Große Koalition plant Beschaffung von 138 Kampfjets und bereitet sich auf Atomkrieg vor

Die Bundesregierung plant die Beschaffung von 93 neuen Eurofighter-Maschinen und 45 amerikanischen F-18-Kampfjets zu einem Gesamtpreis von knapp 20 Milliarden Euro. Der Eurofighter wird von Airbus, die F-18 von Boeing hergestellt.

Unter letzteren befinden sich 30 Maschinen vom Typ „Super Hornet“, deren Zweck darin besteht, die sogenannte „nukleare Teilhabe“ zu sichern und in Deutschland lagernde US-Atombomben in einem Atomkrieg einzusetzen. Für die Aufgabe standen bislang Tornado-Jagdbomber bereit, die allerdings spätestens 2030 ausrangiert und durch modernere Flugzeuge ersetzt werden sollen.

F-18 "Super Hornet" Kampfjets beim Einsatz über Afghanistan (U.S. Air Force photo by Staff Sgt. Andy M. Kin / Public domain)

Wie der Spiegel im April berichtete, hat Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im April in einer E-Mail an US-Verteidigungsminister Mark Esper einen entsprechenden Deal in Aussicht gestellt. Der außerparlamentarische Vorstoß erfolgte offenbar mit Billigung des Koalitionspartners. In einer Stellungnahme betonte das Verteidigungsministerium, die SPD sei „seit Wochen in den Prozess eingebunden“. Zudem habe es vertrauliche Abstimmungen mit Außenminister Heiko Maas und Finanzminister Olaf Scholz (beide SPD) gegeben, so der Spiegel.

Am Montag bekannten sich Vertreter der Bundesregierung erneut klar zur deutschen Beteiligung an der „nuklearen Teilhabe“ im Rahmen der Nato. Diese sei „ein wichtiger Bestandteil einer glaubwürdigen Abschreckung im Bündnis“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Außenminister Heiko Maas (SPD) distanzierte sich von Vertretern seiner eigenen Partei, darunter dem SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans, die in den vergangenen Tagen den geplanten Kauf der amerikanischen Jets und Deutschlands enges nukleares Bündnis mit den USA kritisiert hatten. „Einseitige Schritte, die das Vertrauen unserer engsten Partner und europäischen Nachbarn untergraben, … schwächen unsere Bündnisse“, so Maas.

Am Sonntag hatte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich im Tagesspiegel erklärt, die „Atomwaffen auf deutschem Gebiet erhöhen unsere Sicherheit nicht, im Gegenteil“. Es werde „Zeit, dass Deutschland die Stationierung zukünftig ausschließt. Das haben schließlich auch andere Staaten getan, ohne dabei die Nato infrage zu stellen.“ Dann fügte er hinzu: „Wir sollten als Deutsche selbstbewusst fordern, die Nuklearstrategie der Nato auch dann mit zu prägen, wenn keine Nuklearwaffen mehr auf unserem Gebiet lagern.“

Die Kritik von Teilen der SPD an den Plänen der Bundesregierung, die auch von der Führung der Linkspartei unterstützt wird, hat also nichts mit Pazifismus zu tun. Sie zielt darauf ab, eine von den USA unabhängigere und stärker von Deutschland und Europa dominierte Außen- und Nuklearpolitik zu entwickeln. Die SPD hatte in der Vergangenheit gefordert, die Tornados ausschließlich durch neue, umgerüstete Eurofighter-Modelle zu ersetzen, um „eigene Fertigungskapazitäten zu fördern und die Abhängigkeit von den USA nicht zu groß werden zu lassen“, wie es in einem Bericht des Nachrichtensenders ntv heißt.

Unabhängig davon, für welche Kampfflugzeuge die Bundesregierung sich am Ende entscheiden wird, geht es bei den Plänen um die größte Aufrüstung der Luftwaffe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und letztlich um die nukleare Bewaffnung Deutschlands und Europas. Die von der Bundesregierung angestrebte Anschaffung der F-18 Kampfjets dient laut Verteidigungsministerium dabei lediglich „als Brückenlösung für die nukleare Teilhabe und den luftgestützten elektronischen Kampf“. Dabei soll die Entwicklung „von FCAS nicht gefährdet werden“.

Beim „Future Combat Air System – FCAS“ handelt es sich um ein europäisches Luftkampfsystem, das aus einem bemannten Mehrzweckkampfflugzeug der sechsten Generation, unbemannten Begleitflugzeugen (Remote Carrier) sowie neuen Waffen und Kommunikationssysteme bestehen soll. Vorgesehen ist ein integriertes System, das Drohnen, Kampfflugzeuge, Satelliten sowie Kommando- und Kontrollflugzeuge verbindet – gegebenenfalls mit einer eigenen nuklearen Komponente.

Erst im Februar hatte der französische Präsident Emmanuel Macron in einer außenpolitischen Grundsatzrede einen „strategischen Dialog“ über die atomare Abschreckung Europas angemahnt. Angesichts des nuklearen Wettrüstens könnten sich die Europäer nicht „auf eine Rolle als Zuschauer“ beschränken.

Das FCAS ist Bestandteil der deutsch-französischen Bestrebungen, die Europäische Union in eine Militärmacht zu verwandeln, die unabhängig von und potentiell auch gegen die USA Krieg führen kann. Unter Bedingungen wachsender Konflikte zwischen den Großmächten wird die Entwicklung des Projekts intensiv vorangetrieben. Nachdem Deutschland, Frankreich und Spanien im vergangenen Juni den offiziellen Startschuss für FCAS gegeben hatten, werde „nun mit einem deutschen Anteil von rund 78 Millionen Euro, in den nächsten 18 Monaten der Einstieg in die Technologiereifmachung und -demonstration erfolgen“, heißt es in einem Bericht des Verteidigungsministeriums vom 13. Februar.

In einem Pressestatement vom 22. April betonte Kramp-Karrenbauer ebenfalls, die Beschaffung der neuen Kampfjets sei „eine Brücke […] in die letztendlich zielführende Zukunftstechnologie von FCAS“. Bei der Ersetzung der Tornado-Flotte gehe es darum, „dass wir in Zukunft die Luftwaffe der Bundeswehr so ausstatten, dass alle Fähigkeiten, die der Tornado bietet – die Fähigkeit zum Luftkampf, zur Aufklärung, zum elektronischen Kampf, aber auch die Fähigkeit zur nuklearen Teilhabe –, in Zukunft abgebildet werden können“. Dabei sei „es wichtig, dass wir industriepolitisch die Fähigkeiten in Deutschland und in Europa auch weiter erhalten. Wir brauchen eine Lösung, die sicherstellt, dass das große europäische Flugsystem der Zukunft, nämlich FCAS, für die Zeit nach 2040 nicht gefährdet wird.“

Die Summen für die Projekte sind gigantisch. Bei einem Stückpreis von etwa 93 Millionen US Dollar (85 Millionen Euro) für einen F-18 Kampfjet und 170 Millionen US Dollar (156 Millionen Euro) für einen Eurofighter belaufen sich die Kosten für insgesamt 138 neue Kampfflugzeuge auf mindestens 20 Milliarden US Dollar bzw. 18,5 Milliarden Euro – wobei sich die Kosten neuer Rüstungsprogramme in der Regel vervielfachen.

Die Kosten des europäischen Systems liegen noch wesentlich höher. Bis zu acht Milliarden Euro werden allein in die Entwicklung fließen. Insgesamt sollen sich die Kosten auf mehr als 100 Milliarden belaufen. Das Handelsblatt berichtete im vergangenen Jahr, dass das System „bis Mitte des Jahrhunderts“ sogar „bis zu 500 Milliarden Euro“ verschlingen wird.

Inmitten der grassierenden Covid-19-Pandemie ist die Finanzierung dieses Projekts ein soziales und politisches Verbrechen. Wie die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) und die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) feststellen, würde allein der geschätzte Kaufpreis der F-18 Atombomber (7,47 Milliarden Euro) ausreichen, um 100.000 Intensivbetten und 30.000 Beatmungsgeräte zu kaufen und zusätzlich 60.000 Pflegekräfte und 25.000 Mediziner ein ganzes Jahr lang zu entlohnen.

Allein die Anschaffungskosten dieser Kriegswaffen würden demnach genügen, um die Arbeit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für viereinhalb Jahre zu finanzieren. Mit der Summe von 500 Milliarden, die für das FCAS veranschlagt werden, könnte man den gesamten deutschen Gesundheitshaushalt (15,3 Milliarden) für 32 Jahre finanzieren!

Die Pläne der Bundesregierung machen klar, dass der deutsche Imperialismus und Militarismus 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder an seine verbrecherischen Traditionen anknüpft. Auf die atomare Aufrüstung der USA und die wachsende Gefahr eines Kriegs zwischen den Nuklearmächten reagieren die deutschen Eliten mit ihren eigenen Vernichtungsplänen. Seit langem trommeln einflussreiche Thinktanks, Kommentatoren, Zeitungen und Politiker für deutsche Massenvernichtungswaffen.

Zuletzt sprach sich der amtierende Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und frühere Chef des zweitgrößten europäischen Rüstungskonzerns EADS, Tom Enders, in einem Gastkommentar für die Zeit mit dem Titel „Wir müssen über Nuklearwaffen reden“ für eine nukleare Zusammenarbeit mit Frankreich und/oder ein eigenes deutsches Atomwaffenarsenal aus. „Eine verantwortliche deutsche Außen- und Sicherheitspolitik“ müsse „die nuklearen Optionen der Bundesrepublik Deutschland realpolitisch und nüchtern diskutieren“. Dabei sollte „keine Option von vornherein als tabu gelten“, auch nicht „das scheinbar Undenkbare: Braucht Deutschland selbst Nuklearwaffen?“ Der „Aufbau einer schlagkräftigen Europäischen Verteidigungsunion“ sei „ohne nukleares backing schlechterdings nicht vorstellbar“.

Die einzige Möglichkeit, die Gefahr eines nuklearen Wettrüstens und die Vernichtung der Menschheit in einem atomar geführten dritten Weltkrieg abzuwenden, besteht in der Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen die Wurzel von Aufrüstung und Krieg – den Kapitalismus. Arbeiter und Jugendliche müssen für die entschädigungslose Enteignung der Rüstungskonzerne, Banken und Finanzoligarchen kämpfen, damit diese Mittel gegen die Pandemie und für die Befriedigung der sozialen Bedürfnisse der großen Mehrheit der Bevölkerung eingesetzt werden können. Diese Forderungen sind untrennbar verbunden mit dem Kampf für Arbeitermacht und die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft.

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