US-Präsident Trump leugnet wissenschaftliche Erkenntnisse

Die öffentliche Kritik von Donald Trump an Dr. Anthony Fauci, Mitglied der Corona Task Force des Weißen Hauses, fügt sich nahtlos in das Gebaren des US-Präsidenten ein, wissenschaftliche Erkenntnisse zu leugnen und sich an die rückständigsten Kräfte in der amerikanischen Gesellschaft zu richten. Washington versucht eine faschistische Bewegung zu mobilisieren, um die Forderungen der großen Unternehmen nach einer „Öffnung“ der Wirtschaft zu unterstützen – ungeachtet der Gefahren, die dabei für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung entstehen.

Am Dienstag trug Fauci vor einem Senatsausschuss den Konsens von Epidemiologen und Experten des öffentlichen Gesundheitswesens vor. Mit Bedacht warnte er, dass die Regierungen der Bundesstaaten, die in den letzten drei Wochen die Beschränkungen des Wirtschaftslebens weitgehend aufgehoben haben, einem erneuten Ausbruch von Covid-19 den Weg geebnet haben. „Unnötiges Leid und Tod“ werden die Folge sein, so der Experte.

Fauci stellte klar, dass die Pandemie keineswegs „unter Kontrolle“ ist: Es seien weit mehr als die offiziell gemeldeten 80.000 Menschen an Covid-19 verstorben, die Wirksamkeit des antiviralen Medikaments Remdesivir sei „bescheiden“ und eine überstandene Infektion garantiere keine Immunität.

Präsident Donald Trump und Dr. Anthony Fauci, Direktor des National Institute of Allergy and Infectious Diseases, während einer Pressekonferenz im Weißen Haus (AP Photo/Alex Brandon)

Am Donnerstag gab Rick Bright, ein hochrangiger Beamter des öffentlichen Gesundheitswesens, seine Einschätzung vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses zu Protokoll. Er dokumentierte im Einzelnen seine wiederholten Warnungen an die Regierung über das Ausmaß der Pandemie sowie seine Forderung nach einer angemessenen Ausstattung mit Tests, Schutzausrüstung und Behandlungsmöglichkeiten. Bright machte klar, dass die Entscheidung der Trump-Administration zu unzähligen Todesfällen führen wird.

Doch anstatt diese Warnungen ernst zu nehmen, wurde Bright aus seiner Position als Leiter der Behörde für biomedizinische Forschung und Entwicklung entlassen und die Gefahren der Pandemie werden – ganz im Sinne Trumps – weiter heruntergespielt.

Am Mittwoch sprach der Präsident mit zwei Gouverneuren beider Parteien, die beide die Beschränkungen zur Eindämmung des Virus aufgehoben haben. Anschließend sagte er zu Reportern, die Kritik Faucis an der Beendigung des Lockdowns sei „keine akzeptable Antwort“.

„Er möchte sich eben in alle Richtungen absichern“, erklärte Trump und hob Faucis Aussage hervor, dass es bis August, wenn Schule und College normalerweise wieder beginnen, keinen Impfstoff und keine medizinische Behandlung gegen Covid-19 geben wird. Ich denke aber, dass unser Land nicht wieder auf die Beine kommt, wenn die Schulen geschlossen bleiben“, so der Präsident.

Ein bisher unbekanntes, tödliches Syndrom bei Kindern, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, tat Trump mit den Worten ab: „Kann man gleich Rückschlüsse ziehen, wenn einer von einer Million oder einer von 500.000 an so etwas erkrankt? Vielleicht… Aber auch wenn man seine Kinder zur Schule fährt, kann unterwegs etwas Schlimmes passieren.“ Erneut behauptete der Präsident, Covid-19 sei nur für ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen gefährlich.

Am Donnerstag verurteilte Trump die Aussagen von Rick Bright als „verdrießlich“, und der amerikanische Gesundheitsminister Alex Azar behauptete entgegen aller Fakten, die Forderungen Brights seien umgesetzt worden.

Noch am selben Tag setzte Trump seinen Angriff auf Fauci fort und erklärte dem Fox Business Network, er lehne dessen Vorbehalte gegen eine Wiedereröffnung der Schulen „vollkommen“ ab. Seiner Interviewpartnerin Maria Bartiromo, einer Fürsprecherin der Wall Street, sagte er: „Wir müssen unser Land wieder öffnen… So schnell wie möglich. Wir können so nicht weitermachen.“

Dr. Fauci ist seit mehreren Monaten das Ziel ultrarechter Angriffe, und in den Sozialen Medien ist der Hashtag #firefauci (dt. feuert Fauci) weit verbreitet. Breitbart.com, Fox News oder ähnliche Medien denunzieren ihn, weil er die vom Präsidenten gepriesenen Quacksalbereien gegen das Coronavirus nicht unterstützt. Fauci hatte außerdem erklärt, eine schnellere Reaktion der US-Regierung auf die Pandemie hätte viele Leben retten können.

Ebenfalls am Donnerstag hatte Trump einen Auftritt bei einem Unternehmen in Bundesstaat Pennsylvania, das medizinische Güter vertreibt. Dort sprach er sich für eine stark eingeschränkte Informationspolitik zur Pandemie aus. „Wenn man testet, hat man einen Fall“, sagte er. „Wenn man testet, stellt man fest, dass mit den Menschen etwas nicht stimmt. Wenn wir nicht testen würden, hätten wir nur sehr wenige Fälle,“ so der Präsident. Später fügte er hinzu: „Ganz ehrlich: Es könnte sein, dass die Tests überbewertet werden. Also vielleicht werden sie wirklich überbewertet.“ Am Tag seines Besuchs in Lehigh Valley in Pennsylvania – wo Trump erneut demonstrativ keine Maske trug – wurde im nahegelegenen Philadelphia gemeldet, dass bereits mehr als 1.000 Menschen an Covid-19 verstorben sind.

Trump greift die Wissenschaft an und stellt medizinische Erkenntnisse in Frage. Gleichzeitig unterstützte er Proteste in Pennsylvania und Michigan, die sich gegen die Ausgangsbeschränkungen wenden, und begrüßte eine Gerichtsentscheidung in Wisconsin, die eine großflächige Wiedereröffnung der Wirtschaft des Bundesstaats ermöglicht.

Der US-Präsident wendet sich an die rückständigsten und verwirrtesten rechten Kräfte der amerikanischen Gesellschaft, darunter christliche Fundamentalisten, Milizen und Impfgegner. Wie die geringen Teilnehmerzahlen an den Demonstrationen zeigen (in Lansing im Bundestaat Michigan waren es gerade einmal 200), erhalten diese Gruppen kaum Unterstützung aus der Bevölkerung. Dennoch berichten die Medien über die Proteste, als ob die Mehrheit der Menschen dafür wäre, Abstriche bei der öffentlichen Gesundheit zu machen.

Bei der Berichterstattung über das Gerichtsurteil aus Wisconsin lag der Fokus auf der Wiederöffnung von Bars und Restaurants und ihren zufriedenen Kunden. Doch dass die große Mehrheit die Beschränkungen unterstützt und den Verlauf der Pandemie genau verfolgt, wurde ignoriert. In Wisconsin gibt es über 11.000 mit dem Coronavirus Infizierte sowie 434 Todesfälle.

Diese Politik wird tödliche Folgen haben. Zu Beginn der Pandemie beschränkten sich die Ausbrüche von Covid-19 in den Vereinigten Staaten auf die urbanen Zentren des Landes. Heute befinden sich vier der zehn Countys mit den höchsten Todesraten in den ländlichen Südstaaten der USA, darunter zwei Countys in Georgia sowie die Gemeinde St. John the Baptist in Louisiana.

Mit den immer heftigeren Angriffen auf die Wissenschaft und auf Medizinexperten spricht Trump die Sprache der amerikanischen Finanzoligarchie. Es war zwar der Präsident selbst, der am vehementesten zu einer vorzeitigen Rückkehr an die Arbeitsplätze aufrief, doch durchgeführt wurde diese Politik von sowohl republikanischen als auch demokratischen Gouverneuren.

Auch die Wahrheiten der Mathematik würden heiß umstritten, wenn sie die Interessen der Klassen in ihrem Kampf berührten, sagte einst Lenin. Es geht hier allerdings nicht um Mathematik, sondern um notwendige wissenschaftliche und gesundheitspolitische Maßnahmen, um die Coronavirus-Pandemie zu bekämpfen und zehntausende Leben zu retten.

Den Milliardären, die vom Kongress und der Fed massive finanzielle Unterstützung erhalten haben, und ihren politischen Vertretern von den Republikanern und Demokraten ist das Schicksal der Arbeiterklasse vollkommen gleichgültig. Sie wollen sie nur wieder an die Arbeit zwingen, um Mehrwert aus ihrer Arbeitskraft zu pressen.

Die Drohung, die Arbeitslosenunterstützung und andere Leistungen zu kürzen, wird ausreichen, um Millionen zurück an die Arbeit zu zwingen. Doch es wird nicht ausreichen sie dort zu halten, da die Infektionszahlen und Todesfälle wieder in die Höhe schießen werden.

Die Rechtsextremen, die bei Protesten gegen die Ausgangsbeschränkungen im Regierungssitz von Michigan und anderswo demonstrativ automatische Waffen trugen, machen deutlich, was der Arbeiterklasse droht, wenn sie sich einer Rückkehr an den Arbeitsplatz widersetzt.

Die Socialist Equality Party lehnt die Kampagne zur Rechtfertigung einer verfrühten Rückkehr an die Arbeitsplätze entschieden ab. Präsident Trump, sein demokratischer „Gegner“ Joe Biden, die Demokraten und Republikaner (die beide für die Rettungsaktion der Großkonzernen stimmten) und die Gouverneure der Bundesstaaten – sie alle, die jetzt für die Lockerung oder Aufhebung der sozialen Distanzierungsmaßnahmen stimmen, machen sich schuldig am Tod von Tausenden.

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