Es wird mit jedem Tag deutlicher, dass Israels Angriff auf Gaza eine ethnische Säuberung der Region zum Ziel hat. Jene Palästinenser, die Luftangriffe, Hunger und Dehydrierung überleben, sollen dauerhaft von ihrem Land vertrieben werden.
Avi Dichter, israelischer Landwirtschaftsminister und Mitglied des israelischen Sicherheitskabinetts, der Benjamin Netanjahus Partei Likud angehört, erklärte am Samstag in einem Interview: „Wir führen jetzt die Nakba von Gaza aus.“ „Nakba“, das arabische Wort für „Katastrophe“, bezieht sich auf die ethnische Säuberung von etwa 700.000 palästinensischen Arabern in Folge des arabisch-israelischen Kriegs 1948 und der Gründung Israels.
Dichter, ein ehemaliger Direktor des israelischen Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, erklärte: „Gaza Nakba 2023. Darauf läuft es hinaus.“ Auf die Frage, ob die Bewohner von Gaza zurückkehren dürften, antwortete er: „Ich weiß nicht, wie das enden wird.“
Gleichzeitig machte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Freitag deutlich, dass Israel auch nach Beendigung des „Kriegs“ die vollständige Kontrolle über den Gazastreifen behalten wird. Er erklärte kategorisch: „Die IDF werden die Kontrolle über den Streifen behalten und nicht an internationale Streitkräfte abgeben.“
Israels Völkermord in Gaza hat weltweit zu Massendemonstrationen von Millionen von Menschen geführt. Am letzten Wochenende fanden in Dutzenden Großstädten Demonstrationen für einen Waffenstillstand statt.
Vor diesem Hintergrund haben Vertreter der US-Regierung Israel erneut einen Freibrief für das systematische Massaker und die ethnische Säuberung der palästinensischen Bevölkerung gegeben.
Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, weigerte sich in einem Interview der CNN-Sendung „State of the Union“, die Frage zu beantworten, ob Israel Kriegsverbrechen begeht. Stattdessen erklärte er, die USA unterstützten alles, was das Netanjahu-Regime tue.
Die Moderatorin Dana Bash fragte: „Hält sich Israel an die Regeln der Kriegsführung?“ Darauf antwortete Sullivan: „Nun, Dana, ich werde hier nicht sitzen und Richter und Geschworener in dieser Frage spielen. ... Israel hat das Recht, sogar die Pflicht, sich gegen eine Terrororganisation zu verteidigen, die erst in den letzten Wochen erklärt hat, sie würde den 7. Oktober am liebsten immer wieder wiederholen, bis Israel nicht mehr existiert.“
Auf die Frage nach einer Erklärung für die Tatsache, dass Israel das Al-Shifa-Krankenhaus systematisch angegriffen und blockiert hat, wiederholte Sullivan die Behauptung, die Hamas würde Zivilisten als menschliche Schutzschilde benutzen. Er erklärte: „Man kann sogar aus frei zugänglichen Quellen ersehen, dass die Hamas Krankenhäuser und viele andere zivile Einrichtungen als Kommando- und Kontrollzentralen, Waffenlager und Unterkünfte für ihre Kämpfer benutzt.“
Angesichts der unablässigen Bombenangriffe Israels auf die Gesundheits-Infrastruktur des Gazastreifens ist fast das gesamte Gesundheitssystem im Norden Gazas zusammengebrochen.
Die Vereinten Nationen erklären in ihrem Bericht über die Situation in Gaza, die Zahl der Todesopfer sei innerhalb von 48 Stunden nicht mehr aktualisiert worden, weil das Gesundheitssystem zusammengebrochen sei.
In dem Bericht heißt es: „Nach dem Zusammenbruch der Versorgung und der Kommunikation in den Krankenhäusern im Norden hat das Gesundheitsministerium in Gaza an zwei Tagen in Folge keine neuen Angaben zur Zahl der Toten gemacht.“ Am Freitag lag laut der letzten Zählung die Zahl der Todesopfer bei 11.078, darunter 4.506 Kinder und 3.027 Frauen. Weitere 2.700 Personen, darunter 1.500 Kinder, werden vermisst.
Am Sonntag erklärte der Gesundheitsminister von Gaza, die Zahl der nicht beerdigten Leichen und medizinische Abfälle im Al-Shifa-Krankenhaus würden immer weiter wachsen, da das Personal 100 verwesende Leichen nicht begraben kann. Zudem hat das Shifa-Krankenhaus keinen Treibstoff für Notstromaggregate mehr, sodass zwei frühgeborene Babys starben. Dutzende Frühchen wurden aus Neugeborenen-Stationen entfernt, weil Sauerstoff und andere Vorräte fehlen.
Am Sonntag wurden die Bombenangriffe in der Nähe des Krankenhauses verschärft. Die Vereinten Nationen berichteten: „Kritische Infrastruktur, darunter die Sauerstoffstation, Wasserbehälter und ein Brunnen, die kardiovaskuläre Einrichtung und die Entbindungsstation, wurden beschädigt und drei Pflegekräfte getötet. Während viele Binnenvertriebene und ein Teil des Personals und der Patienten fliehen konnten, sind andere im Krankenhaus eingeschlossen, entweder aus Angst oder weil sie körperlich nicht in der Lage sind, das Krankenhaus zu verlassen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, schrieb auf Twitter, die Lage im Krankenhaus Al-Shifa sei „schlimm und gefährlich... Es hat seit drei Tagen keinen Strom, kein Wasser und eine sehr schlechte Internetverbindung, was unsere Fähigkeit, lebenswichtige Pflege zu leisten, stark beeinträchtigt hat. Der ständige Beschuss und die Bombenangriffe auf das Gebiet haben die bereits kritischen Umstände noch weiter verschlimmert. Tragischerweise ist die Zahl der Todesopfer unter den Patienten deutlich gestiegen. Bedauerlicherweise ist kein Krankenhausbetrieb im Al-Shifa mehr möglich.“
Er schloss: „Die Welt darf nicht untätig zusehen, während Krankenhäuser – die eigentlich sichere Zufluchtsorte sein sollten – in Schauplätze von Tod, Verwüstung und Verzweiflung verwandelt werden. Waffenstillstand JETZT.“
Am Sonntag teilte der palästinensische Rote Halbmond mit, im Al-Quds-Krankenhaus in Gaza sei kein Betrieb mehr möglich, weil es keinen Treibstoff und damit auch keinen Strom mehr gibt.
Die Vereinten Nationen stellten fest: „Am Nachmittag des 11. November wurde Berichten zufolge die schwedische Klinik im Lager Ash Shati westlich von Gaza-Stadt durch einen Luftangriff getroffen und zerstört.... In der Nacht vom 11. zum 12. November traf ein weiterer Angriff das Al-Mahdi-Krankenhaus in Gaza-Stadt, wobei, Berichten zufolge, zwei Ärzte getötet und weitere verwundet wurden.“
Laut dem UN-Hilfswerk UNRWA sind etwa 1,5 Millionen der 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens Binnenvertriebene, von denen eine Dreiviertelmillion in Unterkünften der UNRWA leben.
Während sich die humanitäre Katastrophe weiter zuspitzt, verstärken die USA ihre direkte Beteiligung an dem ausufernden Krieg im Nahen Osten. Am Sonntag flogen sie zum dritten Mal in zwei Wochen Luftangriffe im Inneren Syriens.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin erklärte in einer Stellungnahme: „US-amerikanische Streitkräfte haben heute als Reaktion auf die anhaltenden Angriffe auf US-Militärpersonal im Irak und in Syrien Präzisionsangriffe auf Einrichtungen im Osten Syriens durchgeführt, die von iranischen Revolutionsgarden und mit dem Iran verbündeten Gruppen genutzt werden.“ Zum Abschluss erklärte er, Präsident Joe Biden hätte „die heutigen Aktionen angeordnet, um deutlich zu machen, dass die USA sich selbst, ihr Militärpersonal und ihre Interessen verteidigen werden.“