Nordkoreas Machthaber trifft sich im Fernen Osten Russlands mit Putin

Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un reiste letzte Woche bei einem seiner seltenen Auslandsbesuche in einem gepanzerten Zug zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sibirien, wo die beiden zu mehreren Treffen zusammenkamen. Seit seiner Machtübernahme vor zwölf Jahren war Kim nur siebenmal ins Ausland gereist, davon viermal nach China.

Der russische Präsident Wladimir Putin und das nordkoreanische Staatsoberhaupt Kim Jong-un im Weltraumbahnhof Wostotschny außerhalb von Ziolkowski, etwa 200 Kilometer von der Stadt Blagoweschtsensk im Fernen Osten Russlands entfernt, am 13. September 2023 (AP Photo/Michail Metsel, Sputnik, Kreml-Archiv) [AP Photo/Mikhail Metzel, Sputnik, Kremlin Pool ]

Die beiden Staatschefs werden einander durch das aggressive Vorgehen des US-Imperialismus in die Arme getrieben. Die USA und die UNO haben Pjöngjang wegen seiner Atom- und Raketenprogramme seit Jahrzehnten mit verheerenden Wirtschaftssanktionen und Importverboten belegt. Moskau ist ebenfalls schweren Sanktionen unterworfen und zudem mit den USA und der Nato in dem eskalierenden Krieg in der Ukraine konfrontiert. Der Krieg soll Russland destabilisieren und unterwerfen. Gleichzeitig bereitet sich Washington auf einen militärischen Konflikt mit China vor.

Putin rollte Kim am Mittwoch im Kosmodrom (Weltraumbahnhof) Wostotschny den roten Teppich aus. Das Treffen der beiden Staatschefs dauerte mehrere Stunden und endete, laut nordkoreanischer Seite, mit einer „zufriedenstellenden Einigung“ über „unmittelbare Kooperationen“.

Es wurden keine Details bekanntgegeben, doch in der westlichen Presse gab es umfangreiche Spekulationen, Putin wolle die russischen Munitionsvorräte aus Nordkoreas großen Lagerbeständen auffüllen. Als Gegenleistung soll Russland angeblich Hilfe und technologische Unterstützung leisten.

Putin erklärte auf die Frage, ob er mit Kim über militärisch-technische Kooperation diskutiert habe, es bestünden gewisse Einschränkungen – womit er die UN-Sanktionen gegen Nordkorea meinte. Allerdings deutete er an, dass in anderen Bereichen Diskussionen möglich seien. Am Mittwoch schlug Putin bei einem Staatsbankett für Kim vor, Russland könne Nordkorea beim Aufbau seines Weltraum- und Satellitenprogramms helfen.

Bei dem Bankett versprach Kim, eine „neue Ära 100-jähriger Freundschaft“ zwischen den beiden Ländern zu begründen. Hinsichtlich des Kriegs in der Ukraine erklärte er Nordkoreas „volle und bedingungslose Unterstützung“ für das, was er als „Russlands heiligen Kampf“ bezeichnete. Er erklärte, Nordkorea werde an der „antiimperialistischen“ Front immer an der Seite Russlands stehen.

Entgegen der ausladenden Rhetorik kämpft keines der beiden Regime gegen den Imperialismus. Beide sind durchdrungen von reaktionärem Nationalismus. Statt den Imperialismus zu bekämpfen, streben beide einen Deal mit Washington an, um ihre wirtschaftlichen und strategischen Interessen durchzusetzen.

Putins Einmarsch in der Ukraine als Reaktion auf Washingtons vorsätzliche Provokation, mit der die Nato bis an die Grenzen Russlands erweitert wurde, basierte auf der fatalen Illusion, auf diese Weise den US-Imperialismus zu Zugeständnissen drängen zu können. Putin vertritt die Interessen der russischen Oligarchen, die ihr Vermögen durch die Plünderung der Ressourcen der Sowjetunion nach deren Auflösung 1991 angehäuft haben.

Kims Inszenierung als Gegner „hegemonialer Kräfte“ und seine polternden Drohungen und Raketentests laufen auf einen verzweifelten Appell zu Verhandlungen mit dem US-Imperialismus hinaus, um die langjährige wirtschaftliche Isolation des Landes zu beenden. Pjöngjang ist keineswegs „sozialistisch“ oder „kommunistisch“, sondern will das Land als Quelle für ultrabillige Arbeitskräfte für die globalen Konzerne öffnen.

Zudem waren die Beziehungen zwischen den beiden Ländern bisher alles andere als eng. Putin hatte zwar eine Einladung zu einem Besuch in Nordkorea angenommen, aber das letzte Mal im Jahr 2000, also vor mehr als zwei Jahrzehnten. Die Beziehungen hatten sich verschlechtert, nachdem Moskau die Sanktionen des UN-Sicherheitsrats unterstützt hatte, die nach Nordkoreas Atomwaffentests verhängt wurden.

Die USA und ihre Verbündeten haben vor jeglicher Zusammenarbeit in Militärfragen zwischen Russland und Nordkorea gewarnt. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby, erklärte zu Washingtons Bedenken: „Kein Land der Welt, niemand, sollte Herrn Putin dabei helfen, unschuldige Ukrainer zu töten.“

In Wirklichkeit sind die USA die Hauptverantwortlichen dafür, den Krieg in der Ukraine provoziert zu haben, sowie für die wachsende Zahl der Todesopfer auf beiden Seiten. Washington hat zusammen mit seinen Nato-Verbündeten Waffen im Wert von Dutzenden Milliarden Dollar an das ukrainische Militär geliefert, um Russland eine entscheidende Niederlage zuzufügen, wobei die Auswirkungen auf die ukrainische Bevölkerung völlig außer Acht gelassen werden.

Bezeichnenderweise veröffentlichten die nationalen Sicherheitsberater der USA, Südkoreas und Japans eine gemeinsame Erklärung, in der sie vor Verstößen gegen die Sanktionen durch Nordkorea und Russland warnten. In der Erklärung drohen sie mit „klaren Konsequenzen“, falls eines der beiden Länder gegen seine Verpflichtungen im Rahmen der UN-Sanktionen verstoßen sollte, insbesondere gegen diejenigen, die im Zusammenhang mit Waffen und militärischer Kooperation stehen.

Weiter hieß es: „Alle drei Länder äußerten große Sorge über die Gespräche zwischen den beiden Machthabern, die trotz wiederholter Warnungen der internationalen Gemeinschaft Themen in Bezug auf militärische Zusammenarbeit, einschließlich der Entwicklung von Interkontinentalraketen (ICBMs), umfassten.“

Die gemeinsame Erklärung ist die erste ihrer Art. Zuvor fand letzte Woche in Camp David ein Gipfeltreffen zwischen Biden, dem japanischen Premierminister Fumio Kishida und dem südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol statt, auf dem eine enge militärische und strategische Zusammenarbeit zwischen den drei Staaten beschlossen wurde. Die USA haben bereits Militärbündnisse mit Japan und Südkorea und Tokio und Seoul haben angesichts von Washingtons beschleunigtem Kriegskurs gegen China ihre langjährige Gegnerschaft überwunden.

Bezeichnenderweise haben die USA Waffen von Südkorea gekauft, um ihre durch Lieferungen an die Ukraine erschöpften Bestände zu ergänzen, während sie Russland dafür verurteilen, dass es sich von Nordkorea mit Rüstungsgütern beliefern lassen will. Die New York Times schrieb: „Südkorea hat den USA seit Monaten große Mengen von Artilleriegeschossen geliefert.“ Die Geschäfte wurden geheim gehalten, da Seoul darauf besteht, dass es keine tödlichen Waffen direkt an die Ukraine liefert.

Die Tatsache, dass sich Russland und die USA wegen Waffenlieferungen an Nord- bzw. Südkorea wenden, verdeutlicht, dass die koreanische Halbinsel eine der am stärksten militarisierten Regionen der Welt ist. Nach dem brutalen Koreakrieg des US-Imperialismus und seiner Verbündeten von 1950 bis 1953 wurde nie ein Friedensvertrag unterzeichnet. Formell befinden sich beide Länder noch im Kriegszustand. Beide koreanischen Staaten verfügen über Millionen von Soldaten und Reservisten, große Militärbestände und eine umfangreiche Rüstungsindustrie.

Der nordkoreanische Machthaber setzte seine Russlandreise mit einem Besuch des größten Flugzeugwerks des Landes in der ostrussischen Stadt Komsomolsk am Amur fort. Dort werden Kampfjets wie die SU-35 entwickelt und gebaut. Putin erklärte in den russischen Medien, Kim werde auch die Hafenstadt Wladiwostok besuchen, wo die russische Pazifikflotte stationiert ist.

Die Financial Times berichtete Anfang des Monats unter Berufung auf den südkoreanischen Geheimdienst, der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu habe bei einem Treffen mit Kim während eines Besuchs in Pjöngjang im Juli gemeinsame Militärübungen mit Nordkorea und China vorgeschlagen.

Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Aussagen führt der zunehmende Kriegskurs des US-Imperialismus gegen Russland und China zur Bildung von Wirtschafts- und Militärblöcken, die jenen ähneln, die in den 1930ern zum Zweiten Weltkrieg geführt haben.

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