Streikwelle in Spanien breitet sich aus:

PSOE/Podemos-Regierung verhaftet Arbeiter in Cádiz

Demonstranten während eines Streiks der Metallarbeiter im südspanischen Cádiz am 23. November 2021 (AP Photo/Javier Fergo)

Am Donnerstag ließ die PSOE/Podemos-Regierung bei Polizeirazzien in der südspanischen Stadt Cádiz mindestens sechs Personen wegen „öffentlicher Ruhestörung, Sachbeschädigung, Verletzung von Personen und Angriffen auf Polizeibeamte“ verhaften. Diese Straftaten sollen angeblich während des eindrucksvollen Streiks der Metallarbeiter Ende November in dieser Stadt verübt worden sein.

Die Streikenden in Cádiz widersetzten sich der Bereitschaftspolizei, die von der „progressiven“ Regierung aus Partido Socialista Obrero Español (PSOE) und Podemos geschickt wurde und die Streikenden mit Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen angriff. Als Arbeiter und Unterstützer Demonstrationen zur Verteidigung des Streiks organisierten, setzte die Regierung ein 15 Tonnen schweres Radpanzerfahrzeug (Blindado Medio sobre Ruedas, BMR) ein, das als „Tankette“ bekannt wurde.

Die Verhaftungen am Donnerstag fanden im Arbeiterviertel San Pedro statt, einem der Stadtteile, in denen während des Streiks das BMR herumfuhr und Hindernisse auf der Straße aus dem Weg schaffte. Viele Einwohner skandierten von ihren Balkonen Parolen gegen den Einsatz der „Tankette“.

Einer der verhafteten Arbeiter wurde von der Polizei festgenommen, als er seine fünfjährige Tochter zur Schule brachte, sodass deren Mutter das verängstigte Mädchen vor der Schule trösten musste. Andere wurden in den frühen Morgenstunden aus ihren Wohnungen geführt. Wie ein Metallarbeiter aus Cádiz gegenüber elDiario.es erklärte, wurde ihnen nicht einmal der Grund für ihre Verhaftung mitgeteilt.

Die Verhaftungen sind ein unverhohlener Versuch der PSOE/Podemos-Regierung, die Arbeiter dafür zu bestrafen, dass sie ihr Recht auf Streik wahrgenommen haben, und andere Arbeiter davon abzuschrecken. Sie entlarven den rechten Charakter dieser beiden Parteien auf ganzer Linie. Nachdem sie während des Streiks mit militarisierter Gewalt gegen den Streik vorgegangen sind, versuchen die PSOE und Podemos nun verzweifelt, ein Exempel an diesen Arbeitern zu statuieren, um weitere militante Arbeitskämpfe zu verhindern.

Ihre Lakaien in den Gewerkschaften unterstützen sie dabei uneingeschränkt. Nachdem sie die Arbeiter in Cádiz verraten hatten, beeilten sich die korporatistischen Gewerkschaften aus dem Podemos-nahen Gewerkschaftsbund CCOO und der PSOE-nahen UGT, die Streiks im ganzen Land zu demobilisieren oder abzubrechen. Ihre größte Sorge war, dass die Militanz der Arbeiter außer Kontrolle geraten könnte.

Doch trotz der Einschüchterungstaktik der PSOE/Podemos-Regierung und der wiederholten Verrätereien der Gewerkschaftsbürokratien sind die Arbeiter weiterhin entschlossen zu kämpfen. Für nächsten Monat sind in Spanien zahlreiche Streiks geplant, vor allem im Transport- und Logistikbereich. Die neue Welle von Arbeitskämpfen entwickelt sich vor dem Hintergrund eines weltweiten Anwachsens des Klassenkampfs. Teil dieser Entwicklung sind Streiks in der Autoindustrie und beim Lebensmittelkonzern Kellogg's in den USA, in der Verkehrsbranche in Großbritannien und Indien und im Gesundheitswesen von Sri Lanka und der Türkei.

In Spanien streikt seit letztem Freitag das Boden- und Flugpersonal der Fluggesellschaft EasyJet und des Frachtbeförderungsunternehmens Menzies bis auf weiteres jeden Freitag und Samstag, um gegen die geplante Entlassung von 20 Prozent der Belegschaft seit Beginn der Pandemie zu protestieren. Am 13. Dezember beteiligten sich mehr als 100 Arbeiter an einer Protestveranstaltung gegen die Massenentlassungen am Flughafen von Málaga.

Am 12. Januar wird das Reinigungspersonal des Flughafens Madrid-Barajas in einen unbefristeten Streik gegen die schlechten Arbeitsbedingungen treten. Ihr Arbeitgeber Sacyr Facilities hat 70 Prozent der Belegschaft beurlaubt, obwohl der Flugverkehr seit Beginn der Pandemie wieder deutlich zugenommen hat. Die Folge waren eine beträchtliche Unterbesetzung am Flughafen und eine unzumutbare Arbeitsbelastung für die verbliebenen Arbeiter.

Am 20. und 22. Dezember ist außerdem eine Arbeitsniederlegung der Lastwagenfahrer geplant. Einige fordern sogar einen unbefristeten Streik. Die Lastwagenfahrer fordern bessere Arbeitsbedingungen, darunter den Bau von sicheren Ruhebereichen und Begrenzungen der von ihnen durchzuführenden Be- und Entladungen. Sie protestieren außerdem gegen ungenügende Aufwandsentschädigungen angesichts der sinkenden Reallöhne durch steigende Benzinpreise und Pläne zur Einführung der Eurovignette.

Der Streik stieß auf große Unterstützung unter Lastwagenfahrern. Schätzungen aus der Branche deuten darauf hin, dass 95 Prozent der 21.000 Lastwagen in der nordspanischen Region Galicien an den Streiktagen nicht fahren werden. Die restlichen fünf Prozent werden nur zum Transport lebensnotwendiger Güter für Apotheken und Krankenhäuser benutzt werden.

Für den 23. bis 26. Dezember war ein Streik von 2.000 Verwaltungs- und Wartungskräften der Fluglotsengesellschaft Enaire geplant, der jedoch am Donnerstag von den Gewerkschaftsbünden UGT, CCOO, USO und CPSA abgesagt wurde. Um die Auswirkungen des Streiks zu begrenzen, hatten sich die Gewerkschaften bereits geweigert, die Fluglotsen zur Unterstützung ihrer Kollegen in den Verwaltungen zu mobilisieren.

Der Grund für den Streikaufruf war die Forderung nach der rückwirkenden Zahlung der Produktivitätszulage ab 2020. Diese Zulage war Teil eines Tarifabkommens von 2018 für die Arbeiter bei Enaire und Aena, eines Verwaltungsunternehmens im Flughafenbereich, an dem Enaire mit 51 Prozent beteiligt ist. Als Teil der Strategie unter dem Motto „Teile und herrsche“ erhielten im Jahr 2020 nur die Arbeiter bei Aena den Zuschlag und nicht die von Enaire, obwohl die Beschäftigten beider Unternehmen 2019 den Zuschlag erhalten hatten.

Die Gewerkschaften behaupteten am Donnerstag, die Beschäftigten bei Enaire würden die Zulagenzahlung mit ihrem Lohn für diesen Monat erhalten, allerdings wurden keine weiteren Details genannt. Es deutet auch nichts darauf hin, dass diese Produktivitätszulage auch 2022 weitergezahlt wird.

Am Freitag wurde außerdem ein Streik der Arbeiter beim Reisebusunternehmen Auto Res abgesagt. Die Arbeiter wollten über die Feiertage – am 24., 26. und 31. Dezember und am 2. Januar – die Arbeit niederlegen, um gegen die Schließung von Fahrkartenausgabestellen und Kundenservicezentren sowie gegen die Reduzierung von Dienstleistungen im ganzen Land zu protestieren.

Während die Regierung sich weigert, einen Lockdown zu verhängen, damit Arbeiter zu Hause bleiben können und die Ausbreitung von Covid-19 gestoppt werden kann, kritisierten die Arbeiter auch das Vorgehen von Auto Res, das einen Großteil der Arbeiter in Zwangsurlaub lässt, um ihnen nicht den vollen Lohn zahlen zu müssen.

Außerhalb der Verkehrs- und Logistikbranche drohen auch in der Milchproduktion, der Fischerei, bei Arbeitsinspektoren und in der Lotteriebranche Streiks für bessere Arbeitsbedingungen, mehr Personal und höhere Löhne.

Diese neue Welle von Arbeitskämpfen in Spanien ereignet sich vor dem Hintergrund eines jahrelangen Angriffs auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter, der durch die Pandemie weiter verschlimmert wurde. Die Arbeiter mussten einen beispiellosen Rückgang ihrer Reallöhne hinnehmen und steigende Strom- und Benzinpreise sowie Inflationsraten haben viele an den Rand der Armut gebracht.

Die Inflation stieg im November im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,6 Prozent, was deutlich über der Rate von 4,9 Prozent in der übrigen Eurozone liegt. Zwischen Oktober 2007 und Oktober 2021 stieg die Inflation laut der National Statistikbehörde (INE) um 21,7 Prozent. Gleichzeitig gibt die spanische Steuerbehörde an, dass die Durchschnittsgehälter in der Privatwirtschaft zwischen 2007 und 2020 nur um 5,1 Prozent gestiegen sind, was zu einem deutlichen Rückgang der Kaufkraft geführt hat. Auch die Strompreise sind in die Höhe geschossen – um 63 Prozent im Vergleich zum Oktober 2021.

Während Millionen von Arbeitern während der Pandemie an den Rand der Armut getrieben wurden, waren die Jahre 2020 und 2021 für Spaniens Superreiche Goldgräberjahre. Die Vermögen der zehn reichsten Personen des Landes erhöhten sich alleine in diesem Jahr um 17 Prozent bzw. 153 Milliarden. Das entspricht einem Zuwachs von 565.000 Euro pro Tag.

Die Arbeiter müssen den Gewerkschaften die Kontrolle über den Kampf entreißen und in allen Betrieben Aktionskomitees gründen. Dies erfordert einen entschiedenen politischen Bruch mit der PSOE/Podemos-Regierung, die immer wieder ihre erbitterte Feindschaft gegenüber der Arbeiterklasse gezeigt hat.

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