Der britische Labour-Chef Sir Keir Starmer hat in seiner Rede vor der Jahreskonferenz der Confederation of British Industry (CBI) die Haltung der Partei zur Einwanderung noch weiter nach rechts verschoben.
Starmer erklärte in Bezug auf Labour und das Großkapital: „Unser gemeinsames Ziel muss es sein, die britische Wirtschaft von ihrer Einwanderungsabhängigkeit zu befreien.“
Seine Rede am Dienstag veranlasste Nigel Farage, den ehemaligen Vorsitzenden der rechtsextremen UK Independence Party (UKIP) und der Brexit-Partei, zu der Aussage: „Starmer wiederholt jetzt das UKIP-Manifest von 2015 ... Die Labour Party steht in Sachen Einwanderung jetzt rechts von den Konservativen.“
Die Socialist Workers Party überschrieb ihren Artikel über die Rede des Labour-Vorsitzenden mit „Empörung, weil Keir Starmer die Einwanderung für die niedrigen Löhne verantwortlich macht.“
Aber welche Empörung, und von wem? Der Socialist Worker liefert keine Zitate von Vertretern der „Linken“ um Corbyn in der Labour Party, und er kann dies auch nicht tun.
Von der Socialist Campaign Group, die nur einen winzigen Teil der Labour-Abgeordneten ausmacht, gab es kaum ein Raunen des Protests gegen Starmers Vorschläge. Der ehemalige Schattenkanzler John McDonnell sagte nichts. Diane Abbott, die Anfang des Jahres erklärt hatte: „Ich bin eine treue Unterstützerin von Keir Starmer“, konnte nur twittern, ohne den Parteivorsitzenden zu erwähnen: „Die Jagd nach der Anti-Migranten-Stimme ist kein Stimmengewinn, und schon gar nicht für Labour.“
Der ehemalige Parteivorsitzende Jeremy Corbyn, den Starmer vor zwei Jahren aus der Fraktion geworfen hatte, reagierte mit ein paar Tweets und einem seiner regelmäßigen Kommentare im Independent. Doch nach ein paar Predigten darüber, dass eingewanderte Arbeiter nicht gegen einheimische Arbeiter ausgespielt werden sollten, brachte er es nicht über sich, irgendjemanden zu kritisieren, und weigerte sich, Starmer oder überhaupt die Labour Party zu nennen.
Nichts, was Starmer jemals tun wird, könnte bei den Corbyn-Anhängern „Empörung“ hervorrufen, geschweige denn sie zum Kampf gegen die Blair-Rechte aufrütteln – weder seine einwanderungsfeindliche Rhetorik noch sein Verbot für Abgeordnete des Schattenkabinetts, streikende Arbeiter bei Streikposten zu unterstützen, und schon gar nicht seine Unterstützung für den Krieg der Nato gegen Russland.
Als Hinterbänkler, dem die Position des Whip entzogen wurde und der nicht wie ein Abgeordneter der Parteidisziplin unterliegt, wird sich Corbyn trotzdem noch immer nicht gegen die Labour-Rechte stellen – selbst wenn Labour damit beschäftigt ist, verschiedene „Linke“ als Wahlkandidaten abzuwählen und anderen die Mitgliedschaft zu entziehen.
Etwas anderes war nicht zu erwarten. Während seiner fünf Jahre als Parteivorsitzender (2015-2019) hat Corbyn in jeder Frage vor dem Blair-Flügel kapituliert. In seinem Wahlprogramm für die Parlamentswahlen 2017 hieß es zur Einwanderung: „Labour wird keine falschen Versprechungen zu den Einwanderungszahlen machen“, und er betonte: „Labour glaubt an faire Regeln und eine vernünftige Steuerung der Migration.“ Dies war lediglich eine höflichere Formulierung der einwanderungsfeindlichen Agenda seines Vorgängers Ed Miliband, die eine „kontrollierte Migration“ vorsah.
Im Manifest der Labour-Partei für 2019 wurde erklärt, dass die Freizügigkeit für EU-Bürger im Falle eines Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union „Gegenstand von Verhandlungen“ sein, d. h. beendet wird. Ohne es als „punktebasiertes“ Einwanderungssystem zu definieren, versprach das Manifest außerdem, dass sich die gesamte Einwanderung an den Anforderungen der Wirtschaft orientieren würde: „Unser System der Arbeitsvisa muss alle auftretenden Qualifikations- oder Arbeitskräftemängel ausgleichen.“
Starmers einwanderungsfeindliche Äußerungen waren nur der groteskeste Teil einer rechtsgerichteten Rede, die er vor den Vertretern der britischen Wirtschaft hielt. Der Rest seiner Rede konzentrierte sich darauf, eine korporatistische Partnerschaft mit einer Labour-Regierung anzubieten, im Bündnis mit der Gewerkschaftsbürokratie, die als Industriepolizei fungieren würde.
Unter seiner Führung sei Labour „nicht nur eine wirtschaftsfreundliche Partei, sondern eine Partei, die stolz darauf ist, wirtschaftsfreundlich zu sein. Die den Beitrag des Profits zu Arbeitsplätzen, Wachstum und unserer Steuerbasis respektiert ... die versteht, dass die Unterstützung des privaten Unternehmertums der einzige Weg ist, wie Großbritannien seinen Weg in der Welt bezahlen kann.“
Um seine Botschaft zu bekräftigen, fügte Starmer hinzu: „Jeder, der im Sommer zu unserer Konferenz kam, jeder, den ich getroffen habe, seit ich Parteichef bin, mehr als hundert CEOs allein in den letzten sechs Monaten, weiß das bereits. Wir sind für eine Partnerschaft bereit.“
Starmer teilte seinen Zuhörern aus Millionären und Milliardären mit, dass der Bevölkerung ein Winter „wie kein anderer“ bevorstehe, „in dem Millionen Menschen im ganzen Land ohne Nahrung oder Heizung auskommen müssen.“ Aber er beruhigte die Anwesenden auf der Veranstaltung, die von Unternehmen wie Shell und Visa gesponsert wurde, schnell: „Verstehen Sie mich nicht falsch – ich weiß, dass auch die Menschen in diesem Raum zu kämpfen haben.“
„Die erste Priorität der Labour-Partei im Bereich der Steuern war immer die Abschaffung der Unternehmenssteuern“, versicherte er den Anwesenden.
Was Labour anbieten würde, was die Tories nicht könnten, sei „wirtschaftliche Stabilität ... Deshalb wird jede Politik, die meine Labour Party ankündigt, immer vollständig kalkuliert sein.“ Er würde „den Anteil der Schulden an unserer Wirtschaft reduzieren – solides Geld in unseren öffentlichen Finanzen muss an erster Stelle stehen. Und wir akzeptieren, was das bedeutet – wir akzeptieren, dass wir nicht in der Lage sein werden, Dinge – gute Labour-Dinge – so schnell zu tun, wie wir es vielleicht gerne hätten.“
Begleitet wurde dieses kaum verhohlene Versprechen fortgesetzter Sparmaßnahmen von der Zusage, die von der Wirtschaft benötigten Produktivitätssteigerungen zu sichern, wobei „wir alle – Regierung, Wirtschaft, Gewerkschaften – hinter dieser Idee stehen müssen.“
„Meine Labour-Regierung wird sich darum kümmern – und muss sich darum kümmern – die Produktivität überall zu steigern [d.h. Gewinne für die Unternehmen zu erzielen], so wie wir es in der Vergangenheit mit der Umverteilung getan haben ... Große Ambitionen erfordern öffentliche Investitionen, und wir werden sie bereitstellen. Aber wir wissen, dass private Investitionen den wirklichen Wandel herbeiführen.“
In seiner Rede vor dem Trades Union Congress im vergangenen Monat hatte Starmer angekündigt, er werde einen „Rat für Industriestrategie“ einrichten, der auf einer „echten Partnerschaft zwischen Regierung, Wirtschaft und Gewerkschaften“ basiere, und fügte hinzu: „Ich bin nicht nur für die Wirtschaft, ich will mit der Wirtschaft zusammenarbeiten, um Großbritannien voranzubringen ... Und ich werde dasselbe über die Gewerkschaften zum CBI sagen.“
Ausnahmsweise hielt er sein Wort und erinnerte die CBI daran, „dass ich auf der TUC-Konferenz gesagt habe, dass meine Labour-Partei unverschämt wirtschaftsfreundlich ist, und ich sage heute hier, dass die Gewerkschaften ein entscheidender Teil unserer Partnerschaft sein müssen.“
Die Gewerkschaften würden nicht nur eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung der Arbeitsdisziplin in den Betrieben, bei der Beschleunigung des Arbeitstempos, den Lohnkürzungen und dem Abbau von Arbeitsplätzen spielen. Sie würden auch eine zentrale Rolle bei der Gestaltung einer Einwanderungspolitik spielen, die den Anforderungen der Unternehmen gerecht wird:
„Wir werden die Notwendigkeit, dass Arbeiter in dieses Land kommen, nicht ignorieren ... Das wäre wachstums- und unternehmensfeindlich.“ Doch „mit meiner Labour-Regierung wird jede Bewegung in unserem punktebasierten Einwanderungssystem – sei es über die Facharbeiterroute oder die Liste der Mangelberufe – mit neuen Bedingungen für die Wirtschaft einhergehen.“
Die Gewerkschaften würden mit Labour zusammenarbeiten, um einwanderungsfeindliche Maßnahmen als Hilfe für einheimische Arbeiter darzustellen und die Vorzüge eines nationalistischen Bündnisses mit dem Großkapital zu preisen, um angeblich durch „Verhandlungen mit den Gewerkschaften“ Qualifikationen, Ausbildung, bessere Löhne und Bedingungen zu „fördern.“
CBI-Präsident Brian McBride antwortete: „Die Wirtschaft begrüßt das Versprechen der Labour-Partei, eine moderne Industriestrategie ... für das gesamte Vereinigte Königreich zu entwickeln.“
Einen Tag nach seiner Ehrung durch den CBI wurde Starmer auf der Spectator's Parliamentarian of the Year-Feier der Preis für den Politiker des Jahres überreicht. Kein Geringerer als Boris Johnson war früher Herausgeber des Magazins, das den Konservativen nahesteht. Bei der Verleihung des Preises wurde Starmer von den versammelten Tories beklatscht und bejubelt.
Starmers Säuberung von allen, die in irgendeiner Weise mit der reformistischen Vergangenheit der Labour-Partei in Verbindung stehen, geht ebenfalls zügig voran. In dieser Woche schloss Labour Andrea Egan, die Vorsitzende der Gewerkschaft Unison und seit fast einem Jahrzehnt Parteimitglied, aus, weil sie zwei Artikel von Socialist Appeal, einer im Juli 2021 von Labour auf die Rote Liste gesetzten Gruppe, geteilt hatte. Beim ersten Mal hatte Egan einen Artikel geteilt, bevor das Verbot überhaupt in Kraft war.
Es kann keine Opposition zu den Tories geben, wenn es nicht zu einem politischen Bruch der Arbeiter mit der Labour-Partei kommt. Wie die Anhörung von Starmer vor dem CBI zeigt, gibt es nur eine technische Arbeitsteilung zwischen den beiden Parteien des Großkapitals. Aber ein solcher Kampf kann nicht durch die Unterstützung der Corbynschen „Linken“ geführt werden, deren Loyalität zuerst, zuletzt und grundsätzlich der Labour- und Gewerkschaftsbürokratie gilt.
Der Kampf gegen die Zerstörung des Lebensstandards der Arbeiter, die Verteidigung der Rechte von Einwanderern und der Widerstand gegen den Krieg erfordern eine neue politische Achse des sozialistischen Internationalismus. Wir fordern Arbeiter und Jugendliche, die nach einer Alternative suchen, auf, am 10. Dezember an dem Online-Treffen teilzunehmen, das von den International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) veranstaltet wird, um sich dem Krieg in der Ukraine entgegenzustellen. Registriert Euch noch heute hier.