und Vanzetti mit dem einzig wirksamen Mittel zu erstreiten: dem Klassenkampf. Wie damals liegt auch heute das Schicksal von Assange in den Händen der amerikanischen Arbeiter und ihrer internationalen Klassenbrüder und -schwestern.

In einer Situation, in der die Biden-Administration und die US-Medien das Gift der Wuhan-Lab-Lüge verbreiten, um militärische Konfrontationen mit China vorzubereiten und Nachrichten über Covid-19-Ausbrüche und Arbeiterstreiks vertuscht werden, wird der Kampf für Wahrheit und demokratische Rechte – gegen Lügen und Krieg – Massen von Arbeitern erfassen. Die Kampagne zur Befreiung von Julian Assange ist die Speerspitze dieses Kampfes.

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