Perspektive

Sommerschulung der Socialist Equality Party bereitet Mitglieder auf Zunahme des Klassenkampfs vor

Die Socialist Equality Party in den Vereinigten Staaten hat vom 1. bis zum 6. August 2021 ihre zweijährlich stattfindende Sommerschulung abgehalten. Die Online-Schulung war der Analyse der wichtigsten sozialen und politischen Ereignisse in den USA und auf internationaler Ebene seit der letzten SEP-Schule im Juli 2019 gewidmet.

Trotz der Auswirkungen der Pandemie auf das öffentliche Leben und der intensiven Bemühungen von Google, Facebook und anderen Medienkonzernen, den Zugang zur World Socialist Web Site zu unterdrücken, ist die Zahl der SEP-Mitglieder erheblich gestiegen. Die Teilnehmerzahl an der Schulung war weitaus größer als im Jahr 2019. Delegationen aus Lateinamerika, Europa, Asien und dem asiatisch-pazifischen Raum sorgten zudem für eine starke internationale Präsenz.

SEP-Schulungen werden sorgfältig vorbereitet und auf einem hohen politischen und intellektuellen Niveau durchgeführt. Der Aufbau einer sozialistischen Bewegung ist nicht einfach eine Frage von Zahlen. Wer sich einer revolutionären Partei anschließt, die es ernst damit meint, das Vertrauen der Arbeiterklasse zu gewinnen, benötigt politische Bildung. Wie Trotzki schrieb: „Die revolutionäre Organisation wählt und erzieht die Menschen nicht für Cliquenintrigen sondern für große Kämpfe.“

Die diesjährige Schulung war eine besondere Herausforderung. Die Coronavirus-Pandemie hat sich auf der ganzen Welt ausgebreitet und die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Offiziellen Angaben zufolge sind mehr als vier Millionen Menschen gestorben, während die tatsächliche Zahl der Todesopfer weit über 10 Millionen liegt. Die Reaktion der herrschenden Klasse auf die Pandemie hat den Bankrott des gesamten kapitalistischen Systems und die Kriminalität der herrschenden Eliten offengelegt und führt zu wachsender Wut und Opposition in der Arbeiterklasse.

Marxistische Politik erfordert eine kontinuierliche und kritische Aufarbeitung vergangener Ereignisse und Erfahrungen als Grundlage für eine politische Orientierung in der Gegenwart. Im Mittelpunkt der Schulung stand zwar eine sorgfältige Untersuchung der vergangenen zwei Jahre, doch sie begann mit einer Diskussion über eine wichtige Episode in der Geschichte der trotzkistischen Bewegung.

Am Vorabend der Schulungswoche erhielten die Mitglieder den ersten Teil einer politischen Biographie von Cliff Slaughter, verfasst von David North, dem Vorsitzenden der internationalen Redaktion der WSWS und nationalen Vorsitzenden der SEP. Slaughter hatte zwischen 1957 und 1986 eine führende Rolle im Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI) und seiner britischen Sektion gespielt.

Obwohl Slaughter später mit dem Internationalen Komitee brach, betonte North die Notwendigkeit einer objektiven Betrachtung der Geschichte der Bewegung – einschließlich der Anerkennung der bedeutenden Rolle, die Slaughter in einer früheren Periode gespielt hatte.

Die Diskussion der wichtigsten theoretischen und politischen Fragen, mit denen die trotzkistische Bewegung zwischen 1956 und 1963 konfrontiert war, bildete den historischen und politischen Rahmen für die weitere Arbeit der Schulung. North wies darauf hin, dass Slaughter die zentrale Bedeutung des Klassenkampfes betont hatte, die der marxistischen Identifikation der Arbeiterklasse als der wesentlichen revolutionären Kraft in der Gesellschaft zugrunde liegt. Von besonderer Bedeutung war Slaughters Aussage in einem Aufsatz aus dem Jahr 1959: „An einem Klassenbegriff, der nicht den Klassenkampf als seinen Kern hat, ist nicht auch nur ein Funken von Marxismus.“

Die letzte Schulung der SEP, die im Juli 2019 stattfand, hatte die Phasen der Entwicklung der trotzkistischen Bewegung seit 1923 analysiert. Ausgehend von einer Betrachtung dieser Geschichte und der kapitalistischen Krise nahm die SEP vorweg, dass das IKVI in eine völlig neue Phase eingetreten war, die durch eine zunehmende Überschneidung der Praxis der Partei mit dem Wachstum des Klassenkampfes gekennzeichnet sein würde. „An der Weltkrise, die wir analysieren“, erklärte North 2019 in seinem einleitenden Bericht, „ist das Internationale Komitee zunehmend aktiv und direkt beteiligt“.

Bei der rückblickenden Betrachtung der vergangenen zwei Jahre bestand eine zentrale Aufgabe darin, festzustellen, ob sich diese Prognose bestätigt hat. Joseph Kishore, der nationale Sekretär der SEP, eröffnete diesen Teil der Schulung mit einem Überblick über die wichtigsten sozialen, politischen und kulturellen Entwicklungen dieses Zeitraums und über die Reaktionen der Partei. In den anschließenden Sitzungen wurden diese Entwicklungen ausführlicher behandelt.

Die erste dieser Sitzungen behandelte den Aufstand vom 6. Januar, der von Donald Trump angezettelt und geleitet wurde. Eric London berichtete über den Zeitraum vor dem 6. Januar und führte die langwierige Krise der amerikanischen Demokratie bis auf die gestohlenen Wahlen des Jahres 2000 zurück. Auf der Grundlage von neuem Material aus Büchern, die im vergangenen Monat veröffentlicht wurden, war London in der Lage, die Analyse der Partei zu bestätigen, wonach es sich bei dem Aufstand um den Versuch eines faschistischen Staatsstreichs handelte, der mit Unterstützung bedeutender Teile des Staatsapparats und der herrschenden Klasse durchgeführt wurde.

Patrick Martin legte einen ausführlichen Bericht über den Staatsstreich selbst vor und zeigte auf, wie am 6. Januar die operativen Pläne zur Verhinderung der Machtübergabe ins Werk gesetzt wurden. Jacob Crosse untersuchte die Vertuschung des Staatsstreichs: Dies geschah mit entscheidender Unterstützung der Demokratischen Partei und Teilen der Pseudolinken, die behaupteten, der Versuch, die Wahlen zu kippen und die Machtübergabe zu verhindern, sei nicht weiter von Bedeutung.

Die nächste Sitzung war der Covid-19-Pandemie gewidmet. Benjamin Mateus, der zahlreiche Artikel über die Pandemie auf der WSWS veröffentlicht hat, verglich die gegenwärtige Pandemie mit der Spanischen Grippe von 1918 und dokumentierte den erschütternden Verlust an Menschenleben, der durch die mörderische Politik der herrschenden Klasse verursacht wurde.

Der anschließende Bericht von WSWS-Autor Andre Damon zeigte auf, wie die herrschende Klasse in jeder Phase der Pandemie das menschliche Leben dem Profit unterordnete, erst unter Trump und nun unter Biden. Damons Bericht entlarvte zudem gründlich die „Wuhan-Lab-Theorie“ über die Ursprünge der Pandemie. Er erläuterte, wie diese „Theorie“ dazu benutzt wird, von der Verantwortung der herrschenden Klasse für das Massensterben abzulenken und gleichzeitig die immer aggressivere Kampagne des amerikanischen Imperialismus gegen China anzuheizen.

Führende Mitglieder der trotzkistischen Bewegung aus Europa, Kanada, der Türkei und Brasilien legten zusätzliche Berichte über die weltweiten Auswirkungen der Pandemie vor und zeigten, dass die politischen Entwicklungen in den USA ein spezifischer Ausdruck eines internationalen Prozesses sind.

Die Sitzung endete am Abend mit einer Podiumsdiskussion, an der zwei Wissenschaftler teilnahmen, die eine zentrale Rolle im Kampf für Forderungen nach einer Eindämmung der Pandemie gespielt haben.

Die nächste Sitzung befasste sich mit dem „1619 Project“ der New York Times, das 2019 ins Leben gerufen wurde und darauf abzielt, die Amerikanische Revolution und den Bürgerkrieg zu diskreditieren und die gesamte amerikanische Geschichte unter „Rassen“-Gesichtspunkten neu zu interpretieren. Tom Mackaman leitete die Sitzung mit einem Bericht ein, in dem er aufzeigte, dass es ohne das Eingreifen der trotzkistischen Bewegung keinen bewussten, organisierten Widerstand gegen die Fälschung der wichtigsten Ereignisse der amerikanischen Geschichte gegeben hätte.

Niles Niemuth und Tom Carter gaben in zwei weiteren Berichten einen Überblick über die theoretischen und politischen Ursprünge der Identitätspolitik der Demokratischen Partei. Carters Bericht enthielt eine ausführliche Untersuchung und Widerlegung der „Kritischen Rassentheorie“ (Critical Race Theory) – einer antimarxistischen Konzeption, die ihre Wurzeln im Postmodernismus und in subjektiv-idealistischen philosophischen Strömungen hat.

Der letzte Tag der Schulungswoche befasste sich mit dem Aufschwung der Arbeitskämpfe in den USA und auf internationaler Ebene, insbesondere mit dem Streik der Arbeiter von Volvo Trucks in Dublin (Virginia) im Juni und Juli dieses Jahres.

Auf großes Interesse stieß der Bericht von Marcus Day, der eine detaillierte Darstellung des zeitlichen Verlaufs des Kampfes lieferte. Dies umfasste die Gründung eines Aktionskomitees von Volvo-Arbeitern mit Unterstützung der SEP und die Bemühungen der Belegschaft, der Verschwörung der UAW entgegenzutreten, die einen unternehmensfreundlichen Vertrag durchzusetzen versuchte. Day erinnerte in diesem Zusammenhang an die enorme Wirkung, die die Unterstützung von Arbeitern aus der ganzen Welt auf die Volvo-Arbeiter hatte, einschließlich der Beschäftigten von Volvo Cars in Belgien, die inmitten des Streiks der Volvo-Arbeiter in Virginia ihre eigene spontane Streikaktion durchgeführt hatten.

Jerry White, WSWS-Redakteur für Arbeitskämpfe, stellte in seinem Bericht die Initiative der Partei zum Aufbau von Aktionskomitees in den Kontext einer langen historischen Erfahrung mit den Gewerkschaften. Der Bericht zeigte die zentrale Rolle auf, die die trotzkistische Bewegung in den großen Klassenkämpfen der 1970er und 1980er Jahre gespielt hatte, darunter der Streik der PATCO-Fluglotsen von 1981, den die Reagan-Regierung mit maßgeblicher Unterstützung der Gewerkschaften niederschlug.

Zum Abschluss der Schulung betonte North, dass die Entwicklungen der letzten zwei Jahre nicht außerhalb der Praxis der trotzkistischen Bewegung verstanden werden können. Wie sich die Situation entwickelt – ob in Richtung Faschismus, Autoritarismus, Krieg und immer größerer Ungleichheit und Ausbeutung; oder in Richtung Sozialismus – hängt entscheidend von den Taten der Partei ab, erklärte North:

Wir sehen sehr deutlich, dass sich objektive Bedingungen ändern, die uns unvergleichliche Chancen bieten. Alles hängt davon ab, wie wir diese Möglichkeiten nutzen. Es gab viele Fälle, auch in den letzten zwei Jahren, in denen der Erfolg von einer schnellen politischen Reaktion abhing. Dass wir diese Möglichkeiten erkannten, beruhte natürlich auf einem tieferen historischen Verständnis. Die Ausschöpfung des Potenzials in der objektiven Situation erfordert jedoch, dass die Partei handelt, und zwar entschlossen.

Von dieser Konzeption war die gesamte Schulung geprägt. Indem die Partei die vergangenen zwei Jahre im Kontext der gesamten Geschichte der trotzkistischen Bewegung aufarbeitet, bereitet sie die Führung auf enorme revolutionäre Kämpfe vor, die sich bereits abzeichnen.

Alle wichtigen Berichte über die Schulung werden in den kommenden Tagen und Wochen auf der World Socialist Web Site veröffentlicht. Wir empfehlen unseren Lesern dringend, diese Dokumente zu studieren und die Erfahrungen der letzten zwei Jahre sorgfältig zu studieren.

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