Wahlparteitag der Grünen stimmt für Kampfdrohnen

Wenn es noch eines Beleges bedurft hätte, dass eine Bundesregierung unter Beteiligung oder Führung der Grünen die militaristische Politik der Großen Koalition verschärfen würde, dann lieferte ihn der Grünen-Parteitag am Wochenende.

Am Ende ihrer Zusammenkunft beschlossen die ehemaligen Pazifisten, eine Passage in ihrem Wahlprogramm, die die Beschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr grundsätzlich ermöglicht. Mit einer knappen Mehrheit von vier Stimmen billigte die Bundesdelegiertenkonferenz einen entsprechenden Antrag des früheren Bundesumweltministers Jürgen Trittin.

Der Antrag begründet die geplante Beschaffung von Kampfdrohnen damit, „dass diese Systeme Soldat*innen in gewissen Situationen besser schützen können“. Das ist nichts als Propaganda. In Wirklichkeit weiß jeder, dass es sich bei Kampfdrohnen um brutale Mordwerkzeuge handelt, die wie kaum eine andere Waffe mit den völkerrechtswidrigen Interventionen der imperialistischen Mächte in Zentralasien, Nordafrika und im Nahen Osten in Verbindung stehen.

Laut dem in London ansässigen Bureau of Investigative Journalism hat allein das US-Militär zwischen Januar 2004 und Februar 2020 14.040 Drohnenangriffe durchgeführt, die zwischen 8885 und 16.901 Menschen getötet haben. Darunter viele Zivilisten (910 bis 2200) und Kinder (283 bis 454) und immer wieder Teilnehmer von Geburtstagsgesellschaften, Hochzeiten und anderen Familienfeierlichkeiten.

Die Grünen sind sich darüber bewusst, dass sie mit ihrer Entscheidung dieser mörderischen Art der Kriegsführung durch das deutsche Militär den Weg ebnen. „Bewaffnete Drohnen werden vorrangig in Anti-Terror Einsätzen genutzt und oft auch für völkerrechtswidrige Tötungen. Mit der Verfügbarkeit bewaffneter Drohnen droht die Veränderung militärischer Einsatzszenarien,“ hieß es in einem Gegenantrag, der von den Delegierten abgelehnt wurde.

Die Entscheidung der Delegierten, Kritik am Zwei-Prozent-Ziel der Nato im Programm zu belassen, hat ebenfalls nichts mit Pazifismus zu tun. „Wir reden von 15 bis 20 Milliarden Euro zusätzlich im Jahr“, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. „Lasst uns das willkürliche Zwei-Prozent-Ziel ablehnen und gleichzeitig ein Angebot machen, wie Deutschland in der Welt eine stärkere Rolle spielen kann.“

Bereits früher hatte Annalena Baerbock, die auf dem Parteitag mit 98,5 Prozent der Delegiertenstimmen offiziell zur Kanzlerkandidatin gekürt wurde, dass berüchtigte Zwei-Prozent-Ziel von rechts angegriffen. Eine abstrakte Fixierung auf Verteidigungsausgaben in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts reiche nicht aus, um die notwendige Aufrüstung sicherzustellen. Vielleicht seien „mehr Ausgaben in unsere Sicherheit“ erforderlich, erklärte sie in einer gemeinsamen TV-Diskussion mit den beiden anderen Kanzlerkandidaten Armin Laschet (CDU/CSU) und Olaf Scholz (SPD).

Die Grünen wissen, wovon sie sprechen. Als sie zwischen 1998 und 2005 erstmals im Bund mitregierten, hatten sie gemeinsam mit der SPD Deutschlands erste Kampfeinsätze seit dem Zweiten Weltkrieg im Kosovo und in Afghanistan organisiert. Nun wollen sie den Kriegskurs weiter verschärfen.

Daran lässt das verabschiedete Wahlprogramm keinen Zweifel. Obwohl die Große Koalition in den letzten Jahren massiv aufgerüstet hat, zahlreiche Interventionen in Afrika und im Nahen Osten auf den Weg brachte und immer offener an die verheerenden Traditionen des deutschen Militarismus aus dem letzten Jahrhundert anknüpfte, ist den Grünen die deutsche Außenpolitik noch viel zu zögerlich.

„Jahrelang hat Deutschland in Europa und der Welt aber allenfalls moderiert, oft gezögert, ist abgetaucht.“ Es sei „Zeit, wieder eine aktive Außenpolitik zu betreiben und als gestaltende Kraft voranzugehen“, heißt es in Kapitel 6 zur Internationalen Politik. Im Stile einer Lobbygruppe der Rüstungsindustrie plädieren die Grünen für eine massive Aufrüstung der Bundeswehr, der Nato und der Europäischen Union. Hier einige Beispiele.

Im Abschnitt „Moderne Bundeswehr“ heißt es: „Der Auftrag und die Aufgaben der Bundeswehr müssen sich an den realen und strategisch bedeutsamen Herausforderungen für Sicherheit und Friedenssicherung orientieren. Wir wollen die Bundeswehr entsprechend ihrem Auftrag und ihren Aufgaben personell und materiell sicher ausstatten. Dass Soldat*innen mit nicht ausreichender Schutzausrüstung in Einsätze gehen, ist nicht hinnehmbar.“

Auch die EU müsse „ihrer Verantwortung für die eigene Sicherheit und Verteidigung gerecht werden“. Um die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zu entwickeln, sollen „die verstärkte Zusammenarbeit der Streitkräfte in der EU ausgebaut“ und „militärische Fähigkeiten gebündelt und allgemein anerkannte Fähigkeitslücken geschlossen werden“. Notwendig sei „eine geeignete Ausstattung, der Ausbau von EU-Einheiten sowie eine Stärkung und Konsolidierung der gemeinsamen EU-Kommandostruktur“.

Hinsichtlich der Nato fordern die Grünen eine „strategische Neuausrichtung“, so dass „strategische Interessen auf Grundlage von europäischen Werten wie Multilateralismus, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gemeinsam entwickelt und geschlossen und überzeugender vertreten werden“ können. Was das bedeutet ist klar. Die Grünen spielen in Deutschland die führende Rolle bei den eskalierenden Kriegsvorbereitungen der imperialistischen Mächte gegen Russland und China.

Im Wahlprogramm finden sich zahlreiche Drohungen gegen die beiden Atommächte. „Die deutsche und europäische Wirtschaft“ stehe „unter großem Druck“ und müsse „sich im globalen Wettbewerb mit autoritärem Staatskapitalismus und weitgehend unregulierten Tech-Giganten behaupten“, heißt es an einer Stelle.

Das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 sei „geostrategisch schädlich – insbesondere für die Situation der Ukraine“ – und müsse „daher gestoppt werden“. Gleichzeitig gelte es, die Sanktionen, die „wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und des militärischen Vorgehens gegen die Ukraine gegen Russland verhängt wurden“, aufrechtzuerhalten und „bei Bedarf [zu] verschärfen“.

Auch hier schrecken die Grünen vor einer militärischen Eskalation nicht zurück. Vor dem Parteitag hatte der Co-Vorsitzende Robert Habeck die Kriegsgebiete in der Ostukraine besucht und gefordert, die rechte, anti-russische Regierung in Kiew mit deutschen Waffen zu versorgen und militärisch stärker zu unterstützen.

Bereits beim Maidan-Putsch Anfang 2014 hatten die Grünen eine aktive Rolle gespielt und im Namen von Demokratie und Menschenrechten extrem rechte Kräfte unterstützt, um in Kiew ein pro-westliches Regime an die Macht zu bringen. Nun forcieren sie die gleiche Strategie in Bezug auf Russland und Weißrussland.

In Bezug auf Russland kündigen die Grünen in ihrem Programm an, „die mutige Zivilgesellschaft, die der immer härteren Repression durch den Kreml die Stirn bietet und für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kämpft“, zu „unterstützen und den Austausch mit ihr [zu] intensivieren“.

Bezeichnenderweise trat am Sonntag die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja auf dem Parteitag auf. Deutschland müsse eine „Schlüsselrolle“ bei der Lösung der politischen Krise in ihrem Land spielen, denn Europa könne „nur sicher sein, wenn Belarus sicher ist“. Explizit dankte sie Habeck und Baerbock für deren Engagement in Osteuropa und dafür, „dass ihr Belarus in Deutschland eine Stimme gebt“.

Auch in der Innenpolitik positionieren sich die Grünen als rücksichtslose Interessenvertreter des deutschen Kapitalismus. In den Reden von Habeck und Baerbock spielte die nach wie vor grassierende Covid-19 Pandemie so gut wie keine Rolle. Das gleiche gilt für das Wahlprogramm. Auf 137 Seiten findet sich keine einzige Forderung oder konkrete Maßnahme zum Kampf gegen das Virus. Worte wie „Lockdown“, „Corona-Schutzmaßnahmen“ oder „Impfprogramm“ kommen nicht vor.

Auch das verwundert nicht. Wo immer die Grünen in den Ländern zusammen mit CDU, FDP, SPD und Linkspartei regieren, setzen sie die mörderische „Profite vor Leben“-Politik, die bereits zu fast 90.000 Toten allein in Deutschland geführt hat, in die Tat um. Wenn auf Corona verwiesen wird, dann nur um zu argumentieren, dass die deutsche Wirtschaft umstrukturiert und für den internationalen Wettbewerb fit gemacht werden muss. „Nach der Corona-Pandemie braucht unser Land einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch“, heißt es etwa im Kapitel „Wir fördern Unternehmergeist, Wettbewerb und Ideen“.

Vor diesem Hintergrund sind die wenigen sozialen Versprechungen im Wahlprogramm das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen. Tatsächlich bereitet sich die herrschende Klasse darauf vor, die hunderte Milliarden, die im Zuge der sogenannten Corona-Rettungspakete vor allem an die Großunternehmen und Banken geflossen sind, nach den Bundestagswahlen wieder bei den Arbeitern einzutreiben.

Auch hier sind die Grünen und die wohlhabenden Mittelschichten, für die sie sprechen, bereit, über Leichen zu gehen. So beschloss der Parteitag, die Schuldenbremse im Programm zu belassen. Damit stellen sich die Grünen explizit hinter das wichtigste Instrument der Kürzungspolitik der letzten Jahre. Als Regierungspartei hatten die Grünen 2003 die Hartz-Gesetze mit auf den Weg gebracht, die Millionen Arbeiter und ihre Familien in bittere Armut gestürzt haben.

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