Republikaner unterstützen Trumps Putschversuch vom 6. Januar offiziell als „legitimen politischen Diskurs“

Das Nationalkomitee der Republikaner (RNC) veröffentlichte am Freitag bei seiner Führungskonferenz in Salt Lake City (Utah) eine Resolution, in der das Gremium offiziell seine Unterstützung für Donald Trumps Versuch erklärt, die Wahl 2020 zu kippen.

Menschen verstecken sich im Sitzungssaal des Repräsentantenhauses vor den Randalierern, die am 6. Januar 2021 ins Kapitol eingedrungen sind. (AP Photo/Andrew Harnik)

Das RNC bezeichnete die Ereignisse vom 6. Januar 2021 erstmals offiziell als „legitimen politischen Diskurs“ und sprach den republikanischen Abgeordneten Liz Cheney (Wyoming) und Adam Kinzinger (Illinois) aufgrund ihrer Teilnahme am Untersuchungsausschuss des Kongresses zum Putschversuch eine Rüge aus.

Die Resolution stellt einen Wendepunkt in der Geschichte der USA und des kapitalistischen Zweiparteiensystems dar. Als die Republikaner 1861 erstmals an die Macht kamen, standen sie dem Aufstand der Sklavenhalter in den Südstaaten als Gegner gegenüber. Doch die Resolution vom Freitag zeigt, dass sich die Republikaner jetzt selbst in die Partei des undemokratischen Aufstands verwandeln.

Wenn das RNC den 6. Januar als „legitimen politischen Diskurs“ bezeichnet, stellt es sich bewusst und vorsätzlich hinter alle Methoden, die Trump bei dem Putsch angewandt hat. Trump mobilisierte faschistische paramilitärische Organisationen und versuchte, das Kriegsrecht zu verhängen und die Wahlurnen durch das Militär oder Einwanderungs- und Grenzschutzbeamte beschlagnahmen zu lassen.

Die Resolution, die bei der Winterkonferenz in Salt Lake City verabschiedet wurde, hat eindeutig faschistoide Züge:

„Die Biden-Regierung und die Demokraten im Kongress verfolgen einen systematischen Plan mit dem Ziel, Freiheit durch Sozialismus zu ersetzen, den Grenzschutz zugunsten gesetzloser offener Grenzen abzuschaffen, eine Rekordinflation herbeizuführen, um unseren Kindern und Enkelkindern den amerikanischen Traum zu stehlen, unsere nationale Verteidigung und Außenpolitik unter der Strategie ,Frieden durch Stärke‘ zu kastrieren, Präsident Trumps ,Operation Warp Speed‘ [schnelle Bereitstellung von Impfstoffen] durch Inkompetenz und illegale Mandate zu ersetzen und Amerikas Wirtschaft durch den Green New Deal zu zerstören.“

Über die Ereignisse vom 6. Januar heißt es, Cheney und Kinzinger würden sich an einer „von den Demokraten angeführten Verfolgung einfacher Bürger beteiligen, die an einem legitimen politischen Diskurs teilgenommen haben“.

Dass die Resolution angenommen wurde, macht deutlich, dass beträchtliche Teile der Finanzoligarchie eine Diktatur unterstützen, um sich zu bereichern, soziale Unzufriedenheit zu unterdrücken und die Interessen des amerikanischen Imperialismus im Ausland durchzusetzen. Sollten die Republikaner erneut eine Präsidentschaftswahl gewinnen, dann ist nicht sicher, ob sie die Macht jemals friedlich wieder abgeben würden.

Die Resolution, in der sich die Partei zu den Methoden des 6. Januar bekannte, wurde mit nur wenigen Gegenstimmen angenommen. Laut der New York Times wurde sie „in privaten Treffen zwischen den Parteimitgliedern sorgfältig ausgehandelt“. Zweifellos waren einflussreiche Elemente aus der Wirtschaft, dem Militär- und Geheimdienstapparat und den Medienkonzernen an diesem Prozess beteiligt.

Am Donnerstag war die Resolution vom Resolutionsausschuss des RNC einstimmig verabschiedet worden. Die Washington Post berichtete, dass sie dem vollbesetzten 168-köpfigen Nationalkomitee vorgelegt wurde und „bei einer mündlichen Abstimmung mit überwältigender Mehrheit ohne Debatte oder Diskussion innerhalb einer Minute verabschiedet wurde“.

Nur wenige Stunden vor der Abstimmung im Resolutionsausschuss hatte Trump den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum 6. Januar am Donnerstagmorgen als „korrupten, nicht gewählten Ausschuss von politischen Stümpern und hochgradig parteiischen Widerlingen“ bezeichnet und ihm vorgeworfen, die „massiven Wahlbetrügereien und Unregelmäßigkeiten in der Wahl 2020“ nicht zu untersuchen, sondern „seine ganze Zeit damit zu verbringen, gegen diejenigen zu ermitteln, die gegen das Ergebnis protestierten“.

Das RNC verabschiedete darüber hinaus eine weitere damit zusammenhängende Resolution. Darin forderte es die Regierung auf, „das kommunistische China wegen Covid-19 zur Verantwortung zu ziehen“. Damit stellte sich das Führungsgremium der Republikaner offen hinter Trumps Lüge, China sei für die Ausbreitung des Coronavirus verantwortlich, das alleine in den USA 900.000 Todesopfer gefordert hat.

In den Tagen vor der Abstimmung im RNC kamen weitere Details über Trumps Pläne ans Licht, die Wahlurnen vom Militär und dem Heimatschutzministerium beschlagnahmen zu lassen und die Wahl zu stehlen. Letzte Woche erklärte Trump zudem, er werde im Fall seiner Wiederwahl alle am Putschversuch vom 6. Januar Beteiligten begnadigen.

Innerhalb der Republikanischen Partei kommt es zu tiefen Spaltungen, die auf eine politische Krise von extremem Ausmaß hindeuten. Während das RNC die Abstimmung über die Resolutionen vorbereitete, forderte Trump am Dienstag vom Kongress ein Untersuchungsverfahren gegen den ehemaligen Vizepräsidenten Mike Pence, weil dieser am 6. Januar die Ergebnisse des Wahlmännerkollegiums nicht zurückgewiesen hatte. In einer schriftlichen Erklärung behauptete Trump, Pence hätte „aufgrund der zahlreichen nachgewiesenen Fälle von Betrug und Unregelmäßigkeiten mehreren Abgeordneten die Stimmzettel für eine Neubewertung zurückschicken können.“

Auf einer Konferenz der rechten Federalist Society reagierte Pence am Freitag darauf, etwa zeitgleich mit der Abstimmung des RNC:

„In unserer Partei gibt es Stimmen, die glauben, ich hätte als Vorsitzender der gemeinsamen Sitzung des Kongresses die alleinige Befugnis gehabt, die Abstimmung des Wahlmännerkollegiums abzulehnen. ... Und wie ich diese Woche hörte, hat Präsident Trump behauptet, ich hätte das Recht gehabt, ,die Wahl für ungültig zu erklären‘.

Präsident Trump liegt falsch. Ich hatte kein Recht, die Wahl für ungültig zu erklären. Die Entscheidung darüber, wer Präsident wird, liegt beim amerikanischen Volk und nur beim amerikanischen Volk. Ehrlich gesagt gibt es kaum eine unamerikanischere Vorstellung als diejenige, dass eine Einzelperson den amerikanischen Präsidenten bestimmen kann.

Gemäß der Verfassung hatte ich kein Recht, das Ergebnis unserer Wahl zu ändern, und auch [Vizepräsidentin] Kamala Harris wird nicht das Recht haben, das Wahlergebnis für nichtig zu erklären, wenn wir sie im Jahr 2024 schlagen.“

Am Freitagnachmittag reagierte Trump darauf mit einer Erklärung, in der er den Aufstand verteidigte. Er attackierte in bisher deutlichster Form die republikanische Führung, der er vorwarf, an Bidens Wahl mitgewirkt zu haben:

„Ich habe gerade gesehen, wie Mike Pence behauptet hat, er hätte kein Recht dazu gehabt, irgendetwas gegen die Abstimmung im Wahlmännerkollegium zu tun und habe lediglich eine Art Automatismus zugunsten von Mitch McConnell durchführen können, der Biden so schnell wie möglich zum Präsidenten machen wollte. Nun, die Position des Vizepräsidenten besteht aus mehr als einem bloßen Automatismus, wenn es offensichtliche Anzeichen für Wahlbetrug und Unregelmäßigkeiten gibt... es wäre angemessen gewesen, die Stimmen zurückzuschicken, damit die Abgeordneten es klären... Die Demokraten und RINOs [„Republicans In Name Only“, „Republikaner, die nur dem Namen nach Republikaner sind“] wollen dieses Recht abschaffen. Eine großartige Gelegenheit ist verloren, zwar nicht für immer, aber inzwischen geht unser Land zum Teufel!“

Jene Teile der politischen und medialen Elite, welche den Demokraten nahestehen, reagieren darauf mit der für sie typischen Sorglosigkeit. Die Redaktion der Washington Post veröffentlichte am Freitagabend eine Stellungnahme zur Resolution des RNC, in der sie die Republikanische Partei als Ganze unterstützt und Gestalten wie die Erzreaktionärin Liz Cheney als Inbegriff von Demokratie und Fortschritt darstellt.

Laut der Post glaube Cheney „zu Recht, dass ein Eintreten für die Demokratie über der Treue zur Partei steht und dass politische Präferenzen in Bezug auf Themen gegenüber dem Eintreten für die verfassungsmäßige Ordnung zurückzustehen haben“. In Wirklichkeit waren Cheney und ihr Vater, der ehemalige Vizepräsident Dick Cheney, durch andauernde Kriege, Folter und Überwachung der Bevölkerung an den Angriffen auf die Verfassung selbst in herausragendem Maße beteiligt. Zum Schluss schrieb die Post, die Wähler müssten „diesen Moment [bei den Zwischenwahlen] im November im Gedächtnis behalten“.

Doch Biden und die Demokraten haben ständig betont, dass sie bereit sind, mit ihren „Kollegen“ aus der Republikanischen Partei zusammenzuarbeiten – selbst dann noch, wenn die Republikaner sich offiziell hinter einen Aufstand stellen und diesen als „legitimen politischen Diskurs“ bezeichnen. Am 8. Januar 2021 erklärte Biden im nationalen Fernsehen: „Wir brauchen eine Republikanische Partei. Wir brauchen eine prinzipienfeste und starke Opposition.“ Sein Wunsch geht nun in Erfüllung. Doch die „Prinzipien“, auf die sich die Republikaner stützen, sind die des Faschismus und der Diktatur.

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