Unterstützt den Streik der Lokführer!

Der von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) begonnene sechstägige Streik bei der Deutschen Bahn (DB) muss von allen Arbeiterinnen und Arbeitern unterstützt werden. Während die DB, hinter der die Bundesregierung steht, an einem der militantesten Teile der Arbeiterklasse ein Exempel statuieren will, sind die Arbeiter nicht bereit, die geplanten Angriffe zu akzeptieren. Sie gehen in die Offensive und setzen sich gegen Reallohnsenkungen, Arbeitsplatzvernichtung, schlechtere Arbeitsbedingungen und Sozialabbau, die alle Arbeiter betreffen, zur Wehr.

Streikende GDL-Mitglieider 2021 in Berlin

Daher ist es wichtig, den Streik der Lokführer aktiv zu unterstützen und auszuweiten. Er muss zum Ausgangspunkt einer breiten Mobilisierung der gesamten Arbeiterklasse gemacht werden. In einer Situation, in der sich in Deutschland und weltweit eine Massenbewegung gegen den Rechtsruck, Sozialabbau und Krieg entwickelt und der Widerstand unter Arbeitern in allen Branchen wächst, gibt es dafür eine starke Grundlage.

In Berlin beginnen heute – zeitgleich mit dem GDL-Streik – die Tarifverhandlungen für die etwa 15.600 Beschäftigten der BVG (Berliner Verkehrsbetriebe). Die Friedenspflicht bei den Verkehrsbetrieben ist bereits Anfang des Jahres abgelaufen. Doch Verdi hat bisher jede Initiative zu gemeinsamen Aktionen und Kampfmaßnahmen mit den Lokführern verweigert. Die gleiche Rolle spielen die GDL-Führung und die gesamte Gewerkschaftsbürokratie.

Das darf nicht länger akzeptiert werden. Es ist notwendig, alle Verkehrsarbeiter zur Unterstützung der Lokführer zu mobilisieren und einen gemeinsamen Kampf zu organisieren, um den Widerstand des Bahnvorstands und der Bundesregierung zu brechen.

Das dritte Angebot der DB vom letzten Freitag war eine Provokation.

Die Bahn hatte angeboten, 2850 Euro Inflationsausgleichszahlung zu zahlen sowie die Löhne in zwei Stufen zu erhöhen, um 4,8 Prozent zum 1. August 2024 und um 5 Prozent zum 1. April 2025. Die Laufzeit soll 32 Monate (vom 1. November 2023 bis zum 30. Juni 2026) betragen. Die Wochenarbeitszeit soll alle, die das wollen, zum 1. Januar 2026 um eine Stunde auf 37 Stunden sinken, bei gleichem Lohn. Wer die Arbeitszeit nicht verkürzt, soll weitere 2,7 Prozent erhalten.

Die GDL hat mitgeteilt, Personalchef Seiler habe die angebotene Arbeitszeitverkürzung an die Bedingung gekoppelt, dass die Bahn ausreichend zusätzliche Mitarbeitende einstellen könne. Faktisch hieße das, die Arbeitszeitverkürzung der Willkür der Bahn zu überlassen, denn es ist Seiler, der darüber entscheidet, ob Mitarbeitende eingestellt werden und ob dies als „ausreichend“ gilt.

Nach mehreren Verhandlungsrunden, zwei Warnstreiks im letzten Jahr und dem dreitägigen Streik Anfang Januar bietet die DB den Lokführern damit nicht einmal das miserable Ergebnis an, dass sie mit ihrer Hausgewerkschaft EVG im letzten Jahr vereinbart hat. Dennoch behauptet Personalvorstand Martin Seiler, mit diesem Angebot gäbe es „absolut keinen Grund mehr, sich Gesprächen zu verweigern“.

Der ehemalige Betriebsrats- und Gewerkschaftsfunktionär Seiler wird dabei von der Bundesregierung unterstützt. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) kritisierte die Streikankündigung der GDL heftig: „Ich habe null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung“, sagte er in ARD und ZDF. Der Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL nehme „zunehmend destruktive Züge“ an.

Alle offiziellen Medien haben das DB-Angebot ganz im Sinne der Bahn und der Bundesregierung zu einem Lohnangebot von „rund 13 Prozent“ hochgerechnet. Wer rechnen kann, weiß, dass es nur 9,8 Prozent oder – bei Verzicht auf die Arbeitszeitverkürzung – 12,5 Prozent im Laufe von 32 Monaten sind.

Zweck dieser Schönschreiberei ist, die Lokführer als geldgierige, privilegierte Berufsgruppe zu denunzieren, die durch ihre machtvolle Stellung Millionen Bahnkunden und die gesamte Wirtschaft in Geiselhaft nähme. Doch während sich die Vorstände und Manager gegenseitig Millionen-Boni zuschieben, läuft dieses angeblich „großzügige“ Angebot nach einer Inflationsrate von 5,9 Prozent in 2023 auf eine Senkung der Reallöhne der Lokführer hinaus.

Dabei haben sie bereits in den letzten zehn Jahren, von 2014 bis 2023, Reallohnkürzungen hinnehmen müssen. Die Löhne der GDL-Beschäftigten bei der Bahn sind in dieser Zeit nur um 21,36 Prozent gestiegen, die Verbraucherpreise aber um 24,8 Prozent. Und auch das angebliche Privileg der Lokführer ist eine Mär. In den letzten zehn Jahren sind die Löhne und Gehälter aller Tarifbeschäftigten im Schnitt um 28,4 Prozent gestiegen, also sieben Prozentpunkte mehr als bei der GDL.

Viele Lokführerinnen und Lokführer haben ein großes Interesse an der geforderten Arbeitszeitverkürzung. Denn der Stress – nicht zuletzt aufgrund des Personalmangels – wird für sie immer schlimmer. Lange Schichten über zwölf Stunden, mehrwöchige Abwesenheit vom Wohnort im Güterverkehr, mehrere Wochen ohne zwei oder mehr freie Tage am Stück und weniger als elf Stunden zwischen zwei Schichten sind keine Seltenheit. Die sehr unterschiedlichen Wechselschichten, die zumeist früh oder spät in der Nacht beginnen oder enden, belasten zusätzlich, wenn noch kein öffentlicher Nahverkehr zur Verfügung steht.

Die Lokführer und ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Bahn sind deshalb kampfbereit und wollen einen faulen Kompromiss verhindern. In den sozialen Medien haben sie das letzte Angebot der Bahn schroff zurückgewiesen. „Das neue Angebot ist eine Farce!“ kommentiert der „Eisenbahner“ und ein Johannes meint: „Die Laufzeit ist eine Frechheit.“ Philipp K. schreibt: „Unfassbar … einfach nur dreist, wie Herr Seiler allen Kolleginnen und Kollegen ins Gesicht spuckt!“

Es ist diese Kampfbereitschaft, auf die die GDL und ihr Vorsitzender Claus Weselsky reagieren, indem sie den bislang längsten Streik in ihrer Geschichte organisieren. CDU-Mitglied Weselsky hat trotz aller markigen Worte aber immer wieder betont, dass er und die GDL wie in den Jahren zuvor einen Konsens wollen. Sie streben einen Vertrag an, wie sie ihn bei inzwischen 18 anderen Unternehmen abgeschlossen haben, etwa Netinera oder GoAhead.

Die GDL hat dort Lohnerhöhungen von 420 Euro in zwei Raten bei einer Laufzeit von 24 Monaten sowie 3000 Euro Inflationsausgleichszahlung vereinbart. Die Einführung der 35-Stundenwoche ist schrittweise erst am 1. Januar 2028 erreicht. Im Gegenzug entfallen die Wahlmodelle „12 Tage mehr Urlaub“ und „Arbeitszeitabsenkung“ – beides ohne Lohnausgleich – zum 1. Januar 2026.

Die 12 Tage zusätzlichen Urlaub hatten vor allem viele ältere Kolleginnen und Kollegen gewählt. Die Arbeitszeitverkürzung ist zudem daran gekoppelt, dass die DB die gleiche Vereinbarung abschließt. Während die GDL damit den Druck auf die DB erhöhen möchte, beweist das nur, wie dringend es ist, den Kampf auf alle Beschäftigten aller Eisenbahnverkehrsbetriebe auszuweiten.

Einen entsprechenden „Einigungsvorschlag“ hat die GDL am Dienstagabend, kurz nach Beginn des Streiks im Güterverkehr, auch der Deutschen Bahn angeboten und ihre Bereitschaft erklärt, den Streik auszusetzen, falls die Bahn auf dieser Grundlage in Verhandlungen einwilligt.

Doch Weselsky hat bereits betont, er sei „nicht im Klassenkampf unterwegs, sondern in der Marktwirtschaft“. Deshalb weigert er sich, den von 97 Prozent der GDL-Mitglieder beschlossenen unbefristeten Streik auszurufen.

Aber ein solcher Vollstreik ist notwendig. Denn es geht der Bahn, der Bundesregierung und den DGB-Gewerkschaften, die eng mit der Ampelkoalition kooperieren, um weit mehr als um die rund 10.000 DB-Lokführer, die bei der GDL organisiert sind.

Die Bundesregierung hat beschlossen, gewaltig militärisch aufzurüsten und sowohl die Ukraine im Krieg gegen Russland als auch den Völkermord Israels an den Palästinensern mit Waffen und Geld zu unterstützen. Zur Finanzierung dieses wahnsinnigen Militarismus wird sie Investitionen streichen und Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsausgaben sowie Löhne kürzen.

Gleichzeitig kündigt sich ein umfassender Arbeitsplatzabbau in wichtigen Branchen an, vor allem in der Auto-, aber auch in der Metall- und der Chemie-Industrie. Die Bundesregierung und die Gewerkschaftsapparate im DGB wollen all diese Angriffe durchsetzen. Daher soll nun an den Lokführern ein Exempel statuiert werden. Denn unter breiten Teilen der Arbeiterklasse genießen sie ein hohes Ansehen, weil sie sich in der Vergangenheit energisch für ihre Forderungen eingesetzt haben.

In ihrem Kampf sind die Lokführer vor allem auch mit der GDL-Führung konfrontiert, die sich nicht grundlegend von den DGB-Gewerkschaften unterscheidet und in der Vergangenheit die gleichen Reallohnkürzungen durchgesetzt hat. Nichts liegt Weselsky ferner, als die Arbeiterklasse gegen die Politik von Krieg und Kürzungen zu mobilisieren. Die streikenden Lokführer müssen deshalb ein unabhängiges Aktionskomitee und eine eigene Streikleitung gründen, um den Tarifkampf selbst in die Hand zu nehmen und einen faulen Kompromiss zu verhindern.

Wir, die WSWS und die Sozialistische Gleichheitspartei, bieten aktive Unterstützung beim Aufbau eines Aktionskomitees an. Wir mobilisieren die Unterstützung der BVG-Beschäftigten und rufen alle Verkehrsarbeiter und auch die Beschäftigen in anderen Bereichen zu aktiver Solidarität und einem gemeinsamen Kampf auf.

Meldet Euch bei uns, um den Aufbau eines Aktionskomitees anzugehen. Schreibt dazu eine Whatsapp-Nachricht an +491633378340 oder registriert Euch unterhalb dieses Artikel.

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