Sozialist Will Lehman als Kandidat für den Vorsitz der United Auto Workers (UAW) nominiert

Der 34-jährige Mack-Trucks-Arbeiter aus Pennsylvania, Will Lehman, wurde gestern als Kandidat für den Vorsitz der United Auto Workers (UAW) nominiert. Am Mittwochabend verkündete Lehman auf Twitter:

„Heute wurde ich auf dem UAW-Kongress von zwei Delegierten für das Amt des internationalen UAW-Präsidenten nominiert. Ich werde nun im Oktober und November auf dem Wahlzettel stehen. Dieser Erfolg legt den Grundstein für die nächste Phase des Kampfes zur Mobilisierung der Basis gegen den unternehmensfreundlichen UAW-Apparat.“

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Die WSWS hat Lehmans Kandidatur für den UAW-Vorsitz unterstützt. Seine Nominierung ist ein großer Erfolg und ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Gewerkschaftsbürokratie. Lehmans Kampagne zielt nicht auf eine Reform der UAW-Bürokratie ab, wie er selbst erklärte, sondern darauf, „eine Massenbewegung von Arbeitern anzuführen, um die Diktatur des Apparats zu brechen und die Macht und Kontrolle über alle Entscheidungsprozesse zurück an die Basis in den Autowerken und an allen Arbeitsplätzen zu übertragen“.

Lehmans Nominierung ist Ausdruck der explosiven Opposition gegen die Gewerkschaftsbürokratie. Und sie widerspiegelt die wachsende Unterstützung unter Autoarbeitern in den USA für eine sozialistische Perspektive. Will tritt offen als Sozialist und Internationalist auf und bekommt dafür eine enorme Resonanz.

Am Tag vor seiner Nominierung verteilten Will und seine Unterstützer Flugblätter und sprachen mit Hunderten von Arbeitern des Lastwagen-Montagewerks von Stellantis (Chrysler) in Warren, einem Vorort von Detroit. Die Arbeiter verurteilten die jahrzehntelangen Zugeständnisse, die ihnen die UAW aufgezwungen hat, und forderten die Delegierten auf, Lehman auf dem UAW-Kongress, der am Mittwoch in Detroit stattfand, als Kandidaten zu nominieren.  

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Ein Arbeiter sagte über die UAW-Bürokratie: „Wir wissen, dass sie eine ganze Bande und das ganze System hinter sich haben. Und es ist übel, was sie mit uns machen, vor allem mit den befristeten Zeitarbeitern.

Wir verlieren bei jedem Tarifvertrag. Das ist nicht das, was Detroit großgemacht hat. Das sind nicht die Arbeitsplätze, auf die die Arbeiterklasse angewiesen war und die uns zu dem gemacht hat, was wir sind. Wir brauchen hier neue Gesichter, aber man weiß ja, wie schwierig es ist. Dahinter steckt ein ganzes System.“

Will antwortete darauf: „Nun, die gute Nachricht ist, dass ihr mir dabei helfen könnt. ... Damit ich für den Vorsitz kandidieren kann, muss mich ein Delegierter nominieren. Ich rufe die Arbeiter dazu auf, sich per Video mit ihren Delegierten in Verbindung zu setzen und sie aufzufordern, mich zu nominieren.“ Viele Delegierte „unterstützen vieles von dem, was ich sage, aber haben im Wesentlichen Angst, dass ihnen die UAW-Bürokratie schadet“.

Der Arbeiter ergriff das Mikrofon und sagte: „Nominiert Will Lehman. Er wird einiges für uns tun und Dinge ändern. Es ist Zeit, dass sich was ändert, viele von uns wissen es, aber trauen sich nicht, es zu sagen. Lasst es uns anpacken.“

Will im Gespräch mit Arbeitern des Lkw-Werks in Warren (WSWS Media)

Die Entfremdung der Arbeiter von der UAW-Bürokratie ist so groß, dass viele von ihnen gar nicht wussten oder sich nicht dafür interessierten, dass der UAW-Kongress weniger als 16 Kilometer entfernt in der Innenstadt von Detroit stattfindet.

Die Verachtung der UAW-Funktionäre für die Arbeiter zeigte sich am Dienstag deutlich, als die Delegierten gegen eine Resolution stimmten, die die Abschaffung des verhassten Zwei-Stufen-Lohnsystems forderte. Die UAW hatte der Einführung dieses Systems Anfang der 2000er zugestimmt. Seither werden Arbeiter gezwungen, in demselben Werk mit Kollegen zu arbeiten, die nur die Hälfte des Lohns bekommen.

Die UAW hat GM, Ford und Stellantis außerdem freie Hand gelassen, eine noch stärker ausgebeutete Schicht von Leiharbeitern (TPT – temporary part-time) zu schaffen, die jahrelang ohne Rechte arbeiten müssen. Laut den Arbeitern machen diese im Lkw-Werk in Warren bis zu 40 Prozent der Belegschaft aus.

In einer Diskussion mit John, einem langjährigen Arbeiter, der kurz vor der Rente steht, erklärte Will, er kämpfe für die Einheit der US-amerikanischen Autoarbeiter mit ihren Kolleginnen und Kollegen im Rest der Welt. Der Nationalismus der UAW und anderer Gewerkschaften habe es den Unternehmen erlaubt, die Arbeiter in einen Unterbietungswettbewerb zu treiben: „Ich brauche Delegierte, die mich nominieren, damit ich diese Kampagne für die Solidarität der Arbeiter weltweit führen kann.“ 

John erklärte: „Die Delegierten setzen ihn auf den Wahlzettel, und lassen die Menschen abstimmen. Der Rest sollte unsere Wahl sein.“ 

Will antwortete: „Richtig, sie haben das System: eine Person eine Stimme, aber es ist nicht wirklich demokratisch, wenn sie mich nicht auf den Stimmzettel aufnehmen, oder?“ Der Arbeiter antwortete: „Wohl kaum.“ 

Will Lehmann, Kandidat für den UAW-Vorsitz, spricht am 25. Juli mit einem Arbeiter bei Warren Truck (WSWS Media)

Auch eine jüngere Arbeiterin hielt an und sprach mit Will. Sie erklärte: „Die Leiharbeiter wollen nach 90 Tagen übernommen werden. Wir arbeiten genauso hart wie die Vollzeitkräfte, vielleicht sogar noch härter. Es ist sehr heiß in dem Werk.“ Will antwortete: „Die Lebensmittelgeschäfte haben Klimaanlagen, Walmart hat sie, warum haben wir keine? Weil wir die gleiche UAW-Bürokratie haben.“ Will erklärte, UAW-Präsident Ray Curry und der Rest der Führung in der Gewerkschaftszentrale, dem Solidarity House, hätten Klimaanlagen. 

Will betonte, dass die Arbeiter Klimaanlagen, Lohnerhöhungen, einen jährlichen Inflationsausgleich und Renten brauchen. Es sollten alle Zugeständnisse der UAW an die Konzerne rückgängig gemacht werden. Die Arbeiterin antwortete: „Da stimme ich zu. Es ist, als hätten wir hier gar keine Gewerkschaft hier. Ich wünsche dir viel Glück.“ 

Ein anderer Arbeiter, der seit mehr als zehn Jahren in dem Werk arbeitet, erklärte gegenüber Will: „In der Fabrik werden viele Dinge gebraucht, vor allem Führung. Ich weiß es zu schätzen, dass du vortrittst und diesen Platz einnimmst.“ Will fragte: „Was hältst du davon, dass die einfachen Arbeiter die Macht im Betrieb bekommen? Wie würdest du es finden, wenn alle Arbeiter über den Weg nach vorn entscheiden könnten?“ 

Der Arbeiter antwortete: „So sollte es sein, aber so wie es mit unserer Führung aussieht, glaube ich, dass die Gewerkschaft nicht lange existieren und das Unternehmen uns im Wesentlichen platt machen und mit uns machen wird, was es will... Die UAW International hat nichts getan, außer uns auszurauben. Ich finde es gut, dass du dagegen antrittst.“ 

Ein anderer Arbeiter erklärte: „Wir hatten mit Gesundheits- und Sicherheitsproblemen zu kämpfen, vor allem während der Pandemie. Wir wollen wissen, ob jemand aus unserem Umfeld Covid hat, damit wir uns schützen können.“ Weiter erklärte er, die Arbeiter müssten kämpfen, um zurückzuerobern, was die UAW aufgegeben hat, u.a. große Lohnerhöhungen, um die Arbeiter gegen die Inflation zu schützen.

Will fragte den Arbeiter, welche Erhöhung er durch den Tarifvertrag der UAW erhalten hat: „Dieses Jahr waren es nur drei Prozent, und oft versuchen sie, uns mit einem Bonus abzuspeisen. Wir sollten zu Tarifverträgen mit drei statt vier Jahren zurückkehren, weil uns damit das Geld aus der Tasche gezogen wird.“ 

Der Arbeiter fügte hinzu, er hasse das zweistufige Lohnsystem: „Man hat zwei Gruppen von Arbeitern, und dann bekommen die einen zu diesem Zeitpunkt eine Lohnerhöhung und die anderen zu einem anderen. Es muss wieder so sein, dass nach 90 Tagen alle den gleichen Lohn erhalten. Wir müssen die Lohnstufen abschaffen, das ergibt zu viele Unterschiede. Ich verstehe nicht, warum sie der Einführung überhaupt erst zugestimmt haben.“

Will erklärte: „Weil der UAW-Apparat unternehmerfreundlich ist und die Zugeständnisse, die sie in ihren Tarifverträgen machen, ihnen nicht schaden und sie nicht daran hindern, im UAW Solidarity House zu sitzen, ohne jede Solidarität mit den Arbeitern zu haben. Deshalb kandidiere ich, um diesen Apparat abzuschaffen. Wir brauchen keine Bürokratie, die über uns herrscht und sagt, wofür wir kämpfen dürfen und wofür nicht.“

„Das Gleiche gilt für das Streikgeld“, so Lehman. „Es waren erst 275 Dollar pro Woche, jetzt sind es 400 pro Woche, aber es sollte der volle Lohn sein.“ Der Arbeiter antwortete: „Ja, ehrlich gesagt sollte es das... Wie lange gab es schon keinen Streik mehr bei Chrysler? Die Streikkasse hat sich seit Jahren gefüllt. Wo ist das ganze Geld hin?“

Ein anderer Arbeiter auf dem Weg in das Werk erklärte gegenüber dem Kampagnenteam: „Die Delegierten sollten Will nominieren, damit die UAW-Mitglieder jemanden haben, den sie wählen können.“ 

Lehmann und seine Unterstützer werden ihre Kampagne nach der erfolgreichen Nominierung intensivieren. Mehr Informationen darüber gibt es unter WillforUAWpresident.org.

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