Bundesregierung schickt deutsche Kampfpanzer gegen Russland und riskiert Atomkrieg

Medienberichten zufolge schickt Deutschland nach den Marder-Schützenpanzern nun auch schwere Kampfpanzer vom Typ Leopard an die Ukraine. Die Entscheidung markiert eine weitere Eskalation des Nato-Stellvertreterkriegs gegen Russland und knüpft an die dunkelsten Traditionen der deutschen Geschichte an.

Leopard 2 Kampfpanzer (Bild: Bundeswehr/Modes/CC BY 2.0/Wikimedia Commons) [Photo by Bundeswehr/Wikimedia Commons / CC BY 2.0]

90 Jahre nach der Machtergreifung Hitlers und 82 Jahre nach Beginn des Vernichtungskriegs der Wehrmacht gegen die Sowjetunion rollen wieder deutsche Panzer mit aufgemalten Eisernen Kreuzen gegen Russland.

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel wird die Bundeswehr zunächst mindestens eine Kompanie mit Kampfpanzern vom Typ Leopard 2A6 schicken. Hinzu kommen weitere Kampfpanzer aus deutscher Produktion, die von anderen europäischen Staaten bereitgestellt werden. Am Dienstag beantragte Polen offiziell die Ausfuhrgenehmigung für Leopard-2-Panzer. Die Bundesregierung kündigte bereits an, sie zügig zu erteilen.

Auch die USA und möglicherweise Frankreich wollen Kampfpanzer liefern. Gestern Nachmittag berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf US-Regierungskreise, dass Washington die Lieferung einer „signifikanten Zahl“ von Abrams-M1-Kampfpanzern vorbereite. Die französische Macron-Regierung erwägt die Lieferung schwerer Kampfpanzer vom Typ Leclerc.

Die Bewaffnung der Ukraine mit westlichen Kampfpanzern ist nur der jüngste Höhepunkt der Nato-Kriegseskalation, die immer direkter die Gefahr eines nuklearen Weltkriegs mit sich bringt. Während die Kriegshetzer in den Medien dies in der Regel herunterspielen und mit Schaum vor dem Mund beiseite wischen, veröffentlichte die Zeit am Dienstag einen Artikel, der das atomare Eskalationspotential direkt ansprach.

In der „Debatte“ über Panzerlieferungen gehe es „zum Beispiel darum, dass das Kanzleramt ein Interesse daran hat, dass nicht bloß die Europäer Kampfpanzer in die Ukraine schicken. Für den Fall, dass Putin dies als Vorwand nutzt, um Nuklearwaffen einzusetzen, möchte man sich sicher sein, dass die USA ihre konventionelle und nukleare Kraft für einen Gegenschlag einsetzen, und diese Sicherheit erhöht sich, wenn nicht allein die Europäer die nächste schwerere Waffengattung liefern.“

Mit anderen Worten: das Insistieren der SPD-geführten Bundesregierung darauf, nur dann deutsche Kampfpanzer zu liefern, wenn die USA auch liefern, hatte nicht das Geringste mit militärischer Zurückhaltung oder gar Pazifismus zu tun. Der Bundesregierung ging es offenbar darum, dass die USA mit an Bord sind und Berlin die volle konventionelle und nukleare Unterstützung zusichern, falls das russische Militär deutsche Panzerlieferungen oder womöglich andere militärische Ziele ins Visier nimmt.

Die Bundesregierung sollte erklären, welche genauen Eskalationsszenarien in den letzten Tagen diskutiert wurden und was die Konsequenzen dieser Politik sind. Wie viele Menschenleben ist die herrschende Klasse bereit zu opfern? Was sind die genauen Pläne für den Fall, dass der Krieg nuklear eskaliert? Würden sich mit US-Atomwaffen bewaffnete deutsche Tornados an „Gegenschlägen“ als Reaktion auf einen möglichen Einsatz russischer Nuklearwaffen beteiligen? Und wie viel, denkt die Bundesregierung, wäre von Deutschland und Europa 15 Minuten nach einem derartigen Einsatz noch übrig?

Die herrschende Klasse weiß, dass sie mit den Panzerlieferungen an der nuklearen Eskalationsspirale dreht. Noch im vergangenen Juli hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Auswärtigen Ausschuss die Lieferung von Marder-Schützenpanzern als „schreckliche Eskalation“ bezeichnet. Im April hatte er gegenüber dem Spiegel auf die Frage nach der Lieferung „schwerer Waffen“ geantwortet, man müsse alles tun, „um eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Nato und einer hochgerüsteten Supermacht wie Russland, einer Nuklearmacht, zu vermeiden“. Es gehe darum, „eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt“.

Seitdem haben die Bundesregierung und die Nato den Krieg jedoch immer weiter angeheizt und die Ukraine regelrecht mit Waffen überschüttet. Es ist bereits klar, dass die Lieferung von Panzern nur die Vorbereitung eines immer umfassenderen Eingreifens der imperialistischen Mächte ist – bis hin zur Errichtung einer Flugverbotszone und dem Einsatz von Bodentruppen. Auf dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am vergangenen Freitag in Ramstein hatten US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und Generalstabschef Mark Milley offen die Kriegsziele formuliert: die Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine – inklusive des Donbass und der Krim – und damit die vollständige militärische Niederlage und Unterwerfung Russlands.

Allen voran der deutsche Imperialismus will bei der Aufteilung der Beute nicht außen vorstehen und verfolgt wie in der Vergangenheit seine eigenen räuberischen Ziele. Niemand sollte sich von den offiziellen Propagandaphrasen über Menschenrechte und Demokratie täuschen lassen. Die Sozialistische Gleichheitspartei hat jüngst in ihrem Statement „Keine Panzerlieferungen an die Ukraine! Stoppt die Gefahr eines dritten Weltkriegs!“ erklärt, um was es geht:

Seit der Wiedervereinigung arbeitet die herrschende Klasse systematisch daran, Europa unter deutscher Führung zu organisieren, um weltweit ihre geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen... Nun nutzt sie den reaktionären Einmarsch Russlands in die Ukraine als Vorwand, um die größte Aufrüstung seit Hitler ins Werk zu setzen und wieder gegen Russland loszuschlagen. Dabei geht es dem deutschen Imperialismus nicht nur um geostrategische Interessen und die gewaltigen Rohstoffvorkommen des Landes – ihn treibt auch der Wunsch nach Vergeltung für die Kriegsniederlagen im 20. Jahrhundert.

Unmittelbar nach der Meldung der Leopard-Eskalation ist unter den Kriegstreibern in Regierung und Opposition Jubel ausgebrochen. „Die Entscheidung war zäh, sie dauerte viel zu lange, aber sie ist am Ende unausweichlich. Dass Deutschland die Lieferung seines Panzers Leopard 2 durch Partnerländer freigibt und auch selbst liefert, ist eine erlösende Nachricht für das geschundene und tapfere ukrainische Volk“, frohlockte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags Agnes Strack-Zimmermann.

Der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Thomas Erndl (CSU), bezeichnete die Entscheidung gegenüber der Deutschen Presse-Agentur ebenfalls als „unumgänglich“. Es sei nun „wichtig, dass wir jetzt eine europäische Allianz anführen, damit die Ukraine eine signifikante Anzahl von Leopard 2 erhält und die Ausbildung sofort beginnt“.

Der grüne Europa-Politiker Anton Hofreiter, der in der Vergangenheit gefordert hatte, die Ukraine entweder in die Nato aufzunehmen oder 3200 (!) Leopard-Kampfpanzer an Kiew zu liefern, feierte „die Meldungen, Leopard-Panzer auch von Deutschland aus in die Ukraine zu schicken“, als „eine sehr positive Nachricht“. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (ebenfalls Grüne), jubelte auf Twitter: „The Leopard‘s freed!“ („Der Leopard ist befreit!“).

Die Sozialistische Gleichheitspartei verurteilt die Entscheidung auf das Schärfste. „Wir reagieren auf die Panzereskalation, indem wir unseren Anti-Kriegs-Wahlkampf in Berlin verstärken“, teilte der SGP-Vorsitzende und Spitzenkandidat zur Berliner Abgeordnetenhauswahl, Christoph Vandreier, am Dienstagabend der World Socialist Web Site mit.

„Wir erfahren jeden Tag, wie groß in der Bevölkerung die Opposition gegen den Krieg und die Rückkehr des deutschen Militarismus ist. Sie muss nun massenhaft organisiert und mit einem klaren politischen Programm bewaffnet werden. Kommt am 4. Februar um 11 Uhr zu unserer zentralen Kundgebung gegen Krieg auf dem Potsdamer Platz. Es ist höchste Zeit, ein Zeichen zu setzen und den Kriegswahnsinn zu stoppen.“

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