Auf Drängen von Zohran Mamdani hat der New Yorker Ortsverband der Democratic Socialists of America (DSA) sich gegen eine Kandidatur ihres Mitglieds Chi Ossé bei der Vorwahl ausgesprochen. Mit der Kandidatur sollte ursprünglich der Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, abgelöst werden.
Das Abstimmungsergebnis, das am Sonntagabend bekanntgegeben wurde, ist ein weiteres Beispiel für einen wichtigen politischen Dienst, den Mamdani und die DSA der herrschenden Klasse erweisen. Dem Establishment der Demokraten, das in der Bevölkerung zunehmend diskreditiert und verhasst ist, soll der Anschein politischer Legitimität verliehen werden. Auch die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, ebenfalls ein Mitglied der DSA, hat sich dabei hinter Jeffries gestellt.
Jeffries verkörpert als Vorsitzender der Demokratischen Fraktion im Repräsentantenhaus genau das Establishment, als dessen Gegner sich Mamdani im Wahlkampf inszeniert hatte. Jeffries‘ Bilanz ist von Anpassung an die Macht der Konzerne und an imperialistische Kriege durchdrungen. So hat er den Völkermord in Gaza unterstützt, und er steht an der Spitze der Kapitulation der Demokraten vor Trump. Genau diese Politik haben die Wähler in New York mit ihrer Wahl Zohran Mamdani zurückgewiesen.
Im Vorfeld der Bürgermeisterwahl hatte Jeffries dem Gewinner der demokratischen Vorwahl monatelang bewusst die Unterstützung verweigert – bis zum Vorabend der Abstimmung, als klar war, dass Mamdani nicht mehr zu schlagen war. Jefferies sprach sich schließlich offiziell für Mamdani aus, nachdem dieser angekündigt hatte, die amtierende New Yorker Polizeichefin Jessica Tisch im Amt zu belassen. Mamdanis Entscheidung für Tisch sollte die Wirtschafts- und Finanzelite der Stadt beschwichtigen und war ein Vorgeschmack für seinen rapiden Rechtsruck.
In den drei Wochen seit seinem Wahlsieg hat Mamdani in Rekordzeit Frieden mit seinen politischen Gegnern im Parteiestablishment der Demokraten und mit Präsident Trump geschlossen. Zwei Tage vor seinem Treffen mit Trump im Weißen Haus nahm Mamdani an einer Sitzung der Electoral Working Group der DSA in New York teil, um die mögliche Herausforderung von Jeffries zu verhindern.
Mamdani forderte die DSA-Mitglieder auf, Ossé ihre Unterstützung zu verweigern, und betonte bei der Veranstaltung: „Bei der Wahl geht es nicht darum, ob man an der Wahlurne für Chi oder Hakeem stimmt, sondern wie wir das nächste Jahr verbringen. Wollen wir es damit verbringen, gegen das Lächerlich-Machen unserer Bewegung zu kämpfen, oder wollen wir es damit verbringen, die Ziele zu verwirklichen, die im Mittelpunkt eben dieser Bewegung stehen?“
Im Kern läuft Mamdanis Argument darauf hinaus, dass man die tonangebenden Kräfte der Demokraten und die Wirtschafts- und Finanzinteressen, die sie repräsentieren, davon überzeugen muss, einige bescheidene Zugeständnisse wie kostenlose Kinderbetreuung, eine bescheidene Deckelung der Mieten sowie kostenlose Busfahrten zu akzeptieren. Dieser Appell geht mit der Verpflichtung einher, auf einen offenen Kampf gegen den kapitalistischen Würgegriff über die wirtschaftliche und politische Macht zu verzichten. Selbst eine Herausforderung bei der Vorwahl ist tabu, geschweige denn die Mobilisierung der Massen in einem auf Klassen basierenden Kampf gegen die unerträglichen sozialen Bedingungen in New York City und anderswo.
Tatsächlich ist der Ausbruch von Kämpfen der Arbeiterklasse genau das, was Mamdani und die DSA verhindern wollen. Zu diesem Zweck verbreiten sie die Lüge, die Demokraten – eine Partei der Wall Street – könne durch Druck in ein Werkzeug zur Erfüllung der Bedürfnisse der Arbeiterklasse verwandelt werden.
Am Sonntag gab die New Yorker DSA das Ergebnis der Abstimmung bekannt: 52 Prozent der Mitglieder stimmten gegen eine Kandidatur Ossés, 46 Prozent dafür, und zwei Prozent enthielten sich. Ossé, derzeit Mitglied des Stadtrats, erklärte kurze Zeit später, er habe nicht die Absicht, Jeffries ohne die Unterstützung der DSA herauszufordern.
Mamdani ging jedoch noch weiter. Die Herausforderung Jeffries in der Vorwahl zu verhindern, war ihm nicht genug. Am Sonntag erklärte der künftige Bürgermeister bei einem Auftritt in Meet the Press, er sei dafür, dass Jeffries auch im nächsten Kongress Sprecher des Repräsentantenhauses bleibe.
Diese Aussage stellt eine bemerkenswerte Abkehr von Mamdanis früherer Position dar. Im Jahr 2022, vor Beginn des von den USA unterstützten Völkermords in Gaza, schrieb er auf Twitter: „Nachdem im Juli 2014 mindestens 2.251 Palästinenser getötet wurden, stieg Hakeem Jeffries bei einer Kundgebung in NYC auf die Bühne und paraphrasierte George Wallace mit den Worten: ,Israel heute, Israel morgen, Israel für immer.‘ Wenn Jeffries als progressiv gilt, dann hat dieser Begriff jede Bedeutung verloren.“

Am letzten Freitag folgte dann das außergewöhnliche Treffen mit Trump im Weißen Haus, das Mamdanis Unterstützung für Jeffries noch in den Schatten stellte: Der künftige New Yorker Bürgermeister ging eine „Partnerschaft“ mit dem faschistischen Präsidenten ein, der die vergangenen zehn Monate damit verbracht hat, eine Diktatur zu errichten. Während des obszönen Spektakels stand Mamdani lächelnd im Oval Office und ließ sich von Trump loben. Diese Szene überzeugte Trump nicht nur davon, dass Mamdani keine Gefahr darstellt, sondern auch davon, dass er künftig Mamdanis „populistische“ Glaubwürdigkeit für sich selbst nutzbar machen kann.
Mamdanis Verteidiger haben seine Beschwichtigungspolitik gegenüber Trump als ein gerissenes Manöver dargestellt, das er angewandt habe, um Trump zu neutralisieren und das drohende harte Vorgehen der Bundesregierung gegen die Stadt zu verhindern. Aber in Wirklichkeit werden damit diejenigen entwaffnet und verwirrt, die in New York City und im ganzen Land gegen Trumps Diktatur kämpfen wollen.
Seite an Seite mit Mamdani versucht die gesamte Demokratische Partei verzweifelt, sich mit Trump zu einigen. Unmittelbar nach der vernichtenden Wahlniederlage der Republikaner retteten die Demokraten Trump vor sich selbst, indem sie seinen Bedingungen für ein Ende des Shutdowns zustimmten. Seit Monaten tolerieren sie die Razzien von Trumps Einwanderungs-Gestapo und den Einsatz von Nationalgardisten in den Städten, die Teil eines abgestimmten Versuchs sind, den Rechtsstaat außer Kraft zu setzen.
Die Demokraten kollaborieren mit Trump, weil sie eine faschistische Diktatur weniger fürchten als einer Bewegung der Arbeiterklasse, die aus den pro-kapitalistischen Grenzen des Zweiparteiensystems ausbrechen könnte. Kurz vor Mamdanis Besuch bei Trump wurde im Kongress eine Resolution verabschiedet, die die angeblichen Schrecken des Sozialismus verurteilte. Die gesamte Führung der Demokraten, einschließlich Hakeem Jeffries, unterstützte diese Resolution, was ihre Angst vor einer Bewegung der Arbeiterklasse verdeutlicht.
Sowohl Trump als auch das Establishment der Demokraten benutzen die DSA und Mamdani, nicht umgekehrt. Der US-amerikanische Kapitalismus ist mit einer wachsenden Krise konfrontiert, in der die bisherigen politischen Institutionen zusammenbrechen; die wirtschaftlichen Grundlagen sind erodiert. Um die soziale Wut zu zerstreuen und zu desorientieren, während Trump und die von ihm vertretenen Oligarchen die nächsten Angriffe vorbereiten, ist eine frische Dosis Illusionen, wie sie Mamdani verbreitet, von unschätzbarem Wert.
