Deutsche Großkonzerne nutzen die Corona-Krise, um seit langem geplante Massenentlassungen und Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen. Das gilt nicht nur für die Auto-, Stahl- und andere Industrien, sondern auch für die Banken. Während sich der DAX mit über 13.000 Punkten einem historischen Höchststand nähert und die Aktionäre im Geld schwimmen, bezahlen zehntausende Angestellte und Arbeiter diese Bereicherungsorgie mit ihrer beruflichen Existenz.
Anfang Dezember kündigten die Commerzbank und die Deutschen Bank weitere harte Sparmaßnahmen mit massivem Personalabbau und Filialschließungen an.
Die Deutsche Bank plant einschneidende Sparmaßnahmen im Privatkundengeschäft und die Schließung von weiteren 200 Filialen in den nächsten zwei Jahren – jeweils 100 bei der Deutschen Bank und 100 bei der Postbank. Das teilte der stellvertretende Vorstandschef der Deutschen Bank Karl von Rohr mit. Die Deutsche Bank hat bundesweit noch etwa 500 Zweigstellen, die Postbank noch etwa 800. Aufgrund eines Vertrags bei der Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank dürfen bei der Postbank jährlich höchstens 50 Filialen stillgelegt werden.
350 Stellen sollen bei den zentralen Abteilungen des Privatkundengeschäfts in Frankfurt und Bonn wegfallen. Das betrifft mehr als jeden Dritten der derzeit noch 1000 Angestellten in diesem Bereich und verstärkt die Angst um die Arbeitsplätze enorm. Betroffen von den Maßnahmen sind die Angestellten im Kundenmanagement, im Produktmanagement und in der Betriebsorganisation. In einem Schreiben an die Mitarbeiter, aus dem die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitiert, rechtfertigt von Rohr die scharfen Sparmaßnahmen damit, dass das Privatkundengeschäft in Deutschland nur durch weitere deutliche Kostensenkungen „rentabel und zukunftsfähig” gestaltet werden könne.
Die Gewerkschaften, vorneweg Verdi, sind in die massiven Angriffe eingebunden und treiben die Umstrukturierung tatkräftig mit voran. Laut von Rohr ist mit den Gewerkschaften ein Interessenausgleich vereinbart worden. Der Arbeitsplatzabbau solle „so sozialverträglich wie möglich” durchgeführt werden. Mit dieser Floskel werden seit Jahren Zehntausende Arbeitsplätze vernichtet.
Bei der Deutschen Bank läuft schon seit einiger Zeit ein Programm, das bis Ende 2022 den Abbau von weltweit 18.000 Arbeitsplätzen (gerechnet in Vollzeitstellen) auf dann noch 74.000 beinhaltet. Damit sollen insgesamt 3,3 Milliarden Euro eingespart werden. Die bisherigen Einsparungen auf Kosten der Beschäftigten haben dazu beigetragen, dass die Deutsche Bank im dritten Quartal dieses Jahres einen Nettogewinn von 309 Millionen Euro erzielte.
Bis vor kurzem war Manfred Knof für das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank zuständig. Er hat die Sparmaßnahmen rücksichtlos vorangetrieben und soll nun ab Anfang nächsten Jahres Vorstandschef der Commerzbank werden. Bereits der bisherige Vorstand hat mit dem Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen begonnen, jedem vierten bei der Bank. Knof soll nun zusammen mit Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter diesen Sparkurs überarbeiten und verschärfen. Das berichtet das Handelsblatt in seiner Ausgabe vom 30. November.
Vetter und Knof haben Erfahrung mit der Sanierung von Banken mit eiserner Hand. So war Vetter Vorstandschef der Bankgesellschaft Berlin und später der Landesbank Baden-Württemberg, wo unter seiner Führung Tausende von Arbeitsplätzen vernichtet wurden, während Milliarden an Steuergeldern die Vermögen der Anleger und Aktionäre schützten.
Als Verantwortlicher für das Privatkundengeschäft der Deutschen Bank hat Knof 50 Prozent der Verwaltungsstellen gestrichen. Bei der Commerzbank ist nach den Plänen des alten Vorstands bisher allein in der Frankfurter Zentrale der Abbau von 20 Prozent aller Arbeitsplätze vorgesehen. Dies könnte ein Bereich sein, in dem der neue Vorstandschef einen noch radikaleren Abbau anstrebt.
Während sich Tausende Angestellte der Deutschen Bank und der Commerzbank Sorgen um ihre Zukunft machen, gibt es Kräfte, denen die Angriffe nicht schnell und nicht weit genug gehen. Hierzu gehören der Finanzinvestor Cerberus, der den radikalen Umstrukturierungsplan für die Commerzbank im vergangenen Sommer mit ausgearbeitet hat, sowie die Gewerkschaft Verdi.
Ende Juli hatte ein Interview, das Verdi-Fachbereichsleiter Stefan Wittmann dem Manager Magazin gab, in Finanzkreisen Jubel ausgelöst. Wittmann warf darin dem Vorstandschef Martin Zielke und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Stefan Schmittmann, die Anfang Juli im Streit zurückgetreten waren, zu zaghaftes Vorgehen vor.
Er bezeichnete die beiden Manager als überforderte Konflikt-Vermeider, die vor der Krise Reißaus nähmen. Die Gewerkschaft habe immer eng mit der Unternehmensleitung zusammengearbeitet und frühzeitig Rationalisierungs- und Strukturmaßnahmen vorgeschlagen.
„Wir haben uns nie per se gegen den Abbau von Arbeitsplätzen gesperrt“, sagte Wittmann. „Wir haben auch die Schließung von Filialen nicht blockiert. Aber wir haben immer gesagt: Digitalisiert erst die Prozesse, bringt die Abläufe in Ordnung. Dann könnt ihr euch von dem Personal trennen, das ihr dadurch für verzichtbar haltet.“
Mit dem damaligen „Umbauplan“ der Commerzbank, der den Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen, die Schließung von 800 der 1000 Filialen und die Steigerung der Eigenkapitalrendite auf 7 Prozent vorsah, erklärte sich der Verdi-Funktionär im Grundsatz einverstanden. „Eine hohe vierstellige Zahl an Arbeitsplätzen zu streichen – das können wir unter den richtigen Rahmenbedingungen hinnehmen“, sagte er.
Verdi wird auch die Angriffe des zukünftigen Vorstands unterstützen. Es wird damit gerechnet, dass diese Anfang Februar 2021 auf einer Aufsichtsratssitzung beschlossen werden.
Um ihre Arbeitsplätze zu verteidigen, müssen sich die Beschäftigten der Commerzbank und der Deutschen Bank unabhängig von den Gewerkschaften organisieren. Sie müssen Aktionskomitees aufbauen, die für die Verteidigung aller Arbeitsplätze kämpfen und sich über Unternehmens- und Landesgrenzen hinweg zusammenschließen, um den immer brutaleren Angriffen entgegenzutreten. Für einen erfolgreichen Kampf ist eine sozialistische Perspektive gegen den Kapitalismus erforderlich.