Politik, Medien und Polizei vereint in antiislamischem Rassismus

Berliner Lehrer schlägt Schüler wegen Palästina-Fahne

Am Ernst-Abbe-Gymnasium im Berliner Stadtteil Neukölln schlug ein Lehrer am Montag einem 15-jährigen Schüler ins Gesicht, weil der sich mit einem jüngeren Schüler solidarisiert hatte. Der Lehrer hatte diesem zuvor eine Palästinenser-Fahne aus den Händen gerissen, woraufhin er vom älteren Schüler konfrontiert wurde.

Der Fall zeigt in erschreckendem Maße, wie Medien und Politik mit der allgegenwärtigen Kriegshetze gegen die palästinensischen Aufständischen ein Klima geschaffen haben, das Gewalt gegen migrantische Jugendliche schürt und legitimiert. Die falsche Berichterstattung über den Fall, das Schweigen der Schulleitung und das Vorgehen der Polizei gegen protestierende Eltern und Schüler zeigt, wie systematisch dies vorangetrieben wird.

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An der Tat des Lehrers kann es keinen Zweifel geben. Sie ist auf Video festgehalten. Deutlich zu erkennen ist, wie der Lehrer dem Schüler einen heftigen Schlag gegen den Kopf gibt, gegen den sich der Schüler mit einem Tritt wehrt. Auch viele Augenzeugen haben den Tathergang bestätigt.

Die empörende Gewaltanwendung des Lehrers und die gleichgültige Reaktion der Schulleitung wurden auf Social Media von zehntausenden Schülern und Unterstützern verurteilt. Eine Petition, die von Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums initiiert wurde, hat innerhalb von drei Tagen 3.837 Unterschriften erhalten.

Darin heißt es: „Dies ist nicht nur eine Verletzung des Rechts eines jeden Kindes auf eine sichere Bildungsumgebung, sondern auch ein klares Beispiel für Machtmissbrauch. Es ist inakzeptabel, dass Schulpersonal seine Emotionen nicht kontrollieren kann und handgreiflich wird – noch schlimmer ist es jedoch, dass solche Taten ohne weitere Konsequenzen bleiben.“

Tatsächlich wurde der Schüler für mehrere Tage suspendiert, während der Lehrer lediglich kurzzeitig „krankgeschrieben“ wurde und weiterhin ohne Konsequenzen unterrichtet. Auf eine schriftliche Presseanfrage mit Bitte um Stellungnahme zu dem Vorfall verwies das Ernst-Abbe-Gymnasium die WSWS-Reporter an die Pressestelle der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.

Die Petition fordert „eine gründliche Untersuchung dieses Vorfalls sowie angemessene Maßnahmen gegen den beteiligten Lehrer“ und verlangt bessere Richtlinien „zur Gewährleistung einer sicheren Lernumgebung an dieser Schule“. Viele Unterzeichner verfassten Kommentare, die den gewaltsamen und rassistischen Übergriff verurteilten und Konsequenzen für den Lehrer fordern.

„Lehrer sollten immer pädagogisch und vorbildlich handeln“, schreibt etwa Mona K. unter ihrer Unterschrift. „Es handelt sich hier aber um eine Körperverletzung an Schutzbefohlenen! Wegen einer Fahne in Lehrerfunktion so zu handeln, sollte strafrechtlich belangt werden. Sein ungerechtes, unangemessenes Verhalten gegenüber dem Schüler ist in keiner Weise zu rechtfertigen. Ich wünsche dem Schüler alles Gute. Ihn trifft keine Schuld, er hat alles richtig gemacht!“

Eya S. verurteilt das erschreckende „Maß an pädagogischer und sozialer Inkompetenz“ und schreibt: „So viel zur ‚demokratischen Pluralität‘ und der Neutralität der staatlich Angestellten. Schämen sollen sich der ‚Lehrer‘ und die Verantwortlichen der Bürokratie dieser Schule… Jemanden wegen einer Meinungsäußerung oder offensichtlicher Selbstverteidigung zu suspendieren, zeugt von schamloser Ausbeutung der eigenen Macht. Das ist aber nichts neues bei den Unterstützern Israels.“

Der Lehrer behauptete unmittelbar nach dem Vorgang, im Affekt auf einen „Kopfstoß“ des Schülers reagiert zu haben. Diese Version des Tathergangs wurde von Polizei und Medien sofort unkritisch übernommen, obwohl sie von sämtlichen anwesenden Schülern gegenüber der Presse kategorisch zurückgewiesen wurde.

Am Dienstag sagte auch Elternvertreterin M. El-Houschi gegenüber RBB aus, dass die Gewalt eindeutig vom Lehrer ausgegangen sei. Keiner der vielen anwesenden Schüler könne einen vorherigen Kopfstoß des Schülers bestätigen: „Der Schüler befand sich in Notwehr.“

Derselbe Lehrer habe vor zwei Wochen eine Schülerin, „die eine Halskette mit der Palästina-Flagge trug“, zum Weinen gebracht und „aus der Klasse rausgeworfen“, so Elternvertreterin El-Houschi gegenüber dem RBB weiter. „Er sagte, sie solle die Kette einstecken. Sie hat nicht verstanden, wieso. Er ist provokativ hinter ihr hergelaufen, als sie auf die Toilette wollte und hat sie weinend zur Schulleitung gebracht.“

Die Elternvertretung des Ernst-Abbe-Gymnasiums kündigte daraufhin für Mittwochvormittag eine Demonstration unter dem Motto „Kein Platz für Rassismus, kein Platz für Gewalt“ vor dem Schulgebäude an. Die Berliner Polizei verbot die Demonstration umgehend und mobilisierte 150 Einsatzkräfte, um das Verbot durchzusetzen. Die Polizei rückte mit Mannschaftswagen an und setzte mehrere Jugendliche zeitweise fest. Auch privates Wachpersonal wurde gegen Schüler und Eltern aufgeboten.

Die Demonstranten kamen den Anweisungen der Polizei nach und verlegten die Versammlung sogar an einen anderen Ort, obwohl auch vor Schulgebäuden Versammlungsfreiheit herrscht. Doch auch die spontane Kundgebung wurde von der Polizei am Mittag aufgelöst. Auf Fotos ist zu sehen, wie mehrere Schüler von Beamten abgeführt werden.

Medien und Polizei überboten sich mit orwellschen Verdrehungen und nahmen den Vorfall zum Anlass, den Polizeiterror und die mediale Hetzkampagne gegen die palästinensische Bevölkerung weiter zu eskalieren.

So begründete die Polizei ihr Verbot der Versammlung mit der Behauptung, es könne dabei zu „volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen, Gewaltverherrlichungen und Gewalttätigkeiten“ kommen. Die Berliner Zeitung behauptet in ihrem Bericht über den Polizeieinsatz in einem Einschub, dass der von den Schülern geäußerte Ruf „Free Palestine“ „kein Friedens-Slogan, sondern ein Aufruf zur Gewalt gegen Israel“ sei und der Forderung nach „Auslöschung des jüdischen Staates“ gleichkomme.

Am selben Tag ging die Polizei mit einem massiven Aufgebot und zahlreichen Verhaftungen gegen weitere Versammlungen in den migrantisch geprägten Berliner Stadtteilen Neukölln, Mitte und Kreuzberg vor. Zwei von palästinensischen Unterstützern am Pariser Platz und am Richardplatz angekündigte Demonstrationen hatte die Polizei verboten. Am Hermannplatz in Neukölln gelang es der Polizei trotz zahlreicher Freiheitsentziehungen nicht, den Protest von hunderten Teilnehmern zu unterdrücken.

Einsatzfahrzeuge der Polizei am Potsdamer Platz, 12. Oktober 2023

Eine weitere Demonstration, die für Donnerstag angemeldet wurde, um „Solidarität mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen“ zu zeigen, wurde von der Berliner Versammlungsbehörde ebenfalls verboten. Am Potsdamer Platz erschien die Polizei mit einem Dutzend Einsatzfahrzeugen und rund 80 Beamten, um das Versammlungsverbot durchzusetzen.

Die World Socialist Web Site ruft alle Arbeiter auf, gegen den völkermörderischen Krieg aktiv zu werden, den die Netanjahu-Regierung mit der vollen Unterstützung der imperialistischen Mächte gegen die palästinensische Bevölkerung entfesselt. Eine sozialistische Bewegung der internationalen Arbeiterklasse war noch nie so dringend wie heute. Wir rufen außerdem Lehrerinnen und Lehrer auf, den gewaltsamen Übergriff am Ernst-Abbe-Gymnasium zu verurteilen, die demokratischen Rechte aller Schüler zu verteidigen und die jahrzehntelange blutige Unterdrückung der Palästinenser zu verurteilen.

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