Die herrschende Klasse Deutschlands reagiert auf die von der Covid-19-Pandemie ausgelösten wachsenden Spannungen zwischen den Großmächten mit einer Verschärfung ihrer Kriegspolitik. Nachdem das Verteidigungsministerium vor zwei Wochen die Beschaffung von 138 Kampfjets – darunter 30 Atombomber – angekündigt hat, sollen nun Drohnen der deutschen Streitkräfte mit Raketensprengköpfen bewaffnet werden. Dies bekräftigten Regierungsvertreter, Militärs, Oppositionspolitiker und Theologen am Montag im Rahmen einer choreografierten „Podiumsdiskussion“ in den Räumlichkeiten des Ministeriums.
In Afghanistan und Mali, wo die Bundeswehr die brutale Herrschaft der pro-imperialistischen Marionettenregimes gegen Widerstand aus der Bevölkerung verteidigt, sind seit 2010, beziehungsweise 2016 je drei Aufklärungsdrohnen im Einsatz. Im Jahr 2021 werden sie von der israelischen Kampfdrohne „Heron TP“ abgelöst, die nun mit Sprengköpfen bestückt werden soll. Die Kosten belaufen sich auf etwa 1,2 Milliarden Euro.
Die Aufstellung einer eigenen bewaffneten Drohnenarmada wird von der Großen Koalition seit Jahren vorbereitet und war Gegenstand der monatelangen Absprachen, die der Regierungsbildung im Jahr 2018 vorausgingen. So hatten CDU/CSU und SPD bereits in ihrem Koalitionsvertrag erklärt, man wolle „im Rahmen der Europäischen Verteidigungsunion die Entwicklung der Euro-Drohne weiterführen“. Die israelische Heron-Kampfdrohne solle als „Übergangslösung“ dienen, über deren „Bewaffnung“ der Deutsche Bundestag „nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung“ entscheiden solle. Das Panel, das am Montag im Verteidigungsministerium stattfand, diente dem Zweck, dies voranzutreiben.
Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber (CDU), der das Panel eröffnete, erklärte, künftige Luftangriffe von Kampfdrohnen würden „den eigenen Truppen zusätzlichen Schutz bieten“. Das ist die bekannte Propaganda des Verteidigungsministeriums. In Wirklichkeit gibt es kaum eine andere Waffe, die derart stark mit den neokolonialen Feldzügen des 21. Jahrhunderts und ihren anonymen Massenmorden an tausenden unschuldigen Männern, Frauen und Kindern assoziiert ist.
In seinem Plädoyer ließ Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn keinen Zweifel daran, dass Deutschland – ebenso wie seine imperialistischen Rivalen – unbemannte Kampfflugzeuge einsetzen wird, um die Bevölkerung ferner Weltregionen gewaltsam zu unterdrücken und vermeintliche Gegner gezielt zu ermorden. Explizit nannte Zorn die Bundeswehreinsätze in Afghanistan und Mali. Deutsche Streitkräfte seien dort nicht mit Soldaten konfrontiert: „Es sind Einsätze, in denen wir keine staatlichen Akteure als Gegner haben… In Afghanistan wurden viele Hinterhalte aus Wohnsiedlungen heraus begangen, in denen sich auch Kinder und Frauen befanden.“
Obwohl auch der Einsatz von „Artillerie“ oder die „Bombardierung durch ein Flugzeug“ geeignet seien, Gegner aus sicherer Entfernung zu töten, sei vor diesem Hintergrund eine „präzisere Zielbekämpfung“ nötig.
„Kleinere gelenkte Bomben, die wir an unseren Kampfflugzeugen verwenden, wiegen 125 Kilogramm. In der Regel sind die Bomben jedoch eher größer. Obwohl sie zielgenau sind, ist ihre Sprengkraft so stark, dass nicht nur das Ziel bekämpft wird, sondern auch in einem Umkreis von mehreren 100 Metern Schäden entstehen können. Gleiches gilt bei der Artillerie, die per se eine Flächenwaffe ist“, erläuterte Zorn.
Die präzise Einsetzbarkeit der neuen Waffen sei daher einer der Punkte, die „aus militärischer Sicht besonders für bewaffnete Drohnen“ sprächen. Im Gegensatz zu Flugzeugen und Raketenwerfern könnten sie „fast lautlos“ zur Anwendung kommen.
Führende Vertreter von Regierung und Opposition – darunter zahlreiche Mitglieder des Verteidigungsausschusses – warben in den anschließenden Panels für die Anschaffung der neuen Kriegswaffen.
„Eine bewaffnete Drohne zu haben, halten wir für elementar wichtig für eine moderne Armee“, erklärte Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). „Wir brauchen diese Drohne und ich hoffe und bin mir sicher, sie kommt – da können wir jetzt hier lange reden.“ Jeder Teilnehmer müsse früher oder später „die Hosen runterlassen“. Sie selbst könne „für die Freien Demokraten sagen: Wir wollen diese Drohne, und zwar bewaffnet.“
Der SPD-Verteidigungspolitiker und Vorsitzende des Berliner Landesverbands des Volksbunds Deutscher Kriegsgräberfürsorge, Fritz Felgentreu, erklärte: „Wir sind an einem Punkt, da muss man auch konstruktiv sein. Wenn es stimmt, was der Generalinspekteur vorgetragen hat […], dann muss man in der Abwägung sagen, die bewaffnete Drohne ist das bessere Mittel als die Luftnahunterstützung herkömmlicher Art.“
Der sozialdemokratische Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, hatte sich bereits im Vorfeld für die Anschaffung von Kampfdrohen stark gemacht. „Eine bewaffnete Aufklärungsdrohne […] für eine deutsche Patrouille im Gefecht“ sei „sinnvoll“. Dies sei im Ernstfall besser, als auf angeforderte Kampfhubschrauber oder Jagdbomber warten zu müssen.
Die Vertreter von Linkspartei und Grünen ließen ebenfalls keinen Zweifel daran, dass sie den deutschen Militarismus und die Auslandseinsätze der Bundeswehr unterstützen. Gegen die Pläne der Bundesregierung sprachen sie sich lediglich aus taktischen Gründen aus. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Katja Keul, bezeichnete Kampfdrohnen „langfristig“ als „sicherheitspolitisches Risiko“ für die „eigenen Streitkräfte“, da sie in die Hände der Gegenseite fallen könnten.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Tobias Pflüger, erklärte, er lehne „die Form, mit Kampfdrohnen in den Einsatz zu gehen, ab“. Mit anderen Worten: Die Linke stimmt prinzipiell mit der Offensive des deutschen Militarismus überein. In seinen Ausführungen brüstete sich Pflüger damit, erst vor kurzem die Bundeswehrtruppen in Mali besucht zu haben und die „Bedürfnisse der Soldaten“ besser als alle anderen Anwesenden zu kennen.
Pflüger hatte zudem kein Problem damit, das Podium mit dem vom Verteidigungsministerium geladenen AfD-Vertreter, Rüdiger Lucassen, zu teilen. Der rechtsextreme Oberst a.D. sprach am deutlichsten aus, welche weitreichenden Kriegs- und Aufrüstungsziele mit der Anschaffung der Kampfdrohnen verbunden sind. Beim „Schutz unserer Soldaten im Einsatz“ sei „das aktive Moment“ das „Wesentliche“. Um „den Gegner niederzuhalten“ brauche „man das gesamte Spektrum konventioneller und technologischer Mittel für die Kriegsführung“.
Mit der Anschaffung von Kampfdrohnen unterstreicht der deutsche Imperialismus seine Absicht, seine Kolonial- und Eroberungsfeldzüge auszuweiten und jede Opposition dagegen brutal niederzuschlagen. Deutschland würde sich damit neben Ländern wie den USA, Großbritannien, Israel, Frankreich und Saudi-Arabien aktiv in die Riege der Militärmächte einreihen, die in den vergangenen Jahren einen globalen Drohnenkrieg entfesselt haben, in dessen Verlauf laut dem Bureau of Investigative Journalism allein durch direkten Beschuss zwischen 9000 und 17.000 Menschen ums Leben gekommen sind.
Sogenannte „gezielte Tötungen“ sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. In Afghanistan, Pakistan, Somalia und dem Jemen wurden laut offiziell verfügbaren Daten bis zu 454 Kinder ermordet, die meisten durch „Hellfire“-Raketen des US-Militärs. Im Jahr 2013 wurden im Jemen mindestens 13 Teilnehmer einer Hochzeitsgesellschaft von einem US-Drohnenschlag zerfetzt. Anfang dieses Jahres ließ US-Präsident Donald Trump den iranischen Generalmajor Qassem Suleimani und den irakischen Militärführer Abu Mahdi al-Muhandis per Drohnenschlag ermorden.
Die Planung und Steuerung dieser Terroranschläge erfolgen auf der US Air Base im rheinland-pfälzischen Ramstein. Mit dem Hauptquartier des „Allied Air Command Ramstein“, einer Nato-Kommandobehörde zur Führung von Luftstreitkräften, stehen dort bereits alle technischen und logistischen Mittel für weltweite Drohnenkriege der Bundeswehr zur Verfügung.
Das Future Combat Air System (FCAS), das Deutschland gemeinsam mit Frankreich und Spanien entwickelt, sieht vor, Kampfjet-Einsätze mit Drohnenschwärmen und Satelliten zu verzahnen, um „die nächste Generation der Luftstreitkräfte in stark verwehrte Umgebungen zu bringen“, wie es auf der Website des am Bau beteiligten Rüstungskonzerns Airbus Defence and Space heißt.
Die mörderischen Aufrüstungspläne der Bundeswehr sind eine eindringliche Warnung an alle Arbeiter und Jugendlichen. 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird die herrschende Klasse erneut vor nichts zurückschrecken, um die Interessen des deutschen Kapitalismus und Imperialismus nach außen und innen durchzusetzen. Niemand sollte sich Illusionen machen. Zu den „stark verwehrten Umgebungen“ würde notfalls auch der Einsatz gegen revolutionäre Massendemonstrationen und Streiks in Deutschland selbst gehören.