Rechte Gewalt gegen Studierende an der Humboldt-Universität

IYSSE-Sprecher reicht Dienstaufsichtsbeschwerde gegen HU-Präsidentin Julia von Blumenthal ein

Sven Wurm, Abgeordneter des Studierendenparlaments der Humboldt-Universität Berlin und Kandidat der IYSSE bei den StuPa-Wahlen, reichte die folgende Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Universitätspräsidentin Julia von Blumenthal bei der Vorsitzenden des Kuratoriums der HU, Edelgard Bulmahn, ein. Blumenthal hatte sich zuvor, wie ihre Vorgänger, hinter den rechtsradikalen Professor Jörg Baberowski gestellt, obwohl dieser kritische Studierende und Kollegen beleidigt, bedroht und tätlich angreift.

Die IYSSE treten auf Listenplatz 4 zu den diesjährigen StuPa-Wahlen an der HU an. Briefwahlunterlagen können bis zum 20. Juni um 15 Uhr per Mail beantragt werden. Am 19. Juni findet unter dem Titel „Kein dritter Weltkrieg! Stoppt die Aufrüstung!“ im Seminargebäude am Hegelplatz die erste Wahlkampf-Veranstaltung der IYSSE statt. Weitere Informationen zu den Wahllokalen für die Wahl zum Studierendenparlament am 4. Juli und zu den Wahlkampf-Veranstaltungen der IYSSE findet Ihr unter iysse.de.

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Sehr geehrte Frau Bulmahn,

als Abgeordneter des Studierendenparlaments und Student der Humboldt-Universität reiche ich hiermit Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Universitätspräsidentin Julia von Blumenthal ein. Obwohl sie schon über ein Jahr im Amt ist, hat sie meine Dienstaufsichtsbeschwerde vom 5. Februar 2020 gegen den rechtsradikalen Professor Jörg Baberowski völlig unbeantwortet gelassen und damit eindeutig unter anderem gegen Artikel 17 des Grundgesetzes verstoßen. Zudem hat sie sich dem Studierendenparlament gegenüber hinter Baberowski gestellt und klar gemacht, dass sie nichts unternehmen werde, um Studierende vor rechtsradikalen Übergriffen durch Professoren zu schützen.

Wie Sie wissen, hatte ich die Beschwerde eingereicht, weil Professor Baberowski mich tätlich angegriffen, wüst beleidigt und vulgär bedroht hatte. Zuvor hatte er rechtmäßig aufgehängte Plakate der IYSSE zu den StuPa-Wahlen abgerissen und zerstört. Der Fall ist auf Video aufgezeichnet und absolut eindeutig: ein rechtsradikaler Professor versucht, einen kritischen Studierenden seines eigenen Instituts durch Sachbeschädigung, Gewaltanwendung und Drohungen daran zu hindern, seine politischen Überzeugungen kund zu tun.

Trotz dieser Eindeutigkeit hatten Sie meine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die damalige Präsidentin Sabine Kunst vom 31. Mai 2021 mit der Begründung abgewiesen, dass das Strafverfahren gegen Baberowski wegen seines Angriffs auf mich noch laufe und die Beschwerde deshalb noch nicht beschieden werden könne. Doch nun ist das Verfahren seit über einem Jahr gegen die Zahlung von 4.000 Euro eingestellt worden. Dass Baberowski diese erhebliche Summe zahlte, um einem Prozess zu entgehen, kommt einem Schuldeingeständnis gleich. Doch die Präsidentin hat meine Beschwerde noch immer nicht beschieden.

Bei ihrem Besuch des Studierendenparlaments am 2. Februar dieses Jahres hatte ich Frau Blumenthal darüber informiert, dass ihr Präsidium sich mit dieser rechtswidrigen Haltung über mehrere eindeutige und mit überwältigender Mehrheit gefasste Beschlüsse des Studierendenparlaments hinwegsetzt. Bereits in einem Beschluss vom 17. Oktober 2019 forderte das Studierendenparlament das Präsidium einstimmig auf, „Maßnahmen gegen Herrn Prof. Baberowskis Fehlverhalten einzuleiten“ und seine 2017 veröffentlichte „Solidaritätserklärung mit Baberowski zu revidieren“.

Nach Baberowskis Angriff auf mich forderte das StuPa das HU-Präsidium am 18. Juni 2020 auf, „den Studierenden ein sicheres Umfeld ohne Einschüchterung und Gewalt zu bieten“, „ihre Unterstützung für den rechtsradikalen Professor zu beenden und Baberowski zur Rechenschaft zu ziehen“. Der studentische Wahlvorstand rief die Universitätsleitung in einem offiziellen Brief vom 16. Februar 2020 dazu auf, ihre Rechtsaufsicht wahrzunehmen und gegen den erheblichen Eingriff in die Wahl durch Baberowski vorzugehen.

Frau Blumenthal weigerte sich, darauf genauer einzugehen, und erklärte, die „politischen Äußerungen“ des Professors seien von dessen „dienstlicher Tätigkeit an der Universität zu trennen“ und daher grundsätzlich „berechtigt“, als ob es sich bei einem Angriff auf einen Studenten um eine „politische Äußerung“ handelte! Frau von Blumenthal antwortete weder auf die Frage, wie sie kritische Studierende vor künftigen Fällen rechter Gewalt zu schützen gedenke, noch auf die Frage, wann sie ihrer Pflicht zur Bescheidung der Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Professor Baberowski nachkommen werde.

Bei Baberowski handelt es sich um den bekanntesten Akademiker der extremen Rechten. Im Jahr 2015 gründete er den „Salon Baberowski“ (Die Zeit), in dem sich mindestens halbjährlich alles trifft, was in der neu-rechten Szene Rang und Namen hat. Er selbst hetzt regelmäßig gegen Flüchtlinge, trommelt für brutale Kriege und verharmlost vor allem die Verbrechen der Nazis.

Im Januar 2020 wiederholte Baberowski gegenüber der FAZ die zentrale Lüge vieler Holocaust-Leugner, dass Hitler „nichts von Auschwitz habe wissen wollen“. Damit versuchte er seine frühere Aussage zu rechtfertigen, dass Hitler „nicht grausam“ gewesen sei. Die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen zieht sich wie ein roter Faden durch sein akademisches Werk.

Dass dieser rechtsextreme Ideologe nun dazu übergegangen ist, als rechtsradikaler Aktivist selbst über den Campus zu ziehen, studentische Wahlwerbung zu zerstören und Studierende tätlich anzugreifen, ist auch die Verantwortung des Universitätspräsidiums. Es hat die rechtsradikalen Strukturen, die sich an Baberowskis Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte herausgebildet haben, seit Jahren unterstützt und verteidigt. Frau Blumenthal setzt diesen Kurs nun fort.

Ich hatte Ihnen bereits in meiner Beschwerde gegen Frau Kunst dargelegt, wie Herr Baberowskis aggressives Verhalten von der Universitätsleitung seit vielen Jahren gedeckt und gefördert wurde.

Schon als ich das Präsidium am 12. Februar 2017 darüber informierte, dass Herr Baberowski mich in einer offiziellen Vorlesung vulgär beleidigte und Studierende aufrief, die Veranstaltungen der IYSSE zu stören, verteidigte sie den rechtsradikalen Professor und bezeichnete „mediale Angriffe“ auf ihn als „inakzeptabel“. Auch als Baberowski dazu überging, andere Professoren der Humboldt-Universität zu beleidigen und zu bedrohen, weil sie eine rechte Petition kritisiert hatten, stellte sich das Präsidium hinter ihn.

Im Dezember 2018 folgten dann etwa zwei Dutzend Rechtsextremisten einem Aufruf Baberowskis, eine Veranstaltung der IYSSE an der Humboldt-Universität zu stören. Die anwesenden AfD-Funktionäre unterbrachen die Vortragenden, bedrohten Anwesende und versuchten das Deutschlandlied anzustimmen. Während das Studierendenparlament diesen rechtsextremen Angriff auf eine studentische Veranstaltung an der HU einstimmig verurteilte, weigerte sich das Präsidium erneut, gegen diese Umtriebe Stellung zu beziehen.

Als Baberowski die beiden Senatorinnen Bafta Sarbo und Juliane Ziegler auf seiner Facebook-Seite als „unfassbar dumm“ und als „linksextreme Fanatiker“ beleidigte, weil diese ein von ihm geplantes Diktaturen-Zentrum kritisiert hatten, weigerte sich das Präsidium widerrechtlich, eine Dienstaufsichtsbeschwerde der beiden Studentinnen zu bescheiden, geschweige denn gegen den ausfälligen Professor vorzugehen.

Ende 2020 informierte ich das Präsidium schließlich darüber, dass ein enger Mitarbeiter Baberowskis in seiner Jugend ein in Hannover stadtbekannter Neonazi war, der unter anderem zusammen mit Rechtsterroristen auf einer Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung teilgenommen hatte. Die Pressestelle der Universität antwortete mir einsilbig, dass sie sich zu Personalangelegenheiten öffentlich nicht äußern könnte. Das Präsidium unternahm nicht das Geringste, um uns Studierende vor solchen Lehrenden zu schützen.

Sie waren auf diese eindeutige Chronologie in ihrer Antwort auf meine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Sabine Kunst mit keiner Silbe eingegangen, sondern haben „den Vorwurf, die Präsidentin unterstütze rechtsradikale Positionen und Strukturen“ einfach „zurückgewiesen“.

Tatsächlich gibt es für diese Vorgänge keine harmlose Erklärung. Das Präsidium hat die wiederholte verbale und physische Gewalt Baberowskis gegen Studierende systematisch gedeckt und notwendige Kritik an dem rechtsradikalen Professor unterdrückt. Es ist damit für ein Klima der Einschüchterung verantwortlich, in dem Studierende gehindert werden sollen, die rechten Ansichten von Professoren zu kritisieren. Das ist mit einer demokratischen Universität nicht vereinbar.

Am 4. Juli finden die nächsten Wahlen zum Studierendenparlament statt, bei denen Studierende das Recht haben müssen, ohne Einschüchterungen und Drohungen für ihre Listen zu werben und ihre Positionen zu vertreten. Ich fordere Sie deshalb auf, meine Beschwerde umgehend zu bearbeiten, sicherzustellen, dass die Wahlen ohne Störungen ablaufen und Disziplinarmaßnahmen gegen Frau Blumenthal und Herrn Baberowski einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen

Sven Wurm

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