Montag war der erste Schultag nach den Herbstferien in Frankreich. Im ganzen Land verweigerten Schüler und Lehrer sich der verbrecherischen Schulöffnungspolitik der Macron-Regierung, die tödliche Folgen haben wird. Am Montagmorgen versammelten sich Lehrkräfte in ihren Schulen und beschlossen, gegen fehlende Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen zu streiken. Im Internet kursieren Bilder von Schülern, die in Schulfluren, Klassenzimmern und Mensen wie Sardinen zusammengedrängt sind.
Die Regierung öffnet die Schulen nach den Ferien, obwohl sich eine zweite Pandemiewelle entwickelt hat. Dabei warnen die wissenschaftlichen Berater der Regierung, die zweite Welle werde vermutlich größer sein als die erste. In der ersten hatte Frankreich 30.000 Tote zu beklagen, und europaweit waren es 200.000 Covid-19-Tote. Mittlerweile sind in Frankreich mehr als 37.000 Menschen an dem Virus gestorben. Am Montag wurden weitere 416 Todesopfer gemeldet.
Die Regierung behauptet zynisch, das psychische Wohlergehen der Schüler stehe an erster Stelle. In Wirklichkeit ist die Schulöffnung jedoch von ganz anderen Anliegen motiviert: Sie soll gewährleisten, dass die Eltern weiter arbeiten gehen und die Konzerne trotz der Pandemie weiter Profite anhäufen können, egal wie viele Todesopfer es kostet.
Laut einem Twitter-Account, der über den Widerstand unter Lehrern gegen die Macron-Regierung berichtet, haben Lehrkräfte bei Versammlungen am Montagmorgen zig lokale Streiks im ganzen Land organisiert.
An der Balzac-de-Mitry-Mory-Schule organisierten am Montag 24 Lehrer einen Streik ab 8 Uhr morgens. An der Romain-Rolland-Schule in Clichy-sous-Bois bei Paris entschieden sich 22 Lehrer für einen Streik. An der Feyder-Schule in Epinay-sur-Seine bei Paris stimmten alle 47 Lehrer für einen Streik ab 8 Uhr morgens. Nur für 60 von 1.600 Schülern fand Unterricht statt. An der Berthelot-Schule in Pantin, nördlich von Paris, beschlossen 28 Lehrer einen Streik gegen die Forderung, den Unterricht aufzunehmen, „als würde nichts passieren“.
An der Bachelard-Schule in Chelles beriefen sich 20 Beschäftigte gegenüber der Schulleitung auf ihr Recht, wegen unsicherer Bedingungen durch die Pandemie und „Nichteinhaltung der Gesundheitsvorschriften“ zu streiken.
An der Jean-Jaurès-Schule in Clichy legten die Lehrer die Arbeit nieder, und die Verwaltung erklärte den Familien, die Schule müsse vielleicht geschlossen werden. An der Von-Donghen-Schule in Lagny fiel der Unterricht aus, nachdem die Lehrer mit einem Streik drohten. An der Flora-Tristan-Schule nördlich von Paris unterstützte die Hälfte der Lehrer einen Streik ab 8:30 Uhr. An der Joliot-Curie-Schule in Nanterre stimmten die Lehrer mit einer Mehrheit von 53 zu 3 für einen Streik ab Mittag. An der Olympe-de-Gouges-Schule in Noisy-le-Sec begannen mehr als 30 Lehrer am Morgen einen Streik. An der Eugène-Hénaff-Schule in Bagnolet stimmten 18 Lehrer für den Streik.
An der Alice-Guy-Schule in Lyon sollen sich die Schüler geweigert haben, ihre Klassenzimmer zu betreten. Berichten zufolge gab es auch in Montpellier und Marseille Lehrerstreiks.
In den Schulgebäuden gibt es nahezu keine Schutzmaßnahmen. Ein Lehrer berichtet in der Zeitung Le Monde: „Ich fühle mich erniedrigt. Während die Medien die Lehrer mit hochtrabenden Worten preisen, ist in der Wirklichkeit nichts davon zu spüren. ... Die Gesundheitsvorschriften sind die gleichen wie vor den Ferien! Die Schüler wechseln weiterhin zwischen den Klassen, mit 30 Schülern in einem Klassenraum. Wir haben seit Beginn der Maßnahmen keine Einmalmasken bekommen! Sonntag erhalten wir zwei Masken!“
Laut den bestehenden Vorschriften muss das Abstandsgebot „sofern möglich“ eingehalten werden. Angesichts der überfüllten Schulgebäude bedeutet dies ganz einfach, dass es nirgendwo gilt. Eltern werden angewiesen, vor Schulbeginn bei ihren Kindern die Temperatur zu messen und sie „zu Hause zu behalten“, wenn ihre Körpertemperatur bei über 38 Grad liegt. Da allgemein bekannt ist, dass viele Fälle von Covid-19 asymptomatisch verlaufen oder Symptome erst auftreten, nachdem sie bereits andere angesteckt haben können, wird diese Maßnahme die Ausbreitung des Virus in Schulen nicht eindämmen.
Laut Vorgaben ist „das Abstandsgebot für Schüler in der gleichen Gruppe (Klasse oder Jahrgang) weder in geschlossenen Räumen noch außerhalb notwendig“.
Schüler müssen nun ab sechs Jahren Masken tragen. Die Regierung gesteht damit selbst ein, dass sie zuvor gelogen hat, wenn es immer wieder hieß, im Grundschulalter könnten Kinder niemanden infizieren und seien auch selbst nicht durch das Virus gefährdet.
Die Grundschullehrerin Haydée Leblanc aus Abbeville sagte gegenüber France3: „Es wird für sie sehr schwierig, sechs Stunden am Tag Maske zu tragen, während sie auf der Straße keine tragen müssen. Sie werden die Masken immer wieder anfassen! Am Anfang hat man uns gesagt, es wäre kontraproduktiv, wenn kleine Kinder Masken tragen müssen, weil sie das Virus mit den Händen schneller verbreiten können. Offenbar hat sich die Doktrin geändert.“ Sie bezeichnete die Maskenpflicht als PR-Aktion und erklärte: „Es geht vor allem darum, etwas zu den Gesundheitsvorschriften hinzuzufügen, um die Familien zu beruhigen.“
Die Macron-Regierung verfolgt wissentlich eine Politik, die zu Tausenden von zusätzlichen Infektionen und Todesfällen führen wird. Schulen werden zu Übertragungsherden für das Virus, zahllose Kinder werden sich infizieren und ihre Familien und Freunde anstecken.
Die Wiedereröffnung der Schulen findet in einer Situation statt, in der Berichte von wissenschaftlichen Beratern der Regierung deutlich machen, dass der Teil-Lockdown ohne Schließung der nicht-systemrelevanten Unternehmen und Schulen die Ausbreitung des Virus nicht nennenswert verlangsamen wird. Das Pasteur-Institut schätzt, dass der Teil-Lockdown die Reproduktionsrate des Virus nur auf 0,9 senken wird, und das „pessimistische Szenario“ geht nur von einer Senkung auf 1,2 aus. Das würde bedeuten, dass sich das Virus weiterhin exponentiell ausbreitet.
Auch Kinder werden erkranken und sterben. Die offiziellen Behauptungen, junge Menschen wären durch das Virus nicht gefährdet, sind Lügen. Laut den französischen Gesundheitsbehörden befinden sich momentan 170 Menschen unter 19 Jahren wegen Covid-19 im Krankenhaus, 23 davon in Intensivpflege. Die langfristigen gesundheitlichen Folgen des Virus für junge Menschen sind noch unbekannt.
Die korrupte französische Gewerkschaftsbürokratie lehnt den Kampf gegen die Wiedereröffnung der Schulen ab. Sie haben unablässig mit der Macron-Regierung über deren Öffnungspolitik verhandelt und nichts unternommen, um den massiven Widerstand von Lehrern und Schülern zu mobilisieren. Am 30. Oktober veröffentlichten die Gewerkschaften eine zynische Mitteilung, in der sie Streiks am 2. und 7. November guthießen. Ihr Ziel war jedoch nur, die Kontrolle über den wachsenden Widerstand unter den Lehrern zu behalten.
Die wachsende Streikbewegung der Lehrer und Schüler muss vereint und organisiert werden. Dazu brauchen die Lehrer ihre eigenen Organisationen – von den Gewerkschaften unabhängige Sicherheits- und Aktionskomitees.
Der Kampf für die Schließung nicht systemrelevanter Industriezweige und die Möglichkeit für Arbeiter und Jugendliche, sicher zu Hause zu bleiben, erfordert die Mobilisierung der Lehrkräfte und breiter Schichten der Arbeiter in Massenstreiks. Die besten Verbündeten der Lehrer und Schüler in Frankreich sind die Lehrer und Schüler in Deutschland, Großbritannien, Europa und der Welt. Gemeinsam müssen sie Arbeiter auf einen europäischen Generalstreik vorbereiten und zum Kampf für die Machtübernahme der Arbeiterklasse und die Durchsetzung wissenschaftlich basierter Maßnahmen gegen die Covid-Pandemie mobilisieren.