Die Coronakrise entlarvt schonungslos den Klassencharakter und die politische Orientierung der Linkspartei und ihrer pseudolinken Anhängsel. Während die Pandemie den wirtschaftlichen, sozialen, politischen, kulturellen und moralischen Bankrott der kapitalistischen Gesellschaft offenlegt, verteidigen sie die Interessen der großen Konzerne und Banken und schließen ein Bündnis mit der Großen Koalition gegen die Arbeiterklasse.
Den sichtbarsten Ausdruck fand dies am 26. März, als die Bundestagsfraktion der Linkspartei gemeinsam mit Vertretern von CDU/CSU, SPD, Grünen, FDP und der rechtsextremen AfD geschlossen für das milliardenschwere Corona-Notpaket der Regierung stimmte. Mit „Ja“ stimmten auch Mitglieder und Unterstützer der Parteiströmungen „Antikapitalistische Linke“ und „Sozialistische Linke“, denen die pseudolinken Gruppierungen Marx21 und SAV angehören.
Auf ihrer Facebook-Seite prahlte die langjährige Bundestagsabgeordnete und führende Vertreterin von Marx21, Christine Buchholz, sie habe „gemeinsam mit vielen anderen MdB der Linksfraktion“ dem Gesetz der Bundesregierung zum „zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ zugestimmt. Es sei „richtig, dass jetzt die unsinnige Schuldenbremse ausgesetzt und schnell in großem Umfang staatliche Finanzmittel zur Krisenbewältigung eingesetzt werden“.
Im Bundestag selbst hatte sich die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Amira Mohamed Ali, mit den Worten hinter die Maßnahmen der Großen Koalition gestellt: „Das Hilfspaket der Bundesregierung zur Bewältigung dieser beispiellosen gravierenden Krise enthält viele gute Regelungen, mit denen wir einverstanden sind. Die Gespräche, die wir in den letzten Tagen mit der Bundesregierung dazu geführt haben, waren sehr konstruktiv.“
Die Botschaft ist eindeutig: Die Linkspartei arbeitet aufs Engste mit der Großen Koalition zusammen, um die Interessen des deutschen Kapitals zu verteidigen und die Last der Coronakrise auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen. Alle Bemühungen, den Klassencharakter der beschlossenen Maßnahmen zu verschleiern, können darüber nicht hinwegtäuschen. Der Hauptzweck der „vielen guten Regelungen“ (Amira Mohamed Ali) besteht darin, die Profite der Großkonzerne und Finanzinstitute abzusichern und die Bereicherung einer kleinen, steinreichen Elite auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung fortzusetzen.
So kommen allein 600 der vom Bundestag bereitgestellten 756 Milliarden Euro den Großunternehmen zu Gute. Das von Vertretern der Linkspartei gefeierte Kurzarbeitergeld (60 Prozent des bisherigen Lohns) dient den Konzernen vor allem dazu, die Arbeiter mit einem Hungerlohn abzuspeisen und längst geplante Umstrukturierungen vorzunehmen. Letzte Woche kündigte der Vorstand der Deutschen Lufthansa AG den Abbau von bis zu 18.000 Arbeitsplätzen an, und auch in der Autoindustrie werden Massenentlassungen vorbereitet.
Für den Großteil der prekär beschäftigten Arbeiter, wie etwa die acht Millionen Minijobber, sind überhaupt keine staatlichen Gelder vorgesehen. Ihnen und vielen Selbstständigen bleibt oftmals nur die Beantragung von Hartz IV und der Absturz in bittere Armut.
Die Linke unterstützt auch die europäischen Bailout-Programme, die gleichermaßen dazu dienen, Milliarden in die Banken und die Taschen der Superreichen zu transferieren. Bereits im März hatte die Europäische Zentralbank (EZB) ein Rettungspaket in Höhe von 750 Milliarden Euro für die Finanzmärkte verkündet. In der vergangenen Woche einigten sich die EU-Finanzminister auf weitere 500 Milliarden, die ebenfalls vor allem den Börsen, Banken und Spekulanten zugutekommen.
Trotzdem signalisierte Martin Schirdewan, Vorstandsmitglied der Linkspartei und Fraktionsvorsitzender der Vereinten Europäischen Linken/Nordischen Grünen Linken (GUE/NGL) im Europaparlament, die Unterstützung seiner Partei für die Maßnahmen. „Wir begrüßen die Kredite der EIB [Europäischen Investitionsbank], um die KMU [kleinen und mittleren Unternehmen] von der Krise zu entlasten und den Arbeitnehmern und Angestellten und ihren jeweiligen Unternehmen mit einer befristeten Kurzarbeitsversicherung zu helfen,“ erklärte er in einem Statement.
Natürlich wissen Schirdewan, die Linkspartei und ihre europäischen Schwesterorganisationen genau, dass die Programme der EU nicht den Arbeitern zugutekommen, sondern vor allem der Finanzoligarchie. Und wie nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 werden die Milliardensummen durch brutale Kürzungsorgien und eine verschärfte Austeritätspolitik wieder aus der Arbeiterklasse herausgepresst.
Schirdewan versucht das zu vertuschen, indem er statt Kredite aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), die 240 Milliarden des EU-Pakets ausmachen, gemeinsame Anleihen der EU-Staaten, sogenannte Coronabonds, fordert.
„Kredite aus dem ESM nur unter dem Regime der makroökonomischen Auflagen zu vergeben“ sei „ein Schlag ins Gesicht derer, die bereits am meisten gelitten haben“, stellt Schirdewan fest und fügt warnend hinzu: „Es könnte auch zu einer weiteren Staatsschuldenkrise führen, da der Sanierungsfonds noch nichts anderes als ein leeres Versprechen ist.“ Der EU-Haushalt werde „nicht groß genug sein, um die Erholung Europas zu garantieren“. Coronabonds seien „in diesen Zeiten der Not die richtige Antwort“.
Die Forderung der Linkspartei nach Coronabonds, die von der Mehrheit der EU-Regierungen erhoben wird – darunter Frankreich, Spanien und Italien – hat nichts mit einer größeren Unterstützung für Arbeiter und sozial Schwache auf dem Kontinent zu tun. Sie sind ein Finanzinstrument, das mittlerweile auch einflussreiche Teile der deutschen Bourgeoisie als notwendig erachten, um Europa unter der Führung Berlins zu organisieren und die Interessen des deutschen und europäischen Imperialismus global zu verfolgen.
In einem Artikel mit dem Titel „Wie unser Europa wieder erstarkt“ plädiert die amtierende EU-Kommissionspräsidentin und frühere deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für „massive Investitionen“ und „einen Marshall-Plan für Europa“. Es gehe um eine „strategische Investition in unsere Zukunft“, um „ein moderneres, nachhaltigeres und widerstandsfähigeres Europa aufzubauen“.
Von der Leyen lässt keinen Zweifel daran, dass die von der EU bereitgestellten Summen vor allem in die Finanzmärkte fließen und mit jahrzehntelangen Sparmaßnahmen verbunden sind. Es gehe darum, „Planungssicherheit für Investoren“ zu schaffen. Und: „Die vielen Milliarden, die heute investiert werden müssen, um eine größere Katastrophe abzuwenden, werden Generationen binden.“
Die Linkspartei ist begeistert von diesen Plänen. Von der Leyens Vorschlag, „einen Marshallplan für die EU aufzulegen“, sei „überfällig“, erklärte der Linksparteivorsitzende Bernd Riexinger auf Twitter. Die EU habe „sich viel zu lange zurückgehalten“ und es sei nun „zwingend notwendig, dass wir ein großes Investitionsprogramm für die EU aufsetzen“.
Die einzige Sorge der Linkspartei: der reaktionäre Charakter der Pläne soll nicht zu offen sichtbar werden. „Es darf nicht so aussehen, dass wir ein großes Investitionsprogramm machen, um die Wirtschaft und die EU, so wie sie jetzt sind, wieder in Gang zu setzen“, erklärt Riexinger mit dem ihm eigenen Zynismus.
Während der Klassencharakter der Regierungspolitik immer offener zu Tage tritt, unterstützt Die Linke Berlin und Brüssel aktiv bei der Durchsetzung ihrer arbeiterfeindlichen Politik. Bereits Anfang April betonte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, gegenüber dem Nachrichtensender Phoenix: „Ja, es ist die Zeit der Exekutive. Aber wir müssen… vor allem auch mit dafür sorgen, dass die beschlossenen Maßnahmen auch umgesetzt werden und nicht im Dschungel der Bürokratie untergehen. Das ist unsere Aufgabe.“
Und weiter: „Das Krisenmanagement der Bundesregierung wird im Nachgang zu bewerten sein… Jetzt muss vor allem agiert werden. Das machen auch linke Politiker – Bodo Ramelow als Ministerpräsident, viele Landräte und Bürgermeister –, und da müssen wir gemeinsam anpacken und gleichzeitig unseren besonderen Wert auf diejenigen legen, die eventuell rausfallen.“
Was die Linkspartei unter „anpacken“ versteht, zeigt sich tatsächlich am deutlichsten dort, wo sie (mit)regiert. In Thüringen nutzt die rot-rot-grüne Minderheitsregierung unter Ramelow die Krise, um ihre Zusammenarbeit mit der rechten CDU zu verstärken. „Wir sind mit der CDU ständig im Gespräch“, frohlockte Linken-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow vor wenige Tagen im Spiegel. „Es läuft. Wir finden zueinander, wie wir es vereinbart hatten.“ Im März hatte Ramelow sogar den Schulterschluss mit der AfD geübt und der rechtsextremen Partei mit seiner Stimme zum Amt eines Vizepräsidenten des thüringischen Landtags verholfen.
Bei diesem „Zueinanderfinden“ mit rechten und rechtsextremen Kräften geht es offensichtlich nicht darum, denjenigen zu helfen, „die eventuell rausfallen“, sondern die Schwächsten der Gesellschaft zu disziplinieren und die Opposition gegen die sozialen und politischen Auswirkungen der Krise zu unterdrücken.
Bezeichnenderweise unterstützt Die Linke den massiven Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Laut der offiziellen Website der Bundeswehr werden im Rahmen der sogenannten „Amtshilfe bezüglich Corona“ auch in Thüringen und Berlin Bundeswehrsoldaten eingesetzt. Die Ramelow-Regierung plant dabei sogar die Kontrolle von Flüchtlingslagern an die Bundeswehr zu übergeben. Laut einem Sprecher der Armee hat Thüringen „die Abstellung von Soldaten zur (schichtfähigen) Ausübung des Hausrechts“ in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl beantragt.
Auch die „Zurück an die Arbeit“-Kampagne wird von der Linkspartei unterstützt. Am 16. April verteidigte Ramelow bei Markus Lanz die Pläne der Bundes- und Landesregierungen, das öffentliche Leben trotz der Ausbreitung der Pandemie schrittweise wieder hochzufahren. Aus dem zentralen Ziel, die Wirtschaft zu stärken und die Produktion wieder in Gang zu bringen, machte er keinen Hehl. „Die Wirtschaft in Deutschland ist nicht abgeschafft worden. Wir haben sie nicht eingestellt. Die Lieferketten haben sie eingestellt. Und damit sind wir bei einem ganz anderen Problem weltweiter Arbeit, dass durch Corona nicht verändert worden ist“, erklärte er.
Mit anderen Worten: wie die Bundesregierung und die aggressivsten Vertreter des deutschen Kapitals besteht auch die Linkspartei darauf, dass in Deutschland und weltweit Millionen Arbeiter an die Arbeit zurückkehren, um die Lieferketten wiederherzustellen und Profite zu erwirtschaften. Für die Sicherheits- und Gesundheitsinteressen der Arbeiter hat Die Linke dabei nur Verachtung übrig. Zur Frage nach der Ausstattung der Bevölkerung mit Schutzmasken erklärte Ramelow lapidar: „Wir haben sie nicht. Wir können sie nicht zur Verfügung stellen.“
Mit einer Partei, die sich als „links“ bezeichnet, aber die Profitinteressen der Wirtschaft höherstellt als die Interessen der Bevölkerung, werden Arbeiter und Jugendliche schonungslos abrechnen. 30 Jahre nachdem ihre stalinistischen Vorläuferorganisation, die SED/PDS, die Einführung des Kapitalismus in Ostdeutschland unterstützt hat, kann Die Linke nicht mehr verbergen, dass sie die Interessen privilegierter Mittelschichten vertritt, die mit denen der deutschen Banken und Großkonzerne vollständig kompatibel sind.