Am Mittwoch gab US-Präsident Joe Biden bekannt, dass die Vereinigten Staaten 31 schwere Abrams-Panzer in die Ukraine schicken werden. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt, dass Deutschland im Rahmen der Lieferung von über 100 Kampfpanzern aus Nato-Ländern 14 Leopard-2-Panzer liefern wird.
Mit der Entsendung von Kampfpanzern soll eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt werden, die es der Nato schließlich ermöglicht, eine immer stärkere Beteiligung ihrer Truppen und Flugzeuge bis hin zu einem offenen Krieg mit Russland zu rechtfertigen.
Die Bedeutung der Lieferung liegt weniger in der Wirkung der Panzer auf dem Schlachtfeld als in den Folgen ihres Einsatzes. Für die Abrams-Panzer, die per Gasturbine angetrieben werden, ist ein umfangreiches logistisches Netz in der Ukraine erforderlich, an dem eine große Zahl spezialisierter Unternehmen aus den USA mitwirkt. Angriffe auf dieses Versorgungsnetz und auf amerikanisches Personal, das die Panzer wartet, können genutzt werden, um die Einrichtung einer Flugverbotszone und die Entsendung von US- und Nato-Truppen in die Ukraine zu fordern.
Unmittelbar nach Bidens Ankündigung machte der pensionierte Vier-Sterne-General Barry McCaffrey gegenüber dem Nachrichtensender MSNBC eine beiläufige Bemerkung, die den wahren Inhalt der Panzerpläne verriet.
McCaffrey widersprach dem Argument von Militärs, der Abrams sei zu komplex, um ihn in die Ukraine zu schicken: „Natürlich können die Ukrainer diese Abrams mit der Unterstützung ziviler Auftragnehmer warten.“
Wer sind diese „zivilen Auftragnehmer“ im Gegensatz zu „Ukrainern“? Diese Frage wurde McCaffrey nicht gestellt.
Amerikas riesige Flotte von M1-Abrams-Panzern wird auf Armeestützpunkten rund um die Welt von zivilen Dienstleistern gewartet. Dabei handelt es sich in der Regel um Amerikaner mit entsprechenden Fachkenntnissen, darunter direkte Mitarbeiter von General Dynamics und anderen großen Waffenherstellern. Für den Abrams, das komplexeste Fahrzeug der US-Armee, sind pro Betriebsstunde etwa acht Wartungsstunden erforderlich.
Zur Erklärung, weshalb das US-Militär im letzten Jahr zögerte, den Abrams-Panzer zu schicken, führte die Washington Post an: „Laut Aussage eines hochrangigen Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums ist es für die Vereinigten Staaten schwierig, die Abrams-Panzer mit ihrem komplizierten Turbinenmotor zu warten … Für die Ukrainer wäre es unmöglich.“
Unmöglich – es sei denn, man würde, wie McCaffrey andeutet, zusammen mit den Panzern auch gleich eine große Zahl ziviler Dienstleister schicken, die bereits am Abrams ausgebildet wurden.
Es ist abzusehen, dass Tausende Techniker aus Nato-Ländern in die Ukraine entsandt werden. Um das Kriegsgerät betriebsfähig zu halten, müssen außerdem ausgedehnte Lieferketten für Hightech-Präzisionsteile geschaffen werden, die sich von US-Stützpunkten in Deutschland über Polen bis hin zur Ostfront des Kriegs in der Ukraine erstrecken.
Es ist wahrscheinlich dass solche Nachschublinien und das amerikanische Personal zur Zielscheibe russischer Angriffe werden, mit denen verhindert werden soll, dass die Waffensysteme in die Ukraine gelangen. Die zu Beginn des Krieges erstmals erhobene Forderung, „den Luftraum zu schließen“ und eine Flugverbotszone einzurichten, dürfte in Kürze von allen US-Medien erhoben werden, um den in der Ukraine eingesetzten Amerikanern „das Leben zu retten“.
Wie bestellt wurden zeitgleich mit der Panzer-Ankündigung am Mittwoch in der Presse Forderungen laut, nun müssten die F-16 und andere Nato-Kampfflugzeuge der vierten Generation entsendet werden.
„Panzer werden nicht ausreichen: Die Ukraine braucht F-16-Jets, um zu siegen“, schrieb der ehemalige britische Kommandeur Greg Bagwell im Telegraph. „Es ist ein militärisches Axiom, dass nur Armeen Bodengewinne machen und halten können. Ebenso wahr ist, dass Armeen ohne Luftunterstützung keine Bodengewinne machen oder sie nicht lange halten können.“ Der ehemalige Kommandeur der britischen Luftwaffe gab zu verstehen, dass die USA, wenn sie Panzer schicken, auch F-16 schicken müssten.
„Die nächste große Hürde werden nun die Kampfflieger sein“, erklärte auch Jurij Sak, ein Berater des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksij Resnikow, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Sie wollten uns erst keine schwere Artillerie geben, und dann taten sie es doch. Sie wollten uns die Himars-Systeme nicht geben, und dann haben sie es doch getan. Sie wollten uns keine Panzer geben, jetzt geben sie uns Panzer. Abgesehen von den Atomwaffen gibt es nichts mehr, was wir nicht bekommen werden.“
Pläne für die Lieferung von Kampfflugzeugen der Nato sind bereits im Gange. Die Financial Times berichtete, dass Lockheed Martin die Produktion der F-16 erhöht hat, um den Ländern Nachschub zu liefern, die dieses Modell in die Ukraine schicken wollen. Das Unternehmen wird „die Produktion von F-16 in Greenville (South Carolina) so stark hochfahren, dass wir in der Lage sein werden, die Kapazitäten ziemlich gut aufzufüllen“, sagte Frank St. John, CEO von Lockheed Martin.
Die Entsendung klarer Offensivwaffen in die Ukraine widerlegt ein für alle Mal die Behauptung des Weißen Hauses, es handele sich um einen Krieg zwischen Russland und der Ukraine, an dem die Nato nicht beteiligt sei.
Diese elementare Wahrheit wurde von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock bestätigt, die am Dienstag vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg erklärte: „Wir kämpfen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander.“
Es ist nicht verwunderlich, dass der Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine geführt wird, ohne dass Deutschland oder die USA eine Kriegserklärung abgegeben haben. Es fügt sich in das Muster ein, nach dem die Vereinigten Staaten seit dem Zweiten Weltkrieg jeden ihrer Kriege geführt haben. Die Kriege in Korea, Vietnam, Irak und Afghanistan wurden alle ohne Kriegserklärung des Kongresses begonnen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine zielt jedes öffentliche Statement aus dem Weißen Haus darauf ab, die Pläne der Regierung zur massiven Eskalation des Kriegs gegenüber der eigenen Bevölkerung zu verschleiern.
Im März versprach Biden der Öffentlichkeit, dass die USA keine „Angriffswaffen“ und „Panzer“ in die Ukraine schicken würden, da dies den „Dritten Weltkrieg“ bedeuten würde. Wenn man ihn beim Wort nimmt, ist folglich die Entscheidung, Panzer in die Ukraine zu schicken, gleichbedeutend mit der Entscheidung für den „Dritten Weltkrieg“.
Die Nato-Mächte haben beschlossen, auf Krieg zu setzen, um durch die militärische Niederwerfung, Eroberung, Zerschlagung und Ausbeutung Russlands die unzähligen Krisen zu lösen, von denen die kapitalistischen Oligarchien gebeutelt werden.
Zwar mögen sich Teile des politischen Establishments der USA einbilden, der Kreml werde nicht auf den Einsatz von Panzern reagieren, doch der Konflikt hat seine eigene Logik. Die Putin-Regierung, die Teile der russischen Oligarchie vertritt, hatte ursprünglich gehofft, dass sie die imperialistischen Mächte mit dem Einmarsch in die Ukraine zu gewissen Zugeständnissen zwingen könne. Sie steckt in einer innenpolitischen Krise und ist damit konfrontiert, dass Teile der russischen herrschenden Klasse eine starke Eskalation fordern.
Das Risiko, dass sich der Krieg zu einem nuklearen Schlagabtausch entwickelt – was Biden selbst als „Armageddon“ bezeichnete –, wird an jedem Punkt der Eskalation auf eine höhere Stufe gehoben.
Parallel zu ihrer Kriegspolitik sind die USA und die Nato-Mächte nach Kräften bemüht, die Folgen ihres Handelns vor der breiten Masse der Bevölkerung zu verheimlichen. So kündigte Biden in seiner zehnminütigen oberflächlichen Ansprache am Mittwoch mitten am Tag eine neue Etappe des Kriegs an, ohne dass die Medien auch nur pro forma Fragen dazu stellen.
Die Regierung Biden weiß, dass es keine breite Unterstützung für den Krieg gibt bzw. dass sich diese auf die republikanischen und demokratischen Politiker, die herrschende Elite und betuchte Teile der oberen Mittelschicht beschränkt.
Die große Gefahr, die der heutigen Situation innewohnt, besteht darin, dass der Widerstand der Bevölkerung gegen den Krieg nicht politisch organisiert ist. Es ist dringend notwendig, die Kämpfe der Arbeiterklasse, die nun überall auf der Welt ausbrechen, mit dem Kampf gegen den Krieg zusammenzubringen und sie mit Programm des Sozialismus zu bewaffnen, das darauf abzielt, das kapitalistische System und damit die Hauptursache für Krieg abzuschaffen.
Die Sozialistische Gleichheitspartei organisiert im Rahmen ihres Berlin-Wahlkampfs am 4. Februar um 11 Uhr eine zentrale Kundgebung gegen Krieg auf dem Potsdamer Platz. Kommt zur Kundgebung, informiert und mobilisiert Familie, Freunde und Kollegen, teilt die Wahlerklärung der SGP so breit wie möglich und wählt am 12. Februar SGP!
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