Sri Lanka: Gewerkschaften sabotieren die Kämpfe der Arbeiter

Die beiden sri-lankischen Gewerkschaftsverbände Trade Unions Coordination Centre (TUCC) und Trade Unions and Mass Organisation Collective (TUMOC) hatten letzten Mittwoch und Donnerstag zu Protesten aufgerufen. Ihre Parolen lauteten u.a. „Nein zu einer Regierung, die Diebe verteidigt“, „Schluss mit illegalen Verhaftungen“, „Hört auf die Forderungen der Bevölkerung“ und „Nieder mit der Verschwörung von Gotabhaya [Rajapaksa] und Ranil [Wickremesinghe]!“

Demonstranten an einer Tankstelle in der Colombo-Avissawella Road nahe Godagama fordern Treibstoff

Die Gewerkschaften haben zu den Protesten aufgerufen, um die wachsende Wut unter Arbeitern, Armen und Jugendlichen über die immer weiter steigenden Preise und den Mangel an lebenswichtigen Gütern zu kanalisieren. Es kommt nahezu täglich zu wütenden Protesten vor den Tankstellen im ganzen Land gegen den akuten Mangel an Benzin, Diesel und Kerosin.

Die Bewegung gegen die Regierung wurde stärker, nachdem Schlägertrupps am 9. Mai auf Demonstranten losgegangen waren, die am 9. Mai den Galle Face Green (Freifläche am Meer in Columbo) besetzt hatten und den Rücktritt von Präsident Gotabhaya Rajapaksa und seiner Regierung forderten. Der Angriff wurde von Rajapaksas Partei Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP) organisiert.

Angesichts des massenhaften Widerstands sind Premierminister Mahinda Rajapaksa und sein Kabinett zurückgetreten. Letzte Woche wurde der Parteichef der United National Party (UNP) und ehemalige Premierminister Ranil Wickremesinghe als Nachfolger ernannt. Wickremesinghe ist bekannt für seine marktwirtschaftliche und proamerikanische Orientierung und soll das vom Internationalen Währungsfonds (IWF) diktierte Austeritätsprogramm umsetzen.

Die Gewerkschaften haben die begrenzten Proteste diese Woche nicht organisiert, um für die drängenden Bedürfnisse der Arbeiter zu kämpfen, sondern um Dampf abzulassen. Die Proteste waren geprägt von demagogischer Rhetorik der Gewerkschaftsführer gegen die Regierung und den neuen Premierminister, doch keiner griff das kapitalistische System selbst an, das sich weltweit in einer schweren Krise befindet und der Arbeiterklasse immer größere Lasten aufbürdet.

Wasantha Samarasinghe, ein Führer des TUCC und Präsident der Inter-Company Employees Union, erklärte am Mittwoch vor Demonstranten, die Gewerkschaften würden weiterhin die Strafverfolgung der Verantwortlichen für den Angriff vom 9. Mai fordern. Für die Not der Arbeiter machte er nicht das Profitsystem selbst verantwortlich, sondern nur den Diebstahl durch diejenigen an der Macht.

Der Präsident der Federation of Health Professionals, Ravi Kumudesh, verbreitete die Illusion, Wickremesinghe könne durch Druck zu Zugeständnissen an die arbeitende Bevölkerung gezwungen werden. Er erklärte, Wickremesinghe sei durch die Kämpfe der Bevölkerung an die Macht gekommen und dürfte ihnen jetzt nicht durch einen Deal mit Präsident Rajapaksa den Rücken zukehren.

Der Generalsekretär der Ceylon Teachers Union, Joseph Stalin, erklärte bei der Demonstration am Donnerstag, Rajapaksa wolle sich durch Wickremesinghes Ernennung an der Macht halten und betonte: „Wir setzen diesen Kampf fort, bis die Gota-Ranil-Regierung weg ist.“

Eine lange Fahrzeugschlange vor einer Tankstelle auf der Hauptstraße Colombo-Avissawella nahe Godagama

Die Gewerkschaften fordern kein Ende des drakonischen Ausnahmezustands, der nach dem eintägigen Generalstreik am 6. Mai verhängt worden war. Dabei hat der Präsident bereits das Militär auf den Straßen aufmarschieren lassen, um die Menschen einzuschüchtern, und eine Ausgangssperre verhängt.

Am Streik vom 6. Mai nahmen Millionen von Arbeitern teil. Die Armen in Stadt und Land und die kleinen Geschäftsleute unterstützten die Arbeiterklasse mit einem Hartal (Geschäftsschließung). Zuvor hatte bereits am 28. April ein eintägiger Generalstreik stattgefunden.

Auch am 10. Mai traten Hunderttausende von Arbeitern in einen unbefristeten Streik, nachdem die Mobs der SLPP auf Anti-Regierungs-Demonstranten losgegangen waren. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt eine 24-stündige Ausgangssperre in Kraft, sodass die Arbeiter ohnehin nicht zur Arbeit hätten gehen können. Am 11. Mai wurde der Streik von den Gewerkschaften beendet und durch beschränkte Proteste ersetzt.

Die massive Mobilisierung der Arbeiter hat nicht nur die Regierung und das politische Establishment erschüttert, sondern auch die Gewerkschaften, die zu den Streiks aufgerufen hatten. Die Gewerkschaftsführungen reagierten darauf mit dem Versuch, die Arbeiterklasse zurückzuhalten und zu demobilisieren, damit sie die kapitalistische Herrschaft nicht gefährdet, an die sie alle gebunden sind.

Alle diese Gewerkschaften haben seit langem die Kämpfe der Arbeiter verraten, u.a. den 100-tägigen Streik und die Proteste von Lehrern und Beschäftigten des Gesundheitswesens im letzten Jahr.

Statt die soziale Katastrophe für die arbeitende Bevölkerung abzumildern, bereitet sich Wickremesinghe auf die Durchsetzung von Austeritätsmaßnahmen vor, die die Not der Bevölkerung verschärfen werden. Am 16. Mai warnte er in einer Rede an die Nation, die kommenden Monate würden „die schwierigste Periode unseres Lebens werden. Wir alle müssen Opfer bringen.“

Am Mittwoch erklärte Wickremesinghe in einer Rede vor dem Parlament, aufgrund der Treibstoffknappheit sollten alle Beschäftigten in nicht-systemrelevanten Bereichen des öffentlichen Dienstes zwei Tage lang nicht zur Arbeit kommen. Am Freitag wurden aus dem gleichen Grund die Schulen geschlossen. Am Donnerstag bezog er sich in einer Rede vor dem Parlament auf die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und warnte vor drohender Nahrungsmittelknappheit und Hungersnot.

Der Gouverneur der Zentralbank, Nandalal Werasinghe, betonte am gleichen Tag bei einer Pressekonferenz, die Preise für Strom, Wasser und Treibstoff müssten weiter steigen.

Die Arbeiter sind empört darüber, dass die Gewerkschaften die Regierung und das Großkapital bei der Durchsetzung neuer Belastungen unterstützen. Mehrere Arbeiter sprachen mit Reportern der WSWS:

Ein Arbeiter des Unternehmens ATG in der Freihandelszone Katunayake verurteilte die Stationierung von Sicherheitskräften der Regierung in allen Freihandelszonen.

Er erklärte: „Wickremesinghe ist genau wie sein Vorgänger Mahinda Rajapaksa. Es ist schwer zu sagen, ob sich irgendetwas an den Engpässen, u.a. bei Treibstoff, ändert“. Er betonte, die Gewerkschaften würden die Kämpfe der Arbeiter nicht ausreichend unterstützen.

Eine Pflegerin aus dem Hauptkrankenhaus von Kandy erklärte, ihr Gehalt reiche angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten nicht aus: „Unsere Fahrtkosten schießen in die Höhe. Der Preis für ein Brot ist innerhalb weniger Monate von 60 auf 170 Rupien gestiegen. Das ist nur ein Beispiel für die unerträglich gestiegenen Lebenshaltungskosten.“

Sie erklärte weiter, die Proteste der Gewerkschaften seien „nutzlos, solange wir kein Programm zur Verteidigung unserer Rechte haben. Weil der Hartal und der Streik am 6. Mai erfolgreicher waren, als es die Gewerkschaften erwartet hatten, haben sie den [geplanten] Generalstreik am 11. Mai abgesagt. Ich glaube, das hat die Position der Regierung gestärkt.“

Ein Arbeiter eines Umspannwerks in Chilaw erklärte: „Die CEB-Verwaltung hat im Rahmen ihrer Austeritätsmaßnahmen die meisten Überstunden abgeschafft. Wir brauchen die Überstundenzuschläge, damit wir genug verdienen, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen.

Die Gewerkschaften haben die aktuellen Streiks beendet, ohne ihre Mitglieder zu fragen, so wie sie es immer tun. Wir brauchen wirklich ernsthafte Diskussionen, um die tatsächliche Lage zu verstehen, aber solche Diskussionen finden nicht statt.“

Shyama, eine Grundschullehrerin, erklärte: „Wir haben eigentlich nicht an den Streiks teilgenommen, weil die Gewerkschaften es uns gesagt haben. Ich war nie in einer Gewerkschaft. Viele von uns haben mitgemacht, weil wir gedacht haben, unsere Teilnahme würde zu dem Kampf beitragen, um die Probleme zu beenden, mit denen die Massen in diesem Land konfrontiert sind.“

Wie die Socialist Equality Party (SEP) erklärt hat, müssen die Arbeiter unbedingt Aktionskomitees gründen, die von den Gewerkschaften, allen kapitalistischen Parteien und ihren Anhängseln unabhängig sind. Diese Komitees müssen in allen Betrieben, Fabriken, Plantagen und Arbeitervierteln im ganzen Land aufgebaut werden.

Durch den Aufbau eines Netzwerks solcher Aktionskomitees können die sri-lankischen Arbeiter einen vereinten Kampf auf betrieblicher und politischer Ebene gegen die Regierung führen und auf ihre Kollegen in Südasien und der Welt zugehen, die mit ähnlichen Angriffen auf ihre sozialen und demokratischen Rechte konfrontiert sind.

Die Grundlage dabei sollte der Kampf für eine Arbeiterregierung und die Umsetzung sozialistischer Politik zur Befriedigung der Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung sein.

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