Eine „beispielhafte Genossin“: Sylvia Callen, stalinistische Agentin, 40 Jahre lang von der Socialist Workers Party (USA) gedeckt

Im Mai 1947 erhielt die Socialist Workers Party Informationen, wonach Sylvia Callen, die persönliche Sekretärin des langjährigen Parteiführers James P. Cannon, eine Agentin der sowjetischen Geheimpolizei GPU war. Schnell wurde klar, dass Callen wichtige Informationen über ihren stalinistischen Hintergrund verschwiegen hatte, als sie 1938 der SWP beitrat. Fast neun Jahre lang hatte Callen uneingeschränkten Zugang zu hoch vertraulichen Informationen der Partei auf Führungsebene. Anstatt jedoch Callens mörderische Rolle als Spionin innerhalb der trotzkistischen Bewegung aufzudecken, entschied sich die Socialist Workers Party für eine Vertuschung.

Im Folgenden veröffentlichen wir einen Bericht über den historischen Verlauf dieser Vertuschung und ihrer Enthüllung durch das Internationale Komitee der Vierten Internationale. Der Bericht wurde jüngst als Kapitel in „Agenten: Das FBI und die GPU in der trotzkistischen Bewegungveröffentlicht. Das Buch deckt auf, wie die GPU die Ermordung Leo Trotzkis durchführte und wie der sowjetische Geheimdienst und das FBI in den 1940er Jahren immer stärker die amerikanische Sektion der Vierten Internationale unterwanderten.

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Am Samstag, den 8. März 1947, erschien die Wochenzeitung der Socialist Workers Party (SWP), The Militant, mit der Schlagzeile:

„Ex-Herausgeber des Daily Worker enthüllt Stalins Schuld an Trotzkis Ermordung: Budenz legt Details über die Vorbereitung des Attentats von 1940 offen und bringt Führer der Kommunistischen Partei mit GPU-Verschwörung in Verbindung.“ [1]

Der Militant schreibt, Budenz‘ Buch „liefert nun schlüssige Beweise dafür, dass Top-Agenten von Stalins Geheimpolizei jahrelang auf amerikanischem Boden den Mord an Trotzki vorbereitet haben“

Der Artikel berichtet ausführlich über Enthüllungen aus dem Buch This is my Story des ehemals führenden amerikanischen Stalinisten Louis Budenz. Die SWP hatte eine Vorabkopie erworben und den Inhalt zum ersten Mal bekannt gemacht.

This is my Story bestätigte, was die Vierte Internationale von Anfang an erklärt hatte: die Ermordung Trotzkis wurde von Stalin angeordnet und von der GPU, der Geheimpolizei des stalinistischen Regimes in der UdSSR, ausgeführt.

John G. Wright

Im Leitartikel des Militant vom 8. März erklärte John G. Wright: „Als Augenzeuge und direkter Teilnehmer liefert Budenz, der dem Kreml zehn Jahre lang treu diente, jetzt schlüssige Beweise dafür, dass Top-Agenten von Stalins Geheimpolizei jahrelang auf amerikanischem Boden den Mord an Trotzki vorbereitet haben.“[2]

Weniger als sieben Jahre waren vergangen, seit ein stalinistischer Agent unter dem falschen Namen Frank Jacson Leo Trotzki in Coyoacan, Mexiko-Stadt, ermordet hatte. Ein Jahrzehnt war erst seit dem Höhepunkt der Massenvernichtungen während des Großen Terrors von 1936 bis 1939 in der Sowjetunion vergangen.

Abgesehen von Trotzkis Attentäter – der schließlich als Ramon Mercader del Rio identifiziert wurde, während er wegen Mordes eine 20-jährige Haftstrafe in einem mexikanischen Gefängnis verbüßte – war niemand wegen der Verbrechen der GPU bestraft oder eingesperrt worden. Budenz‘ Buch enthüllte die Verschwörung hinter Trotzkis Ermordung. Es bestätigte nicht nur, dass das Attentat von Moskau angeordnet wurde; Budenz nannte auch Führer und Mitglieder der amerikanischen Kommunistischen Partei als Komplizen.

Die Titelseite von Budenz‘ Buch This is My Story

Budenz enthüllte, dass ein GPU-Agent ihn im Dezember 1936 um ein geheimes Treffen in einem unscheinbaren Restaurant in der East 14th Street gebeten hatte.

„Ziemlich am Anfang meiner Parteikarriere wurde ich zu einem Treffen mit Mitgliedern der sowjetischen Geheimpolizei bestellt, die auf amerikanischem Boden arbeiteten“, schrieb er.[3] Der Agent, der mit einem starken russischen Akzent sprach, stellte sich als „Richards“ vor. Die beiden saßen in einer Ecke, im Hintergrund das Klappern vom Besteck der anderen Gäste. „Während wir zusammen aßen, nannte mir Richards leise den Grund, warum er mich sehen wollte. Sein Auftrag lautete, den Zustand der Sozialdemokraten zu untersuchen und festzustellen, wer unter ihnen und welche Trotzkisten und ‚Faschisten‘ organisierte Anstrengungen unternahmen, um in die Sowjetunion einzureisen.“ [4]

Nur vier Monate zuvor, im August 1936, war der erste Moskauer Schauprozess zu Ende gegangen. 16 Angeklagte, darunter alte Bolschewiki wie Grigorij Sinowjew und Lew Kamenew, wurden als „trotzkistische Verschwörer“ hingerichtet. Im Zuge der folgenden staatlich organisierten Massenmorde wurden Hunderttausende hingerichtet oder in Arbeitslager gesperrt. Sie dienten dem Ziel, die Opposition gegen das stalinistische Regime zu terrorisieren und zu zerstören. Der bloße Vorwurf der Sympathie für den Trotzkismus kam einem Todesurteil gleich.

Als das Gespräch auf den August-Prozess kam, drückte Budenz seine Unterstützung aus. Die GPU bereitete nun Säuberungen auf internationaler Ebene vor.

Zum Zeitpunkt des Treffens zwischen Budenz und „Richards“ befand sich Trotzki an Bord eines Tankers, der von Norwegen nach Mexiko unterwegs war. Er musste den europäischen Kontinent verlassen, nachdem ihm dort kein Staat Asyl gewährt hatte. Als Trotzki sich in Mexiko niederließ, bereitete die GPU ihre nordamerikanischen Kollegen darauf vor, seine Ermordung auszuführen.

Nach dem Treffen mit „Richards“ begann Budenz seinen Einsatz:

„Wo war mein Platz in einem Unternehmen zum Schutz der Sowjetunion vor Verschwörern? Das wurde mir ohne Weiteres gesagt. Ich sollte alle Informationen sammeln, die ich über Feinde der Sowjetunion in der Linken, in den Reihen der Arbeiter und insbesondere der Trotzkisten erhalten hatte. Ihre Namen sollten weitergegeben werden und alles andere über sie, was für diese Untersuchung relevant sein könnte.“

Die GPU wusste, dass die SWP – die führende Sektion der Vierten Internationale – dafür verantwortlich war, für Trotzkis Sicherheit in Mexiko zu sorgen. Infolgedessen schrieb Budenz, dass „besondere Aufmerksamkeit denen galt, die viel unterwegs waren, besonders im Ausland.“ [5]

Louis Budenz im Jahr 1947

Budenz entlarvte die KP-Führer Earl Browder und Jack Stachel als persönliche Leiter der Unterwanderungsoperation. Mit ihrer Unterstützung war Budenz in der Lage, „durch Manhattan zu pendeln“, GPU-Agenten zu treffen und Informationen über die SWP zu liefern. [6]

Im Jahr 1937 begann Budenz mit einem Agenten namens „Roberts“ zusammenzuarbeiten, auch bekannt als Dr. Gregory Rabinowitz. Er führte einen stalinistischen Spionagerings in den USA und war damit beauftragt worden, ein Netz von Agenten um Trotzki zu spinnen. Budenz sollte helfen, alles bis ins kleinste Detail zu planen. Rabinowitz fragte Budenz: „Kannst du mir sagen, wo die Trotzkisten hier ihre Post von Trotzki in Mexiko City bekommen?“ [7] Budenz verpflichtete sich, seine Quellen nach Informationen anzuzapfen und der GPU zu helfen, näher an Trotzki heranzukommen, immer auf der Suche nach Informationen über die internationale Korrespondenz der SWP.

„Auch Fotografien gehörten zu [Roberts-Rabinowitz‘] Untersuchungsbereich“, schrieb Budenz.

„Er brachte mir einige nacheinander und fragte: „Kennst du diesen Mann? Oder den?“ Zum größten Teil schienen es Männer und Frauen zu sein, die sowjetische Visa beantragten. Dann erkundigte er sich nach bestimmten Namen auf Listen, von denen er sagte, dass sie „trotzkistische Kuriere“ seien. Einer von ihnen war ein unauffälliger Zeitungsmann, der in und außerhalb Chinas arbeitete und später, wie ich glaube, zu Reuters gehörte. Ein anderer Kurier war Sylvia Ageloff, deren Name weithin bekannt wurde als die Frau, die Leo Trotzkis Attentäter „Frank Jacson“ nach Mexiko brachte.“ [8]

Budenz und die GPU bauten ein Netzwerk von Agenten auf, um Informationen über die trotzkistische Bewegung und die Kommunikation der SWP mit Trotzki zu sammeln. Gewöhnlich schlug Rabinowitz Kandidaten für diese Tätigkeit vor, Budenz lieferte Informationen über sie und stellte der GPU seine Einschätzung ihrer politischen Vertrauenswürdigkeit und Spionage-Eignung zur Verfügung.

„Im Allgemeinen fragte er [Rabinowitz] zuerst nach ihrer Geschichte in der Partei und dann, wie sie in die Untergrundarbeit unter den Trotzkisten oder anderen Gruppen passen würden“, schrieb Budenz. „Nachdem ich die Berichte über die Person erhalten hatte, war es meine Aufgabe, sie gemäß ihrer Einstellungen und Verbindungen einzuschätzen (sofern ich sie von früher kannte).“ [9]

Der zentrale Zweck der Infiltration war es, Trotzki zu töten. Zu diesem Zweck enthüllte Budenz, wie er half, die GPU mit Ruby Weil in Kontakt zu bringen, die das Treffen zwischen ihrer Freundin Sylvia Ageloff, einem Mitglied der SWP, und Mercader, Trotzkis zukünftigem Mörder, arrangierte.

Die mexikanische Polizei mit dem Eispickel, mit dem Mercader 1940 Trotzki ermordet hatte

Rabinowitz bat Budenz, „dass ich Fräulein Y [später identifiziert als Ruby Weil], eine junge Frau, von der er erfahren hatte, dass sie eine Freundin von Sylvia Ageloff war, zu einem Treffen in einem Hotel in Chicago mitbringe“. [10] Weil arbeitete später mit dem in Paris ansässigen GPU-Agenten Mark Zborowski (Parteiname „Etienne“) zusammen, um Mercader über Ageloff Zugang zu Trotzkis Haushalt in Mexico City zu verschaffen. Zborowski war zu der Zeit Mitglied der Vierten Internationale.

Das Treffen zwischen Mercader und Ageloff fand 1938 in Paris statt. Anfang 1939 reisten die beiden zusammen nach Mexico City, wo Ageloff Mercader, den Mann, den sie als Frank Jacson kannte, in Trotzkis Haushalt einführte. [11] Die stalinistische Schlinge um Trotzki wurde immer enger gezogen und die Weichen für seinen Tod wurden gestellt.

SWP verlangt Anklage der stalinistischen Spione und KP-Führer von Grand Jury

Als Reaktion auf die Enthüllungen von Budenz begann die SWP sofort, die neuen Informationen so weit wie möglich zu veröffentlichen, und forderte eine Untersuchung über die Rolle der Stalinisten bei der Infiltration der trotzkistischen Bewegung und der Ermordung ihres Gründers und Führers.

All dies wurde auf den Seiten des Militant berichtet. [12] Im Artikel auf der Titelseite vom 8. März 1947 hieß es: „Louis F. Budenz enthüllte schreckliche geheime Details im Zusammenhang mit der Ermordung Leo Trotzkis durch Stalins Auftragskiller in Mexico City im August 1940.“ [13]

Der Militant erklärte, die „Enthüllungen von Budenz ergänzen die fehlenden Glieder in der Beweiskette, die Stalins Schuld an der Ermordung Trotzkis belegt“

Der Militant schrieb, Budenz‘ Buch „liefert nun schlüssige Beweise dafür, dass Top-Agenten von Stalins Geheimpolizei jahrelang auf amerikanischem Boden daran arbeiteten, den Mord an Trotzki vorzubereiten“ und dass „amerikanische Stalinisten, einschließlich Budenz selbst, den Weg für den Attentäter ‚Frank Jacson‘ ebneten, damit er sich Zugang zu Trotzkis Haus verschaffen konnte.“ [14]

Der Militant schilderte ausführlich, wie Budenz in seinem Buch sein Treffen „mit dem GPU-Chef, der für ‚antitrotzkistische‘ Aktivitäten verantwortlich ist“, beschrieb, dem Agenten namens „Richards“. Budenz „wurde zur Auswahl von Spionen herangezogen, um in die trotzkistischen Reihen einzudringen“ und „mindestens einmal in der Woche GPU-Führer zu kontaktieren. Keine Information wurde als zu geringfügig erachtet“.[15]

Der Artikel fuhr fort: „Stalins Mordmaschinerie sammelte insbesondere jede Information über Trotzkisten, die ins Ausland reisten. Sie waren auf der Suche nach einer Person in Europa, die sie in ihren Mordkomplott einbeziehen könnten.“ Budenz‘ Buch zeigte, wie die Stalinisten „schon 1937 in den Vereinigten Staaten alle Vorarbeiten für die Ermordung Leo Trotzkis in Mexiko im Jahr 1940 geleistet hatten“.[16]

Der Militant verkündete: „Die Enthüllungen von Budenz ergänzen die fehlenden Glieder in der Beweiskette, die Stalins Schuld an der Ermordung Trotzkis belegt.“[17]

Auf der Grundlage von Budenz‘ Bericht über die Infiltration durch die GPU und das Mordkomplott gegen Trotzki startete die SWP eine öffentliche Kampagne, um die GPU und die Rolle der amerikanischen Kommunistischen Partei aufzudecken. Die SWP stellte sofort die Forderung auf, den Fall vor eine Grand Jury zu bringen und die wichtigsten Stalinisten vorzuladen. Damit würden die Verantwortlichen für die Infiltration der trotzkistischen Bewegung gezwungen, als Zeugen über ihre Tätigkeit auszusagen. Außerdem forderte die SWP die Entlarvung der noch in der Bewegung verbliebenen Agenten.

Die Enthüllungen und Forderungen nach einer Untersuchung hatten eine immense politische Wirkung in weiten Kreisen der politischen Linken. Unter ihnen wollte die SWP Unterstützung für eine Kommission gewinnen, um zu fordern, dass eine Grand Jury die Rolle der GPU und der Kommunistischen Partei der USA in Zusammenhang mit Trotzkis Tod untersucht.

Am 17. März 1947 überreichte ein von der SWP geführtes Bündnis, zu dem auch der Führer der Sozialistischen Partei, Norman Thomas, gehörte, eine Petition an den Bezirksstaatsanwalt in Manhattan, in der die Einberufung einer Grand Jury gefordert wurde. Die SWP konnte die Unterstützung einer Reihe von führenden Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft gewinnen, unter ihnen der Autor James T. Farrell und die Akademiker John Dewey und Sidney Hook. Dies spiegelte die weitverbreitete Empörung über die Nachricht von der stalinistischen Verschwörung wider und brachte die Forderung nach einer Grand Jury an eine breite Öffentlichkeit. Das konnte der Staat nicht ignorieren.

Am 22. März lautete die Schlagzeile im Militant: „Beauftragen Sie die Geschworenen, den Mord an Trotzki zu untersuchen – die Delegation fordert eine Untersuchung des Agenten Stalins, der das Attentat in New York geplant hat.“ [18]

Der Militant berichtete, die Delegation habe „ein 45-minütiges Treffen mit Jacob Grumet, dem stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt, abgehalten, um Maßnahmen aufgrund der sensationellen Enthüllungen von Louis F. Budenz in seinem kürzlich veröffentlichten Buch ‚This is My Story‘ zu fordern. In seiner Autobiografie bezeugt der ehemalige Redakteur des Daily Worker und Angehörige des Nationalkomitees der Kommunistischen Partei aus persönlicher Kenntnis, dass GPU-Agenten, unterstützt von Führern der amerikanischen Kommunistischen Partei, hier die Schritte planten, die 1940 in Mexico City mit der Ermordung Trotzkis endeten. Die Delegation übergab dem Bezirksstaatsanwalt eine Erklärung, die von einer großen Anzahl prominenter Bürger unterzeichnet war.“ [19]

Die am 17. März 1947 an den stellvertretenden Bezirksstaatsanwalt abgegebene Erklärung lautete auszugsweise:

„Gegen Earl Browder, Jack Stachel, Budenz selbst und alle anderen gegenwärtigen oder früheren Führer der Kommunistischen Partei, von denen bekannt ist, dass sie in Aktivitäten der sowjetischen Geheimpolizei verwickelt waren oder davon Kenntnis hatten, sollten strafrechtliche Ermittlungen und weitere durch Tatsachen gerechtfertigte juristische Maßnahmen ergriffen werden.

Budenz fügt neue und bisher fehlende Verbindungen in der Beweiskette hinzu, die während Jacsons Prozess in Mexiko präsentiert wurde und ihn als sowjetischen Polizeiagenten auswiesen.“ [20]

Der Militant berichtete, dass Norman Thomas den Bezirksstaatsanwalt auch um eine Untersuchung anderer Morde in New York City ersuchte, die ebenfalls den Stalinisten zugeschrieben wurden. Dazu gehörte das Verschwinden von Juliet Stuart Poyntz, eines prominenten Mitglieds der Kommunistischen Partei, die verdächtigt wurde, sich dem stalinistischen Terror zu widersetzen, und der Fall des Anarchistenführers Carlo Tresca, der 1943 erschossen worden war.

Thomas sagte:

„Es gibt viele weitere [Fälle]. Der sogenannte ‚Selbstmord’ des [sowjetischen Überläufers Walter] Krivitsky in Washington – ein ausgemachter Betrug, wenn es je einen gab! Dann der Mord an [Überläufer] Ignaz Reiss in der Schweiz; die Serie von Morden an Trotzkis Sekretären und Mitgliedern seiner Familie. Wir halten die Lage für so gravierend, dass sofortiges Handeln notwendig ist, um diesen politischen Morden Einhalt zu gebieten.“ [21]

Die Bedeutung der Enthüllungen von Budenz und das Gewicht seiner Aussagen als Komplize zwangen den Staatsanwalt, anzuerkennen, „dass das Budenz-Buch viele Hinweise liefern könnte“, wie der Militant berichtete. [22]

In der Ausgabe des Militant vom 3. Mai 1947 erschien ein Artikel von Trotzkis Witwe Natalia Sedowa mit dem Titel: „Stalins Schuld — Budenz‘ Buch liefert Verbindung zum Mord an Trotzki durch GPU“

Die SWP erweiterte ihre Kampagne mit der Veröffentlichung eines Artikels von Trotzkis Witwe Natalia Sedowa am 3. Mai 1947. Er trug den Titel: „Stalins Schuld – Budenz‘ Buch liefert Verbindung zum Mord an Trotzki durch GPU“.[23]

Sedowa schrieb:

„Alles, was wir im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod von L. D. Trotzki gesagt haben, wird heute durch die Geständnisse von Louis Budenz, einem ehemaligen Führer der amerikanischen „kommunistischen“ stalinistischen Partei, in seinem im März dieses Jahres erschienenen Buch ‚This Is My Story’ vollständig bestätigt. […] Die Geständnisse von Louis Budenz werfen ein grelles Licht auf die gesamte Tätigkeit des geheimen stalinistischen ‚Apparats’, der die Macht an sich gerissen hat und mit blutiger Willkür handelt.“

Sedowa fuhr fort:

„Die Beteiligung der Führer der „Kommunistischen“ Partei der USA an dem von Louis Budenz bezeugten Komplott gegen Trotzki liefert eine ausreichende Grundlage, Budenz selbst, zusammen mit Browder und Stachel, vor Gericht zu stellen und sie an die mexikanischen Justizbehörden zu überstellen.“ [24]

Innerhalb weniger Wochen nach Veröffentlichung der Enthüllungen von Budenz sah sich der Bezirksstaatsanwalt aufgrund der SWP-Kampagne für eine Grand Jury gezwungen, Budenz als Zeugen vorzuladen. Zum ersten Mal seit Trotzkis Ermordung hatte die SWP bewirkt, dass eine Person mit genauer Kenntnis darüber, wie die GPU Trotzki ermordete, in einem amerikanischen Gerichtssaal unter Eid aussagen musste. Die Möglichkeit, die Verbrechen der Stalinisten aufzudecken und ihre Unterwanderung der trotzkistischen Bewegung zu erhellen, war zum Greifen nah.

Aber gerade, als eine echte Untersuchung kurz bevor stand, geschah etwas, das die SWP veranlasste, ihre Kampagne abzubrechen. Sie bezeichnete Budenz als Lügner und gab weitere Bemühungen, stalinistische Agenten innerhalb der trotzkistischen Bewegung zu entlarven, auf.

Ein Besuch von Max Shachtman und Albert Glotzer

Es war sieben Jahre her, seit sich Max Shachtman und Albert Glotzer von der SWP getrennt hatten, um die Workers Party zu gründen. Nun, im Mai 1947, traten die beiden ins Büro des nationalen Sekretärs der SWP, James P. Cannon, am University Place 116 in New York. Trotz ihrer politischen Differenzen mit der SWP hatten beide Männer eine lange Geschichte in der trotzkistischen Bewegung und nahmen eine prinzipientreue Haltung ein, wenn es um den Austausch von Informationen zu Fragen der politischen Sicherheit ging.

James P. Cannon, Martin Abern und Max Shachtman in New York, 1938

Shachtman und Glotzer brachten erschütternde Neuigkeiten. Sie berichteten Cannon, dass sie verlässliche Informationen erhalten hatten, die darauf hindeuteten, dass seine persönliche Sekretärin, Sylvia Callen (Parteiname Caldwell) eine Agentin der GPU sei.

Shachtman und Glotzer sicherten zu, dass die Quelle zuverlässig sei und ihnen in der Vergangenheit korrekte Informationen geliefert habe. Die Quelle hatte Shachtman und Glotzer informiert, dass die Stalinisten Callen 1939 von Chicago nach New York geschickt hatten, um Cannons Büro zu infiltrieren. Weiter gab die Quelle an, dass Sylvia eine Beziehung mit einem jungen Stalinisten aus einer stalinistischen Familie eingegangen war, dessen Vater Arzt war.

Die Kontrollkommission von 1947

Callen war, wie man damals sagte, Cannons „Mädchen für alles“. Sie kümmerte sich um all seine politischen und persönlichen Angelegenheiten. Sie führte Cannons Terminkalender, hatte Zugang zu allen Parteiunterlagen, Finanzen und internationalen Korrespondenzen und nahm das Diktat seiner Briefe, Memoranden und politischen Berichte auf. Wenn Callen eine Agentin war, bedeutete das, dass die Sicherheit der SWP und der Vierten Internationale durch die GPU schwer kompromittiert war. Alle wichtigen Informationen, die über Cannons Schreibtisch liefen, wurden von der GPU gelesen und an den Kreml weitergeleitet, einschließlich Details über Trotzkis Sicherheit in Coyoacan.

Sylvia Callen/Franklin/Caldwell

Außer dem Nachweis von Callens Rolle informierten Shachtman und Glotzer Cannon auch darüber, dass ihr Informant erklärt habe, dass es einen FBI-Agenten in der Parteiführung gäbe.

Am 26. Mai 1947 berief Cannon ein Treffen der Kontrollkommission ein, dem Parteiorgan, das für interne Untersuchungen zuständig war. Das IKVI hat das Protokoll vom 26. Mai 1947 und nachfolgende Kommissionssitzungen im Hoover-Institut der Stanford University eingesehen und veröffentlicht sie hier zum ersten Mal:

Treffen der Kontrollkommission, 26. Mai 1947.

Bericht von Martin [Cannon]:

Seit einigen Jahren schickt die WP uns Berichte, dass sie Informationen habe, aus denen hervorgehe, dass das FBI einen Agenten in unserer Partei habe, weit oben in der Führung. Sie behaupten, ihre Informationsquelle habe sich in mehreren Fällen als richtig erwiesen, und sie halten diese Quelle für zuverlässig.

Kürzlich sprachen Shachtman und Gould [Glotzer] mit Cannon und sagten ihm, dass die gleiche Quelle sie wie folgt informiert habe:

Die Stalinisten haben eine Frau in der SWP und ihr Name ist S.

Sie kam 1939 aus Chicago und arbeitete dort in einer Arztpraxis.

Sie hat oder hatte einen Freund namens Irving.

Gould bestand darauf, dass sie von der YCL [Young Communist League] kam.

Diese Information wies auf Genossin ‚S‘ hin.

ANTRAG: Dass der Fall von der Kontrollkommission gründlich untersucht wird.

Dass wir ein Treffen mit ‚S‘ abhalten, um sie nach ihrer Biografie zu befragen, und anschließend Rücksprache mit Shachtman und Gould halten.

Angenommen.

Erstes Treffen mit ‚S‘ für Do. Abend, 29. Mai 1947 angesetzt.

Drei Tage später, am 29. Mai, erschien Callen vor der Kommission. Die Fakten bezüglich ihres Hintergrunds bestätigten weitgehend die Informationen von Shachtman und Glotzer. Es wurde schnell festgestellt, dass Callen entscheidende Aspekte ihres persönlichen und politischen Hintergrunds und ihrer Verbindungen verschwiegen hatte, einschließlich der Tatsache, dass sie verheiratet war und dass ihr Ehemann, Zalmond Franklin, ein führender Stalinist aus einer prominenten Familie der Kommunistischen Partei in Wisconsin war.

Das Sitzungsprotokoll vom 29. Mai lautete wie folgt:

Fall der Genossin S.

29. Mai 1947.

Auf die Fragen, die die Mitglieder des Sekretariats und der Kontrollkommission in einer gemeinsamen Sitzung gestellt haben, wurde die folgende biografische Skizze gegeben:

Mein Vater heißt John Callen. Er hat viele Jahre als Verkäufer gearbeitet. Weder er noch irgendein anderes Mitglied meiner Familie hatten je andere politische Ansichten als der Durchschnittsbürger.

Ich selbst wusste nicht, dass es so etwas wie eine radikale Bewegung gab, bis ich ungefähr 19 Jahre alt war. Ich lebte bis etwa 1932 in Milwaukee. Ich ging nach Madison, Wisc. um die Universität von Wisconsin zu besuchen. Ich traf Zalmond Franklin und wir heirateten im Februar 1935. Wir waren ungefähr ein Jahr lang zusammen. Ich schloss mein Studium im Juni 1935 ab und verließ die Hochschule. Franklin blieb auf der Hochschule. Nach meinem Abschluss suchte ich Arbeit, fand schließlich eine Stelle in einer Apotheke in Milwaukee und arbeitete dort eine Zeit lang als Verkäuferin.

Im Herbst 1935 oder Frühjahr 1936 ging ich nach Chicago, um bei meiner Familie zu leben. Dort besuchte ich die Universität von Chicago, um soziale Arbeit zu studieren. Ich ging dort vier Quartale zur Schule, arbeitete einen Sommer lang für die Jüdische Sozialdienststelle und ging dann zum Chicagoer Hilfswerk, wo ich arbeitete, bis ich nach New York kam.

Im Sommer 1937 trat ich einer YPSL-Gruppe in Chicago bei [Young Peoples’ Socialist League – die Jugendbewegung der Sozialistischen Partei, in der die SWP damals politisch arbeitete].

Ich kam im Mai 1938 nach New York, um für die Hebräische Gehörlosenvereinigung zu arbeiten. Ich arbeitete dort Teilzeit und half in meiner Freizeit in der Parteizentrale der SWP aus. Im Dezember 1939 [hier ist ein Strich durch die „9“ und eine Linie zu einer Rand-Korrektur, die „1938“ lautet] wurde ich gebeten, in der Parteizentrale der SWP eine Vollzeitstelle anzunehmen, weil die Sekretärin gekündigt und einen Job in der Wirtschaft angenommen hatte.

Auf direkte Befragung durch Cannon wurden folgende Antworten gegeben:

Mit Radikalismus kam ich erstmals an der Wisconsin University in Kontakt, wo es eine Gruppe der National Student League gab. Mein Mann trat im Semester von 1935 in die Liga ein, und ich trat auch ein, weil er es tat. Aber eigentlich wusste ich nicht, worum es ging. Ich weiß nicht, ob die YCL [Young Communist League – Jugendorganisation der stalinistischen Kommunistischen Partei] damals eine Fraktion darin hatte, aber es gab eine radikale Gruppe, Bohèmiens, zu denen auch mein Mann gehörte und die auf dem Campus als die ‚Kommunisten’ betrachtet wurden. Ich wusste nie, ob mein Mann irgendwelche kommunistischen Verbindungen hatte, wusste aber, dass er radikale Ansichten vertrat und möglicherweise Mitglied war. Was ich weiß, ist, dass seine Eltern ihrer Weltanschauung nach entweder Kommunisten waren oder sich im Umfeld der Kommunistischen Partei bewegten. Sie gaben einmal eine Hausparty für die ‚Freunde der Sowjetunion‘.

Vor einigen Jahren erfuhr ich, dass mein damaliger Ehemann während der Revolutionstage in Spanien gewesen war. Ich nehme also an, dass er nach unserer Trennung ein YCLer geworden ist. Oder er könnte wahrscheinlich auch schon vorher einer gewesen. Ich wusste damals nicht genug, um das zu erkennen, und er vertraute mir nie irgendwelche Informationen über seine Aktivitäten an.

„Gehörtest du jemals der YCL an?“

Nein niemals. Ich wusste von der Existenz einer solchen Organisation, lehnte sie aber gefühlsmäßig ab, weil die Leute um meinen Ehemann, die als ‚Kommunisten’ galten, Bohèmiens waren. Aber ich habe nicht wirklich verstanden, was Kommunismus war.

„Wie bist du zur YPSL gekommen? Durch ein Familienmitglied, das am Sozialismus interessiert ist?“

Nein, niemand aus meiner Familie hatte jemals radikale Ansichten. Ich vermute, ich kam zur YPSL, weil ich so einsam war. Ich passte nicht zu den Freunden meiner Familie und ich hatte keinen eigenen Freundeskreis. An der Universität in Madison kam ich erstmals mit dem Radikalismus in Kontakt und hatte das unbestimmte Gefühl, dass Sozialismus eine gute Sache ist. Ich hörte Norman Thomas‘ Rede im Sozialisten-Club der Universität von Chicago und er machte einen tiefen Eindruck auf mich. Ich wollte mehr über Sozialismus wissen, also suchte ich in meiner Einsamkeit im Telefonbuch von Chicago nach der Adresse einer sozialistischen Organisation und fand den Socialist Bookstore.

Zu der Zeit arbeitete ich als Sozialarbeiterin in Chicago. Diese Arbeit tat mir nicht gut. Die bevormundende Einstellung gegenüber den Armen stieß mich stark ab. So besuchte ich dann den Buchladen der Sozialistischen Partei, um mir ihre Literatur anzusehen. Dort traf ich Lydia Beidel. Sie erzählte mir von der Young People’s Socialist League in meiner Nachbarschaft und lud mich ein, daran teilzunehmen. Ich ging hin. Sie trafen sich in Belles Haus. Dort habe ich eine Menge Leute getroffen. Sie schienen sich so sehr von den Leuten zu unterscheiden, die ich kannte, und nahmen mich so herzlich auf, dass ich zu mehreren Treffen zurückkehrte und mich dann dem Kreis anschloss. Sie unterschieden sich von den anderen Radikalen, die ich am College kannte, und ich mochte sie als Menschen. Im Sommer 1937 trat ich dem YPSL-Kreis an der North Side in Chicago bei.

Paul Picquet war der Organisator dieses Kreises. Die meisten Mitglieder dieses Kreises waren bereits Trotzkisten. Ich kam unter ihren Einfluss.

Einige Monate nach der Gründungsversammlung der Socialist Workers Party. [sic] bin ich der Partei beigetreten. Die Ortsgruppe, der ich mich angeschlossen habe, hatte als Mitglieder Goldman, Belle, Helen Judd, Shirley S, Irving Bern und all die anderen Landaus.

Als ich nach New York ging, wurde meine Mitgliedschaft übertragen. Hier war ich der Village-Ortsgruppe angegliedert, die sich bei Luttinger traf. In dieser Gruppe waren Rose Karsner, Frieda Moore, Billie Ramloff.

„Hast du jemals in Chicago oder Milwaukee für einen Arzt gearbeitet?“

Nein, niemals. Der einzige Arzt, den ich damals kannte, war der Vater meines Mannes. Aber ich habe nie für irgendeinen Arzt gearbeitet.

„Hattest du jemals einen Freund namens Irving?“

Ich habe vielleicht zufällig einen Schüler mit diesem Namen gekannt, obwohl ich mich an keinen erinnern kann. Aber ich hatte nie einen engen Freund mit diesem Namen.

Callen gab also zu, dass sie Mitglied der stalinistisch ausgerichteten National Student League gewesen war und dass ihr Ehemann Zalmond Franklin als Stalinist im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatte und aus einer stalinistischen Familie stammte. Bis zu diesem Zeitpunkt, nach acht Jahren Arbeit in der Parteizentrale, hatten die SWP-Führer nicht gewusst, dass Callen verheiratet war, geschweige denn mit einem Stalinisten. Dies war auch das erste Mal, dass die Partei von ihrer Beteiligung an der stalinistischen National Student League erfuhr. Aber die SWP klammerte sich an jeden Strohhalm: Sie bezeichnete die Angaben von Shachtmans und Glotzers Informanten als unglaubwürdig, weil er den Namen von Callens Freund als „Irving“ angegeben hatte. Dabei hatten sämtliche anderen Details sowohl seine Informationen als auch die Enthüllungen von Budenz bestätigt.

Die Fakten, die Callen jetzt enthüllte, ließen keinen Zweifel daran, dass sie über ihre engen Verbindungen mit der Kommunistischen Partei gelogen hatte. Aber Zalmond Franklin war nicht nur ein einfaches KP-Mitglied oder unschuldiges YCL-Mitglied. Informationen, die bei der Einberufung der Kontrollkommission ohne weiteres verfügbar waren, zeigten, dass Callens Ehemann ein prominenter öffentlicher Vertreter der Kommunistischen Partei und Mitglied einer führenden stalinistischen Familie war.

Zalmond David Franklin (1909-1958) und sein Vater, Samuel Nathan Franklin (1882-1958), dienten beide im Spanischen Bürgerkrieg. Samuel Franklin war ein Arzt, der 1918 als Mitglied der Sozialistischen Partei zum County Coroner (Gerichtsmediziner) von Milwaukee gewählt worden war. Samuel Franklin war lange politisch aktiv und leitete in Milwaukee das Medizinische Büro des stalinistisch geführten „Nordamerika-Komitees zur Unterstützung der spanischen Demokratie“ während des Bürgerkrieges. [25]

Samuel Franklin mit seinem Sohn Zalmond – die Tatsache, dass Sylvia Franklins Ehemann ein Stalinist war, wurde von der SWP-Kontrollkommission vertuscht

Laut Aufzeichnungen der Schifffahrtsberichte war Franklin senior von Juli 1937 bis Februar 1938 als medizinischer Berater bei der Abraham Lincoln Brigade in Spanien. [26] Callen selbst gab am 29. Mai zu, dass der Vater ihres Mannes Arzt war.

Ein Artikel aus dem Wisconsin State Journal berichtet über Zalmond Franklins Reisen „irgendwo in Spanien“

Zalmond Franklin war das mittlere von Samuel Franklins drei Kindern und studierte an der Universität von Wisconsin Bakteriologie. Von Juli 1937 bis März 1938 diente er als Agent der GPU in Spanien. In seinem Pass ist eine Adresse in Chicago eingetragen. [27] Ein Artikel mit dem Titel „Zalmond Franklin, Irgendwo in Spanien“ in der Ausgabe des Wisconsin State Journal vom 11. Oktober 1937 nimmt Bezug auf den jungen Stalinisten:

„Zalmond Franklin, ehemaliger Student der Universität von Wisconsin, ist mit seinem Vater, Dr. Samuel N. Franklin, Milwaukee, in einem Krankenhaus einer amerikanischen Basis ‚irgendwo in Spanien’. Zalmond brach Anfang dieses Jahres sein Bakteriologie-Studium ab, um nach Spanien zu gehen, gefolgt von seinem Vater, dem Leiter des in Milwaukee ansässigen medizinischen Büros des Nordamerikanischen Komitees zur Unterstützung der spanischen Demokratie.“ [28]

Ein Artikel aus dem Wisconsin Jewish Chronicle, der die Berichte von Zalmond Franklin – Sylvia Callens Ehemann – über seine ungewöhnlichen Erfahrungen in Spanien ankündigt

In einem Artikel, der am 6. Mai 1938 im Wisconsin Jewish Chronicle erschien, wurde Zalmond Franklin als bekannter Redner für die Stalinisten und ihre Verbrechen in Spanien bezeichnet. In dem Chronicle-Artikel hieß es:

Zalmond Franklin, Doktorand der Bakteriologie, verließ im Juni die Universität von Wisconsin, um im republikanischen Spanien der Sache der Demokratie zu dienen. Er war verantwortlich für alle Laborarbeiten in den vier amerikanischen Krankenhäusern in Spanien. Er verließ Spanien im Februar und kam vor einem Monat in New York an.

Zur Zeit tourt er durch den [Mittleren] Westen und berichtet von dem schrecklichen Kampf in Spanien und von seinen außergewöhnlichen Erfahrungen. Er wird am Samstag, den 7. Mai, um 20 Uhr im Jüdischen Zentrum, 1025 N. Milwaukee Street, sprechen.“ [29]

Als Callen zugab, ihre Ehe mit diesem Stalinisten verschwiegen zu haben, hatte die SWP eigentlich genug Informationen, um zu wissen, dass sie eine Spionin war. Die SWP hätte lediglich die Familie Franklin untersuchen müssen. Sie hätte einfach zum Telefonhörer greifen müssen und den Ortsverband in Milwaukee anrufen können oder sich bei dem SWP-Mitglied Harry Milton erkundigen können, der in Spanien mit der „Arbeiterpartei der marxistischen Einheit“ (POUM) gekämpft hatte, als die Franklins ebenfalls zugegen waren. Leicht zugängliche Berichte in lokalen Zeitungen hätten die Rolle der Franklins als hochkarätige Mitglieder der Kommunistischen Partei bestätigt. Callen hatte der SWP Informationen gegeben, die keinen Zweifel daran ließen, wer sie wirklich war.

Aber als sich die Parteikontrollkommission eine Woche später, am 5. Juni 1947, zum letzten Mal traf, vertuschte sie die Beweise für Callens Ehe mit Zalmond Franklin. Ein stenografischer Bericht des Treffens mit dem Titel „Fall der Genossin S.“ wird hier vollständig wiedergegeben:

„Fall der Genossin S.

5. Juni 1947.

Gemeinsame Sitzung von Kontrollkommission und Sekretariat.

ZWECK des Treffens: Einen Bericht von WP-Mitgliedern über Gerüchte bezüglich Genossin S. zu hören, die ihnen zur Kenntnis gebracht wurden.

Bericht von Shachtman: ‚Etwa ein, zwei oder drei Wochen nach Budenz‘ Buch ‚THIS IS MY STORY‘ kam ein zuverlässiger Freund von uns und erzählte mir, dass ein FBI-Agent ihn besucht habe, um einige Informationen zu erhalten. Im Verlauf des Gesprächs erzählte der FBI-Mann unserem Freund Jones, dass die Stalinisten eine Agentin in der SWP hätten. Er fragte dann, ob Jones eine gewisse ‚S‘ in der SWP kenne, die im Jahr 1939 aus Chicago gekommen war, einen Job im Büro der SWP bekam und dann Privatsekretärin von Cannon wurde. In Chicago arbeitete sie für einen Arzt. Sie hatte einen stalinistischen Freund namens Irving.’

Den WP-Genossen wurde dann die Kurzbiografie von ‚S‘ mitgeteilt, wie sie uns von ihr geschildert worden war.

Genosse G. von der WP erzählte dann von dem ersten Treffen mit ‚S‘ auf einer Mitgliederversammlung in Chicago auf der NW-Seite, etwa im Jahr 1937.

Die WP-Mitglieder versicherten uns, dass sie mit niemandem über die Angelegenheit gesprochen hätten und dies auch nicht tun würden. Sie stimmten zu, dass diese Informationen ausschließlich auf den Angaben eines FBI-Mannes beruhten, fühlten sich aber verpflichtet, uns die Angelegenheit mitzuteilen.

Cannon wies darauf hin, dass die einzigen Fakten, aus denen der FBI-Mann auf ihre Eigenschaft als stalinistische Agentin in der SWP geschlossen hatte, Folgende waren:

1 – Dass diese Genossin 1939 von Chicago nach New York kam.

2 - Dass sie in Chicago für einen Arzt gearbeitet hatte.

3 - Dass sie einen Job als Stenografin im Büro der SWP bekam und später Cannons Privatsekretärin wurde.

4 - Dass sie einen Freund namens Irving hatte oder hat.

Eine Diskussion folgte und der allgemeine Konsens war, dass die oben genannten Tatsachen weder den Gerüchten Glaubwürdigkeit verleihen noch weitere Maßnahmen rechtfertigen.

Nachdem die WP-Mitglieder gegangen waren, wurde die Diskussion fortgesetzt und der folgende Antrag gestellt und angenommen:

ANTRAG: Dass die Aussagen des FBI-Mannes keine Grundlage für den Verdacht gegen Genossin ‚S‘ bieten und wir dies Genossin ‚S‘ mitteilen.

Dass wir den Fall niemandem gegenüber erwähnen und die WP-Genossen bitten, auch nicht darüber zu sprechen.

Dass wir auf Hinweise für Klatsch in dieser Angelegenheit achten und im Falle, dass sich ein solcher entwickelt, umgehend entsprechend der Umstände handeln, die durch die neuen Entwicklungen vorgegeben werden.

Rose Karsner
Kontrollkommission“

Die Reaktion der SWP war eine unaufrichtige Vertuschung. Shachtman und Glotzer hatten der Kontrollkommission klare und belastbare Fakten geliefert. Die öffentlich zugänglichen Informationen über die Rolle der Franklin-Familie als öffentliche Fürsprecherin des Stalinismus bewiesen endgültig, dass Sylvia Callen über ihre Verbindungen zur Kommunistischen Partei gelogen hatte.

Die SWP hätte durchaus das Recht gehabt, eine Untersuchung durch eine GrandJury über Callens Rolle zu verlangen, so wie sie es bei Louis Budenz gefordert hatte. Am 5. Juni 1947, am selben Tag, an dem die zweite Sitzung der SWP-Kontrollkommission stattfand, erschien Budenz endlich vor einer Grand Jury in New York. Die SWP stand in regelmäßigem Kontakt mit dem Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, den sie getroffen hatte, um die Petitionen einzureichen, in denen eine Anklage durch die Grand Jury gefordert worden war. Nun hielt die SWP den Beweis in den Händen, dass die GPU die Parteiführung mit einer Agentin unterwandert hatte, die Zugriff auf streng vertrauliches internes Material hatte. Dies war ein wichtiger Durchbruch in den Bemühungen, die Infiltration der trotzkistischen Bewegung durch die GPU aufzudecken.

Aber die SWP unternahm nichts, um Callens Rolle zu untersuchen. Sie hätte Callen ausschließen müssen, weil sie gelogen und ihren Hintergrund verheimlicht hatte. Sie hätte diese Informationen veröffentlichen müssen, sie den Enthüllungen von Budenz und der Flut an Informationen über die Unterwanderung der SWP durch die GPU und deren Rolle bei der Ermordung Leo Trotzkis hinzufügen müssen. Stattdessen ließ die SWP Callen in Ruhe und verabschiedete einen Beschluss, „dass wir den Fall niemandem gegenüber erwähnen und die WP-Genossen [Shachtman und Glotzer] ebenfalls bitten, nicht darüber zu sprechen“. Die Kontrollkommission beschloss, sie werde „im Falle, dass sich ein solcher Klatsch entwickelt, umgehend entsprechend der Umstände handeln, die durch die neuen Entwicklungen vorgegeben werden“. Cannons Frau und Callens gute Freundin, Rose Karsner, war die einzige Unterzeichnerin des stenografischen Berichts vom 5. Juni 1947.

Indem sie diese wichtigen Informationen zurückhielt, blockierte die SWP genau die Untersuchung, die sie ursprünglich gefordert hatte.

Der Nachruf auf Callens Schwiegervater Samuel Franklin

Budenz‘ Entlarvung von Callen war für Cannon ohne Frage ein verheerender politischer und persönlicher Schlag. Er muss die politischen Auswirkungen von Callens Verrat sofort erkannt haben. Die Sicherheit der SWP war schwer kompromittiert worden. Callen hatte Zugang zu Dokumenten, Unterlagen und internationaler Korrespondenz der Partei. Cannon war mit einem Albtraum konfrontiert, der nur allzu real war. Dennoch wären Cannon und die Kontrollkommission politisch unabweislich verpflichtet gewesen, die Wahrheit herauszufinden. Stattdessen verhielten sie sich in einer Weise, die nicht zu rechtfertigen war, und vertuschten bewusst Callens Rolle als stalinistische Spionin.

Callen verließ die Bewegung unmittelbar nach der SWP-Kontrollkommission und zog von New York weg. Ihr plötzliches Verschwinden wurde den Mitgliedern weder mitgeteilt noch erklärt. Darüber hinaus wurde über Budenz‘ Auftritt vor der Grand Jury im Militant kaum berichtet; bald stellte die SWP die Berichterstattung über die Enthüllungen von Budenz insgesamt ein.

***

Budenz‘ Buch Men Without Faces und das Komitee für unamerikanische Umtriebe (House Committee on Un-American Activities)

Budenz' Buch Men Without Faces

Im Jahr 1950 veröffentlichte Louis Budenz ein zweites Buch, Men Without Faces, in dem die Agentin, die in die nationale Parteizentrale der SWP eingeschleust worden war, noch genauer beschrieben wurde.

Budenz schrieb: „Kurz bevor ich 1937 nach Chicago ging und Herausgeber des Midwest Daily Record wurde, gab mir Roberts [Dr. Gregory Rabinowitz, der Verantwortliche für die GPU-Agenten] den Auftrag, eine Genossin zu kontaktieren, die dort die trotzkistische Organisation unterwanderte.“ [30]

Obwohl er das Pseudonym „Helen“ anstelle des richtigen Vornamens der Spionin verwendete, ließ der von Budenz geschilderte Lebenslauf keinen Zweifel daran, dass er die Geschichte Sylvia Callens, ihrer Rekrutierung durch die GPU und ihrer erfolgreichen Einschleusung in die Parteizentrale der SWP erzählte.

„Unter den Mitgliedern der Chicagoer YCL [Young Communist League] gab es ein junges Paar, das wir hier Helen und Irving nennen wollen.“ Den beiden „wurden gefährliche Geheimaufträge zugewiesen. Die eher ruhige und unauffällige Helen war beauftragt, die trotzkistischen Gruppen zu unterwandern. Irving ging als Mitglied der Abraham-Lincoln-Brigade nach Spanien. Er wurde dort unter Steve Nelson und dem furchteinflößenden George Mink als Spezialagent eingesetzt, um ‚Feinde der Partei‘ aufzuspüren und zu beseitigen.“

„Helen musste nach New York ziehen und die Trotzkisten auf nationaler Ebene infiltrieren“, fuhr Budenz fort. „Ich war damals in Chicago und hatte ihre Versetzung auf Anweisung des sowjetischen Geheimdienstmitarbeiters arrangiert, mit dem ich zusammenarbeitete. Dieser war mir nur als ‚Roberts‘ bekannt.“ [31]

Budenz beschrieb sein erstes Treffen mit Callen.

„Unser erstes Zusammentreffen fand bei [dem Chicagoer YCL-Vorsitzenden] Kling in seinem Haus westlich von Chicago statt. Mit zugezogenen Vorhängen, sodass uns niemand beobachten konnte, arrangierten wir die Art und Weise, wie ich mit Helen in Kontakt treten konnte. Sie war erpicht darauf, in größerem Rahmen für die Partei unter den Trotzkisten zu arbeiten. Sie hatte sich schon als Freiwillige gemeldet, bevor sie wusste, worum es bei dem Auftrag ging.“ [32]

Budenz war beeindruckt von Helen-Sylvias „sanfter Stimme und konservativer Kleidung, die ihrer Position als Sozialarbeiterin entsprach und ihre Eignung als verdeckte Agentin noch erhöhte“. Budenz „arrangierte private Treffen mit ihr an verschiedenen Orten im Süden Chicagos, wo sie einen Großteil ihrer Sozialarbeit leistete“. Er überredete sie, nach New York zu ziehen, „nachdem ich mich von ihrer Loyalität und ihren Fähigkeiten überzeugt hatte“. [33]

Das Büro der SWP in New York, 116 University Place, aufgenommen 1975

Budenz schrieb, dass Rabinowitz Callen „mit 300 Dollar in bar versorgte, um ihr Erste-Klasse-Ticket nach New York und ihre anfänglichen Ausgaben dort zu decken. Dann erklärte er ihr, wie sie vorgehen sollte. Sie würde eine Wohnung mitten in Manhattan beziehen; weiterhin seien Vorkehrungen für ihre scheinbare Beschäftigung bei einer Ärztin getroffen worden, die ein zuverlässiges Parteimitglied war. Das würde ihr regelmäßiges Einkommen und auch ihre unregelmäßigen Arbeitszeiten erklären. In der Parteizentrale der Trotzkisten am University Place und in der 13. Straße könne sie sich dann freiwillig für stenographische und andere Büroarbeiten melden.“ [34]

Es wurden klare Auflagen festgelegt. „Als kardinale Regel galt, dass weder Irving zu ihrer Wohnung gehen durfte, noch beide jemals zusammen in der Öffentlichkeit erscheinen sollten.“ [35]. Die Stalinisten waren sich des öffentlichen Profils von Zalmond Franklin und der weithin bekannten Rolle seiner Familie als Führer der Kommunistischen Partei in Milwaukee bewusst. Sie wussten, dass Callens Rolle als GPU-Agentin aufflöge, wenn die SWP die Identität ihres Ehemanns entdecken würde. Callen hielt sich an diese Regel und verbarg ihre Ehe vor der SWP.

„Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren: Helen zog nach New York und Irving ließ sich bald in der Bronx nieder. Helen schmeichelte sich so sehr bei den führenden Trotzkisten ein, dass sie bald eine enge Freundin von James Cannon, dem Vorsitzenden der amerikanischen Trotzkisten, und seiner Frau Karsner wurde. Sie übernahm die vollständige Leitung der trotzkistischen Büros, wurde Cannons Sekretärin und stellte der sowjetischen Geheimpolizei die gesamte Korrespondenz mit Trotzki in Mexiko-City und mit anderen Trotzkisten weltweit zur Verfügung". [36]

Callen diktiert die Reaktion der SWP auf Men Without Faces

Farrell Dobbs

Budenz‘ Bericht über Callens Tätigkeit in Men Without Faces war detailliert und unwiderlegbar. Dennoch versuchten die Führer der SWP, den öffentlichen Schein zu wahren, Callen sei eine hingebungsvolle und fleißige Genossin.

Aber der Druck, eine Antwort auf Budenz zu geben, war zu groß. Im August 1950 entsandte die Parteiführung Farrell Dobbs nach Chicago, um Callen in ihrem Haus zu treffen und sie zu fragen, wie die Partei antworten solle.

In einem Brief an Cannon vom 21. August 1950 berichtete Dobbs über sein Treffen mit Callen. Er schrieb:

Chicago, Illinois

21. August 1950

Lieber Jim,

Ich habe ‚S‘ besucht. Als ich ihr den Abschnitt im Budenz-Buch zeigte und ihr vom Geschwätz Shachtmans erzählte, reagierte sie mit einer Mischung aus Wut gegen ihre Verleumder und Angst um ihre Familie.

Sie sagte mir, dass das FBI sie und ihre Familie verfolgt habe. Infolgedessen habe ihr Vater fast seinen Job verloren. Er sei informiert worden, er werde gefeuert, falls es weitere Ermittlungen gebe. Das FBI habe versucht, sie über die Partei auszufragen. Sie habe sich aber geweigert, ihnen irgendwelche Informationen zu geben.

Ihre Familie weiß nun Bescheid und hat sie stark unter Druck gesetzt, sich von der Bewegung fernzuhalten.

Sie will weder direkt noch indirekt an einer Antwort an Budenz beteiligt sein. Ich fragte sie, ob sie bereit wäre, sich mit Mike und mir zusammenzusetzen, um uns zu helfen, einige der Fakten zu sammeln, die notwendig sind, um Budenz zu widerlegen, ohne sie offen oder direkt einzubeziehen. Sie sagte, sie wolle sich in keiner Weise in die Sache hineinziehen lassen.

Ich sagte ihr, wir hielten es für absolut notwendig, auf Budenz‘ Anschuldigungen zu antworten. Sie fragte, ob wir nicht einfach eine Erklärung abgeben könnten, dass schon vor drei Jahren eine umfassende Untersuchung seiner Behauptungen durchgeführt wurde. Danach hätte sich seine Geschichte als falsch erwiesen und er sei als Rufmörder bloßgestellt worden. Sie fragte, ob die Erklärung nicht allgemein gehalten, d. h. nicht auf eine bestimmte Person bezogen werden könne, um ihn zu widerlegen. Man solle eher behaupten, dass eine Person, wie er sie beschreibt, niemals im Parteibüro gewesen sei.

Sie schien bei guter Gesundheit zu sein und sich zu freuen, mich zu sehen. Sie erkundigte sich nach allen. Bisher hatte sie nichts von Oscar [Coover, einem langjährigen Führer der SWP, der Anfang des Jahres gestorben war] gehört.

Ich denke, es hat keinen Sinn, sie in dieser Angelegenheit weiter zu bedrängen. Es scheint das Beste zu sein, so weiterzumachen, wie wir es vereinbart haben, als wir die Frage im Sekretariat gleich nach dem letzten Plenum diskutierten.

(unterschrieben) Farrell

Die SWP schickte Dobbs zu Callen, weil sie wissen wollte, ob sie mit dem FBI über die Partei und ihre Führung gesprochen hatte. Der merkwürdige, Dostojewski-artige Charakter des Briefs rührt daher, dass die SWP eine Geschichte auftischte, die sie selbst erfunden hatte und von der sie wusste, dass sie gelogen war. Indem sie jede Untersuchung von Callens Verbindungen zur Kommunistischen Partei verhinderten und Budenz‘ Enthüllungen und Shachtmans und Glotzers Warnungen als „Gerüchte“ und „Geschwätz“ bezeichneten, schufen sie ein erlogenes Narrativ, das sie unbedingt aufrechterhalten wollten.

Dobbs' Brief von 1950 an James Cannon über sein Gespräch mit Sylvia Callen

Callen gab der SWP dreist vor, wie sie auf die Enthüllungen von Budenz reagieren solle. Sie wies Dobbs an, einfach die Existenz von Personen zu leugnen, die „Helens“ Beschreibung entsprechen. Er solle die Ergebnisse der Kontrollkommission von 1947 als Beweis anführen, dass die Anschuldigungen gegen sie unbegründet seien. Die SWP-Führer folgten den Anweisungen Callens – eine Entscheidung, die ebenso feige wie doppelzüngig war.

Eine Woche nach Dobbs‘ Brief, am 28. August 1950, veröffentlichte Cannon einen Artikel im Militant, in dem er bestätigte, dass die Partei einen Bericht über eine mögliche GPU-Agentin in der Parteizentrale erhalten hatte. Cannon nannte Budenz einen „bekannten berufsmäßigen Meineidigen“ und schrieb, dass die Verweise auf „Helen“ in Men Without Faces falsch seien.

„Diese Geschichte, die von Budenz Mitte des Jahres 1950 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, ist uns seit mehr als drei Jahren bekannt. 1947 erhielten wir einen ‚Hinweis‘, der angeblich in erster Linie aus dem Umkreis des FBI herrührte, dass eine der Büroangestellten in der Parteizentrale, die namentlich und insbesondere durch frühere Laufbahn- und Biographieangaben identifiziert wurde, eine Agentin der Stalinisten sei.“ [37]

Cannon beschrieb Callen als bloße „Büroangestellte“ und nicht als seine persönliche Sekretärin. Er behauptete, dass „dieser Bericht gemäß den Prinzipien der revolutionären Arbeiterbewegung unverzüglich der parteiinternen Kontrollkommission zur Untersuchung übergeben worden war“. Diese Untersuchung habe „einwandfrei festgestellt, dass die ‚Informationen‘, die zur Identifizierung der beschuldigten Genossin bezüglich ihrer Biographie, ihrer früheren Tätigkeit und ihres Privatlebens angeführt wurden, falsch waren. Es war uns damals klar, dass der Vorwurf entweder auf einer irrtümlich angenommenen Identität beruhte oder eine gezielt platzierte Geschichte war, um Angst vor Agenten in der Organisation auszulösen.“ [38]

Dieser Bericht war von Anfang bis Ende gelogen. Die Kontrollkommission vertuschte die Tatsache, dass Callens Aussage den Bericht von Shachtmans und Glotzers Informanten bestätigt und dass sie über ihre Ehe mit einem führenden Stalinisten gelogen hatte. Der Bericht schloss mit der Verpflichtung der Anwesenden auf Verschwiegenheit und wurde von der engen, persönlichen Freundin der Beschuldigten, Rose Karsner, unterzeichnet. Weit entfernt davon, die Angaben des Informanten zu widerlegen, bestätigten die Anhörungen der Kontrollkommission, dass Callen 1939 nach Chicago gezogen war und der Partei verschwiegen hatte, dass sie mit einem Stalinisten verheiratet und ein ehemaliges Mitglied der stalinistischen Jugendbewegung war. Sie verließ die SWP umgehend, nachdem ihre Tarnung aufgeflogen war. Für diese Tatsachen gab es keine harmlose Erklärung.

Den Anweisungen Callens folgend fügte Cannon hinzu, dass die Behauptungen von Budenz „weder auf diese Person noch auf andere Personen zutreffen, die jemals in der Parteizentrale der Socialist Workers Party gearbeitet haben“. Er behauptete fälschlicherweise, dass „die Kontrollkommission den Vorwurf zurückgewiesen und die beschuldigte Genossin entlastet hat. Sie hat mit der Untersuchung voll kooperiert, alle ihr gestellten Fragen beantwortet und der Kontrollkommission alle Daten zu ihrer Biographie und früheren Berufen, die einer Überprüfung unterzogen wurden, zur Verfügung gestellt.“ [39]

Tatsächlich waren weder Callens Behauptungen überprüft worden, noch gab es eine gründliche Untersuchung. Vom ersten Besuch Shachtmans und Glotzers bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse der Kontrollkommission waren kaum mehr als zwei Wochen vergangen. Callen hatte nicht mit der SWP kooperiert.

Budenz war jedoch noch nicht fertig mit der Enttarnung Callens. Am 11. November 1950 legte Budenz dem Komitee für unamerikanische Umtriebe (House Un-American Activities Committee) eine eidesstattliche Erklärung vor, die neue Details zur Rolle von Sylvia Callen-Caldwell enthielt. Diesmal verzichtete Budenz auf den fiktiven Namen ‚Helen‘.

„Eine andere Person, die ich Roberts vorstellte“, sagte Budenz aus und bezog sich dabei auf den Decknamen für Dr. Gregory Rabinowitz, „war Sylvia Caulwell[sic], deren Mädchenname Sylvia Kallen[sic] oder ähnlich lautete.

Ihr Ehemann, Irving Franklin, war in Spanien als Geheimagent tätig gewesen und nach Kanada geschickt worden, um dort bei Spionageaktivitäten zu helfen. [...] Unterdessen machte sich Sylvia unter der Leitung von Roberts-Rabinowitz allmählich für James Cannon, damals Chef der amerikanischen Trotzkisten, unentbehrlich. Sie wurde seine Sekretärin und arbeitete für einige Zeit in dieser Funktion. Roberts-Rabinowitz hat mir mitgeteilt, dass sie sich als unschätzbar erwiesen hat.“ [40]

Die SWP reagierte nicht auf diese Aussage.

Joseph Hansen und die Vertuschung der SWP

Die Titelseite von Isaac Don Levines Buch über Trotzkis Mörder, Ramon Mercader

In den folgenden Jahren mehrten sich die Beweise gegen Franklin, doch die SWP verteidigte sie weiterhin nach dem Muster, das Franklin in ihrem Treffen mit Dobbs entworfen hatte und das in Cannons Artikel vom 28. August 1950 wiederholt worden war.

Im Jahr 1954 und erneut 1958 trat Franklin als Zeugin vor Federal Grand Juries auf, die die Sowjet-Spionage in den USA untersuchten. Bei ihrem ersten Auftritt berief sie sich auf ihr Schweigerecht gemäß dem Fünften Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung. Im Jahr 1958 gab sie jedoch zu, dass sie tatsächlich eine GPU-Agentin war. Diese Aussage wurde erst nach 25 Jahren bekannt.

1959 veröffentlichte der Journalist Isaac Don Levine jedoch ein Buch über Ramón Mercader und die Ermordung Trotzkis durch die GPU mit dem Titel The Mind of An Assassin. Darin wurde Budenz' Aussage untermauert.

Levine schrieb:

„Er [Budenz] ermöglichte es dem NKWD [der GPU], Trotzkis Post an seine New Yorker Anhänger zu öffnen und zu stehlen. Er brachte ein Mädchen der Kommunistischen Partei, eine Sozialarbeiterin aus Chicago, dazu, nach New York zu ziehen und ihre Dienste dem Führer der amerikanischen Trotzkisten James Cannon anzubieten: ‚Sie hatte die vollständige Leitung der trotzkistischen Büros unter sich, wurde Cannons Sekretärin und stellte der sowjetischen Geheimpolizei die gesamte Korrespondenz mit Trotzki in Mexiko-City und mit anderen Trotzkisten weltweit zur Verfügung‘, sagte er aus.“ [41]

Der damalige Vorsitzende der SWP Joseph Hansen versuchte, Levine davon zu überzeugen, die Sache fallen zu lassen. Hansen war Mitte der 1930er Jahre der SWP beigetreten und arbeitete in Coyoacan, wo er Trotzki als Sekretär assistierte und für die Sicherheit zuständig war. Tatsächlich traf er als Zweiter  nach Harold Robins, dem Leiter der Wache  am Tatort ein, nachdem Mercader den tödlichen Schlag gegen Trotzki ausgeführt hatte. Hansen berichtete Cannon am 24. Oktober 1958 über ein Gespräch mit Levine zu dessen Buch:

„Er wollte von mir Informationen über Spione oder Beweise für Spione, die in unserer Bewegung oder in deren Umfeld arbeiten. Da ich über keine solche Informationen verfüge, konnte ich ihm nicht helfen; als er auf Sylvia Caldwell zu sprechen kam, hoffe ich, dass ich ihm einige Anregungen geben konnte, um dieses Gerücht zu ersticken.“

Joseph Hansen

Am 19. März 1960 beantwortete Hansen eine dringende Nachricht von Gerry Healy, dem damaligen nationalen Sekretär der Socialist Labour League, der britischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale. Healy erkundigte sich bei Hansen, was er über einen Bericht in Levines Buch zu einem weiteren GPU-Agenten namens „Etienne“ wusste. „Etienne“ war der Parteinamen von Mark Zborowski, einem in Paris ansässigen GPU-Agenten, der eine zentrale Rolle bei der Versorgung der stalinistischen Geheimpolizei mit Informationen spielte. Diese Informationen ermöglichten die Morde an Trotzkis Sohn Leon Sedow, Trotzkis politischen Sekretären Erwin Wolf und Rudolf Klement sowie dem GPU-Überläufer Ignaz Reiss. Reiss hatte zuvor die Sowjetunion verlassen, um der Vierten Internationale beizutreten.

Hansen verwies auf seine eigene Rezension von Levines Buch und versuchte, Healys Interesse an Etienne durch die Behauptung abzulenken, die SWP könne niemanden erübrigen, um den Prozess gegen Etienne Zborowski wegen Meineids im Jahr 1958 zu verfolgen. Bei diesem Prozess war Zborowski wegen seiner Verbindungen zu Jack Soble – einem Agenten der GPU, der ein Agentennetz in den Vereinigten Staaten anführte – zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. In Wirklichkeit hatten weder Hansen noch die SWP Interesse daran, über einen Prozess zu berichten, der die Einzelheiten der Infiltration der Vierten Internationale durch die GPU aufdecken konnte.

Trotzkis Sekretäre Rudolf Klement und Erwin Wolf, der Überläufer der GPU Ignaz Reiss und Trotzkis Sohn und engster Mitarbeiter Leon Sedow – alle von der GPU ermordet

Hansen behauptete, bei seiner Rezension von The Mind of An Assassin hätte er „beschlossen, dem Fall Etienne nicht viel Platz einzuräumen“, weil Levine ein Antikommunist gewesen sei. Hansen sagte, er halte Levines Hinweis auf Cannons persönliche Sekretärin und ihre Identifikation als GPU-Agentin für eine seiner typischen Fälschungen und fügte hinzu: „Aber das hätte auch einen Artikel über unsere damalige Untersuchung der Verleumdungen erfordert, und die Rezension wäre dadurch aus dem Gleichgewicht geraten.“

Hansen fuhr fort: „Eines unserer Hauptanliegen war es, Levines Ansicht, unsere Organisationen seien voller Agenten, nicht die geringste Unterstützung zu geben. Eine solche Ansicht ist tödlich und kann unvergleichlich größeren Schaden anrichten als der gelegentliche Polizeispitzel, der in jeder Organisation mal auftaucht.“ [43]

Cannons Brief an seine Frau, Rose Karsner

Wochen später, im April 1960, schrieb Cannon einen Brief aus Los Angeles an seine Frau Rose Karsner, der hier zum ersten Mal veröffentlicht wird. In entmutigtem Ton schrieb Cannon:

„Ich habe wenig Lust zu schreiben, aber ich schicke diese Nachricht, damit Du Dir keine Sorgen machen musst, dass etwas nicht stimme. Geistig bin ich müde und antriebslos. Ich verbringe die Zeit damit, Dinge zu lesen, die leicht zu lesen sind, ein wenig nachzudenken, aber vor allem zu sinnieren, mich zu erinnern und zu reflektieren. Die meisten meiner Gedanken und Erinnerungen in diesen Tagen sind traurig, und das lähmt den Willen zu arbeiten oder auch nur einen Plan für späteres Arbeiten zu machen.

Die Erinnerungen an die Arbeit, die ich in der Vergangenheit geleistet habe – nicht das Redenhalten und Schreiben, was das einfachste und wohl auch alles war, was andere wirklich wahrgenommen haben, sondern die Leute mitzuziehen – bewirkt bei mir eine verspätete Reaktion von geistiger Ermattung. Ich habe das Gefühl, dass ich bereits all die Schwerarbeit für andere getan habe, die leisten kann oder auch leisten möchte...

Ich will für niemanden mehr etwas tun – tatsächlich kann ich es auch nicht – und ich will nicht, dass jemand etwas für mich tut, außer routinemäßige, technische Dinge. Das meiste, was ich jetzt von den Leuten verlange, ist, mich in Ruhe zu lassen, nicht an mir zu zerren oder zu versuchen, mich zu drängen, und vor allem nicht von mir zu erwarten, dass ich sie aufrichte, sie inspiriere und versuche ihre Probleme zu lösen.“ [44]

Im selben Jahr wurde Sylvia Callen im Prozess gegen den GPU-Spion Robert Soblen, den Bruder von Jack Sobles, als nicht angeklagte Mitverschwörerin erwähnt. Dabei kamen weitere Informationen über Callens Rolle ans Licht. Soble bezeugte: „Ich drang weiter in Trotzkis Umfeld vor und arbeitete mit Cannons Sekretärin, Sylvia... die mir ebenfalls von denselben Russen vorgestellt wurde, die schon vorher für sie [den Agentenring] gearbeitet hatten... Sie sammelte Unterlagen im Sekretariat von Cannon und gab sie mir ... reine Trotzki-Unterlagen.“ [45]

Die GPU-Agenten Jack Soble und Robert Soblen

Erneut unterließ es die SWP, über den Prozess und diese Zeugenaussage zu berichten. Das Fehlen jeglicher Berichterstattung im Militant über den Soblen-Prozess – der es sogar auf die Titelseite der New York Times schaffte – ist umso belastender, als ein weiteres prominentes Ex-Mitglied der SWP, Floyd Cleveland Miller, ebenfalls als Mitverschwörer der GPU aufgeführt war.

Die Vertuschung von Callens Rolle als GPU-Agentin wurde zur offiziellen Politik der SWP-Führung. Auf eine Art und Weise, die durch unschuldige Erklärungen nicht zu rechtfertigen ist, bemühte sich die SWP nach Kräften, um den Anschein ihrer Vertrauenswürdigkeit zu wahren, indem sie den Mythos von Cannons selbstloser Sekretärin aufrechterhielt und Budenz als Meineidigen anprangerte.

Am 12. November 1966 richtete Cannon ein Schreiben an Reba Hansen, die Ehefrau von Joseph Hansen, in dem es um einen Vorschlag eines Parteimitglieds zur Änderung der Funktionsweise der SWP-Kontrollkommission ging. Cannon ging diese Sache auf völlig verlogene Weise an.

Cannon erklärte, dass die Kontrollkommission der Partei einem „doppelten Zweck“ diene. Zum einen solle die Sicherheit der Partei aufrechterhalten werden, zum anderen aber solle die Kommission „die maximale Garantie bieten, dass jedes Parteimitglied, das als der Parteimitgliedschaft unwürdig beschuldigt oder verdächtigt wird, auf eine äußerst gründliche Untersuchung zählen kann“. [46]

Um seine Position zu untermauern, zitierte Cannon den Fall Callen-Caldwell, ohne sie beim Namen zu nennen. Er behauptete, dass damals „ein Gerücht, das von den Shachtman-Anhängern und anderen Leuten von außerhalb der Partei gegen die Integrität einer Sekretärin des nationalen Parteibüros verbreitet wurde, von der Kontrollkommission gründlich untersucht wurde. Diese hat nach Einholung stenographischer Aussagen von allen verfügbaren Quellen die Gerüchte für unbegründet erklärt und grünes Licht für die Fortsetzung der Arbeit des beschuldigten Parteimitglieds gegeben.“ [47]

Dieser Brief an Reba Hansen war eindeutig für die Öffentlichkeit bestimmt und diente dazu, Fragen über die offizielle Geschichte zu unterdrücken, insbesondere bei älteren SWP-Mitgliedern, die sich gefragt haben müssen, warum Sylvia Callen plötzlich die Partei verlassen hatte.

Cannon versäumte es in seinem Brief zu erklären, dass Callen-Caldwell nicht einfach „eine Sekretärin der Parteizentrale“ war, sondern seine persönliche Sekretärin, Assistentin und enge Freundin seiner Frau. Er unterschlug die Tatsache, dass sie – kurz nachdem sie das OK „für die Fortsetzung ihrer Arbeit“ erhalten hatte – die Partei verließ. Die Kontrollkommission von 1947 hatte die Angelegenheit weder „gründlich“ untersucht noch Aussagen „von allen verfügbaren Quellen“ gesammelt, wie Cannon behauptete. Callens Lügen wurden von Budenz, Levine und Soble aufgedeckt, doch die Kontrollkommission der SWP vertuschte ihre wahre Rolle.

Die SWP verteidigt Hansen und Franklin

1975 begann das Internationale Komitee eine eigene Untersuchung zur Sicherheit und die Vierte Internationale. Die ersten Erkenntnisse beinhalteten Beweise für Hansens Treffen mit dem FBI und dem Außenministerium sowie Informationen über Callens Rolle als GPU-Agentin.

Hansen bezeichnete die Enthüllungen als „Geysir von Schmutz“. Er schrieb, dass „die Healy-Anhänger nirgendwo einen Beweis für ihren Vorwurf vorlegten, dass der Agent Robert McGregor, mit dem er sich getroffen hatte, mit einem Agenten des FBI in Verbindung stand“. [48]

Hansen wies die Forderung des IKVI nach einer Untersuchungskommission zu Trotzkis Ermordung zurück und fügte hinzu:

„Sylvia Caldwell (das war ihr Parteiname) arbeitete sehr hart, um ihrer schwierigen Aufgabe gerecht zu werden, das Büro der Socialist Workers Party zu leiten, wozu auch Sekretariatsarbeit für Cannon gehörte. Alle Genossen, die diese mühsame Arbeit mit ihr teilten, nahmen sich an ihr ein Beispiel. Sie waren genauso empört wie sie über die gemeinen Verleumdungen von Budenz.“ [49]

In der Ausgabe der Zeitschrift der SWP Intercontinental Press vom 8. Dezember 1975 griff das führende SWP-Mitglied George Novack Healys „rücksichtslose und willkürliche Anschuldigungen“ gegen „Sylvia Caldwell, Cannons Sekretärin,“ an und schrieb, dass Healy „in seinen wütenden Bestrebungen, Joseph Hansen und seine Kollegen zu verdächtigen, alles für erlaubt hielt“. [50]

Eine Doppelseite aus der IKVI-Veröffentlichung „Für eine Untersuchungskommission“ zu Budenz‘ Enthüllungen

Anfang 1976 veröffentlichte die SWP eine Sammlung von Essays, die dem Wirken des im August 1974 verstorbenen James P. Cannon gewidmet waren. Unter dem Titel James P. Cannon As We Knew Him enthielt der Band Beiträge verschiedener SWP-Mitglieder, darunter einen von Joseph Hansens Frau Reba Hansen, der die folgende außergewöhnliche Hommage enthielt:

„Während dieser Jahre war Sylvia Caldwell als Sekretärin in der Parteizentrale tätig, unter anderem bei Jim, der das Amt des nationalen Sekretärs innehatte. Sie war die zweite hauptberufliche Sekretärin der Partei. Die erste war Lillian Roberts.

Jim erzählte uns oft, wie schwierig es ‚in den alten Zeiten‘ war, Dinge zu erledigen, weil er keine Sekretärin hatte. Er sagte, er sei dankbar für jede Hilfe, die er bekommen könne, und er habe es nie versäumt, seine tiefe Wertschätzung für die Unterstützung zu zeigen, die Sylvia geleistet habe.

Jim erzählte gern, dass Sylvia auf eine Wirtschaftsschule ging, um Stenografie zu lernen, als ihr vorgeschlagen wurde, in der Parteizentrale zu arbeiten. Das war vor den Zeiten der Diktiergeräte und Stenografie war unerlässlich, um angemessene Sitzungsprotokolle zu erstellen und Diktate für Briefe und Artikel zu bewerkstelligen. Sylvia lernte schnell und gut. Ihre Stenografie-Zeichen waren wie Kupferstiche, ihr Tippen ohne Korrekturen und Ausradierungen.

Wenn in der Parteizentrale sehr viel zu tun war und Sylvia Hilfe brauchte, ging ich ihr zur Hand und arbeitete sehr eng mit ihr zusammen. Ihre Leistungsfähigkeit hat mich beeindruckt. Sie beherrschte alles Nötige, um ein Ein-Mann-Büro am Laufen zu halten. Ihre Aufopferung für die Bewegung und ihre Bereitschaft, stundenlang harte Arbeit zu leisten, haben uns alle inspiriert.

Sylvia und ich wurden enge Kollegen und gute persönliche Freunde. Sie war ein warmherziger Mensch.

Als Sylvia 1947 New York wegen familiärer Verpflichtungen verließ, bat mich Jim, ihren Platz in der Parteizentrale einzunehmen. Da dies eine enge Zusammenarbeit mit Jim bedeutete, war ich ein wenig nervös, aber Sylvia half mir bei meinem Wechsel von der Geschäftsführerin des Militant zu meiner neuen Aufgabe.

Damals wohnten Rose und Jim in der 126 West Eleventh Street, siebter Stock. Das Apartmenthaus war modern – es hatte einen Aufzug – und die Zimmer waren für New Yorker Verhältnisse groß. Der vordere Raum in Richtung Eleventh Street war groß genug für zwei Schreibtische, mehrere Aktenschränke und einen Arbeitstisch. Sylvia nahm mich dorthin mit, um mit ihr zu arbeiten und angelernt zu werden.

Aber Jim fiel es nicht leicht, die Sekretärin zu wechseln. Erst nachdem Sylvia bereits einige Zeit weg war, hatte sich Jim in der Parteizentrale an die Zusammenarbeit mit mir gewöhnt und lud mich ein, in die West Eleventh Street zu kommen.“ [51]

Es gibt keine harmlose Erklärung für diese verlogene Hommage an Sylvia Callen in einem Buch, das angeblich dazu gedacht war, Cannon zu ehren. Reba Hansen wusste sehr wohl, dass Callen 1947 nicht wegen „familiärer Verpflichtungen“ plötzlich aus der Parteizentrale der SWP verschwand, sondern weil sie als GPU-Agentin entlarvt worden war. In ihrer wohlfeilen Lobhudelei für die Sekretärin Cannons, die fast ein Jahrzehnt lang die Parteizentrale geleitet hatte, erwähnte sie weder die Beschuldigungen von Budenz, noch die Kontrollkommission von 1947, noch Budenz' detailliertere Darstellung von Callens Aktivitäten im Jahr 1950, noch ihre Bezeichnung als Mitverschwörerin durch die US-Regierung im Prozess gegen den sowjetischen Agenten Robert Soblen im Jahr 1960.

***

Das IKVI findet Sylvia Callen

Callens Verteidigung durch die SWP machte es notwendig, die ehemalige Agentin aufzuspüren. 1976 leitete die Workers League (Vorgängerin der Socialist Equality Party) eine Suche nach Callen ein. Ohne den Vorteil moderner Suchmaschinen war es dafür notwendig, die Biographie dieser überzeugten und rücksichtslosen amerikanischen GPU-Agentin zu rekonstruieren. Callen hatte keine Skrupel, Menschen, mit denen sie fast ein Jahrzehnt lang täglich zusammengearbeitet hatte, auszuspionieren und zu verraten. Sie war absolut gleichgültig gegenüber den Auswirkungen ihrer Handlungen, die unter anderem auch zu Mord führten.

Um Callen zu lokalisieren, war es nötig, den Namen herauszufinden, unter dem sie jetzt lebte. Die Anklage vor einem Bundesgericht vom November 1960, die sie als Mitverschwörerin im GPU-Spionagering unter der Leitung von Robert Soblen und Jack Soble aufführte, nennt sie nur mit ihrem Mädchennamen Callen. Nach der Durchsicht der Gerichtsunterlagen konnte David North, der nationale Sekretär der Workers League, jedoch feststellen, dass Callen zum Zeitpunkt ihrer Anklage in Wheaton, Illinois, gelebt hatte.

Callen verließ Wheaton kurz nach Abschluss des Soblen-Prozesses. Aber es gab eine Spur in den Akten, der man folgen konnte. In den frühen 1950er Jahren hatte sich Callen von ihrem Mann und Co-GPU-Agenten Zalmond Franklin scheiden lassen. Er starb 1958. Callen heiratete sodann ihren zweiten Mann, James Doxsee, ein Mitglied oder Sympathisant der Kommunistischen Partei, der für ABC arbeitete. Zusammen hatten sie drei Kinder, die sie in Wheaton aufzogen. Ihr angenehmes, kleinbürgerliches Leben wurde nur durch Besuche des FBI und zwei umfangreiche Verhöre der Grand Jury gestört, wovon das erste 1954 und das zweite 1958 stattfand.

Ein Foto der GPU-Agentin Sylvia Callen, 1977 in Wheaton, Illinois

Nachdem James und Sylvia Doxsee ihr Haus in Wheaton verkauft hatten, zogen sie in einen nahegelegenen Vorort westlich von Chicago. Zur Hausfrau gewandelt, achtete Frau Doxsee darauf, ihre Vergangenheit zu verbergen und verbot ihrer Familie und den wenigen Freunden, Fotos von ihr zu machen. Mitte der 70er Jahre verkauften die Doxsees ihr Haus und kauften ein Wohnmobil, das zu ihrem mobilen Zuhause wurde. Ein Großteil ihrer Zeit verbrachten sie damit, durch Mittelamerika zu fahren.

Im Mai 1977 kehrten die Doxsees jedoch nach Wheaton zurück, um James‘ alternde Mutter zu besuchen. North war es gelungen, Callens neuen Ehenamen aufzuspüren. Im Vorfeld des geplanten Besuchs bei den Doxsees in Wheaton erfuhr North, dass sie einen Platz für ihr Wohnmobil in einer örtlichen Wohnwagensiedlung reserviert hatten. Er und Alex Mitchell, der damalige Herausgeber der News Line, der Tageszeitung der Workers Revolutionary Party (britische Sektion des Internationalen Komitees), entdeckten Sylvia Callen-Franklin-Caldwell-Doxsee in dieser Siedlung in Wheaton.

Am 9. Mai 1977 gingen North und Mitchell zum Wohnwagen der Doxsees und konfrontierten die ehemalige GPU-Spionin.

Auf ihre politische Vergangenheit angesprochen, bestätigte Doxsee (alias Callen, Caldwell, Franklin), als Sekretärin von Cannon gearbeitet zu haben, versuchte aber, ihre Jahre in der SWP als eine unwichtige Episode in ihrem Leben abzutun. Wie das Bulletin der Workers League am 31. Mai 1977 berichtete, sagte Doxsee: „Ich verstehe nicht, warum das überhaupt wichtig sein sollte. Ich war nie wirklich mit Politik befasst. Ich las nie. Ich habe das Ganze nie verstanden. Ich war nur ein unreifes Kind, das ist alles, was ich sagen kann.... Es ist, als hätte ich es verdrängt, diese ganze Periode meines Lebens.“ [52]

Über James P. Cannon, mit dem sie fast ein Jahrzehnt lang Tag für Tag eng zusammengearbeitet hatte, sagte Doxsee mit unverhohlener Verachtung: „Er war meiner Meinung nach kein bedeutender Mann. Oder? Welche Rolle spielte er in der Welt?“

Auf Drängen von North und Mitchell, zu erklären, warum sie als Mitverschwörerin in einem GPU-Spionagering angeklagt worden war, täuschte Doxsee Amnesie vor. Der folgende Austausch wurde im Bulletin berichtet:

Frage: Dies hier ist ein offizielles Dokument. Grand Jury, 1960, in der Ihr Name genau hier erwähnt wird, Sylvia Callen.

Franklin: Grand Jury Anklage!

Frage: Ja. Ich möchte Sie nur fragen, warum Sie in dieser Anklageschrift erwähnt wurden. Das ist alles, worum ich Sie bitte.

Franklin: Das kann ich nicht glauben!

Ein weiteres Dokument wurde ihr gezeigt.

Frage: Hier ist auch Ihr Name auf der Liste der Zeugen, die die Regierung aufrufen wollte.

Franklin: Mein Gott!

Frage: Sie haben keine Erklärung für Ihren Namen.

Franklin: Nein, aber das FBI kam, um mich hier zu treffen.

Frage: Warum sind sie zu Ihnen gekommen?

Franklin: Ich weiß nicht. Ich hatte danach einen Nervenzusammenbruch, also muss es ziemlich schlimm gewesen sein.

Frage: Also warum....

Franklin: Ich weiß nicht. Ich weiß es nicht. Ich will nicht darüber nachdenken.

Frage: Haben Sie einen Gedächnisverlust, der in dem Zeitpunkt beginnt, als all diese Ereignisse stattgefunden haben?

Franklin: Ich weiß nicht. Ich wünschte, Sie würden nicht versuchen, mich daran zu erinnern, sonst werde ich einen Nervenzusammenbruch erleiden. Ich kann mich nicht mehr erinnern. Es ist viele Jahre her, und ich habe es aus meinem Gedächtnis verbannt.

Frage: Ist es möglich, dass Sie in der Kommunistischen Partei waren und einfach alles vergessen haben?

Franklin: Ich weiß nicht. Ich weiß es nicht. Es ist möglich, vielleicht auch nicht. Ich kann nicht glauben, dass ich diese Person war. Ich kann nicht glauben, dass ich in diesem Büro gearbeitet habe. Dass ich seine Sekretärin war. Ich kann nichts mehr glauben. [53]

Reba und Joseph Hansen verstecken sich vor der Kamera.

Nach der Veröffentlichung des Interviews mit Sylvia Doxsee-Franklin-Caldwell-Callen am 31. Mai 1977 reagierte Hansen am 20. Juni 1977 in einem Artikel der Intercontinental Press mit dem Titel „Healyites Escalate Frame-up of Trotskyist Leaders“ (Healy-Anhänger weiten Komplott gegen trotzkistische Führer aus). In dem Artikel versuchte Hansen, Zweifel an dem „angeblichen“ Interview – wie er es nannte – zu wecken. Er erklärte, das IKVI habe „seine Verleumdungen der Führung der Socialist Workers Party eskaliert“. [54]

Hansen griff die Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale an, indem er sich auf die 1947er Kontrollkommission bezog:

„Die Mitglieder dieses ausgemachten Gremiums von Hexenjägern [d.h. des IKVI] bekennen sich zu einer Verleumdung, die sie zuvor nur angedeutet hatten, nämlich, dass die von der Socialist Workers Party im Jahr 1947 eingerichtete Kontrollkommission, die die Gerüchte über Caldwell untersuchen sollte, ‚manipuliert‘ wurde.“

Er fuhr fort:

„Wenn es zu einer Vertuschung kam, wenn die Kontrollkommission manipuliert wurde, wenn überhaupt keine Kontrollkommission abgehalten wurde, wie die Healyisten jetzt behaupten - dann fällt die Hauptschuld eindeutig auf James P. Cannon, einen der Gründer der Vierten Internationale. Nach der Logik dieser ‚Big Lie‘ [Große Lüge], wie sie von den Healyisten vertreten wird, muss Cannon als ‚Komplize der GPU‘, wenn nicht noch schäbiger bezeichnet werden.“

„Das ist nur der Anfang. Wenn Cannon ein ‚Komplize‘ oder ‚Agent‘ des GPU war, dann muss auch die gesamte oberste Führung der mit ihm verbundenen SWP so betitelt werden, denn sie hat offensichtlich an der Inszenierung des angeblichen Betrugs der Kontrollkommission mitgewirkt, sei es durch Hilfe bei der Manipulation oder, wenn sie überhaupt nicht stattgefunden hat, durch Absprachen mit Cannon, dass sie stattgefunden habe.“

„Wie weit reichen solche betrügerischen Praktiken zurück? War Cannon ein Komplize oder Agent der GPU, als er den amerikanischen Trotzkismus gründete? Als er mit Trotzki bei der Gründung der Vierten Internationale zusammenarbeitete? War sein langer Kampf gegen den Stalinismus eine Täuschung? Waren seine engen Beziehungen zu Trotzki nur eine Tarnung für seine geheime Verbindung zu Stalin? Wen hat Cannon als willige Werkzeuge für die Zusammenarbeit mit der GPU benutzt, etwa in der angeblich falschen Kontrollkommission?“ [55]

Am 25. Juni 1977 reagierte North auf Hansens Behauptungen mit einem in der News Line veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Hansen‘s Big Lie Grows Bigger“ [Hansens ‚Große Lüge‘ wird größer]. Nachdem er die obigen Absätze zitierte, schrieb North:

„Das alles kommt direkt aus der Feder von Joseph Hansen! Er wird beschuldigt, die Aktivitäten von GPU-Agenten zu decken, und deshalb antwortet er mit dem Versuch, die SWP-Mitglieder mit der Konsequenz zu erschrecken, dass seine Schuld auch Cannon zu einem stalinistischen Agenten mache! Er versucht, die SWP-Mitglieder einzuschüchtern und sie zum Schweigen zu bringen, indem er ihnen sagt, wie schrecklich die Folgen wären, wenn sich die Anklagen des Internationalen Komitees gegen ihn als richtig erwiesen.

Hansen geht mit seinen Mitgliedern um wie ein Flugzeugentführer, der eine Bombe über seinem Kopf schwenkt und die Passagiere anschreit: ‚Falls jemand versucht, mich aufzuhalten, werden wir alle ins Jenseits katapultiert!‘

Es ist klar, dass Hansen vor nichts zurückschrecken wird, um seinen eigenen politischen Kopf zu retten. Hansen beschützt Cannon nicht; er benutzt Cannon; er benutzt Cannon, um sich selbst zu retten.“ [56]

Dass Hansen gerade in der Frage der Kontrollkommission von 1947 auf diese verzweifelte Methode zurückgriff, zeigt, wie zentral sie für Hansens ‚Narrativ‘ war. North schrieb:

„Hier ist Hansen wieder bei seinen Tricks. Er gibt keine eindeutige Antwort: Wurde die SWP-Kontrollkommission manipuliert oder nicht? Stattdessen bezieht er James P. Cannon ein, um sich hinter seinem Grab zu verstecken. Warum hält er Cannon nicht raus? Das Internationale Komitee hat keine Vorwürfe gegen Cannon erhoben. Wir haben Hansen beschuldigt! Es ist Hansens Lieblingstrick, sofort Cannons Geist zu beschwören, wenn er selbst herausgefordert wird." [57]

Die Veröffentlichung des Interviews des IKVI mit Sylvia Callen-Doxsee und die Infragestellung der Kontrollkommission von 1947 erzeugten Ängste unter der SWP-Führung und der stalinistischen Bürokratie. Diejenigen, die an der Unterwanderung der trotzkistischen Bewegung beteiligt waren, hatten guten Grund zu glauben, dass die Untersuchung Sicherheit und die Vierten Internationale weitere Enthüllungen veröffentlichen würde, die die GPU-Infiltration der trotzkistischen Bewegung bloßlegten.

Tom Henehan, ein 26 Jahre altes Mitglied des Politischen Komitees der Workers League, wurde 1977 ermordet, nachdem Hansen vor „tödlichen Folgen“ wegen der Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale gewarnt hatte.

Hansen reagierte mit den Methoden stalinistischer Einschüchterung und versuchte, eine bedrohliche Atmosphäre durch Provokationen gegen das IKVI zu schaffen. Da er nicht in der Lage war, die verheerenden Auswirkungen des Callen-Interviews in Frage zu stellen, schrieb Hansen: „Die Healyisten sind durchaus in der Lage, gegen andere Organisationen der Arbeiterbewegung zu physischer Gewalt zu greifen“. Im gleichen Artikel drohte er dem Internationalen Komitee mit der Warnung, dass Sicherheit und die Vierte Internationale „tödliche Folgen“ haben würde. [58]

Weniger als vier Monate später, am 16. Oktober 1977, wurde Tom Henehan, ein 26-jähriges Mitglied des politischen Komitees der Workers League, in New York City von zwei Profi-Killern ermordet, während er eine öffentliche Parteiveranstaltung überwachte. Obwohl die Mörder schnell identifiziert wurden, weigerte sich die New Yorker Polizei, irgendwelche Verhaftungen vorzunehmen. Schließlich wurden die Tatverdächtigen nach einer dreijährigen Kampagne der Workers League verhaftet, vor Gericht gestellt und im Juli 1981 wegen Mordes zweiten Grades verurteilt. Im Anschluss an den Prozess informierte der Privatdetektiv, der den Fall für die Verteidigung untersucht hatte, David North, dass „in einschlägigen Kreisen gemunkelt würde“, dass der Mord ein „Auftragsjob“ gewesen sei.

Der Fall Gelfand und die Aufzeichnungen der Franklin Grand Jury

Im August 1977 erhielt Alan Gelfand, SWP-Mitglied und Pflichtverteidiger in Los Angeles, Kopien von Dokumenten der Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale, die von Mitgliedern der Workers League vor dem nationalen Parteitag der SWP in Oberlin, Ohio, verteilt wurden. [59]

Gelfand befragte andere SWP-Mitglieder zu den Dokumenten, insbesondere bezüglich der Aktennotizen des Außenministeriums und des FBI von 1940, die sich auf Hansens Treffen mit der GPU und der US-Regierung bezogen.

Als Reaktion darauf erhielt Gelfand verschiedene Erklärungen. Einige SWP-Mitglieder sagten ihm, dass es sich bei den Dokumenten um Fälschungen handele, entweder von der Workers League oder dem FBI. Andere, darunter SWP-Nationalsekretär Jack Barnes, erklärten Gelfand, dass die Dokumente echt seien, aber dass die SWP Hansen angewiesen habe, sich an US-Regierungsbehörden zu wenden, um Informationen über Trotzkis Ermordung zu erhalten. Die Führer der SWP behaupteten auch, dass alle Vorwürfe des Internationalen Komitees in einem parteiinternen Bulletin mit dem provokativen Titel „Healy‘s Big Lie“ (Healys Große Lüge) vollständig beantwortet worden seien.

„Healy's Big Lie.“ Die SWP rief die internationale pablistische Bewegung zur Verleumdung von Sicherheit und die Vierte Internationale auf.

Nach der Parteikonferenz studierte Gelfand dieses interne Bulletin sorgfältig und kam zu dem Schluss, dass dessen Antworten durch Dokumente widerlegt wurden, die von der Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale aufgedeckt und veröffentlicht worden waren.

Gelfand bat weiterhin um eine Diskussion über Hansens Verbindungen zur GPU und zu Agenturen der Vereinigten Staaten sowie über Callens Verbindungen zur GPU. Die SWP-Führung hinderte ihn wiederholt daran, mit anderen Mitgliedern über seine Anliegen zu sprechen. Gelfand erkannte, dass die Vertuschung mit der Tätigkeit von hochrangigen, staatlichen Agenten verbunden sein musste, die noch innerhalb der Partei tätig waren.

Im Dezember 1978 reichte Gelfand ein Amicus-Curiae-Gutachten zur Unterstützung einer Klage der SWP gegen die Überwachung der Partei durch das Counter Intelligence Program (COINTELPRO) des FBI ein. Diese Klage, die von der SWP in erster Linie als Geldbeschaffungsmaßnahme eingeleitet worden war, wurde nicht mit der Absicht geführt, frühere oder noch aktive Agenten innerhalb der Partei zu enttarnen. Tatsächlich hat die US-Regierung den Fall schließlich beigelegt, indem sie der SWP Hunderttausende von Dollar zahlte, ohne jedoch einen einzigen der Agenten zu identifizieren, die sie in die Partei eingeschleust hatte. Im Laufe des Prozesses gab das FBI zu, dass es zwischen 1960 und 1976 300 Informanten gab, die als Mitglieder der SWP tätig waren.

Gelfands Schriftsatz verwies auf die Geschichte der Unterwanderung der Partei durch das FBI und die GPU und die jüngsten Enthüllungen über Callen und Hansen, um aufzuzeigen, dass das Gericht die Regierung zwingen muss, die Agenten zu identifizieren, die in die SWP geschickt wurden.

Diese Forderung empörte die SWP-Führung, die Gelfand beschuldigte, die Parteidisziplin zu verletzen. Am 5. Januar 1979 beschuldigte SWP-Nationalsekretär Jack Barnes Gelfand wegen „undiszipliniertem und illoyalem Verhalten“. Sechs Tage später, am 11. Januar, schloss ihn das Politische Komitee der SWP aus der Partei aus. Dies war die letzte Sitzung des Politischen Komitees der SWP in Anwesenheit von Joseph Hansen. Er starb genau eine Woche später, am 18. Januar 1979, in New York City. Hansen war 68 Jahre alt.

In einem Schreiben an das Politische Komitee der SWP vom 29. Januar 1979 erklärte Gelfand, dass er von der SWP ausgeschlossen worden sei, um die Aufdeckung von Agenten innerhalb der Partei zu verhindern. „Dieser Ausschluss“, schrieb er, „ist das Ergebnis meines hartnäckigen und prinzipientreuen Kampfes der letzten 18 Monate, um zufriedenstellende Antworten und Erklärungen auf die verschiedenen Fragen zu erhalten, die Joseph Hansens und Sylvia Franklins Beziehungen zum FBI und zur GPU betreffen.“

Der Fall Gelfand, der Prozessbericht von Gelfand vs. Attorney General, veröffentlicht vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale im Jahr 1985.

Am 18. Juli 1979 reichte Gelfand eine Klage vor dem Bundesgericht in Los Angeles ein. Darin warf er der Regierung vor, seine Rechte aus dem First Amendment verletzt zu haben, indem sie die SWP mit Agenten infiltrierte, die ihn aus der politischen Partei seiner Wahl vertrieben hätten. Gelfand nannte als Angeklagte hohe US-Regierungsbeamte - darunter den Generalstaatsanwalt und die Direktoren von FBI und CIA, sowie führende Mitglieder der Socialist Workers Party.

Die SWP reichte sofort einen Antrag auf Abweisung der Klage von Gelfand ein. Die mündliche Verhandlung fand am 19. November 1979 vor der Bezirksrichterin der Vereinigten Staaten Mariana R. Pfaelzer statt.

Im Juni 1980 wies Pfaelzer den Antrag der SWP zurück und stellte fest, dass die Klage von Gelfand grundlegende verfassungsrechtliche Fragen aufwerfe. Sie schrieb, dass „die bezeichnete Manipulation und Übernahme der politischen Partei des Klägers durch die Regierung.... eine drastische Einmischung in die Vereinigungsfreiheit ihrer Anhänger ist und der Verfassungsmäßigkeit widerspricht“. [60]

Gelfand und seine Anwälte befragten zahlreiche aktuelle und ehemalige SWP-Mitglieder unter Eid zu den Vorgängen. Als erste wurde Sylvia Doxsee angehört. Sie war inzwischen in ein nobles Viertel an der „Gold Coast“ von Chicago umgezogen. Im Laufe ihrer Aussage behauptete sie 231 Mal, sie habe einen Gedächtnisverlust. Sie gab jedoch im Laufe der Anhörung zu, dass sie zuvor vor mindestens zwei Grand Juries des Bundes erschienen war. Unter Bezugnahme auf ihre Zeugenaussage vor der Grand Jury sagte Doxsee-Callen:

F: Haben Sie den Fünften Zusatzartikel [der Verfassung] bei Fragen in Anspruch genommen?

A: Bei manchen habe ich das getan.

F: Woher wussten Sie, dass Sie den Fünften Zusatzartikel in Anspruch nehmen mussten?

A: Vom Lesen der Papiere aus der McCarthy Sache. Ich habe es abgeschrieben, sogar was ich sagen sollte.

F: Haben Sie mit jemandem darüber gesprochen, wann Sie den Fünften Zusatzartikel verwenden sollten?

A: Nein. Das hätte ich wahrscheinlich tun sollen, aber ich bin einfach so dumm.

F: In welchen Bereichen haben Sie sich auf den Fünften Zusatzartikel berufen?

A: Oh, ich erinnere mich nicht.

F: Nun, wäre es fair zu sagen, dass Sie bereit waren, bestimmte Fragen zu beantworten?

A: Ich erinnere mich nicht.

F: Haben Sie irgendwelche Fragen beantwortet?

A: Das weiß ich auch nicht mehr. Vielleicht habe ich keine Fragen beantwortet, ich weiß es nicht. [61]

Obwohl die Verfahren der Grand Jury im Allgemeinen unter Verschluss gehalten werden, beantragten Gelfands Anwälte vor einem Bundesgericht in New York, die Abschriften von Sylvia Callens Aussagen von 1954 und 1958 freizugeben. Dieser Antrag wurde von der SWP entschieden abgelehnt. Sie plädierte für eine Beibehaltung der Geheimhaltung, da die „Aussage vor der Grand Jury für alle wesentlichen Fragen in diesem Rechtsstreit völlig irrelevant ist“ und „nicht offengelegt werden sollte“.

Der Richter in New York gab die Abschriften an Richterin Pfaelzer in Los Angeles frei. Pfaelzer, eine liberal-demokratische Richterin, führte den Fall mit äußerster Vorsicht.

Ihr Urteil vom Juni 1980 hatte anerkannt, dass Gelfands Ausschluss aus der SWP verfassungswidrig wäre, wenn er von Regierungsagenten durchgeführt worden wäre, um damit ihren eigenen Ausschluss zu verhindern. Im weiteren Verlauf des Falles versuchten Pfaelzer, die SWP und die Regierung jedoch, Gelfand am Zugriff auf die Beweise zu hindern, die er für den Nachweis brauchte, dass sein Recht auf Vereinigungsfreiheit von den Regierungsagenten verweigert wurde, die ihn aus der SWP ausgeschlossen hatten.

Gelfand und seine Anwälte schrieben in ihrem abschließenden Schriftsatz vor Erlass des Beschlusses:

„Rechtlich gesehen stellt dieser Fall ein doppeltes Paradox dar. Für das Gericht besteht das Spannungsverhältnis zwischen der Durchsetzung der Rechte aus dem Ersten Zusatzartikel zur Verfassung einerseits und der Pflicht zum Schutz der Ansprüche nationaler Sicherheit andererseits. Mit der Ablehnung der Anträge, den Fall zu verwerfen, bestätigte das Gericht eindrücklich das Recht auf politische Vereinigung ohne staatliche Einmischung. Indem das Gericht jedoch den Anspruch der Regierung auf die Geheimhaltung ihrer Informanten entgegen des Antrags des Klägers aufrechterhielt, zeigte es seine Sensibilität für die gegensätzlichen Bedenken. In den seltensten Fällen ist es erforderlich, zwei so grundlegend gegensätzliche Rechtsgrundsätze miteinander in Einklang zu bringen.

Der Kläger sieht die andere Seite der Medaille. Auf der einen Seite wird ihm gesagt, dass seine verfassungsmäßigen Rechte verletzt seien, sofern er nachweisen kann, dass die Parteiführer Agenten der Regierung der Vereinigten Staaten sind. Doch die effektivste Methode der Beweisführung – die Einsicht in relevante Regierungsdokumente und die Beantwortung gezielter Fragen zu Regierungsbehörden – wurde ihm verwehrt.“ [62]

Mark Zborowski, alias „Etienne“, wurde im August 1975 vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale in San Francisco entdeckt. (Foto von David North)

Pfaelzer schien besorgt zu sein, dass Gelfands Bemühungen, Beweise zu sammeln, zur Aufdeckung von Staatsgeheimnissen über die Unterwanderung der SWP führen würden. Als sie Gelfands Antrag ablehnte, Zborowski zur Aussage zu verpflichten, sagte sie:

Angesichts der Natur dieses Falles, habe ich das Gefühl, dass Mr. Zborowski riskieren würde, gegen Section 601(a) des Protection of Certain National Security Information Act zu verstoßen, der dieses Jahr in Kraft getreten ist, wenn er gebeten wird, zur Identifizierung von möglichen Agenten in der Socialist Workers Party durch Nennung ihrer Namen oder einer sonstigen Beschreibung beizutragen, die möglicherweise oberflächlich in der Partei aktiv sind.

Und diese Verordnung sieht ausdrücklich vor, dass, wenn eine Person solche Informationen hat und sie wissentlich offenbart - unabhängig von seiner Motivation -, strafrechtlich verfolgt und zu einer Geldstrafe von 50.000 Dollar und bis zu zehn Jahren Haft verurteilt werden kann. Und deshalb bin ich der Meinung, dass seine Berufung auf den Fünften Zusatzartikel bezüglich dieser Angelegenheit – und es handelt sich dabei um das zentrale Anliegen dieser Klage – vielleicht doch ein berechtigtes Anliegen des Zeugen und seines Anwalts ist, das von diesem Gericht respektiert werden muss. Und daher werde ich, soweit sich dieser Zeuge bei seiner Befragung auf den Fünften Zusatzartikel beruft, ihn nicht verpflichten, weiter zu antworten. [63]

Die höchsten Ebenen der US-Regierung und des militärischen Geheimdienstes verfolgten den Fall genau. Ein Memorandum vom 11. Juni 1982 vom Chef des Rechtsbeistands der Central Intelligence Agency, Stanley Sporkin, an den CIA-Direktor, William J. Casey, zitiert den Fall Gelfand als „Angelegenheit von großem Interesse“ für die CIA.

Unter Bezugnahme auf eine Anfrage von Gelfand und seinen Anwälten, dass die CIA und andere staatliche Stellen die Identität von Agenten in der Partei offenbaren, heißt es in einem kürzlich freigegebenen CIA-Memo:

„In Gelfand v. Attorney General, DCI, et al., behauptet Gelfand, dass angebliche CIA- und FBI-Agenten in der Socialist Workers Party (SWP) ihn aus der Partei ausgeschlossen hätten. In den Vorermittlungen des Prozesses reichte Gelfand Protokolle der Befragungen ein. Darunter befanden sich Fragen an den DCI (Director of Central Intelligence), ob 19 benannte SWP-Mitglieder CIA-Agenten sind oder waren und ob die CIA glaubt, dass eine benannte Person ein sowjetischer Geheimagent sei. Der DCI weigerte sich, die Fragen zu beantworten, mit der Begründung, dass die Antwort Nachrichtenaktivitäten, Quellen und Methoden offenlegen könnte. Das US-Bezirksgericht, welches den Fall verhandelt hat, bestätigte die Weigerung des DCI zu antworten. Es stellte fest, dass die gesetzliche Verantwortung des DCI für den Schutz von Informationsquellen und -methoden sowie die gesetzliche Befreiung des CIA von jeglicher Verpflichtung, die Namen oder Funktionen des CIA-Personals offenzulegen, die Weigerung rechtfertigen.“ [64]

Memorandum vom Chef des Rechtsbeistands der Central Intelligence Agency, Stanley Sporkin, an den CIA-Direktor, William J. Casey

Unter dem Druck der Regierung versuchte Pfaelzer, den Fokus des Prozesses auf die enge verfahrensrechtliche Frage zu beschränken, ob Gelfand technisch gegen die Parteistatuten verstoße, indem er weiterhin auf Antworten zu den Hansen- und Callen-Enthüllungen drängte, nachdem die SWP-Führung ihn aufgefordert hatte, dies zu unterlassen.

Als das Verfahren begann, bat John Burton, der Anwalt von Gelfand, Richterin Pfaelzer, die Transkripte der Befragung Callens durch die Grand Jury freizugeben, welche aus New York geschickt worden waren. Die Richterin antwortete, dass sie später über diesen Antrag entscheiden werde. Mehrere weitere Anträge auf Freigabe der Transkripte wurden abgewehrt. Ihr schroffes Auftreten und ihre scheinbar feindliche Haltung gegenüber Gelfand erweckten den Eindruck, dass sie den Antrag ablehnen würde.

Jack Barnes, Nationaler Sekretär der Socialist Workers Party

Am letzten Tag des Prozesses, dem 9. März 1983, wurde der Nationale Sekretär der SWP Barnes als Zeuge aufgerufen. Offensichtlich zuversichtlich, dass Pfaelzer die Protokolle der Grand Jury nicht freigeben würde, verteidigte Barnes Franklin nicht nur. Er schloss seine Zeugenaussage sogar mit einer außergewöhnlichen Lobpreisung der GPU-Agentin:

F: Nun, vertraten Sie zum Zeitpunkt des Eingangs des Briefes von [Gelfand] die Meinung, dass es keinerlei Beweise dafür gab, dass Sylvia Franklin eine Agentin der GPU war?

A: Alle Beweise sagen genau das Gegenteil. Ihr ganzes Verhalten, nicht nur während ihrer Mitgliedschaft in der Partei, sondern auch nachdem sie uns verließ, zeigt, dass sie genau das ist, was sie war: ein loyales, fleißiges und vorbildliches Mitglied unserer Bewegung.

F: Das ist auch heute noch Ihre Meinung?

A: Nun, meiner Meinung nach ist sie heute eine meiner Helden nach der Drangsalierung und allem, was sie in den letzten Jahren durchgemacht hat. Ich schätze sie und ihren Charakter heute noch mehr, als ich es damals tat.

F: War der Fall Sylvia Franklin Gegenstand einer Untersuchung der SWP-Kontrollkommission?

A: Nein. Sylvia Franklin war nicht Gegenstand einer SWP-Kontrollkommission. Sylvia Caldwell wurde zu einer Anhörung der SWP-Kontrollkommission eingeladen, um darüber zu sprechen, dass die Shachtman-Anhänger das Gerücht über sie verbreiteten. Die Kontrollkommission führte ihre Anhörung durch, und danach verabschiedete sie einen Antrag, in dem sie zum einen festhielt, dass es keine Beweise dafür gibt, dass irgendetwas an diesem Gerücht wahr sein könnte, und zum anderen – was natürlich der eigentliche Grund des Treffens war – dass die Shachtman-Anhänger aufgefordert werden, die Verbreitung dieses Gerüchts einzustellen. [65]

Diese Lügen mögen sich für Pfaelzer als zu viel erwiesen haben. Nach Barnes' Aussage veröffentlichte Pfaelzer plötzlich die Abschriften der beiden Grand Jury-Anhörungen von 1954 und 1958. Pfaelzer schützte zwar Barnes vor einer Enthüllung während er noch als Zeuge aussagte. Die nachträglich freigegebenen Transkripte beantworteten dennoch eindeutig und in Callens eigenen Worten die Frage nach ihrer Rolle als GPU-Agentin innerhalb der SWP.

In ihrer Zeugenaussage von 1954 wandte Callen die Taktik an, die sie auch später benutzte, als sie 1977 von North und Mitchell konfrontiert wurde und während ihrer eidesstattlichen Aussage von 1980 – das heißt Gedächtnisverlust. 1954 bestätigte Callen, dass sie mit Franklin verheiratet war und dass sie an Treffen der stalinistischen Young Communist League teilgenommen hatte. Aber als Antwort auf entscheidende Fragen, z.B. ob sie sich mit Louis Budenz getroffen habe, sagte Callen: „Ich kann das nicht beantworten, aufgrund einer möglichen Selbstbelastung“, unter Berufung auf ihre Rechte nach dem Fünften Zusatzartikel. [66]

In ihrem zweiten Auftritt vor der Grand Jury am 18. Juni 1958 war Callen offener. Sie erkannte, dass die Grand Jury Anklagen in einem Spionagefall gegen ihren ehemaligen GPU-Führer Robert Soblen vorbereitete und dass sie der Gefahr einer langen Haftstrafe, wenn nicht sogar der Todesstrafe, wegen Landesverrats ausgesetzt war.

Der Staatsanwalt der US-Regierung begann sein Verhör, indem er Callen (dann als „Mrs. Doxsee“ angesprochen) an Probleme erinnerte, die bei ihrem Auftritt 1954 auftraten:

Q. Sie erinnern sich, dass Sie vor einer Grand Jury ausgesagt haben?

A. Oh, ja.

Q. Und Sie erinnern sich, Frau Doxsee, dass Ihr Gedächtnis damals nicht so gut war, wie es sein könnte?

A. Ja.

Q. Und haben Sie seitdem versucht, Ihr Gedächtnis so gut wie möglich zu verbessern?

A. Ja, das habe ich.

Q. Und haben Sie mit Ihrem Mann über die Dinge gesprochen?

A. Ja.

Q. Und haben Sie das Gefühl, dass Sie anfangen, sich an einige Dinge zu erinnern, mit denen Sie vorher Schwierigkeiten hatten?

A. Ja. [67]

Callen erzählte die Geschichte ihrer Rolle als Agentin innerhalb der SWP. Sie erinnerte sich, wie sie dafür bezahlt wurde, vertrauliche Informationen von James Cannons Schreibtisch an zwei führende GPU-Spione, Dr. Gregory Rabinowitz – der „Roberts“ mit dem Budenz gearbeitet hatte – und Jack Soble, den Bruder von Robert Soblen, zu übergeben. Die Abschrift ihrer Aussage während eines Verhörs durch den Staatsanwalt lautet in Auszügen:

F: Wenn ich hier einen kleinen Überblick geben kann, Frau Doxsee, dann sagen Sie, dass Sie Mitte der dreißiger Jahre der Young Communist League beigetreten sind, aber nachdem Sie der Young Communist League beigetreten waren und auf Vorschlag von jemandem aus der Kommunistischen Partei, traten Sie einer Organisation bei, die Teil der Socialist Workers‘[sic] Organisation war. Ist das richtig?

A: Ich glaube, das war so.

F: Dann kamen Sie schließlich in das Büro von James Cannon und wurden seine Sekretärin?

A: Ja.

F: Nun, während Sie in Mr. Cannons Büro gearbeitet haben, haben Sie jemals mit jemand anderem über etwas gesprochen, was Sie dort erfahren haben?

A: Ja.

F: Erinnern Sie sich, mit wem Sie darüber gesprochen haben?

A: Nun, ich ging gewöhnlich in die Wohnung meines ehemaligen Mannes, in Zalmonds Wohnung.

F: Haben Sie dort jemanden getroffen?

A: Ich traf – allerdings nicht jedes Mal, wenn ich dorthin ging – aber ich hatte dort einen Mann getroffen, den ich Jack nannte [Jack war der Deckname, den Gregory Rabinowitz – alias Roberts – bei seinen Treffen mit Sylvia Franklin benutzte]. Ich kenne seinen Namen nicht.

F: Dieser Mann, Jack, sagten Sie, wurde Ihnen von Louis Budenz vorgestellt?

A: Ja.

F: Und das war in Chicago?

A: Ja, so erinnere ich mich daran.

F: Erinnern Sie sich daran, jemals eine Frau getroffen zu haben, der Sie Informationen gegeben haben?

A: Ja, in der Wohnung einer Frau.

F: Und war das eine andere Wohnung als die, die Sie zuvor beschrieben haben?

A: Ja. [68]

Callen bezog sich auf die Wohnung der stalinistischen Agentin Lucy Booker. Sie sagte dann aus: „Ich ging da hoch und schrieb auch Berichte, so wie ich es früher in der Wohnung meines Mannes gemacht hatte, und manchmal, soweit ich mich erinnere, war sie da und manchmal war sie nicht dort, so meine Erinnerung.“

Dort traf sie manchmal Jack Soble, den sie als „Sam“ kannte. Er bezahlte sie für ihre Dienste.

F: Erinnern Sie sich, woher Sie wussten, ab wann Sie in diese Wohnung gehen sollten, die Sie jetzt beschreiben, die Wohnung der Frau?

A: Nein, das tue ich nicht.

F: Hat Ihnen jemand gesagt, dass Sie dorthin gehen sollen?

A: Nein, ich hatte nicht darüber nachgedacht. Ich weiß nicht, ob mich jemand hingebracht hat – ich kann mich nicht erinnern, ob mir eine Adresse gegeben wurde, ich kann mich wirklich nicht an den genauen Ablauf erinnern.

F: Nun, Sie haben die vervielfältigten Unterlagen beschrieben, die Sie überbracht haben. Können Sie sich auch an den Inhalt des Materials erinnern, das Sie getippt haben?

A: Nun, ich erinnere mich, dass ich einfach nur getippt habe - es war meistens während Fraktionskämpfen in den Partei- und politischen Komiteemeetings, wer mit wem kämpfte, und dann, wenn es Korrespondenz von Leo Trotzki gab, die ich sah, würde ich versuchen, mich an das zu erinnern, was in den Briefen stand, und das alles aufschreiben, wer ist auf wessen Seite, persönliche Dinge wie das, woran ich mich erinnere, wie viel Geld sie hatten - ich hatte das Wissen, sehen Sie, von Bankguthaben und dergleichen. [69]

Callen und die GPU hatten Zugang zu allem: internationale Korrespondenz, interne Diskussionspapiere von trotzkistischen Bewegungen weltweit, die gesamte Korrespondenz von Cannon und persönliche Informationen über die Mitgliedschaft.

Das Sylvia-Franklin-Dossier, veröffentlicht vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale 1977.

Die Veröffentlichung der Grand Jury-Abschriften brachte das Konstrukt um die Vertuschung der GPU-Unterwanderung der SWP endgültig zum Einstürzen und bestätigte die vom Internationalen Komitee durchgeführte Untersuchung vollständig.

Aber Richterin Pfaelzer wurde von dem Wunsch geleitet, Gelfand daran zu hindern, die Tiefe der Verstrickung des FBI in der SWP aufzudecken. Sie lehnte seine Anträge ab, Informationen über bestimmte, in der Partei tätige Agenten zu veröffentlichen.

Pfaelzer entschied gegen Gelfand, nachdem sie ein offensichtlich unerreichbares Maß der Beweislast einforderte.

Pfaelzer stellte fest, dass Gelfand seinen Fall auch nicht durch ein „Übergewicht an Beweismaterial“ gewinnen könne, sofern es auch andere Erklärungen – egal wie unglaubwürdig – für das Verhalten der SWP-Angeklagten gäbe. Die Richterin bestätigte, dass Gelfands Schlussfolgerung, die SWP-Führer seien Agenten, „eine zulässige Schlussfolgerung sei, die man ziehen könne. Aber Sie können sich damit nicht allein gestützt auf ein Übergewicht an Beweisen durchsetzen, weil es ebenso wahrscheinlich ist, dass sie [die SWP-Führung] einfach nicht ermittelten, weil sie blindes Vertrauen hatten. Man kann nicht mit einem Übergewicht an Beweisen gewinnen, das ausschließlich auf der Tatsache beruht, dass die Anschuldigungen der Wahrheit entsprechen.“ (Hervorhebung hinzugefügt). [70]

In einem weiteren Gespräch mit Gelfands Anwalt sagte Pfaelzer:

„Nehmen wir an, Ihnen gelingt der Beweis, dass alles, was Herr Gelfand gesagt hat, wahr ist und dass es keinen Zweifel gibt, dass Hansen mit dem FBI zusammengearbeitet hat und tatsächlich irgendwann einmal ein Agent des FBI gewesen sein könnte, und dass Sylvia Caldwell eine Agentin der GPU war, und dass sein Verdacht in der Tat gut begründet war und sie [die SWP-Führung] einen Fehler gemacht haben und dass die Partei einen Fehler gemacht hat, als sie den Inhalt von ‚Healy's Big Lie‘ glaubte.

Nun, sagen wir, das ist alles bewiesen, welche zulässige Schlussfolgerung kann daraus gezogen werden, wenn das alles ist, was Sie haben?“

Burton dazu: „Euer Ehren, es kann nicht außerhalb des Kontextes untersucht werden.“

Darauf antwortete Pfaelzer: „Oh, doch. Es kann außerhalb des Kontextes untersucht werden.“ [71]

Diese Argumentation hält einer grundlegenden rechtlichen Analyse nicht stand. Wie alle Jurastudenten schon nach den ersten Studienjahren wissen, stellt der Rechtsbegriff „Übergewicht der Beweise“ nur die Anforderung an einen zivilen Kläger, zu zeigen, dass es eine mehr als 50-prozentige Chance gibt, dass die vorgelegten Beweise die Klage stützen, aber nicht, dass alle anderen möglichen Schlussfolgerungen widerlegt werden. Darüber hinaus werden Indizienbeweise immer im Zusammenhang bewertet, und häufig können belastende Beweise ihre Bedeutung verlieren, wenn sie isoliert betrachtet werden.

Wie die Workers League richtig bemerkte: „Der zentrale Pfeiler, auf den die SWP ihre Verteidigung stützte – dass Gelfand eine vom Internationalen Komitee organisierte Verleumdungskampagne verbreitet hatte – wurde vollkommen zerstört. Durch die Freigabe der Abschriften hatten die Angeklagten ihre Glaubwürdigkeit verloren.“ [72]

***

Joseph Hansen und die Kontrollkommission

Joseph Hansen konnte während des Gelfand-Falls nicht unter Eid befragt oder sonst hinzugezogen werden. Bis zum Schluss verteidigte Hansen Callen jedoch, indem er eine internationale Kampagne mit dem Ziel organisierte, diejenigen zu verleumden, die Fragen zu dem aufwarfen, was sich letztlich als die Wahrheit herausstellte: Sie war eine Agentin der GPU.

Warum haben Hansen und die SWP nach seinem Tode so viel unternommen, um Callen zu verteidigen? Warum haben sie nicht einfach zugegeben, noch vor der Veröffentlichung der Abschriften der Grand Jury, dass James P. Cannons Sekretärin von 1939 bis 1947 eine Agentin der GPU war? Mitte der 70er Jahre, als das Internationale Komitee seine Untersuchung über die Sicherheit und die Vierte Internationale einleitete, waren fast 30 Jahre vergangen, seit Callen die SWP verließ.

„Dossier eines Doppelagenten: Die Lügen von Joseph Hansen“, ein Teil der Untersuchung Sicherheit und die Vierten Internationale

Es drängt sich die Frage auf: Warum klammerten sich Hansen und Barnes so verzweifelt an die durchsichtige Lüge, dass Callen eine „vorbildliche“ Genossin gewesen sei? Wäre es für Hansen nicht einfacher gewesen, zuzugeben, dass die SWP durch Callens Unschuldsbehauptungen getäuscht worden war und dass die Untersuchung der Kontrollkommission von 1947 unzureichend gewesen war?

Die einzige Antwort ist, dass die Aktivitäten von Callen und Hansen zu eng miteinander verflochten waren. Hansen war gezwungen, in Bezug auf Sylvia Callen zu lügen, weil er – wie ein Dokument bewies, das Gelfands Anwälte gegen Ende des Verfahrens erhielten – seine eigene Rolle als Agent innerhalb der SWP vertuschen musste.

Weit fortgeschritten im Verfahren verpflichtete Richterin Pfaelzer die SWP dazu, einen Brief von Vaughn T. „Irish“ O'Brien adressiert an Hansen herauszugeben. O’Brien war ein guter Freund von Hansen.

In diesem Brief vom 8. Juni 1976 erinnerte O'Brien an eine Begegnung in den späten 1940er oder frühen 1950er Jahren – in diesem Zeitraum fand auch die Kontrollkommission und die Veröffentlichung der Budenz-Bücher statt – mit Pearl Kluger, ein ehemaliges Mitglied von der A. J. Mustes American Workers Party, die Budenz persönlich kannte. O'Brien schrieb: „Ich hatte Pearl seit geraumer Zeit nicht mehr gesehen, aber sie sagte sofort: ‚Budenz sagt, dass dein Freund Joe Hansen mit der GPU zusammengearbeitet hat.‘“ [73]

Diese außergewöhnliche Enthüllung – dass derselbe Mann, der Sylvia Callen ursprünglich entlarvt hatte, auch Joseph Hansen als GPU-Agenten identifizierte – wurde von der Socialist Workers Party bekräftigt. Nur einen Monat nach Abschluss des Gelfand-Prozesses, in der Ausgabe des Militant vom 15. April 1983, schrieb der Vorsitzende der SWP Larry Seigle, dass Budenz „nicht nur KP-Mitglieder, sondern auch mehrere SWP-Mitglieder als sowjetische Agenten ausgemacht habe. Dazu gehörten Joseph Hansen, ein führendes Mitglied der SWP bis zu seinem Tod im Jahr 1979, und Sylvia Caldwell, die Sekretärin in der Parteizentrale.“ [74]

Es ist offensichtlich, dass es in der unmittelbaren Folge des Gelfand-Prozesses Meinungsverschiedenheiten innerhalb der SWP-Führung darüber gab, wie mit den Beweisen umzugehen sei, die Hansen als Agenten der GPU belasteten. Seigles öffentliche Anerkennung von Budenz‘ Entlarvung sowohl Caldwells als auch Hansens – wodurch er die Vorwürfe von Gelfand bestätigte – wurde offensichtlich als ein großer politischer Fehltritt angesehen.

Nur einen Tag nachdem Seigles Artikel im Militant erschienen war, diskutierte die SWP-Führung einen Weg, um das schädliche Eingeständnis rückgängig zu machen. Das Sitzungsprotokoll des Politischen Komitees der SWP vom 16. April 1983 zeigt, dass die Führung unter der Leitung von Barnes ein Komplott schmiedete, um das Protokoll der Grand Jury als Fälschung zu verurteilen und ihre Anstrengungen zur Verteidigung von Callen-Caldwell zu verdoppeln:

„Wir sollten einen Artikel schreiben, der die Position der Partei zu den Anschuldigungen gegen Sylvia Caldwell darlegt. Der Artikel sollte der Partei und der internationalen Bewegung unsere Position zur Verantwortung der Partei darlegen, sich gegen COINTELPRO-artige „Schlapphut“-Operationen zu verteidigen, wie sie derzeit gegen Sylvia Caldwell und die SWP durchgeführt werden. Es ist besonders notwendig, all jenen, die es nie gelernt oder vergessen haben, zu erklären, dass es in der Verantwortung der Führung einer revolutionären Arbeiterpartei liegt, jedes einzelne Mitglied loyal gegen solche Verleumdungskampagnen zu verteidigen.

Der Artikel wird die neuen ‚Beweise‘ untersuchen, die das FBI im Gerichtssaal von Pfaelzer präsentiert hat und die von der WL/WRP verbreitet werden, bestehend aus Abschriften der Zeugenaussagen von Sylvia Caldwell vor zwei Grand Juries, die die sowjetische ‚Spionagetätigkeit‘ in den 1950er Jahren untersuchten. Wir können nicht wissen, inwieweit die Transkripte nicht gefälscht wurden. Darüber hinaus kann die unter diesen Bedingungen abgegebene Aussage – vor einer geheimen Grand Jury, ohne Anwalt, unter Androhung einer Anklage als sowjetische Spionin zur Zeit der Justizmorde an Ethel und Julius Rosenberg – von keinem ernsthaften Arbeiterführer als wahr angesehen werden.“ [75]

Protokoll der Sitzung des Politischen Komitees der SWP vom 16. April 1983, Seite 1 (Wisconsin Historical Society)

Das Protokoll zeigt auch, dass die Veröffentlichung der Protokolle der Grand Jury, die die Vertuschung von Sylvia Franklin als Agentin aufdeckten, innerhalb der SWP-Mitgliedschaft und bei ihren internationalen Verbündeten große Beunruhigung ausgelöst hatte.

„Wegen der Unerfahrenheit und einiger Verwirrung, die in der Partei und der internationalen Bewegung über diese Punkte existiert, wäre ein Artikel in dieser Richtung hilfreich.“ [76]

Protokoll der Sitzung des Politischen Komitees der SWP vom 16. April 1983, Seite 2 (Wisconsin Historical Society)

Am 5. August 1983 veröffentlichte der Militant einen Bericht, der von Jack Barnes im Mai, Wochen nach der Sitzung des Politischen Komitees, dem Nationalkomitee der SWP gegeben worden war. Barnes nahm die Verteidigung von Callen-Caldwell wieder auf:

„Eine weitere Sache, die sich während des Prozesses ereignete, muss hervorgehoben werden. Und zwar, was die Regierung und die WL-WRP unserer Genossin Sylvia Caldwell angetan haben. Sie werfen ihr vor, in ihren Mitgliedsjahren in unserer Partei von Mitte der 1930er bis Ende der 1940er Jahre Agentin der sowjetischen Geheimpolizei gewesen zu sein. Wie wir wissen, wurde Sylvia von dem FBI-Störer und Spitzel Louis Budenz verleumdet. Sie wurde vom FBI in den Jahren der Kommunistenverfolgung verfolgt. Sie wurde in den 1950er Jahren vor die großen Grand-Juries des Bundesstaates geschleppt, die die sowjetische ‚Spionage‘ untersuchten, wie die, die die Rosenbergs unter Anklage gestellt hatten. Und jetzt ist sie mit den wiederholten Bemühungen der WL-WRP konfrontiert, die damit ihre Zersetzungs-Operation gegen unsere Bewegung vorantreiben wollen, hier und international.“ [77]

Diese Tirade war eine Lüge von Anfang bis Ende. Wenn „unsere Genossin Sylvia Caldwell“, wie Barnes behauptete, in den 1950er Jahren bösartig verfolgt worden wäre, warum hatte die SWP es dann versäumt, zu ihrer Verteidigung eine öffentliche Kampagne zu starten? Warum wurde im Militant nicht ein Wort darüber geschrieben, dass „Genossin Sylvia“ „vor Grand-Juries des Bundesstaates geschleppt wurde, die in den 1950er Jahren sowjetische ‚Spionage‘ untersuchten, wie die, die die Rosenbergs unter Anklage gestellt hatten“? Warum hatten die SWP und der Militant nicht öffentlich die Auflistung von Sylvia Callen als GPU-Mitverschwörerin in der Anklageschrift vor dem Bundesgericht gegen Robert Soblen von 1960 angeprangert?

Barnes unterstellte dann, dass die Abschrift ihrer Zeugenaussage von 1958 eine Fälschung sei und bezeichnete sie als „etwas, von dem das FBI behauptete, es sei ein Transcript ihrer Zeugenaussage vor einer Grand Jury von 1958“. Dann fuhr er fort:

„Das sollte die perfekte Lehrbuchgeschichte sein – ein offizielles Protokoll der Zeugenaussage, in der die vereidigte Frau selbst zugibt, dass sie die Dinge getan hat, die ihr vorgeworfen wurden. (Ich lasse die Tatsache außer Acht, dass nirgendwo in dem Transcript von der sowjetischen Geheimpolizei oder einer Aktivität von Sylvia in deren Namen die Rede ist. Alles, was dort steht, ist, dass sie Informationen für die Kommunistische Partei (KP) gesammelt hat. Es ist aufschlussreich, dass es für die WL-WRP wie für das FBI das Gleiche ist, Mitglied der KP und ein sowjetischer Spionageagent zu sein...)“ [78]

Die intensive Beteiligung der Kommunistischen Partei an den Operationen der GPU – und insbesondere an der Unterwanderung der Vierten Internationale und der SWP sowie an der Organisation von Trotzkis Ermordung – ist eine unbestreitbare und umfassend dokumentierte historische Tatsache. Budenz‘ eigene Schriften und Aussagen hatten sehr deutlich gemacht, dass er und diejenigen, die er für anti-trotzkistische Spionageaktivitäten rekrutierte, für die GPU gearbeitet hatten. Barnes‘ Behauptung, dass „Sylvias“ Eingeständnis, „sie habe Informationen für die Kommunistische Partei gesammelt“, nicht beweise, dass sie im Auftrag der GPU gehandelt hat, zeugt ebenso von seiner Verzweiflung wie von seiner gewissenlosen Unehrlichkeit. Die Gründe für Barnes‘ Verzweiflung liegen in den Beweisen, die im Laufe des Gelfand-Falls und der Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale aufgedeckt wurden.

Die Bedeutung des O‘Brien-Briefs und der Aussagen von Seigle und Barnes über die Veröffentlichung der Abschrift von 1958 wurde von David North in einem Artikel mit dem Titel „Barnes Still Defends Sylvia Franklin“ zusammengefasst, der am 9. September 1983 im Bulletin, der Zeitung der Workers League, erschien. North schrieb:

„Die Transkripte zeigten, dass die Tatsachen, die Louis F. Budenz, Ex-Herausgeber des stalinistischen Daily Worker, in seiner eidesstattlichen Erklärung vom November 1950, in der er Franklin aufdeckte, absolut der Wahrheit entsprachen. Franklin gab in ihrer Zeugenaussage ausdrücklich zu, dass sie Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen war und dass sie von Louis Budenz rekrutiert worden war, um als Spionin innerhalb der SWP zu arbeiten.

Diese Transkripte erschütterten die jahrzehntelange Vertuschung der wahren Rolle von Franklin innerhalb der SWP. Die unzähligen Lügen von Joseph Hansen, Barnes, und ihrem Komplizen George Novack, um sie zu verteidigen („ein vorbildlicher Kamerad“, „ein warmherziger Mensch“, „Budenz‘ üble Verleumdung“, „Healy's große Lüge“, usw.), wurden ein für alle Mal entlarvt.

Darüber hinaus haben andere Beweise, die bei der Verhandlung vorgetragen wurden, die Bedeutung der Franklin-Vertuschung klargemacht. Budenz, so stellte sich heraus, hatte auch Hansen als GPU-Agenten identifiziert, etwa zur gleichen Zeit, als er Franklin identifiziert hatte. Diese Tatsache war in einem Brief enthalten, der am 8. Juni 1976 von seinem engen Freund Vaughn T. O'Brien an Joseph Hansen geschrieben wurde.“ [79]

Nachdem er Seigles Artikel vom 15. April 1983 zitiert hatte, in dem festgestellt wurde, dass Budenz auch „mehrere SWP-Mitglieder“, darunter Joseph Hansen, als GPU-Agenten ausgemacht hatte, fuhr North fort:

„Obwohl er Franklin öffentlich entlarvte, veröffentlichte Budenz nie, was er über die GPU-Aktivitäten von Hansen wusste. Dies lag daran, dass er vom FBI angewiesen wurde, dies nicht zu tun. Es schützte seinen hochgeschätzten Agenten innerhalb der SWP, Joseph Hansen – der, wie andere Beweise belegen, 1940 eine geheime Beziehung zum FBI ersucht und erhalten hatte.“ [80]

Aus der Sicht der SWP war es für ihre Vertuschung unerlässlich, Budenz, der für die Bezichtigung von Callen und Hansen als Agenten verantwortlich war, als „Verleumder“, „Polizeispitzel“ und „Eidbrecher“ zu bezeichnen. Wenn Hansen und die SWP zugeben würden, dass Callen eine Agentin war, würde dies dem Informanten von Shachtman und Glotzer von 1947 Glaubwürdigkeit verleihen. Diese Quelle warnte nicht nur vor Callen, sondern sagte auch, in den Worten von Cannon, dass „das FBI einen Agenten in unserer Partei hat, weit oben in der Führung“. Cannon sagte, dass Shachtmans Workers Party die SWP „jahrelang“ vor dem FBI-Agenten gewarnt habe.

Die Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale entdeckte Dokumente, die enthüllten, dass Hansen sich nach Trotzkis Ermordung heimlich mit dem Außenministerium getroffen hat. Bei diesen Treffen gab Hansen zu, zur gleichen Zeit, als die Stalinisten die SWP mit Agenten wie Franklin infiltrierten, ebenfalls eine Beziehung zur GPU gehabt zu haben. Er bat um Informationen für Folgetreffen mit dem FBI in New York City und erhielt sie auch. Keine dieser Tatsachen war dem Nationalkomitee der SWP bekannt, bis das Internationale Komitee sie veröffentlichte.

Während Hansens Rolle als Agent klar ist, sind die Einzelheiten seiner Tätigkeit mit der GPU und den US-Agenturen noch nicht bekannt. Es gab mehrere Aspekte, die ein Motiv für den Kontakt mit dem Außenministerium und dem FBI darstellten. Er befürchtete, dass, wenn US-Beamte über seinen Kontakt zur GPU Bescheid wüssten, er ein Alibi bräuchte, welches er den Agenten, die er nach Trotzkis Ermordung traf, geben konnte. Er hoffte auch, bei den Untersuchungen zu Trotzkis Ermordung die Aufmerksamkeit von seinen früheren Verbindungen zur GPU abzulenken.

Hansen begann, für das FBI zu arbeiten, indem er ihnen Informationen über die internen Ermittlungen der SWP im Zusammenhang mit dem Attentat übergab. Er stellte der US-Regierung eine Kopie des „W Memorandum“ zur Verfügung, einer Namensliste von GPU-Agenten, die die SWP vom ehemaligen Mitglied der Kommunistischen Partei, Whittaker Chambers, erhalten hatte.

Im Austausch für diese und andere interne Parteidaten konnte Hansen eine Strafverfolgung vermeiden, als 1941 das Justizministerium auf Veranlassung des FBI 29 Mitglieder der SWP wegen Aufruhr und Verschwörung zum Sturz der Regierung im Minneapolis Smith Act Prozess strafrechtlich verfolgte. Wie die World Socialist Web Site in ihrer zweiteiligen Rezension von Donna Haverty-Stackes Buch Trotskyists on Trial ausführte, wäre Hansens Fehlen auf der Liste der Angeklagten ansonsten unerklärlich, vor dem Hintergrund, dass er von 1939 bis 1940 Trotzkis Sekretär in Mexiko-City war.

Mitglieder von SWP-Mitgliedern, „The Eighteen“, die wegen Aufruhr während des Zweiten Weltkriegs inhaftiert wurden

Während die vom IKVI veröffentlichten Dokumente nachwiesen, dass Hansens Beziehung zum FBI 1940 begann, geben sie keine Auskunft darüber, dass diese Beziehung jemals zu Ende ging.

Die SWP hatte die Gelegenheit, die Wahrheit über Callen und Hansen aufzudecken. Hätte die SWP-Kontrollkommission von 1947 wirklich versucht, die Behauptungen über die Infiltration von FBI und GPU durch Shachtman und Glotzers Informanten, die den Budenz-Enthüllungen folgte, zu untersuchen, so hätten sie die Agenten entlarvt, die der SWP im Laufe der nächsten Jahrzehnte unzählige Schäden zugefügt haben, darunter auch Hansen selbst. Im Zuge der Klage der SWP gegen das FBI wegen COINTELPRO war die Regierung gezwungen zuzugeben, dass sie die SWP mit Hunderten von Agenten infiltriert hatte und die einen wesentlichen Teil der Parteimitgliedschaft ausmachten. Sowjetische Spionageprotokolle und Telegramme, die von der US Army Signals Intelligence über das VENONA-Programm erworben und Mitte der 90er Jahre veröffentlicht wurden, verweisen ausdrücklich auf den Callen – Codenamen „Satyr“ – als sowjetische Agentin.

Stattdessen ließ die Kontrollkommission die Angelegenheit durchgehen und beschwor die Anwesenden zur Verschwiegenheit. Callen durfte die Bewegung verlassen, ohne dass die Partei ihren plötzlichen Rückzug erklärte. Die SWP hat die Berichterstattung über Louis Budenz‘ Enthüllungen genau zu dem Zeitpunkt eingestellt, als die Regierung auf die vorherige Forderung der SWP reagierte, Budenz von einer Grand Jury interviewen zu lassen. Als Budenz 1950 sein zweites Buch Men Without Faces veröffentlichte, arbeitete die SWP mit Callen selbst zusammen, die Farrell Dobbs vorschrieb, wie die SWP auf die Vorwürfe von Budenz reagieren sollte.

Hansen manövrierte, um Callen zu schützen, wie sein Austausch mit Isaac Don Levine 1958 und Gerry Healy 1960 zeigt. Die SWP versäumte es, über den Robert-Soblen-Prozess von 1960 und die Aussage von Jack Soble zu berichten, die Callen ebenfalls als Agenten identifizierten. Cannon gab in seinem Brief an Reba Hansen von 1966 auch eine falsche Darstellung der Ergebnisse der Kontrollkommission von 1947 wieder, indem er vorgab, dass sie die Angelegenheit untersucht und Callen erlaubt habe, „ihre Arbeit fortzusetzen“.

Infolgedessen blieb Hansen auf seinem Führungsposten, mit Zugang zu Informationen über die Aktivitäten und die Mitglieder der gesamten Weltbewegung. In den 1960er und 1970er Jahren wurde Hansen zur führenden politischen Figur in der SWP. Er vollzog 1963 den politischen Bruch mit dem Internationalen Komitee und die Wiedervereinigung mit dem prostalinistischen Vereinigten Sekretariat von Michel Pablo. Hansen beaufsichtigte auch die Rekrutierung von Jack Barnes und einer Gruppe von 12 Studenten vom Carleton College, einem ländlichen, privaten College in Minnesota, und half dabei, ihre Karriere in die Führung der Partei zu organisieren.

Die Untersuchung Sicherheit und die Vierten Internationale war ein enormes Unterfangen und ein Meilenstein in der Geschichte der trotzkistischen Bewegung. Das IKVI führte diesen Kampf unter Bedingungen, unter denen die stalinistische Bürokratie und der pablistische Apparat erheblichen Einfluss auf die Arbeiterbewegung ausübten und versuchten, das IKVI zu verleumden und zu isolieren.

Trotz dieser ungünstigen Umstände kämpfte das IKVI darum, die Verbrechen der stalinistischen Bürokratie, die die Ermordung Trotzkis und die Infiltration der trotzkistischen Bewegung orchestrierte, aufzudecken.

Für den heutigen Leser mag es schwierig erscheinen, die Bitterkeit der Anklagen zu verstehen, die gegen das IKVI wegen dieser Untersuchung erhoben wurden. Die Opposition gegen die Untersuchung Sicherheit und die Vierte Internationale von den verschiedenen pablistischen und stalinistischen Organisationen hatte zwei zentrale Beweggründe. Erstens waren die staatlichen Akteure innerhalb der SWP und die internationalen, pablistischen Organisationen entschlossen, ihre eigene Entlarvung durch die Untersuchung des IKVI zu verhindern. Zweitens und am wichtigsten, die Enthüllung der konterrevolutionären Geschichte und Rolle des Stalinismus durch Sicherheit und die Vierte Internationale kamen der politischen Agenda der Pablisten und ihrer stalinistischen Verbündeten in die Quere.

Aber durch die Veröffentlichung neuer Beweise in den letzten 40 Jahren wurden die Vorwürfe des IKVI zu feststehende Fakten. Noch heute stützen sich viele auf die veröffentlichten Informationen durch Sicherheit und die Vierte Internationale, ohne die Untersuchung selbst oder die Rolle des IKVI anzuerkennen.

Die Lügen zur Verteidigung Hansens und zur Verleumdung der Untersuchung Sicherheit und die Vierten Internationale dauern bis heute an. Die ehemalige Pablistin und Professorin des St. Mary College in Kalifornien, Susan Weissman, nannte die Untersuchung „eine bizarre, sektiererische Hetzkampagne gegen Joseph Hansen“. Als Weissman in einem offenen Brief von David North vom 10. November 2015 aufgefordert wurde, ihre Verleumdungen zurückzuziehen, versteckte sie sich hinter einem Schleier unehrlichen Schweigens.

Für gewissenhafte Historiker sowie Arbeiter und Jugendliche, die in den Kampf mit dem kapitalistischen System geraten, ist die Untersuchung eine unschätzbare Quelle, um den konterrevolutionären Charakter der stalinistischen Bürokratie und die Notwendigkeit des Schutzes der revolutionären Bewegung vor Agenten des Staates zu verstehen. Sicherheit und die Vierten Internationale ist bis heute von großer historischer Bedeutung.

– – – – – – – –

Anmerkungen:

[1] The Militant, 8. März 1947. Verfügbar unter: https://www.marxists.org/history/etol/newspape/themilitant/1947/v11n10-mar-08-1947.pdf

[2] Ebenda.

[3] Budenz, Louis, This is my story, (New York: McGraw-Hill, 1947), p. 244.

[4] Ebenda., S. 245.

[5] Ebenda, S. 245-46.

[6] Ebenda, S. 246.

[7] Ebenda, S. 257.

[8] Ebenda, S. 258.

[9] Ebenda, S. 259.

[10] Ebenda.

[11] Ebenda, S. 262.

[12] The Militant, 8. März 1947. Verfügbar unter: https://www.marxists.org/history/etol/newspape/themilitant/1947/v11n10-mar-08-1947.pdf

[13] Ebenda.

[14] Ebenda.

[15] Ebenda.

[16] Ebenda.

[17] Ebenda.

[18] The Militant, 22. März 1947. Verfügbar unter: https://www.marxists.org/history/etol/newspape/themilitant/1947/v11n12-mar-22-1947.pdf

[19] Ebenda.

[20] Ebenda.

[21] Ebenda.

[22] Ebenda.

[23] The Militant, 3. Mai 1947. Verfügbar unter: https://www.marxists.org/history/etol/newspape/themilitant/1947/v11n18-may-03-1947.pdf.

[24] Ebenda.

[25] „Samuel Nathan Franklin“, Abraham Lincoln Brigade-Archiv, verfügbar unter: http://www.alba-valb.org/volunteers/samuel-n-franklin

[26] Ebenda.

[27] „Zalmond David Franklin,“ Abraham Lincoln Brigade-Archiv, verfügbar unter: http://www.alba-valb.org/volunteers/zalmond-david-franklin

[28] „Zalmond Franklin, Somewhere in Spain (Irgendwo in Spanien), 11. Oktober 1937, Wisconsin State Journal, S. 2.

[29] „Experiences in Spanish War to Be Recounted“, („Berichtenswerte Erfahrungen aus dem Spanienkrieg“), 6. Mai 1958, Wisconsin Jewish Chronicle.

[30] Budenz, Louis, Men Without Faces (New York: Harper and Brothers, 1950), S. 124.

[31] Ebd., S. 123-24.

[32] Ebd., S. 125.

[33] Ebd.

[34] Ebd.

[35] Ebd., S. 126.

[36] Ebd.

[37] The Militant, 28. August 1950, verfügbar unter https://www.marxists.org/history/etol/newspape/themilitant/1950/v14n01-jan-02-1950-mil.pdf.

[38] Ebd.

39] The Militant, 28. August 1950, verfügbar unter https://www.marxists.org/history/etol/newspape/themilitant/1950/v14n01-jan-02-1950-mil.pdf.

[40] The Sylvia Franklin Dossier (New York: Labor Publications Inc., 1977).

[41] Ebd.

[42] Joseph Hansen an James P. Cannon, 24. Oktober 1958, Wisconsin Historical Society.

[43] The Indictment stands (New York: Labor Publications, Inc. 1976).

[44] James P. Cannon an Rose Karsner, April 1960, Wisconsin Historical Society.

[45] The Gelfand Case Bd. 1 (Detroit: Labor Publications, 1985) S. 58.

[46] Building the Revolutionary Party, an Introduction to James P. Cannon (Chippendale, Australien: New Course Publications, 1997) S.70.

[47] Ebd.

[48] Intercontinental Press, 24. November 1975.

[49] Ebd.

[50] Intercontinental Press, 8. Dezember 1975.

[51] James P. Cannon as We Knew Him (New York: Pathfinder Press, 1976) S. 232-33.

[52] The Sylvia Franklin Dossier, (New York: Labor Publications Inc., 1977).

[53] Ebd.

[54] Interkontinental Press, 20. Juni 1977.

[55] Ebd.

[56] “Hansen's Big Lie grows bigger”, News Line, 25. Juni 1977, verfügbar unter: http://www.gerryhealy.net/page117.html.

[57] Ebd.

[58] Interkontinental Press, 20. Juni 1977.

[59] Für einen vollständigen Überblick über die chronologischen Ereignisse bis zum Fall Gelfand siehe The Gelfand Case, Band 1 (Detroit: Labor Publications, 1985), S. 35-102.

[60] Ebd., S. 111.

[61] Ebd., S. 104-105.

[62] Ebd., S. 174-75.

[63] The Gelfand Case, Band 2 (Detroit: Labor Publications, 1985), S. 469.

[64] Deklassifiziertes CIA-Memo von General Counsel Stanley Sporkin an CIA-Direktor William Casey, 11. Juni 1982.

[65] The Gelfand Case, Bd. 2, S. 635-36.

[66] The Confession of Sylvia Franklin (Detroit: Labor Publications Inc., 1983) S. 19.

[67] Ebd., S. 23

[68] Ebd., S. 25-27.

[69] Ebd., S. 26.

[70] The Gelfand Case, Bd. 2, S. 569.

[71] Barnes Still Defends Sylvia Franklin, (Detroit: Labor Publications, 1983) S. 10.

[72] The Gelfand Case, Bd. 2, S. 571.

[73] The Gelfand Case, Bd. 2, S. 651-654.

[74] Der Militant, 15. April 1983.

[75] SWP Sitzungs-Protokoll des Politischen Komitees vom 16. April 1983.

[76] Ebd.

[77] Barnes verteidigt immer noch Sylvia Franklin, S. 10.

[78] Ebd., S. 3.

[79] Ebd., S. 2.

[80] Ebd.

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