Die Biden-Regierung gab am Freitag bekannt, dass sie für die kommenden Herbst- und Wintermonate in den USA 100 Millionen neue Fälle von Covid-19 erwartet. Laut dem Artikel der Washington Post, der die Geschichte publik machte, warnte die Regierung auch vor einer „signifikanten Welle von Todesfällen“.
Die Prognosen wurden von einem derzeit ungenannten Repräsentanten des Weißen Hauses bei einer privaten Pressekonferenz abgegeben, deren Einzelheiten noch nicht veröffentlicht wurden. In der Post heißt es lediglich, dass die Regierung ihre Schätzung auf der Grundlage „externer Pandemiemodelle“ vorgenommen hat, die alle davon ausgehen, dass Omikron und seine Untervarianten weiterhin dominant bleiben.
Die Prognosen werden noch düsterer, wenn neue und virulentere Varianten auftauchen, wie es seit der Entdeckung der Alpha-Variante im Vereinigten Königreich Ende 2020 wiederholt geschehen ist.
Die Auswirkungen einer derartigen massenhaften Ansteckung sind erschütternd. Hundert Millionen neue Fälle würden die offizielle Zahl der bisherigen Infektionsfälle, die bei mehr als 83 Millionen liegt, mehr als verdoppeln. Laut Einer Studie, die im April von der Oxford University Press veröffentlicht wurde, bedeuten einhundert Millionen neue Infektionsfälle 43 Millionen neue Fälle von Long Covid. Bei einer angenommenen Sterblichkeitsrate des Virus von 0,5 Prozent bedeuten hundert Millionen neue Infektionen 500.000 neue Todesfälle.
Ein Bericht von ABC News über die Prognosen – der auch ein Interview mit dem Coronavirus-Koordinator des Weißen Hauses Ashish Jha enthielt – zeichnete ein düsteres Bild. Jha bestätigte gegenüber David Muir von ABC, dass „es bis zum Herbst und Winter sehr gut möglich ist, dass wir neue Varianten sehen werden“, die ansteckender sein werden. Gleichzeitig erklärte er, wenn die neue Welle kommt, „werden wir keine Impfstoffe haben... uns werden die Behandlungsmöglichkeiten ausgehen... wir werden keine diagnostischen Tests haben“.
Außer dem Mantra des Weißen Hauses, dass Impfstoffe das Allheilmittel zur Beendigung der Pandemie seien, hatte Jha jedoch keinerlei Lösungsansätze zu bieten. „Wenn man geimpft und geboostet ist, hat man einen sehr hohen Schutz gegen einen schweren Verlauf“, sagte Jha und erwähnte dabei nicht einmal grundlegende Schutzmaßnahmen wie Masken.
Impfstoffe sind eines der notwendigen Instrumente zur Bekämpfung der Pandemie. Die Impfraten in den USA sind jedoch ins Stocken geraten: Nur 67 Prozent der Bevölkerung haben eine vollständige Erstimpfung erhalten, und weniger als 31 Prozent haben eine Auffrischungsimpfung erhalten. Derart niedrige Quoten sind nur in einem wissenschaftsfeindlichen gesellschaftlichen und kulturellen Klima möglich, das sowohl von den Republikanern als auch von den Demokraten gefördert wird. Der Peterson-KFF Health System Tracker schätzt daher, dass seit Juni 2021 mindestens 234.000 Menschen gestorben sind, die noch leben würden, wenn sie vollständig geimpft und geboostert worden wären.
Darüber hinaus haben sich die Varianten des Coronavirus – insbesondere die Omikron-Varianten – zunehmend als fähig erwiesen, die von den Impfstoffen gewährte Immunität zu umgehen. Im Januar und Februar waren 42 bzw. 40 Prozent aller Todesfälle durch Covid-19 in den USA auf vollständig geimpfte Personen zurückzuführen, darunter 12 bzw. 15 Prozent, die eine dritte Auffrischungsimpfung erhalten hatten.
Das bedeutet, dass bei 500.000 Todesfällen durch Covid-19 in diesem Jahr mehr als 200.000 unter denjenigen sein werden, die mindestens zweimal geimpft worden sind. Und mit jedem Monat, der verstreicht, nimmt die Wirksamkeit der bereits verabreichten Impfstoffe ab.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass sich die Vorhersage der Biden-Regierung als Unterschätzung der kommenden Pandemiewellen erweist. Während die offiziellen Fallzahlen bei durchschnittlich fast 70.000 pro Tag liegen, schätzt das Institute of Health Metrics and Evaluation (IHME) an der University of Washington, dass es derzeit mehr als 492.000 Neuinfektionen pro Tag gibt, von denen die überwiegende Mehrheit aufgrund fehlender Tests und der anhaltenden massiven Verschleierung von Covid-19-Daten unentdeckt bleibt.
Bei einer solchen Rate wird es bis zum Jahresende mehr als 115 Millionen Neuinfektionen geben, auch ohne einen weiteren Anstieg. Die Bedrohung durch die Pandemie ist nach wie vor so groß, dass sogar einer der führenden Vertreter des Kapitalismus, Microsoft-Gründer Bill Gates, gegenüber der Financial Times erklärte: „Wir laufen immer noch Gefahr, dass diese Pandemie eine Variante hervorbringt, die noch übertragbarer und noch tödlicher ist.“ Gates weiter: „Das Risiko, dass wir von der Pandemie noch nicht einmal das Schlimmste erlebt haben, liegt bei weit über 5 Prozent.“
Die Biden-Regierung räumt nun offen ein, dass die Coronavirus-Pandemie nicht „vorbei“ oder „endemisch“ ist, wie es von hochrangigen Regierungsvertretern und den Medien dargestellt wurde. Sie entwickelt sich vielmehr zu einem Tsunami neuer Infektions- und Todesfälle, der das Potenzial hat, selbst das kolossale Ausmaß der Omikron-Welle im Dezember, Januar und Februar zu übertreffen.
In den Medien wird dies jedoch weitgehend als Nicht-Thema behandelt. Die Pandemie ist aus den Fernsehnachrichten und den Printmedien weitgehend verschwunden. Die Sendung von ABC News war nicht so sehr aufgrund neuer Details über die drohende Gesundheitskatastrophe erwähnenswert, sondern vielmehr aufgrund der Tatsache, dass sie seit Monaten der erste größere Bericht des Senders über die Pandemie war.
Das Weiße Haus hat zwar seine Prognosen bekannt gegeben, schlägt aber keine Maßnahmen vor, um diese Entwicklung zu stoppen. Keine Pressekonferenz wurde abgehalten, um die amerikanische Bevölkerung vor der drohenden Gefahr zu warnen oder Hinweise zu geben, was getan werden muss, um sie abzuwenden. Im Gegenteil, die Biden-Regierung hat die Abschaffung praktisch jeder noch so minimalen Maßnahme zur Verringerung der Ansteckung beaufsichtigt, einschließlich der Maskenpflicht.
Die Politik der massenhaften Durchseuchung hat unter den Demokraten ebenso glühende Anhänger wie unter den Republikanern. Hundert Millionen Fälle und die daraus resultierenden hunderttausenden Todesfälle sowie Millionen Long-Covid-Fälle werden lediglich als Betriebskosten angesehen, um die Kassen der Wall Street weiterhin zu überfluten.
Das Briefing des Weißen Hauses macht erneut deutlich, dass die amerikanische herrschende Elite jedes Ausmaß an Tod akzeptiert, solange es ihre Fähigkeit nicht beeinträchtigt, Mehrwert aus der Arbeiterklasse zu ziehen. Verschiedene Pandemie-Tracker gehen nach wie vor von einer offiziellen Zahl von einer Million Todesopfern aus, und in der Presse wird ein solch kolossaler Verlust an Menschenleben kaum erwähnt. Jetzt hat die Bundesregierung zugegeben, dass die Zahl der Todesfälle auf mindestens 1,5 Millionen ansteigen wird.
Die Antwort der Arbeiterklasse muss ein Kampf gegen die drohende Infektions- und Todeswelle sein. Dies kann nur durch eine globale Eliminierungsstrategie erreicht werden, in deren Rahmen sämtliche Pandemiemaßnahmen aggressiv zum Einsatz gebracht werden – darunter die Schließung nicht lebensnotwendiger Produktionsstätten und Schulen, kombiniert mit Impfungen und anderen Maßnahmen zur Eindämmung der Virusübertragung.
Eine solche Politik kann nur durch eine Massenbewegung der Arbeiterklasse durchgesetzt werden, die den Kampf gegen die Pandemie mit den wachsenden Kämpfen der Arbeiter in aller Welt gegen Ungleichheit, Ausbeutung, Krieg und die steigenden Kosten für Bedarfsgüter verbindet. Ein bewusster revolutionärer Kampf muss entwickelt werden, um den Erdball von der zugrunde liegenden Krankheit zu befreien, die für die katastrophalen Auswirkungen der Pandemie verantwortlich ist: das kapitalistische System.