„The Brutalist“ ist ein Drama über einen [fiktiven] ungarisch-jüdischen Architekten, einen Überlebenden eines Nazi-Konzentrationslagers. Er ist nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA ausgewandert und kämpft darum, sein Leben, seine Kunst und seine Beziehungen zu anderen Menschen (auch zu seiner Frau) wieder herzustellen.
Der Film unter der Regie von Brady Corbet, der das Drehbuch zusammen mit Mona Fastvold geschrieben hat, wurde für zehn Oscars nominiert (u. a. für den besten Film, die beste Regie, den besten Schauspieler, die beste Nebendarstellerin und den besten Nebendarsteller). Brody gewann in dieser Rolle zum zweiten Mal den Oskar als bester Hauptdarsteller. Die Kritiker und die Wähler der Academy sind in diesem wie in anderen Fällen zu wenig anspruchsvoll und zu leicht zu begeistern.
Adrien Brody spielt László Tóth, einst ein bedeutender Vertreter der europäischen Architekturmoderne, der am Bauhaus in Deutschland ausgebildet wurde. Er landet gebrochen und verarmt in Amerika. Zunächst wohnt er in ärmlichen Verhältnissen bei seinem Cousin in Philadelphia, der ein Möbelgeschäft besitzt. Tóth erfährt, dass seine Frau Erzsébet und ihre Nichte Zsófia noch am Leben sind. Sie stoßen jedoch bei ihren Bemühungen, zu ihm in die USA zu gelangen, auf bürokratische Hürden.
Tóth kommt in Kontakt mit Harrison Van Buren (Guy Pearce), einem wohlhabenden Frachtschiffhersteller, der ihn beauftragt, auf einem Hügel im ländlichen Pennsylvania zum Andenken an seine Mutter eine Gedenkstätte als Kulturzentrum zu errichten, das eine Bibliothek, ein Theater und eine Kapelle enthält.
Erzsébet (Felicity Jones), die inzwischen im Rollstuhl sitzt, und Zsófia (Raffey Cassidy), die aufgrund ihrer Kriegserlebnisse stumm ist, treffen schließlich ein. Nach all dem, was passiert ist haben es Tóth und seine Frau verständlicherweise anfangs schwer. Zudem stößt das große Projekt auf etliche Schwierigkeiten, und Van Buren berät sich hinter Tóths Rücken mit anderen Architekten, Tóth selbst bleibt stur, und schließlich führt ein Zugunglück zu einer jahrelangen Verzögerung.
Als das Projekt wieder aufgenommen wird, arbeitet Tóth als Bauzeichner in New York, Erzsébet ist Journalistin und Zsófia, die wieder sprechen kann, kündigt an, dass sie und ihr Mann nach Israel ziehen werden.
Ein Besuch von Tóth und Van Buren in Italien zum Kauf von Carrara-Marmor löst eine Krise aus. Van Buren lässt seiner Feindseligkeit freien Lauf und vergreift sich zudem sexuell an Tóth. Das verbittert diesen, der, zurück in den USA, hart mit seiner Crew und seiner Frau umgeht. Er habe erkannt, sagt er Erzsébet, dass sie in den USA nicht willkommen seien. Es folgen weitere Dramen, darunter eine Auseinandersetzung zwischen Van Buren und Erzsébet, die ihn anklagt. Ein Epilog, der 1980 auf der Biennale von Venedig spielt, wo Tóth geehrt wird, deutet an, dass er Erfolg und Anerkennung erfahren hat.
Das Sujet bietet ein interessantes und vielversprechendes Potenzial. Corbet und Fastvold sind ehrgeizig. Sie haben einen 202-minütigen Film gedreht, ohne die 15-minütige Pause, und zwar in VistaVision, einer in den 1950er Jahren entwickelten Breitbildvariante des 35-mm-Films.
„The Brutalist“ behandelt die Folgen des Zweiten Weltkriegs und des Holocausts, beleuchtet den Charakter der amerikanischen Nachkriegsgesellschaft und die Unvereinbarkeit von Künstler und Kapitalist und befasst sich mit Drogenproblemen, Antisemitismus, Zionismus usw. Leider werden diese Themen unzureichend und konfus behandelt, was den Wert des Werks erheblich und möglicherweise fatal schmälert.
Vor allem der letzte Teil des Films ist überdreht und geht gründlich daneben. Es gibt beeindruckende Bilder und einige überzeugende Darbietungen, aber im Großen und Ganzen waren die Filmemacher mit dem Thema wohl stark überfordert. Dem Werk mangelt es an echten historischen und sozialen Einsichten.
Die Andeutung, dass der Zionismus oder der jüdische Messianismus einen Ausweg aus Tóths Unglück in Amerika bieten würde (was ist übrigens mit dem Unglück aller anderen?), erscheint angesichts der gegenwärtigen Situation wie ein grausamer Hohn.
LÁSZLÓ :Die Leute hier wollen uns nicht. (...) Wir sind nichts. Schlimmer als nichts.
Und später ERZSÉBET: Du hattest recht. Dieser Ort ist verrottet. Die Landschaft. Das Essen, das wir essen. Dieses ganze Land ist verdorben. Ich gehe nach Israel, um bei Zsófia und ihrem Kind zu sein.
Der zionistische Nationalismus hat sich – wie Marxisten immer erklärt haben – als Katastrophe erwiesen, sowohl für die Palästinenser, als auch für das jüdische Volk und die ganze Welt.
Es gibt viele Probleme mit „The Brutalist“, aber sie rühren im Allgemeinen von seinem abstrakten, dünnen und ahistorischen Charakter her, seiner Unfähigkeit, sich mit den großen Ereignissen des 20. Jahrhunderts, die das Bewusstsein eines Künstlers wie Tóth geprägt haben müssten, auseinanderzusetzen, sie überhaupt anzuerkennen. Der Corbet-Film reduziert die Geschichte auf eine Reihe von schrecklichen, sinnlosen Ereignissen (und erinnert dabei an Schopenhauers „universelle menschliche Tragödie“).
Corbet begann seine Karriere als Schauspieler. Natürlich weiß man nicht genau, inwieweit er den Verlauf seiner eigenen Karriere bestimmt hat, aber es ist nicht gerade ermutigend, dass er in „Funny Games“ mitspielte, einem der bedauerlichsten und menschenfeindlichsten Filme von Michael Haneke, sowie auch in dem ebenfalls bedauernswerten Werk von Lars von Trier, „Melancholia“. Der russische Filmemacher Alexander Sokurov („Russian Ark“, „Moloch“, „Taurus“, „The Sun“), ein Spezialist für verworrene, antihistorische Werke, scheint außerdem einen unglücklichen Einfluss auf ihn ausgeübt zu haben.
„The Brutalist“ ist ein historischer Film ohne konkrete Geschichte oder historische Bezugspunkte, der in einer Zeit (1947–1960) explosiver Entwicklungen in den USA und weltweit spielt; ein Film über Künstler und Intellektuelle, die jedoch kaum über Kunst und intellektuelle Probleme diskutieren. Die Dialoge und die dramatische Handlung sind sehr begrenzt, undurchsichtig, fast rein psychologisch (der Film handelt von der „Rückgewinnung des physischen Körpers“, so die Co-Autorin Fastvold). Die historischen und sozialen Dimensionen des Faschismus und des Weltkriegs werden nicht wirklich beleuchtet.
Die Ereignisse werden auf eine schreckliche, traumatische persönliche Erfahrung reduziert, die man als Individuum entweder verarbeitet oder auch nicht. Die Figur des Tóth ist offensichtlich von verschiedenen Persönlichkeiten inspiriert: Ludwig Mies van der Rohe, László Moholy-Nagy, Marcel Breuer oder Ernő Goldfinger.
Insgesamt wurde diese Gruppe von Künstlern und Architekten durch eine Abfolge großer Ereignisse geprägt: Der Erste Weltkrieg und der darauf folgende revolutionäre Aufschwung, der Zusammenbruch des deutschen und österreichisch-ungarischen Kaiserreichs, die Oktoberrevolution in Russland, schließlich die stalinistische Konterrevolution und der Aufstieg des Faschismus – all dies hat sie zutiefst beeinflusst. Eine große Inspiration war der in der Sowjetunion entwickelte Konstruktivismus, so wie auch die allgemeinen Bemühungen in der frühen UdSSR um Wohnungen und öffentliche Gebäude, die den Bedürfnissen breiter Bevölkerungsschichten Rechnung tragen.
Die Bauhaus-Schule und die breitere künstlerische Bewegung, aus der Tóth hervorgegangen sein soll, hatten eine eindeutig sozialistische Tendenz. Sie wurzelte in den radikalen, rebellischen Bedingungen, die um 1919 in Deutschland vorherrschten. Dies liegt, wie die WSWS anlässlich des hundertjährigen Bauhaus-Jubiläums schrieb, bis heute dem großen zeitgenössischen Interesse für das Bauhaus zugrunde.
Es sind nicht nur das moderne Design, das vom Bauhaus entwickelt und propagiert wurde, oder die schlichte, sachliche Architektur, die das 20. Jahrhundert weitgehend prägten, bis sie eine Zeitlang durch postmoderne Formensprache abgelöst wurden. Vielmehr sind es der Ansatz des Zusammenwirkens aller Formen künstlerischer Arbeit und die schöpferische Kraft, die sich gerade in der gemeinsamen Arbeit im Kollektiv entfalten konnte. Offenbar existiert angesichts der um sich greifenden Krise des Kapitalismus eine Sehnsucht nach Kreativität, die nicht mehr so sehr nach individueller „Selbstverwirklichung“ strebt, sondern sich den Bedürfnissen und Problemen der menschlichen Gesellschaft stellt.
Moholy-Nagy unterstützte die ungarische Revolution von 1919, die kurzzeitig eine Räterepublik errichtete, und er war in den 1920er Jahren stark von den sowjetischen Künstlern Malewitsch und El Lissitzky beeinflusst. Goldfinger war ein prominenter Linker, der in den 1930er Jahren nach Großbritannien auswanderte und Jahrzehnte später neue Büros für die Zeitung der britischen Kommunistischen Partei, den Daily Worker und ihre Partei-Zentrale entwarf.
Die Bauhaus-Schule war während ihrer Zeit in Dessau stark von kommunistischen Ideen geprägt, unter anderem durch ihren Direktor Hannes Meyer. Sie wurde schließlich von den Nazis geschlossen, und viele ihrer führenden Köpfe flohen aus Deutschland.
Im Übrigen entwickelte sich der Brutalismus als architektonische Ästhetik oder „Ethik“, wie einige behaupten, in den 1950er Jahren in Europa. Der Begriff leitet sich nicht von „Brutalität“ ab, sondern von „béton brut“, dem französischen Begriff für „rohen“ oder Sichtbeton. Außerdem wurde der Brutalismus damals mit Sozialisten oder Sozialreformern wie den britischen Architekten Alison und Peter Smithson in Verbindung gebracht.
Wo die meisten Architekten auf einem Gerippe aufbauen, legt der Brutalismus den Grundstock frei und schafft einen Baustil, den seine Befürworter abwechselnd als ehrlich, authentisch und roh bezeichnen. (...) Der Brutalismus ist von den Ideen sozialistischer Denker und Revolutionäre beeinflusst. Die Architekten des Brutalismus lehnten die üppigen Verzierungen bürgerlicher Wohnhäuser und königlicher Paläste ab. Sie waren zutiefst daran interessiert, der Arbeiterklasse qualitativ hochwertigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, und versuchten, Gebäude zu entwerfen, die die Klassenunterschiede abschaffen, anstatt sie zu vergrößern. (Artnet.com)
In „The Brutalist“ gibt es nicht den geringsten Hinweis auf diese Geschichte. Oder vielleicht sollte man sagen, dass es genau eine einzige Andeutung gibt. In einem Gespräch mit Van Buren bemerkt Tóth:
Wenn die schrecklichen Erinnerungen an die Geschehnisse in Europa uns nicht mehr demütigen, erwarte ich, dass sie stattdessen als politischer Ansporn dienen und die Umwälzungen auslösen, die in den Zyklen des Menschseins so häufig vorkommen.
Aber auch dies führt zu nichts.
Stattdessen wird uns ein ablenkendes, wenig hilfreiches Beharren auf einem an Nietzsche angelehnten „Extremismus“ als einer Sache an sich serviert. Corbet behauptete in einem Interview: „Etwas [Künstlerisches] zu machen, erfordert ein Maß an Besessenheit, das immer an das Ungesunde grenzt.“ Im selben Gespräch beklagte er sich: „Es gibt keinen wirklichen Appetit mehr auf sehr transgressive oder radikale oder ehrgeizige Filme.“
Einem anderen Interviewer sagt er:
Es gibt viele neorealistische Filme, die ich liebe. Aber das ist nicht das, was dieses ausmacht, und es ist nicht das, was ich mache. Wir haben einen Film gedreht, der in den 1950er Jahren spielt, im Stil eines Melodrams der 1950er Jahre.
Da es sich also nicht um einen „neorealistischen Film“ handelt, will Corbet offenbar andeuten, dass er in keiner Weise an historische Realitäten gebunden sei. In diesem zweiten Interview verweist er wohlwollend auf „eine Handvoll Autoren, die dieses Gefühl für Geschichte haben, das im Text steckt und das die lineare Natur der Art und Weise, wie man uns Geschichte beigebracht hat, übersteigt: nämlich wo es im Grunde nur um Daten und Ereignisse, Ursache und Wirkung geht.“ Sein Partner Fastvold mischt sich spöttisch mit der Bemerkung ein: „‘Das ist eine Tatsache. Das ist passiert' (...) Ich meine, natürlich gibt es Fakten. Aber wenn man anfängt, Geschichte zu schreiben, wird das Ganze auch ein bisschen zur Fiktion. Es gibt immer Details und Teile davon, die ...“ Corbet wirft ein: „... vom Erzähler erfunden werden.“
In diesem Sinne ist es eine besonders schwache Handlungsidee in „The Brutalist“ (und damit verrate ich eines seiner letzten Geheimnisse), dass die Gedenkstätte in Pennsylvania einem Konzentrationslager nachempfunden wird. Wie Zsófia im Nachwort erklärt, bezog sich der Bau der Anlage
auf seine [Tóths] Zeit in Buchenwald sowie auf die tief empfundene Abwesenheit seiner Frau, meiner Tante Erzsébet. Für dieses Projekt hat er die klaustrophobischen Innenzellen des Lagers in genau denselben Dimensionen nachgebaut wie den Ort seiner eigenen Inhaftierung.
Das ist eine morbide und unangemessene Vorstellung. Sie zeugt vor allem von mangelnder Ernsthaftigkeit oder Unerfahrenheit der Filmemacher, von ideologischem Dilettantismus und Distanz zu ihrem vermeintlichen Thema. Diejenigen, die den Nationalsozialismus überlebt haben oder ihm entkommen sind, ja die bewusstesten künstlerischen Vertreter einer oder mehrerer Generationen, haben es sich zur Lebensaufgabe gemacht, nicht die faschistische Unterdrückung wiederzugeben, sondern in Form, Inhalt und Geist ihr diametrales Gegenteil zu schaffen.