Am Dienstag berichtete die Washington Post, dass die US-amerikanischen Zentren für Seuchenpräventionsbehörde (CDC) beabsichtigen, ihre Covid-19-Isolationsrichtlinie zu streichen. Derzeit gilt in den USA noch die offizielle Empfehlung, infizierte Patienten fünf Tage lang zu isolieren, um die Übertragung des Virus auf andere zu vermeiden.
Dieser Maßnahmenwechsel folgt nicht den Empfehlungen der Wissenschaft. Er ignoriert die Belange der öffentlichen Gesundheit im Zentrum des Weltkapitalismus. Die CDC billigt damit ausdrücklich die Politik der US-Regierung, eine ungehinderte Ausbreitung von Covid-19 zu erlauben. Hierdurch werden sich in absehbarer Zukunft Massen von Amerikanern infizieren, gesundheitlich beeinträchtigt werden und ihr Leben verlieren.
Die neue Richtlinie ignoriert die Tatsache, dass ein großer Prozentsatz der Covid-19-Übertragung durch asymptomatische Patienten erfolgt - was seit Beginn der Pandemie bekannt ist. Sie empfiehlt nur Patienten zu isolieren, wenn sie symptomatisch sind. Patienten, die ihre Infektion selbst diagnostizieren, können die Isolation verlassen, wenn sie „mindestens 24 Stunden lang ohne Medikamente fieberfrei bleiben und ihre Symptome mild sind und sich bessern“, berichtet die Post unter Berufung auf Gespräche mit drei nicht näher benannten CDC-Vertretern.
Dieselben Behördenvertreter erklärten, dass die CDC die Änderung der Isolationsrichtlinie seit vergangenem vorantreibt. Das Vorhaben „pausierte aber im Herbst, als die Virostatikafälle zunahmen“. Im Januar schickte CDC-Direktorin Mandy Cohen ein Memo an die Mitarbeitenden, in dem sie die neue Politik ab April ankündigte.
Offensichtlich hatte die CDC gehofft, ihre – ohnehin nicht schlagkräftige - Leitlinie für die öffentliche Gesundheit aufheben zu können, kurz nachdem die Biden-Regierung und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im vergangenen Mai den Covid-19-Notstand für die öffentliche Gesundheit für beendet erklärt hatten. Sie wurde daran gehindert, weil die Covid-19-Abwasserwerte seit Juli letzten Jahres stetig gestiegen sind und sich die hoch mutierte Subvariante Omikron BA.2.86, auch „Pirola“ genannt, weltweit verbreitet hat. Pirola wurde im August 2023 erstmals identifiziert.
Seitdem hat sich Pirola zur JN.1-Variante entwickelt, die sich schnell weltweit durchsetzte und eine massive Welle von Infektionen, Hospitalisierungen und Todesfällen in der ganzen Welt verursacht hat. Schätzungen über Abwasserwerte in den USA zeigen, dass sich bis zu 150 Millionen Amerikaner bis Ende dieser Welle in den kommenden Wochen infizierten werden. Schätzungen zur weltweiten Zahl der Todesfälle gehen davon aus, dass durch die laufenden JN.1-Welle über 700.000 Menschen gestorben sind.
Selbst nach den offiziellen Zahlen, die bekanntermaßen deutlich zu niedrig angesetzt sind, sterben offiziell jede Woche etwa 2.300 US-Amerikaner an Covid-19. In den vorherigen 22 Wochen sind pro Woche durchschnittlich über 1.000 gestorben.
Obwohl die JN.1-Welle in den meisten Ländern, in denen die Covid-19-Werte im Abwasser erfasst werden, die größte oder zweitgrößte Infektionswelle war, wurde in den internationalen Medien fast gar nicht darüber berichtet. Während dieses Zeitraums haben die CDC, die WHO und alle anderen Gesundheitsbehörden weltweit nichts unternommen, um die Verbreitung von Covid-19 zu stoppen oder die Weltbevölkerung zu schützen. Die CDC war sich jedoch im Klaren darüber, dass eine Abschaffung ihrer Isolationsrichtlinien unter diesen Bedingungen schlechte PR wäre, und beschloss zu warten, bis die Welle abebbte.
Um diese Maßnahme zu rechtfertigen, wiederholt die Post die Propaganda der Biden-Regierung, dass Covid-19 jetzt im Wesentlichen harmlos sei. So heißt es in der Zeitung: „Die neue Realität - die meisten Menschen haben aufgrund früherer Infektionen oder Impfungen ein gewisses Maß an Immunität gegen das Virus entwickelt - rechtfertigt einen Wechsel zu einem pragmatischeren Ansatz, sagen Experten und Gesundheitsbeamte.“
Diese vermeintliche „neue Realität“ einer stabilen Immunität wird jedoch durch die Tatsache widerlegt, dass der gesamte Planet gerade den vierten Winter von massen-Reinfektion erlebt hat. Der Grund dafür ist, dass sich SARS-CoV-2, das Virus, das Covid-19 verursacht, so entwickelt hat, dass es die Immunität durch Impfung oder frühere Infektion umgehen kann. Tatsächlich wird die neue Politik der CDC die virale Evolution nur weiter fördern. Im schlimmsten Fall wird dies eine katastrophale Variante hervorbringen, die noch tödlicher, infektiöser und immunresistenter ist.
Nach dem gleichen Muster wie während der Pandemie gingen der Änderung der US-Regierungspolitik auf Bundesebene im vergangenen Jahr ähnliche Änderungen in zwei von Demokraten regierten US-Bundesstaaten, Kalifornien und Oregon, voraus.
Diese Abschaffung der Covid-19-Isolationsrichtlinie ist der jüngste Angriff auf die Wissenschaft und die öffentliche Gesundheit durch die US-Seuchenpräventionsbehörde CDC. Die einst weltweit führende Gesundheitsbehörde hat sich im Laufe der Pandemie völlig diskreditiert. Vom ersten Jahr unter Direktor Robert Redfield und der Trump-Regierung bis zu der katastrophalen Leitung unter Rochelle Walensky und Mandy Cohen nach Bidens Amtsübernahme hat die CDC die Uhr immer weiter zurückgedreht, was Wissen und Verständnis hinsichtlich der öffentlichen Gesundheitsvorsorge betrifft.
Vom Pfusch bei der anfänglichen Einführung der Massentests und der Ermittlung von Kontaktpersonen über das aktive Abraten von Tests, über die verfrühte Öffnung von Schulen, über die Vertuschung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Übertragung über die Atemluft, über die Verunglimpfung des Tragens von Masken, über die Reduzierung von Isolations- und Quarantänerichtlinien bei der Omikron-Variante, bis hin zur Übernahme eugenischer Vorstellungen und zur wiederholten Vertuschung hat sich die CDC als willfähriges Werkzeug der Wall Street und der Konzerne erwiesen. Letztere sind nicht bereit, auch nur die geringsten Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu akzeptieren, die sie als Beeinträchtigung des Profitstrebens ansehen.
Die jüngste Änderung der CDC-Politik zielt darauf ab, Covid-19 zu normalisieren und es mit der Grippe und anderen Erregern der Atemwege gleichzustellen, die als „endemisch“ und damit als fester Bestandteil des modernen gesellschaftlichen Lebens gelten. Es wurde eine massive staatliche und mediale Verschwörung entwickelt, um die Bevölkerung zu konditionieren, dieses Narrativ zu akzeptieren. Gleichzeitig werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Eliminierung des Virus vertuscht, die beweisen, dass durch ein umfassendes globales Gesundheitsprogramm Covid-19, Influenza, RSV und zahlreiche andere Krankheitserreger weltweit eliminiert werden könnten. Solche Maßnahmen würden jedes Jahr Millionen von Menschenleben retten.
Bezeichnenderweise wurde nur eine Woche vor Veröffentlichung des Post-Artikels eine pre-Print-Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass eine Infektion mit Covid-19 sowie mit anderen Erregern der Atemwege wie Influenza und RSV das Risiko einer neu auftretenden Demenz (NOD) erheblich erhöht. Covid-19 steigert dieses Risiko innerhalb eines Jahres nach der Infektion um 60 Prozent. Bei Personen mit schweren Covid-19-Infektionen ist das Risiko, an NOD zu erkranken, im Vergleich zu nicht schweren Infektionen um das 17-fache erhöht.
Die Studie geht nicht näher darauf ein, gibt aber zu bedenken, dass mehrfache jährliche Reinfektionen der gesamten Bevölkerung mit Covid-19 in den kommenden Jahren und Jahrzehnten höchstwahrscheinlich zu einem erheblichen Anstieg der Demenz-, Parkinson-, Alzheimer- und anderer neurologischer Erkrankungen in der Bevölkerung führen werden.
Dies ist nur eine Facette der systemischen Gesundheitsrisiken, die von Covid-19 und Long Covid ausgehen. Das Virus kann praktisch jedes Organ im Körper schädigen und zu langfristiger Beeinträchtigung der Gesundheit führen, wobei jede Neuinfektion diese Gefahren nur noch erhöht. Experten schätzen, dass inzwischen weltweit Hunderte von Millionen Menschen an Long Covid leiden. Das Covid-19 Epidemiological Scenario Planning Tool von McKinsey schätzt, dass die jährlichen Kosten des „endemischen Covid“ allein in den USA zwischen 137 und 379 Milliarden Dollar liegen.
Die pro-kapitalistische Logik der CDC-Politik besteht darin, dass die Gesellschaft nicht enden wollende Infektionswellen mit Covid-19 und allen anderen Erregern der Atemwege hinnehmen muss, gegen die nicht viel getan werden kann. Die Eigentümer öffentlicher und privater Gebäude sollten nicht verpflichtet werden, HEPA-Filter oder Fern-UVC-Lampen zu installieren, die nachweislich die Übertragung über die Luft verringern. Die Arbeiter müssen in die Betriebe und die Kinder zur Schule zurückkehren, auch wenn sie krank sind, damit die kapitalistische Produktion ungehindert weiterlaufen kann.
Die weltweite Aufgabe der öffentlichen Gesundheitsfürsorge durch jede kapitalistische Regierung im Verlauf der laufenden Covid-19-Pandemie ist ein vernichtendes Armutszeugnis für diese bankrotte Gesellschaftsordnung, die alle sozialen Bedürfnisse den privaten Profitinteressen einer winzigen Unternehmens- und Finanzoligarchie unterordnet. Sie muss gestürzt und durch eine sozialistische, weltumspannende Planwirtschaft ersetzt werden, denn nur so kann die Menschheit ihre Zukunft gestalten und sicherstellen, dass künftige Generationen das Recht auf Gesundheit, hochwertigen Wohnraum und soziale Gleichheit haben.