Ampel-Koalition erhöht Militärausgaben für Krieg gegen Russland

Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und die World Socialist Web Site verurteilen die Aufrüstungs- und Kriegsoffensive der Bundesregierung auf das Schärfste.

Am vergangenen Freitag billigte der Haushaltsausschuss des Bundestags den Entwurf des SPD-geführten Verteidigungsministeriums. Er sieht eine massive Erhöhung der Militärausgaben im nächsten Jahr vor. Der Beschlussfassung zufolge soll der offizielle Verteidigungshaushalt auf 50,1 Milliarden Euro ansteigen. Hinzu kommen 8,4 Milliarden aus dem sogenannten Sondervermögen Bundeswehr. Endgültig verabschiedet wird die Erhöhung mit der Abstimmung über das Haushaltsgesetz.

Mit der Erhöhung der Militärausgaben leitet die herrschende Klasse die größte Aufrüstungsoffensive seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein. Laut einer offiziellen Verlautbarung des Verteidigungsministeriums sind allein im Wirtschaftsplan 2023 des Sondervermögens Investitionen zur Beschaffung folgender Posten enthalten:

  • Kampfflugzeuge vom Typ F35
  • Schwere Transporthubschrauber CH-47
  • persönliche Schutzausrüstung für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr
  • Schützenpanzer vom Typ Puma
  • Fregatte 126 (Schiffe 1 bis 4)

Zudem werden die „Mittel für die Beschaffung von Munition in den kommenden Jahren um eine Milliarde Euro“ aufgestockt. Und all das ist nur der Anfang. Laut einem Bericht des Handelsblatts plant die Bundesregierung, die „nach dem Ende des Kalten Kriegs“ geleerten Bestände der Bundeswehr „wieder aufzufüllen und dafür ... bis zu rund 20 Milliarden Euro auszugeben“.

Die deutsche Rüstungsindustrie bereitet sich bereits darauf vor, die Munitionsproduktion massiv hochzufahren. Am Montag verkündete der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall die Übernahme des spanischen Konkurrenten Expal Systems für 1,2 Milliarden Euro. Expal Systems ist mit einem Jahresumsatz von 400 Millionen Euro einer der größten Munitionsproduzenten auf dem Kontinent.

Laut Rheinmetall-Chef Armin Papperger reichen die Kapazitäten des Konzerns aus, um den Umsatz auf 700 Millionen Euro zu erhöhen und jährlich 250.000 bis 300.000 Artilleriegranaten, darunter auch Geschosse für den Flugabwehrpanzer „Gepard“, herzustellen. Die Bundesregierung hat im Zuge Nato-Kriegsunterstützung gegen Russland bislang 30 Geparde an die Ukraine geliefert. Die mitgelieferten 6000 Schuss Flakpanzermunition gehen jedoch zur Neige und das Herstellerland Schweiz erteilte bis dato keine Exporterlaubnis für weiteren Nachschub.

Die geplante Aufrüstung ist in jeder Hinsicht eine Kriegserklärung. Die Kosten werden ausschließlich auf die Bevölkerung abgewälzt. Während explodierende Energiepreise und die höchste Inflationsrate seit Anfang der 1950er Jahre bereits jetzt Millionen in die Armut stürzen, bereitet die Regierung massive soziale Angriffe vor. So soll im Haushalt allein der Gesundheitsetat um mehr als 42 Milliarden Euro gekürzt werden – und das inmitten der nach wie vor grassierenden Corona-Pandemie.

Die herrschende Klasse macht keinen Hehl daraus, dass die Aufrüstung der Eskalation des Kriegs gegen Russland dient. Am Montag berichtete der Spiegel über ein „vertrauliches Grundsatzpapier“ aus der Feder des Generalinspekteurs der Bundeswehr Eberhard Zorn. Laut dem Nachrichtenmagazin ordnet der ranghöchste deutsche Soldat in dem 68-seitigen Papier mit dem Titel „Operative Leitlinien für die Streitkräfte“ an, „die Bundeswehr müsse sich für einen drohenden Konflikt mit Russland schlagkräftiger aufstellen“.

Die Abschnitte, die der Spiegel aus dem Papier zitiert, lassen keinen Zweifel daran, dass sich die Bundeswehr aktiv auf einen direkten Krieg gegen die Atommacht vorbereitet. „Angriffe auf Deutschland können potenziell ohne Vorwarnung und mit großer, gegebenenfalls sogar existenzieller, Schadenswirkung erfolgen“, warne Zorn darin. Die Verteidigungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der deutschen Armee seien in dieser Situation „überlebenswichtig“.

Was Zorn im Folgenden skizziere, sei „nicht weniger als eine Mega-Reform für die Bundeswehr“. So werde dem Papier zufolge die „rund drei Jahrzehnte andauernde Fokussierung auf Auslandseinsätze“ wie in Afghanistan „der aktuellen Lage mit ihren systemgefährdenden Überraschungen nicht mehr gerecht“. Stattdessen müsse „die Bündnisverteidigung, einschließlich der Fähigkeit zu sichtbarer und glaubwürdiger Abschreckung, das militärische Handeln Deutschlands dominieren“.

Offensichtlich setzt die Bundeswehr nun Kriegs- und Aufrüstungspläne um, die bereits in früheren Papieren, wie der Konzeption der Bundeswehr oder dem Fähigkeitsprofil, diskutiert wurden. Im Zentrum stehen dabei zwei miteinander verbundene Ziele: Deutschland arbeitet daran, Europa unter seiner Führung militärisch zu organisieren, um seine imperialistischen Interessen international durchzusetzen. Das erfordert eine Armee, die in der Lage ist, aus eigener Kraft umfassende Kriegseinsätze zu führen.

„Da ein direkter Konflikt an der Nato-Ostflanke ‚wieder wahrscheinlicher‘ geworden sei, müsse Deutschland in Europa eine Vorreiterrolle einnehmen und seine Streitkräfte robuster aufstellen“, kommentiert der Spiegel das Bundeswehr-Papier. „Einsatzbereite, an einem hochintensiven Szenario ausgerichtete und ausgebildete Streitkräfte“ bildeten dabei das Rückgrat. „Es reiche nicht mehr, kleinere, spezialisierte Einheiten in Auslandsmissionen zu schicken. Stattdessen müsse man für die Nato jederzeit einsatz- und kampfbereite Großverbände bereithalten.“

Und weiter: „Folglich müsse sich Deutschland darauf einstellen, dass die Bundeswehr bei einer russischen Aggression an der Ostgrenze der Nato ‚reaktionsfähige und kampfstarke Kräfte‘ bereitstellen müsse und nicht auf Unterstützung aus den USA warten könne. Weder die EU noch die Nato könnten es sich leisten, ‚erst nach erfolgtem Angriff mit der Planung und Kräftegenerierung zu beginnen‘. Konkret, so Zorn, müsse sich die Bundeswehr ‚für einen aufgezwungenen Krieg‘ wappnen.“

Dass in einem offiziellen Strategiepapier des deutschen Militärs wieder von einem durch Russland „aufgezwungenen Krieg“ die Rede ist, unterstreicht, an welche dunkle Traditionen es anknüpft. Die Rhetorik entspricht der Propaganda, die die herrschende Klasse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert verbreitet hat, um ihre eigene Aggression in zwei katastrophalen Weltkriegen zu rechtfertigen.

Nachdem das Deutsche Reich am 1. August 1914 Russland den Krieg erklärt hatte, begründete Kaiser Wilhelm II. dies in seiner Thronrede am 4. August vor den Abgeordneten des Reichstags mit der Mär vom „aufgezwungenen Krieg“. Er und sein Kanzler seien „bis zum letzten Augenblick bemüht“ gewesen, „das Äußerste abzuwenden“. Aber nun ergreife man „in aufgedrungener Notwehr mit reinem Gewissen und reiner Hand … das Schwert“.

Auch die Nazis verkauften ihren von langer Hand geplanten Vernichtungskrieg im Osten, dem etwa 30 Millionen Sowjetbürger zum Opfer fielen, zynisch als „Verteidigungskrieg“. Es sei „notwendig, diesem Komplott der jüdisch-bolschewistischen Kriegsanstifter […] entgegenzutreten“, hieß es in einer Erklärung Adolf Hitlers, die der damalige Propagandaminister Joseph Goebbels unmittelbar nach dem deutschen Überfall am 22. Juni 1941 im Rundfunk verlas. „Die Aufgabe“ sei „die Sicherung Europas und damit die Rettung aller“.

Die aktuelle Kriegskampagne steht in dieser Tradition. Der russische Einmarsch in die Ukraine ist reaktionär, aber der Hauptaggressor ist nicht Moskau, es sind die imperialistischen Mächte. Seit der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie vor 30 Jahren haben die USA und ihre europäischen Verbündeten auf dem Balkan, im Nahen Osten und Nordafrika zahlreiche Angriffskriege geführt. Die Nato hat Russland systematisch eingekreist und damit die reaktionäre Intervention des Putin-Regimes regelrecht provoziert. Nun eskaliert sie den Konflikt gezielt weiter, um das rohstoffreiche Land zu unterwerfen.

Soldaten der 41. Mechanisierten Infanteriebrigade der Bundeswehr nehmen im Oktober an der Nato-Übung "Fast Griffin" in Litauen teil [AP Photo/Mindaugas Kulbis]

De facto befinden sich die Nato-Mächte – allen voran Washington und Berlin – bereits im Krieg gegen Russland. Sie bewaffnen die Ukraine bis an die Zähne, liefern militärisch relevante Geheimdienstinformationen und trainieren und organisieren die ukrainische Armee im großen Stil. Am Montag beschlossen die EU-Außenminister, weitere 500 Millionen Euro für Waffenlieferungen an Kiew freizugeben und 15.000 ukrainische Soldaten auszubilden – viele davon in Deutschland.

Anders als die Ampel-Regierung offiziell glauben machen will, ist Deutschland damit auch völkerrechtlich Kriegspartei. Bereits wenige Wochen nach Kriegsbeginn hatte ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags explizit festgestellt, dass die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden einer Kriegsbeteiligung gleichkomme.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zu diesem Zeitpunkt noch vor der Gefahr eines dritten Weltkriegs und einer nuklearen Eskalation gewarnt. In einem Interview mit dem Spiegel Ende April erklärte er, man müsse alles unternehmen, „um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden“. Es gehe darum, „eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt“.

Nun betont Scholz bei jeder Gelegenheit, man müsse Russland in der Ukraine militärisch besiegen und seine Militärs erarbeiten Strategiepapiere, die genau das vorbereiten: Krieg gegen die Atommacht Russland. Um eine Katastrophe zu verhindern, muss eine sozialistische Massenbewegung der Arbeiterklasse gegen Krieg aufgebaut werden. Diesem Ziel dient das Webinar, das die IYSSE, die Studenten- und Jugendbewegung der SGP und der Vierten Internationale am 10. Dezember veranstalten. Registriert euch noch heute!

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