Grüne Landesregierung in Baden-Württemberg setzt Bundeswehr im Innern ein

Im grün-schwarz regierten Baden-Württemberg leistet die Bundeswehr bereits an zehn verschiedenen Orten Amtshilfe im Rahmen der Coronakrise. Laut der offiziellen Website der Bundeswehr ist die Armee in Ulm und Offenburg bis Ende April aktiv und in Giengen, Schwetzingen, Sachselberg und Ellwangen bis Ende Juni. Im Landkreis Calw, im Kreis Sigmaringen, im Breisgau-Hochschwarzwald und der Landeshauptstadt Stuttgart wird der Zeitraum des Einsatzes mit „Ende offen“ angegeben.

Als „Art der Hilfeleistungen“ gibt die Bundeswehr „Personalunterstützung“, „Bereitstellung von Infrastruktur“ und „Materialunterstützung“ an. Dabei geht es offenbar auch um die Kontrolle von Flüchtlingsheimen und die Unterstützung der Polizei. Einem Bericht der Stuttgarter-Zeitung zufolge hat Innenminister Thomas Strobl (CDU) „die Absicht bekundet, Soldaten beim Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber einzuspannen, um Personalausfälle dort zu kompensieren“.

Zuvor hatte bereits der Spiegel über Pläne der grün-schwarzen Landesregierung in Baden-Württemberg berichtet, „wegen des katastrophalen Personalstands bei der Polizei ganz offiziell den Notstand zu erklären und die Bundeswehr anzufordern“. Strobl habe deshalb bereits die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (ebenfalls CDU) kontaktiert. Laut einem Sprecher das Landesinnenministeriums, den die Schwäbische Zeitung zitiert, könnten Soldaten „technische, taktische oder personelle Aufgaben“ im Polizeidienst übernehmen oder Kontrollstellen einrichten.

Die Pläne der Landesregierung, das Militär als Polizeikraft einzusetzen, zeigen, dass es beim Bundeswehreinsatz im Inneren nicht um die Versorgung und Sicherheit der Bevölkerung geht. Die Corona-Krise wird von der Großen Koalition und den Landesregierungen systematisch benutzt, um lang geplante Polizeistaats- und Militarisierungspläne voranzutreiben.

Am 18./19. Oktober letzten Jahres wurde in Baden-Württemberg auf dem Bundeswehr-Truppenübungsplatz Heuberg die größte Anti-Terror-Übung in der Geschichte Deutschlands exerziert. An der Übung BWTEX (Baden-Württemberg Terrorismusabwehr Exercise) nahmen 2500 Personen teil, darunter die Bundeswehr und die Landespolizeien. Die Kosten betrugen etwa 250.000 Euro. Hauptziel derartiger Übungen und der Kooperation von Militär und Polizei im Inneren ist nicht der „Kampf gegen den Terror“, sondern die Unterdrückung der wachsenden sozialen und politischen Opposition.

Die soziale Situation in Baden-Württemberg war auch schon vor der Corona-Krise angespannt. Die großen Autokonzerne sind angeschlagen und vollziehen einen Wechsel zur Elektromobilität, bei dem zehntausende Arbeitsplätze vernichtet werden. Allein Daimler plant die Entlassung von 15.000 Mitarbeitern und hat mit Unterstützung der Gewerkschaften ein Sparprogramm von 1,4 Milliarden Euro vorgelegt.

Als Folge der Corona-Krise steuert das Land nun auf eine noch größere Rezession zu. Bereits jetzt befinden sich zehntausende Arbeiter in Kurzarbeit und weitere Massenentlassungen drohen. Auch Studierende sind stark gefährdet, da ihre Nebenjobs auf Eis liegen. Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann schwört die Bevölkerung bereits auf weitere Kürzungen ein, um die Milliarden, die an die Banken und Großkonzerne fließen, wieder einzutreiben.

„Die meisten Menschen werden nach der Corona-Krise erst mal ärmer sein“, verkündete Kretschmann am Sonntag in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Wenn wir in Baden-Württemberg für 5 Milliarden Euro einen Schutzschirm spannen, müssen wir das Geld binnen zehn Jahren tilgen, das heißt: Eine halbe Milliarde im Jahr im Haushalt muss anderswo eingespart werden. Das Geld fällt ja nicht vom Himmel“, fügte er hinzu.

Es ist kein Zufall, dass die Regierung an die Bundeswehr appelliert, während sie eine neue Runde sozialer Angriffe plant. Sie will das Militär frühzeitig als Unterdrückungsorgan in Position bringen, um die wachsende Opposition zu kontrollieren und notfalls gewaltsam zu unterdrücken.

Die Pläne der Landesregierung, das Militär zur polizeilichen Unterstützung im Inland einzusetzen, gehen Hand in Hand mit der Verschärfung des baden-württembergischen Polizeigesetzes im vergangenen Monat.

In den letzten Jahren haben bundesweit fast alle Länder ihre Polizeigesetze verschärft, so auch Baden-Württemberg mit der Verabschiedung eines neuen Polizeigesetzes am 15. November 2017. Bereits damals hatte Kretschmann erklärt: „Wir gehen an die Grenze des verfassungsmäßig Machbaren.“

Das Gesetz erlaubt nicht nur den Einsatz von Explosivmitteln wie Handgranaten, Granatwerfern und Sprengstoff gegen Personen, sondern auch „intelligente“ Videoüberwachung zur Erkennung von Verhaltensmustern. Sogenannte „Gefährder“ können mit Aufenthalts- und Kontaktverboten belegt werden und zusätzlich auch zum Tragen einer Fußfessel gezwungen werden. „Gefährder“ sind dabei Personen, die keine Straftat begangen haben, aber nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden eine Straftat begehen könnten. Für diese Einschätzung müssen keinerlei konkrete Hinweise vorliegen.

Zur polizeilichen Aufrüstung gehörte außerdem das Aufspielen sogenannter Staatstrojaner, die es der Polizei ermöglichen, auf Smartphones und Computern private Nachrichten mitzulesen.

Die Neusten Änderungen „ergänzen“ nun das drakonische Polizeigesetz. Sie schränken die demokratischen Grundrechte weiter ein, während der Aufbau eines Polizei- und Überwachungsstaats vorangetrieben wird. So dürfen die Body-Cams der Polizei jetzt auch in Wohnungen und Geschäftsräumen benutzt werden. Strobl begründete diesen Schritt mit der zynischen Aussage: „Es ist ein wichtiges Instrument auch zum Schutz unserer Polizistinnen und Polizisten. Und die Bodycam schützt auch Frauen und Kinder, etwa bei häuslicher Gewalt.“

Außerdem werden Personenkontrollen bei Großveranstaltungen mit „hohem Gefährdungspotential“ ausgeweitet. Das Ergebnis der Personenkontrollen soll nach einem Jahr evaluiert werden. Hier kann davon ausgegangen werden, dass die Personenkontrollen auch nach der Evaluation weiter durchgeführt werden. Die Polizei bekommt damit quasi einen Freischein und kann unter Verweis auf eine mögliche Gefährdung einer Großveranstaltung beliebig Kontrollen vornehmen.

Zusätzlich beinhaltet die verschärfte Version des Polizeigesetzes die automatisierte Erfassung von KfZ-Kennzeichen. „Das ist ein wichtiges Fahndungsinstrument, das eine personelle Entlastung für die Polizei bringt“, begründete Strobl den Vorstoß. In Wirklichkeit geht es bei der Ausweitung der Überwachungsmaßnahmen darum, möglichst viele Bewegungen im öffentlichen und privaten Bereich zu erfassen, um umfassende Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile zu erstellen.

Der ständig fortschreitende Aufbau eines Polizeistaats sowie der Einsatz der Bundeswehr im Innern zeigen deutlich die Marschrichtung der Bourgeoisie in Richtung Diktatur und Autoritarismus. Die Grünen stehen hier an vorderster Front und offenbaren sich als treibende Kraft für Militarismus und die Einschränkung demokratischer Rechte.

Loading