Lage in Flutkatastrophen-Gebieten nach wie vor katastrophal

Sieben Wochen nach der verheerenden Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist die Lage in den betroffenen Gebieten nach wie vor katastrophal. Die Opfer der Katastrophe sind weitgehend auf sich allein gestellt.

Sie werden zwar von Tausenden Freiwilligen aus nah und fern unterstützt, die praktisch sofort nach der Flut zu Hilfe eilten und beim Saubermachen, der Essensversorgung und vielen anderen dringenden Arbeiten helfen. Doch von den Behörden und den Landesregierungen gibt es kaum tatkräftige Unterstützung. Viele Flutopfer sind wütend über ihre Untätigkeit. Auch die Freiwilligen sind fassungslos, dass von den Behörden so gut wie keine organisierte Hilfe kommt.

Angeschwemmtes Treibgut und Müll im Ahrtal

Sie machen dieselben Erfahrungen wie die Opfer von Naturkatastrophen in anderen Ländern – der Brände in Griechenland und der Fluten und Brände in der Türkei, um nur einige zu nennen. Die Hilfsbereitschaft der arbeitenden Bevölkerung ist enorm hoch, während von Behörden und Regierung in der Regel keinerlei Unterstützung zu erwarten ist.

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli haben Starkregenfälle und Hochwasserfluten weite Teile von Rheinland-Pfalz, insbesondere das Ahrtal, Teile von Nordrhein-Westfalen und Teile Belgiens überflutet. In Rheinland-Pfalz starben 133, in Nordrhein-Westfalen 48 und in Belgien 41 Menschen.

Trotz zahlreicher Warnungen von Wissenschaftlern, Meteorologen und Wetterdiensten hatten die verantwortlichen Politiker nichts getan, um die Bevölkerung zu warnen und rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Politiker aller politischen Couleur tragen die Verantwortung für die dramatische Zahl von Toten und Verletzten und die gewaltigen Schäden an Häusern und Infrastruktur. Straßen, Gleise, Bahnhöfe, Brücken, Schulen, Krankenhäuser, Arztpraxen und Betriebe sind beschädigt oder vollständig zerstört.

Viele hochrangige Politiker, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, besuchten die Flutgebiete, heuchelten ihre Anteilnahme und verschwanden wieder. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) lehnte es ab, sich den Fragen der schwer betroffenen Bürger offen zu stellen. Sie beantworte keine Fragen unter Anwesenheit der Presse, erklärte sie den Opfern der Flutkatastrophe. Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CDU-Kanzlerkandidat, wurde beim Besuch der Flutgebiete von wütenden Betroffenen beschimpft, die versuchten, ihn zur Rede zu stellen.

Getan wurde kaum etwas. Auch nach sieben Wochen gibt es in vielen Haushalten im Ahrtal keine Trinkwasser- und Stromversorgung. Mit der Wiederherstellung der zerstörten Gasversorgung ist vor dem herannahenden Herbst und Winter nicht zu rechnen. Viele Familien werden ihre Wohnungen nicht heizen können.

Die Tagesschau berichtete in einer seltenen Reportage über die wirklichen Zustände vor Ort von den Freiwilligen in Ahrweiler, die den Flutopfern seit Wochen helfen: Menschen, die Urlaub genommen haben oder sich von ihrem Beruf haben freistellen lassen, um zum Beispiel als Köchin für die Bewohner Essen zuzubereiten, die wegen fehlendem Strom oder Trinkwasser nicht selbst kochen können. Andere helfen bei Aufräum- und Handwerksarbeiten.

Die Main-Post sprach mit Daniel Stupac, der bereits zum dritten Mal als Helfer im Ahrtal unterwegs ist. Er ist gelernter Gas- und Wasserinstallateur. Er berichtet, dass in vielen Häusern noch der Schlamm steht. Eigentlich seien in jedem Haus entlang der Ahr Entkernungsarbeiten nötig. Alles, was mit Wasser in Kontakt gekommen ist, müsse weggeworfen werden. Das Wasser sei hoch kontaminiert. Es seien zahlreiche Reparaturarbeiten in allen Bereichen erforderlich.

Stupac deinstalliert hauptsächlich Heizungen und Sanitäranlagen, macht kleinere Reparaturen von Rohren. Aber es gibt eine Unmenge andere Arbeiten. Stupac hat sogar seinen Job gekündigt, um helfen zu können. Er will versuchen, Arbeit in einer Firma zu finden, in der er eine Woche arbeiten und eine Woche freiwillig helfen kann. Er nimmt Anteil an dem Schicksal der Bewohner. Eine Frau hat sich aus Verzweiflung das Leben genommen. Andere gewinnen dank der freiwilligen Helfer wieder neuen Mut.

Ein weiteres großes Problem sind die Unmengen an Müll, die durch das Hochwasser angeschwemmt worden sind. Horst Gies, der Erste Beigeordnete des Kreises Ahrweiler, erklärte gegenüber der Tagesschau. „Ich kann die Menschen nur darauf verweisen, dass es Müll ist, der sonst in 25 Jahren anfällt. Und den schaffen wir einfach nicht.”

Der Müll ist kontaminiert, und es ist bis jetzt nicht klar, welche Gefahrstoffe er enthält. Zahlreiche Anwohner und Helfer berichten von Hautauschlägen und Husten. Wilhelm Hartmann, ein Unternehmer und Helfer der ersten Stunde aus Fulda, hat Hunderte Helfer und Maschinen organisiert, um Müll abzutransportieren. Gegenüber Report Mainz erklärte er, dass es eine große Unsicherheit gebe, welche Stoffe in dem Müll enthalten seien. Von offizieller Seite gebe es noch keine Werte.

Auf Anfrage von Report Mainz erklärte das von den Grünen geführte Umweltministerium von Rheinland-Pfalz, dass es in Kürze ein Bodenuntersuchungsprogramm geben solle. Gesundheitliche Risiken könnten nicht ausgeschlossen werden.

Horst Gies von der Kreisverwaltung Ahrweiler sagte: „Es wäre sicherlich wünschenswert, wenn man jetzt flächendeckend entsprechende Untersuchungen macht, um sicherzugehen und zu wissen, wie die Kontamination ist. Es wird Bereiche geben, wo wahrscheinlich auch Werte überstiegen werden.“

Hartmann, der freiwillige Helfer aus Fulda, hat mittlerweile selbst Bodenproben entnommen. Die ersten Stichproben und Ergebnisse zeigen erhöhte Werte für Öl, Benzin und Blei.

Angesichts des enormen Ausmaßes der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind umfassende und sofortige Hilfsmaßnahmen für die betroffene Bevölkerung erforderlich. Allein zur Müllbeseitigung entlang der Ahr sind Tausende von Facharbeitern und Spezialisten in einer koordinierten Aktion nötig, um den Wiederaufbau der zerstörten Häuser und Infrastruktur voranzubringen.

Wenn es um die Rettung der Banken und Konzerne geht, wie während der Bankenkrise und der Corona-Pandemie, mobilisiert die Regierung in kürzester Zeit Hunderte Milliarden Euro. Wenn es um die Rettung von Leben geht, wie in der Corona-Pandemie und während der Flutkatastrophe, stellen die Regierung und die herrschende Klasse Profite vor Leben!

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