Die folgende Erklärung wurde vom Aktionskomitee für Sicherheit des Fiat-Chrysler-Fertigungswerks Jefferson North (JNAP) erstellt (jnapsafety@gmail.com). Der WSWS Autoarbeiter Newsletter wird Autoarbeiter und andere Beschäftigte bei der Einrichtung von Aktionskomitees unterstützen. Kontaktiert den WSWS Autoarbeiter Newsletter per E-Mail unter auto@gleichheit.de.
Wir Autoarbeiter im Fiat-Chrysler-Fertigungswerks Jefferson North in Detroit nehmen Stellung, um unser Leben und das Leben unserer Familien zu verteidigen.
Am Donnerstagmorgen protestierten Arbeiter der A-Schicht und legten das Fließband still, nachdem neue Fälle von Covid-19 im Werk gemeldet wurden. Später am Tag weigerte sich auch die B-Mannschaft, bis zum frühen Freitagmorgen zu arbeiten, als die Unternehmensleitung und Funktionäre der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) einige Arbeiter zwangen, die Produktion wieder aufzunehmen.
Doch auch die nächste Schicht, die C-Mannschaft, weigerte sich am Freitagmorgen gegen 3:30 Uhr zu arbeiten, und die Arbeiter hielten das Fließband den ganzen Freitag über an.
Wir Arbeiter ergriffen diese Maßnahmen, weil wir uns nicht sicher fühlen! Weder die Unternehmensleitung noch die UAW geben uns zuverlässige Informationen über die Ausbreitung des Coronavirus in unseren Betrieben.
Die Rückkehr zur Arbeit im vergangenen Monat war völlig verfrüht. Unsere Kolleginnen und Kollegen hatten bereits unter den Folgen der verspäteten Werksschließung gelitten, weil die Unternehmen und die Gewerkschaft eine Schließung bis Mitte März hinauszögerten, wobei Dutzende von Autoarbeitern an Covid-19 starben. Wenn wir damals nichts unternommen hätten, um sie zur Einstellung der Produktion zu zwingen, wie viele wären dann noch gestorben?
Die Pandemie war noch nicht unter Kontrolle, als sie uns wieder an die Arbeit zwangen, und jetzt werden in den USA täglich neue Fälle gemeldet. Rekordzahlen von Todesfällen pro Tag werden unweigerlich eintreten, wenn nichts unternommen wird.
Die einzige Sorge der Autokonzerne und der Gewerkschaft bestand darin, die Produktion wieder in Gang zu bringen und dafür zu sorgen, dass die Investoren weiterhin Gewinne erzielen und die Unternehmensschulden bezahlt werden, egal wie viele von uns krank werden und sterben.
Alles, was sie über unsere „Sicherheit als oberste Priorität“ gesagt haben, war eine Lüge. Wir können keinen angemessenen Abstand an der Produktionslinie oder während des Schichtwechsels einhalten, das Werk wird nicht ausreichend gereinigt. Sie stellen die Produktion nicht mal für einen Tag ein, nachdem Ansteckungen bestätigt wurden, es gibt nicht genügend Handdesinfektionsmittel oder andere Hygienerichtlinien, und die Hitze und die körperliche Beanspruchung bei der Arbeit machen das Tragen von PPE-Masken fast unerträglich.
Viele Autoarbeiter haben Urlaub genommen oder sind zu Hause geblieben, um sich nicht dem Virus in den Betrieben auszusetzen. Aber die Unternehmen stellen rasch Zeitarbeitskräfte zu extremen Ausbeutungsbedingungen ein, um den Ausfall auszugleichen.
Da die Unternehmen und die UAW uns weiterhin in unsichere Arbeitszustände zwingen, stellt unser Komitee die folgenden Forderungen:
1. Die Arbeiter müssen unverzüglich über alle Fälle von Covid-19 und die betroffenen Bereiche informiert werden. Diese Informationen dürfen vor den Beschäftigten nicht geheim gehalten werden.
2. Wenn ein Fall bestätigt wird, sollte die Fabrik für 24 Stunden für eine Tiefenreinigung geschlossen werden, und zwar nicht nur der betroffene Bereich, sondern die gesamte Fabrik. Vorbeugende Wartung ist erforderlich, um eine sichere und angenehme Arbeitsumgebung zu gewährleisten.
3. Beim Betreten und Verlassen des Werks sowie während der Toiletten-, Mittags- und sonstigen Pausenzeiten müssen Abstandsregeln eingehalten werden.
4. Das Fließband muss stündlich für 10 Minuten angehalten werden, damit die Arbeiter ihre Masken abnehmen, sich ausruhen und abkühlen können.
5. Die Arbeiter müssen regelmäßig und flächendeckend getestet werden. Temperaturkontrollen und Eigenberichte über Symptome reichen nicht aus.
6. Wenn die Arbeitsbedingungen nicht sicher sind, haben die Beschäftigten das Recht, die Arbeit ohne die Androhung von Vergeltungsmaßnahmen seitens der Unternehmensleitung und der Gewerkschaft zu verweigern.
Das Aktionskomitee für Sicherheit von Jefferson North ruft alle Autoarbeiter und Arbeiter überall auf: Falls notwendig, stellt die Produktion ein. Wir haben das Recht auf eine sichere Umgebung und darauf, diese Krankheit nicht zu unseren Lieben mit nach Hause zu tragen. Das steht uns zu.
Es gibt reichlich Geld und Ressourcen, um unsere Sicherheit zu gewährleisten und die Pandemie zu bekämpfen. Die Regierung hat Milliarden an die Unternehmen ausgehändigt, und Billionen werden an die amerikanischen Konzerne insgesamt ausgeteilt. Dieses Geld darf nicht an die Reichen verschwendet werden. Es muss umgeleitet werden, um den Bedürfnissen und der Sicherheit der Arbeiter gerecht zu werden.
Die Probleme und Gefahren, denen wir in der JNAP begegnen, sind nicht nur auf unseren Betrieb beschränkt. Neue Fälle von Corona-Infektionen werden nach wie vor bei Ford, GM und den Teile-Zulieferern sowie in den Fleischverpackungs- und Lebensmittelverarbeitungsbetrieben, bei Amazon und anderswo gemeldet.
Alle Beschäftigten sollten ein Umfeld vorfinden, in dem die Gesundheit Priorität hat. Wir dürfen nicht im Dunkeln über ein Virus gehalten werden, das uns möglicherweise töten könnte. Nach einem harten Arbeitstag haben wir das Recht, unbeschadet nach Hause zu kommen, nicht krank, nicht verletzt.
Wir wissen, dass die UAW nichts unternehmen wird, um uns zu schützen. Alles, was sie tun, ist, unser Geld – und die Bestechungsgelder der Unternehmen – zu nehmen und dann zu unterstützen, was immer das Management verlangt. Niemand wird uns schützen außer uns selbst.
Wir haben mit dieser Aktion begonnen, aber jetzt brauchen wir die Unterstützung von Autoarbeitern und anderen Arbeitern überall. Schließt euch uns an und erweitert diesen Kampf: Teilt diese Erklärung. Erhebt unsere Forderungen. Bildet in eurem Werk ein Aktionskomitee für Sicherheit und setzt euch in Verbindung mit unserem.
Unsere Gesundheit darf nicht für die Unternehmensgewinne aufs Spiel gesetzt werden. Wir alle müssen uns zusammenschließen und für unsere Sicherheit und die unserer Familien eintreten!