Als Beschäftigte von Post und öffentlichem Dienst rufen wir alle Kolleginnen und Kollegen auf, aus unseren Tarifauseinandersetzungen in diesem Jahr den Schluss zu ziehen, sich uns anzuschließen. Wir verteidigen und verbessern unsere Löhne und Arbeitsbedingungen nur, wenn wir uns aus dem Würgegriff von Verdi befreien.
Auf der letzten Sitzung der Aktionskomitees am vergangenen Dienstag haben wir über den Zusammenhang zwischen dem Verdi-Ausverkauf und der wachsenden Kriegsgefahr diskutiert. Die erneuten Reallohnkürzungen, die der Verdi-Apparat durchgeboxt hat, sind Teil der Sparmaßnahmen zur Finanzierung der militärischen Aufrüstung und der Waffenlieferungen an die Ukraine.
Die Gefahr eines großen Nato-Kriegs gegen Russland wächst von Tag zu Tag. Deshalb verbinden wir den Kampf gegen Lohnsenkung und die ständige Verschlechterung der Arbeitsbedingungen mit dem Kampf gegen Krieg und militärische Aufrüstung. Wir müssen verhindern, dass der Nato-Krieg gegen Russland zu einem Dritten Weltkrieg eskaliert, sonst sind nicht nur unsere Löhne, sondern das Überleben der Menschheit bedroht.
In den vergangenen Monaten der Tarifauseinandersetzungen wurde sichtbar, wie stark wir sind, und welche Macht wir entfalten können. Wenn wir uns jetzt unabhängig vom Verdi-Apparat organisieren, werden wir diese Stärke gezielt entfalten und einsetzen: gegen Lohnraub, Sozialabbau und Krieg.
Dass wir kämpfen können und wollen, haben wir schon bewiesen. 86 Prozent der Verdi-Mitglieder bei der Post haben in der Urabstimmung für Streik gestimmt. Doch Verdi hat dieses Votum ignoriert, offen als Streikbrecher fungiert und gewaltige Reallohnkürzungen durchgesetzt.
Bereits in den letzten Jahren hatte Verdi mit den Arbeitgebern im öffentlichen Dienst und der Post Reallohnsenkungen vereinbart. Doch jetzt wird es richtig schlimm. Aufgrund der geringen Gehälter der meisten von uns müssen wir fast unser gesamtes Geld für die unmittelbaren Lebenshaltungskosten (Lebensmittel, Energie, Wohnen) ausgeben. Weder die Inflationsausgleichszahlungen in der über einjährigen Nullrunde noch die anschließend einsetzenden Entgelterhöhungen gleichen die massiven Preiserhöhungen aus. Wir werden daher in den fünf Jahren von 2020 bis 2024 bis zur Hälfte unserer Kaufkraft eingebüßt haben.
Viele unter uns sind mächtig wütend und das zu Recht. Doch Wut allein ändert nichts an unserer Situation.
Um unsere Interessen erfolgreich zu vertreten und die Verdi-Diktatur zu durchbrechen, müssen wir der Realität ins Auge blicken und dürfen uns nichts vormachen. Wer behauptet, es genüge, den einen oder anderen korrupten Gewerkschaftsfunktionär auszuwechseln, unterschätzt völlig die Situation.
Wir haben es mit einer Gewerkschaft zu tun, die sich mit ihrem gesamten Apparat hinter die Regierung stellt und deren Kriegspolitik unterstützt. Die Bundesregierung unter Olaf Scholz (SPD) drängt gerade das ukrainische Regime unter Wolodimir Selenskyj, die deutschen Panzer und Waffensysteme in die Offensive zu werfen. Die Ampel-Koalition nimmt dabei den Tod weiterer Hunderttausender Soldaten und Zivilisten auf beiden Seiten in Kauf. Und sie riskieren bewusst einen atomar geführten Weltkrieg, der die gesamte Menschheit auslöschen wird.
Es geht in diesem wahnsinnigen Krieg nicht um „Freiheit“ oder „Demokratie“, sondern um geopolitische und wirtschaftliche Interessen, genauso wie schon bei den Kriegen in Irak, Afghanistan, Libyen und Syrien. Ziele im Krieg gegen Russland sind erstens die gewaltigen Bodenschätze des riesigen Landes. Zweitens soll die Niederlage Russlands die Ausgangsbasis legen für ein militärisches Vorgehen gegen den größten wirtschaftlichen Konkurrenten der Nato-Staaten: China. Die deutsche Regierung will in dieser Situation erneut als politische und militärische Weltmacht auftreten.
Das ist der wahre Grund für die Bewaffnung der Ukraine und die massive Aufrüstung der Bundeswehr. Bundesregierung und Gewerkschaften treten offen als Vertreter des Großkapitals in Deutschland auf, und dieses will bei der von den USA ausgehenden Neuaufteilung der Welt nicht abseitsstehen, sondern gleichberechtigt und „auf Augenhöhe“ mitreden.
Wir, die Arbeiterinnen und Arbeiter, die Beschäftigten in Betrieben und Verwaltungen, sollen das bezahlen – und zwar mit dem Verlust unserer Löhne und Gehälter, Verschlechterungen bei unseren Arbeitsbedingungen und dem Abbau sozialer Errungenschaften. Unser Lebensstandard soll auf den Stand unserer Ur-Großeltern um hundert Jahre zurückgedreht werden.
Verdi – und alle Gewerkschaften – haben begonnen, das mit Hilfe ihres Apparates durchzusetzen. Sie sind über tausend Fäden mit der Bundesregierung verknüpft. Die Gewerkschaftsbürokraten sind Mitglieder der Regierungsparteien, sie sitzen mit ihnen und den Kapitalvertretern in den Aufsichtsräten der großen Konzerne und vor allem eint sie ihr prokapitalistisches nationalistisches Programm einschließlich der Kriegs- und Aufrüstungspolitik.
Dem stellen wir uns entgegen!
Die Gründung unserer Aktionskomitees bei der Post und im Öffentlichen Dienst ist ein erster wichtiger Schritt. Jetzt kommt es darauf an, diese Initiative weiter zu entwickeln und zu forcieren. Die Aktionskomitees müssen in alle Betriebe und Dienststellen gebracht werden – unabhängig von Verdi und anderen Gewerkschaften.
Verdi und die anderen Gewerkschaften maßen sich an, für alle Beschäftigten zu sprechen und zu entscheiden, obwohl ihr Einfluss in den Betrieben kontinuierlich sinkt. Im Jahr 2021 waren in Deutschland nur rund 13 Prozent aller Beschäftigten Mitglied einer Gewerkschaft. Verdi selbst hat von 2001 bis 2022 rund eine Million Mitglieder verloren (von 2,8 Mio. auf unter 1,9 Mio.).
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Wir werden nicht länger hinnehmen, dass wie bei der Post einige Dutzend Verdi-Funktionäre in Tarifkommission und Bundesvorstand Streikbeschlüsse von Zehn- und Hunderttausenden Mitgliedern beiseite wischen. In den Aktionskomitees, die wir jetzt aufbauen, werden alle Beschäftigten vereint, die bereit sind, für ihre Interessen zu kämpfen. Die Komitees dienen der Aktion, also der Verständigung, Absprache und Organisation von Kämpfen, nicht deren Verhinderung. Deshalb haben korrupte Funktionäre, Bürokraten und deren Lakaien keinen Zutritt.
Wir richten unseren Aufruf bewusst an Stammbeschäftigte und Leiharbeiter, Kolleginnen und Kollegen aller Nationalitäten und unabhängig davon, ob sie Mitglied einer Gewerkschaft sind oder nicht. Denn wir lassen uns nicht spalten! Für uns ist die internationale Zusammenarbeit und die Koordination grenzüberschreitender Kämpfe von größter Bedeutung.
Wir begrüßen die Gründung der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC) der sich bereits viele Aktionskomitees angeschlossen haben. Die Unternehmen agieren international, denn Krieg ist eine globale Bedrohung. Die international vereinte Arbeiterklasse, die den gesamten Reichtum schafft und die Gesellschaft am Laufen hält, ist die einzige Kraft, die den Krieg stoppen und eine Katastrophe verhindern kann.
Wir sind nicht allein. Überall in der Welt entstehen gegenwärtig Aktionskomitees, um sich von den Gewerkschaftsapparaten zu befreien. Auch in Europa beweisen Arbeiterinnen und Arbeiter ihre wachsende Bereitschaft, gegen die Erosion ihrer Löhne, die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und die Abschaffung sozialer Leistungen zu kämpfen. Das sind unsere Verbündeten.
Die alte Parole der Arbeiterbewegung, „Gemeinsam sind wir stark!“, gewinnt jetzt wieder große Aktualität und Anziehungskraft. Der gemeinsame Warnstreik im öffentlichen Dienst und bei der Deutschen Bahn Ende März, an dem sich 150.000 beteiligten, hat gezeigt, welche Macht wir haben, wenn wir uns über Branchen hinweg zusammenschließen. Diese Kraft muss mobilisiert werden, um den Kampf für unsere Löhne und Arbeitsbedingungen mit dem Kampf gegen Krieg zu verbinden.
Gleichzeitig schaffen die Aktionskomitees den Rahmen für die Diskussion über notwendige politische Schlussfolgerungen, wie der Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung geführt werden muss. Denn dass das kapitalistische System krank und dysfunktional ist – um nicht zu sagen bankrott – zeigt sich jeden Tag. Es kennt nur noch ein Prinzip: Profit, persönliche Bereicherung. Dafür geht die herrschende Klasse über Leichen, organisiert Kriege und errichtet Diktatur und Faschismus. Der Kapitalismus muss überwunden werden, sonst führt er in die Katastrophe.
Deshalb rufen wir alle Kolleginnen und Kollegen dazu auf, aktiv zu werden. Die nächsten Kämpfe stehen bevor: Bereits im September läuft der Tarifvertrag der Länder aus, dann werden u. a. Lehrkräfte, Beschäftigte in Kliniken und Krankenhäusern betroffen sein. Bei der Post verhandelt Verdi fast ununterbrochen mit dem Management. Ende dieses Monats läuft z. B. der Vertrag aus, der die Fremdvergabe der Briefzustellung ausschließt, letzten Monat schloss Verdi einen Tarifvertrag für die Kolleginnen und Kollegen bei der DHL-Tochter am Flughafen Leipzig/Halle ab.
Nehmt noch heute Kontakt mit uns auf. Schreibt eine Whatsapp-Nachricht an die Mobilnummer +491633378340 oder registriert euch gleich über das untenstehende Formular.