Perspektive

Europäische Union investiert 50 Milliarden Euro in Eskalation des Ukraine-Kriegs

Die 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben am Donnerstag die Freigabe von 50 Milliarden Euro zur Verschärfung des Ukrainekriegs beschlossen. Im Dezember war ein entsprechender Beschluss noch am Veto des ungarischen Premiers Viktor Orbán gescheitert.

Die 50 Milliarden sind nur ein Bruchteil der Summen, mit denen die USA, die EU, Deutschland und andere europäische Mächte den Krieg gegen Russland finanzieren und eskalieren. Sie dienen ausschließlich dazu, während der nächsten vier Jahre den ukrainischen Staatshaushalt zu unterstützen und zu verhindern, dass das Land Pleite geht und keine Gehälter und sonstigen Ausgaben mehr bezahlen kann.

Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag [Photo by DBT/Florian Gaertner/photothek ]

Die gewaltigen Summen für Waffen- und Munitionslieferungen sind in den 50 Milliarden nicht enthalten. Wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch nach Beratungen der EU-Verteidigungsminister mitteilte, wollen allein 13 europäische Staaten die Ukraine 2024 mit Militärhilfen in Höhe von 21 Milliarden Euro unterstützen. An der Spitze steht Deutschland mit 7,4 Milliarden.

Der „Ukraine Support Tracker“ des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (ifw) hat errechnet, dass die Ukraine zwischen dem 24. Januar 2022 und dem 31. Oktober 2023 militärische, finanzielle und humanitäre Hilfszusagen in Höhe von insgesamt 247 Milliarden US-Dollar erhalten hat. Größter Geldgeber war die EU mit 81 Milliarden, gefolgt von den USA mit 75 und Deutschland mit 22 Milliarden. Das ist deutlich mehr als das jährliche Bruttoinlandsprodukt der Ukraine, das sich im letzten Vorkriegsjahr 2021 auf 200 Milliarden Dollar belief.

Diese Zahlen sprechen Bände über den wirklichen Charakter des Kriegs. Die Nato-Mächte liefern Waffen und Munition, Logistik und Strategie, sie finanzieren den Staatsapparat und das korrupte Oligarchenregime von Wolodymyr Selenskyj, das ihnen im Gegenzug die ukrainische Jugend als Kanonenfutter zur Verfügung stellt.

Die Behauptung, es gehe in diesem Krieg um „Demokratie“ und „Freiheit“, ist ein Hohn. Selbst in dem hypothetischen Fall, dass die Ukraine militärisch „siegen“ und in die EU eintreten würde, bliebe sie hochverschuldet und ihre Arbeiterklasse ein Objekt der Ausbeutung für internationale Konzerne. Von den 50 Milliarden Euro, die die EU jetzt freigegeben hat, sind 33 Milliarden langfristige Kredite, die auf dem Finanzmarkt aufgenommen werden und zurückbezahlt werden müssen.

Das wirkliche Ziel, das die Nato mit dem Ukrainekrieg verfolgt, ist die Zerschlagung Russlands und die Kontrolle über seine Rohstoffe und strategisch wichtigen Gebiete. Seit der Auflösung des Warschauer Pakts und der Sowjetunion hat sie ihre Grenzen entgegen geltenden Absprachen immer weiter nach Osten ausgedehnt und ganz Osteuropa sowie Teile der ehemaligen Sowjetunion in das Militärbündnis integriert. 2014 organisierten die Nato-Mächte einen rechten Putsch in Kiew und provozierten damit den jetzigen Krieg.

Das Putin-Regime, das die Interessen der russischen Oligarchen vertritt, hatte darauf keine andere Antwort als den reaktionären Angriff auf die Ukraine in der Hoffnung, die Nato-Mächte so zu Zugeständnissen zu zwingen.

Doch der Sinn der Nato-Mächte steht nicht nach Zugeständnissen. Sie finanzieren und eskalieren nicht nur den Krieg in der Ukraine, sondern rüsten auch selbst massiv gegen Russland auf und stationieren tausende Soldaten an der russischen Grenze. Derzeit läuft mit „Steadfast Defender“ das größte Manöver der Nato seit dem Ende des Kalten Kriegs. Rund 90.000 Soldaten üben den Angriff auf Russland.

Führende Politiker, wie der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, erklären, dass sich Europa in „einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren“ auf einen Krieg mit der Atommacht Russland vorbereiten müsse. Die Deutschen müssten „wieder mit der Gefahr leben lernen und sich vorbereiten – militärisch, gesellschaftlich und beim Zivilschutz“. Der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Rob Bauer, setzt sich für den Aufbau einer „Kriegswirtschaft“ ein, um für einen „direkten Zusammenstoß mit Russland“ bereit zu sein.

Am Vorabend des EU-Gipfels stellten der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und andere europäische Regierungschefs klar, dass sie den Krieg gegen Russland auch fortsetzen und eskalieren werden, falls das Engagement der USA aufgrund der Konflikte zwischen Demokraten und Republikanern oder eines Wahlsiegs Donald Trumps nachlässt und sich die USA verstärkt auf einen Krieg gegen China konzentrieren.

In einem Gastbeitrag, den Scholz gemeinsam mit den Regierungschefs Dänemarks, Tschechiens, Estlands und der Niederlande in der Financial Times veröffentlichte, fordern sie: „Wir müssen unsere Entschlossenheit verstärken und unsere Anstrengungen verdoppeln, um sicherzustellen, dass wir unsere Unterstützung so lange aufrechterhalten, wie dies nötig ist.“ Das erfordere „einen Ausbau der Industriekapazitäten in Europa“ sowie „nachhaltige Investitionen der Mitgliedstaaten“.

„Unsere Fähigkeit, die ukrainische Verteidigung weiter zu unterstützen und aufrechtzuerhalten, sowohl während des Winters als auch längerfristig, ist von entscheidender Bedeutung,“ heißt es weiter in dem Gastbeitrag. „Wir Europäer tragen eine besondere Verantwortung. Deshalb müssen wir handeln.“

In einer Regierungserklärung, die er vor seiner Abreise nach Brüssel im Bundestag abgab, wurde Scholz noch deutlicher. Putin hoffe auf die amerikanischen Präsidentschaftswahlen und auf das Ermüden in Europa, behauptete er und versprach: „Wir werden unseren großen Beitrag für dieses Jahr leisten, und wir werden alles dafür tun, dass der gemeinsame Beitrag Europas so groß ist, dass die Ukraine darauf bauen kann, und dass Putin nicht damit rechnen kann, dass unsere Unterstützung irgendwann nachlässt.“

Der deutsche Imperialismus, der bereits im Ersten und Zweiten Weltkrieg die Ukraine unter seine Kontrolle gebracht und versucht hatte, Russland zu erobern, reagiert auf die tiefe Krise des Weltkapitalismus und den Zusammenbruch der imperialistisch dominierten Weltordnung wieder wie damals: er versucht, sich zur europäischen Vormacht aufzuschwingen, rüstet auf und schlägt militärisch wild um sich.

Neben dem Krieg gegen Russland unterstützen Deutschland und die anderen europäischen Mächte auch den Genozid an den Palästinensern in Gaza, der den USA und ihren Verbündeten als Auftakt für einen weiteren Krieg zur Unterwerfung des Nahen Ostens dient, sowie den Aufmarsch der USA gegen China.

Die Rückkehr des deutschen und europäischen Militarismus richtet sich nicht nur gegen geopolitische Rivalen, sondern auch gegen die eigene Arbeiterklasse, die die Kosten von Krieg und Militarismus tragen muss.

Der EU-Gipfel in Brüssel wurde von protestierenden Bauern belagert, die mit ihren Traktoren ganze Straßenzüge blockierten. Auch in Frankreich, Deutschland, Polen, Tschechien, Litauen und Griechenland protestieren Bauern gegen Subventionskürzungen, die ihre Existenz ruinieren. In Deutschland legten in der Woche vor dem EU-Gipfel die Lokführer fünf Tage lang den Eisenbahnverkehr und Flughafenarbeiter einen Tag lang den Flugverkehr lahm. Am heutigen Freitag bestreiken Bus- und Tramfahrer den öffentlichen Nahverkehr. Auch in der Auto-, Zuliefer- und zahlreichen anderen Industrien wächst weltweit der Widerstand gegen Entlassungen und Reallohnsenkung.

Die Kriegsgefahr kann nur bekämpft und besiegt werden, indem der Klassenkampf der Arbeiter in eine bewusste Bewegung gegen den Kapitalismus verwandelt wird. Das erfordert einen Bruch mit den Gewerkschaften, die eng mit den Regierungen zusammenarbeiten und die Kriegspolitik unterstützen und den Aufbau einer internationalen Partei, die die Arbeiter Europas, der USA und der ganzen Welt im Kampf gegen Krieg und Kapitalismus vereint und für ein sozialistisches Programm gewinnt.

Dafür kämpfen das Internationale Komitee der Vierten Internationale und ihre Sektionen, die Sozialistischen Gleichheitsparteien.

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