Grußbotschaft an das Online-Treffen der Aktionskomitees der Postler, der BVG und des öffentlichen Dienstes

Kanadisches Aktionskomitee Post in Solidarität gegen den Ausverkauf durch Verdi

„Die Großkapitalisten bei uns gehen nach dem gleichen Drehbuch vor wie in Deutschland.“

Hier die Grußbotschaft aus Kanada, von Daniel Berkley, dem Sprecher des Postal Workers Rank-and-File Committee (Canada). Sie wurde auf dem gemeinsamen Online-Treffen der Aktionskomitees bei der Post, dem Öffentlichen Dienst und der BVG am vergangenen Donnerstag verlesen. Das kanadische Aktionskomitee Post hat sich im Juni 2024 formiert, um den Kampf gegen die Angriffe auf Postbeschäftigte unabhängig von der kanadischen Postlergewerkschaft CPUW zu führen.

Arbeiter von Canada Post beim Streikposten in Niagara-on-the-Lake, Ontario, 15. November 2024

Grüße aus Kanada!

Mein Name ist Daniel Berkley, und ich bin Postangestellter aus dem ländlichen Ontario. Ich bin Mitglied des Postal Workers Rank-and-File Committee. Ich freue mich, dass ich Euch heute Grüße überbringen kann, um die Solidarität zwischen kanadischen und deutschen Arbeitern zu stärken.

Unsere Kämpfe sind den Euren sehr ähnlich. Die Großkapitalisten, die unsere Löhne kürzen und unsere Arbeitskräfte reduzieren wollen, gehen nach dem gleichen Drehbuch vor wie in Deutschland. Automatisierung und künstliche Intelligenz könnten zum Beispiel unsere Arbeit wesentlich erleichtern, aber die Canada Post Corporation beharrt darauf, dass diese neuen Technologien, anstatt den Beschäftigten zu nützen, die Post in die Lage versetzen sollen, mit Amazon und anderen Unternehmern der Gig-Economy zu konkurrieren, indem sie die Unternehmensgewinne steigern und die Arbeitskosten senken. Und die liberale Regierung und die Gewerkschaft Canadian Union of Postal Workers (CUPW) unterstützen sie dabei.

Selbst unsere Gewerkschaft, die fälschlicherweise behauptet, uns zu vertreten, stellt Profitinteressen über alles andere. Bevor unsere Streikabstimmung im Oktober [2024] überhaupt ausgezählt war, stimmte sie Zugeständnissen zu, einschließlich der Einführung von Wochenendarbeit, damit wir bei der Paketzustellung besser mit den Gigwork-Arbeitgebern konkurrieren können. In jüngster Zeit haben die Regierung, das Unternehmen und die Gewerkschaft Gespräche über Kürzungen unserer Renten, Gesundheitsleistungen und unseres Jahresurlaubs geführt.

Unser einmonatiger Streik wurde von der liberalen Regierung (die die Gewerkschaften unterstützten) Mitte Dezember verboten, ohne dass ein neuer Vertrag vorlag. Die CUPW hat wesentlich dazu beigetragen, uns zu demobilisieren und uns von breiteren Teilen der Arbeiterklasse zu isolieren. Die Regierung stellte in Übereinstimmung mit der Gewerkschaft fest, dass die Verhandlungen während unseres Streiks in eine Sackgasse geraten waren. Sie zwang uns zur Rückkehr an die Arbeit, indem sie einen Abschnitt des kanadischen Arbeitsgesetzes neu auslegte, der es dem Arbeitsminister ermöglichte, eine Anordnung zum Verbot unseres Streiks einseitig zu erlassen, ohne dass es zu einer Abstimmung im Parlament gekommen wäre. An den Streikposten wuchs die Unterstützung dafür, dass wir uns dieser undemokratischen und verfassungswidrigen Anordnung der Regierung widersetzen sollten, aber die Gewerkschaft organisierte keinen Widerstand und überwachte stattdessen die Rückkehr zur Arbeit.

Als sich der Staub gelegt hatte, wurde eine industrielle Untersuchungskommission eingesetzt, die prüfen sollte, wie Canada Post auf unsere Kosten rentabel gemacht werden könnte. Drei Tage vor der ersten Anhörung der Kommission gewährte die Regierung Canada Post ein Darlehen in Höhe von 1,034 Mrd. Dollar, und das Unternehmen erklärte, dass „größere Veränderungen erforderlich sind, um (...) die finanzielle Tragfähigkeit wiederherzustellen“, wozu angeblich auch die Bewältigung der „hohen Arbeitskosten und der veralteten Regulierungsmaßnahmen“ gehören.

Das sind keine normalen Vertragsverhandlungen. Wir befinden uns in einem politischen Kampf, und wir müssen uns gegen die Klassenkampf-Agenda der neuen Regierung organisieren, die auf Aufrüstung und Kürzung der Sozialausgaben abzielt. Derzeit läuft in Kanada ein Wahlkampf auf Bundesebene, aber der Charakter der neuen Regierung ist jetzt schon klar. Alle Parteien wollen jedes Jahr Dutzende von Milliarden mehr für das Militär ausgeben. Um das zu finanzieren, wollen sie uns Arbeiterinnen und Arbeitern Sparmaßnahmen auferlegen. Die Gewerkschaften bemühen sich, unterschiedliche Arbeitergruppen voneinander zu isolieren, auch wenn viele von uns gleichzeitig in großen Tarifkämpfen stecken.

In Kanada erzählen uns die Gewerkschaften, dass wir uns mit den kanadischen Bossen verbünden sollen – aber diese beuten uns als Reaktion auf Trumps Handelskrieg nur noch mehr aus. Der globale Zollkrieg, ein Vorläufer eines globalen militärischen Kriegs, kann nur durch die internationale Vereinigung der Arbeiterklasse beendet werden. Wir müssen den wachsenden Widerstand gegen Trump in der amerikanischen Arbeiterklasse unterstützen und dürfen uns nicht auf der Grundlage eines reaktionären Nationalismus auf die Seite unserer eigenen herrschenden Klasse stellen. Aus diesem Grund sind wir heute hier.

Als Mitglieder der internationalen Arbeiterklasse sind unsere Interessen objektiv dieselben. Unabhängig von den verräterischen Gewerkschaftsbürokratien wird es uns gelingen, unsere kollektive soziale Macht zu entfesseln, um unsere Arbeitsplätze zu verteidigen und für die Verbesserung unserer Löhne und Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Und letzten Endes fordern wir ein Ende des Schreckgespenstes der kapitalistischen Aufrüstung und des Krieges.

In Solidarität, Euer Daniel Berkley aus Kanada. Ich danke Euch für Eure Zeit.