Schul- und Kita-Öffnungen – ein mörderisches Durchseuchungs-„Experiment“

Die Einschränkung des Präsenzunterrichts und der Einfluss der Weihnachts- und Winterferien haben in den vergangenen Wochen zu einem substanziellen Sinken der Neuinfektions- und Todeszahlen geführt und damit ein weiteres Mal die zentrale Rolle bewiesen, die Schulen und Kitas im Pandemiegeschehen spielen.

Die Entwicklung unterstreicht eindrücklich die dringende Notwendigkeit eines europaweiten Schul- und Generalstreiks, um die Pandemie zu besiegen und den vermeidbaren Tod von hunderttausenden Menschen zu verhindern. Allein in Deutschland fordert Covid-19 nach wie vor jeden Tag durchschnittlich 400 Todesopfer – europaweit kommen täglich 4000 Tote hinzu.

Die Ausbreitung des Coronavirus-Wildtyps wird zudem in immer mehr Ländern Europas von ansteckenderen Varianten überlagert, die mittlerweile auch in Deutschland zunehmend bei Massenausbrüchen festgestellt werden. Laut RKI stieg der Anteil der britischen Mutation innerhalb von 14 Tagen auf mehr als 20 Prozent. Mit Blick auf die sich ausbreitenden Mutanten warnten die Virologen Melanie Brinkmann und Christian Drosten zuletzt gegenüber dem Spiegel davor, dass eine umfassende Öffnungspolitik allein in Deutschland unmittelbar 100.000 bis 180.000 weitere Menschen das Leben kosten würde.

Doch anstatt Schulen und Kitas geschlossen zu halten, die Wirtschaft auf das absolut lebensnotwendige Niveau herunterzufahren und die Pandemie mit europaweit koordinierten Maßnahmen einzudämmen – ein Ziel, das von mehr als 1000 führenden Wissenschaftlern unterstützt wird –, arbeiten Bund und Länder systematisch daran, die Bedingungen für eine dritte Welle zu schaffen. Das zeigt sich nirgendwo deutlicher als im Versuch der Landesfürsten, schnellstmöglich zu einem ungeschützten Präsenzunterricht zurückzukehren.

In Sachsen, wo die Krematorien angesichts des Massensterbens noch vor wenigen Wochen flächendeckend überwältigt waren, befinden sich Grundschulen und Kitas bereits seit Montag wieder im „eingeschränkten Regelbetrieb“ – ohne Abstandsregel und Maskenpflicht im Unterricht. Zum 8. März sollen auch die Schüler der weiterführenden Klassen zum Wechselunterricht zurückkehren.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ließ keinen Zweifel daran, dass es sich dabei um ein bewusstes Menschenexperiment handelt, das dazu dient, den Einfluss von Schulen und Kitas auf den Durchseuchungsgrad der Bevölkerung genauer abzuschätzen. Gegenüber der Bild am Sonntag bezeichnete er die „Öffnungen der Kitas und Grundschulen“ als einen wichtigen „Versuch“, dessen „Auswirkungen“ man „Anfang März sehen“ werde.

Kretschmer folgt damit dem Rat des Bonner Virologen Hendrik Streeck, der in den vergangenen Wochen und Monaten gegenüber der Presse und in Talkshows wiederholt eine Politik des „Ausprobierens“ gefordert hatte. Mit der Begründung, „wir wissen nichts über das Infektionsgeschehen an Schulen“, hatte Streeck Ende Januar bei Sandra Maischberger vorgeschlagen, „dass man an einem Ort die Schulen öffnet und an einem anderen Ort nicht“. Dies sei „kein Experiment am Menschen“, hatte der Virologe damals eilig behauptet.

Dass es sich in Wirklichkeit jedoch genau darum handelt, wird in der bürgerlichen Presse offen anerkannt. So spricht ein Kommentar der Süddeutschen Zeitung – die die Öffnungen begrüßt – mit Blick auf Kretschmers Pläne von einem „Wagnis“, für das es „natürlich Gründe“ gebe, und stellt fest: „Andere Bundesländer haben schon angekündigt, das Experiment ebenfalls wagen zu wollen.“

Das von der Linkspartei regierte Thüringen plant, ab Montag zum Regelbetrieb an Grundschulen und Kitas zurückzukehren. Der zu erreichende „Inzidenz-Grenzwert“ ist mit wöchentlich 100 Fällen pro 100.000 Einwohner derart hoch angesetzt, dass ab dem 1. März in den meisten Landkreisen voraussichtlich auch für alle weiteren Jahrgänge Präsenzunterricht gelten wird. Bis zur 7. Klasse herrscht keine Maskenpflicht im Unterricht.

Ein Bericht der Tagesschau macht deutlich, dass der kommende Montag in den allermeisten Bundesländern den Beginn umfassender Schul- und Kitaöffnungen markiert:

  • So sehen Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Saarland ab Montag Wechselunterricht für Grundschulkinder vor. Für Kitas gilt „Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen“, also ungeschützter Kontakt zwischen Kindern und Erziehern.
  • Brandenburg geht an Grundschulen ebenfalls zum Wechselunterricht über; die Kitas sind bereits seit Wochen geöffnet. Berlin hält zusätzlich eine „Notbetreuung“ für Grundschulkinder von „systemrelevanten“ Eltern aufrecht und erhöht die Kita-Auslastung verpflichtend auf 60 Prozent. Wechselunterricht für Abschlussklassen ist „nach Absprache möglich“.
  • Bayern führt in Landkreisen und Städten mit einer Inzidenz unter 100 Wechselunterricht für Grundschulklassen ein. Außerdem gilt an Kitas „eingeschränkter“ Regelbetrieb und Präsenzunterricht für die Abschlussjahrgänge von Gymnasien, beruflichen, Real- und Mittelschulen.
  • InHessen herrscht Wechselunterricht für die Klassen 1 bis 6 und die Abschlussjahrgänge, sowie „eingeschränkter Regelbetrieb für Kitas“. Rheinland-Pfalz sieht für die Klassen 1 bis 4 Wechselunterricht vor und einen „Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen“ in Kitas und in der Kinderbetreuung.
  • InSchleswig-Holstein sollen die Kitas, sowie die Klassen 1 bis 4 ab Montag sogar ohne Klassen- bzw. Gruppenteilung in den allgemeinen Präsenzbetrieb zurückkehren. Die Klassen 5 bis 13 sollen potentiell am 7. März folgen. Für Mecklenburg-Vorpommern gelten ab Mittwoch analoge Verordnungen.
  • InSachsen-Anhalt herrscht derzeit eine „Notbetreuung“ für die Jahrgänge 1 bis 6 und Präsenzunterricht für die Abschlussklassen. Sobald der Inzidenzwert auf 50 sinkt, soll „an allen Schulen des jeweiligen Landkreises“ ab dem 1. März wieder Regelunterricht stattfinden.
  • Bremen und Hamburg beginnen am 1. März mit Lockerungen, obwohl beide Stadtstaaten deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt der Inzidenzzahlen liegen. Bremen sieht für Grundschulen eine Rückkehr zum „Präsenzbetrieb in voller Klassenstärke“ vor. Wie auch in anderen Bundesländern gilt derzeit eine „Notbetreuungsregelung“, die arbeitenden Eltern die gesetzliche Grundlage entzieht, um von ihren Vorgesetzten eine Beurlaubung zu verlangen.
  • In Niedersachsen sind Grundschüler und Förderschüler mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung bereits seit Januar im Wechselunterricht, der nun auch für Abschlussklassen gelten soll. Eine allgemeine „Rückkehr zum Präsenzunterricht“ wird für Anfang März angestrebt, ebenso für Kitas. Volkswagen – der größte Arbeitgeber Niedersachsens – plant unterdessen die Errichtung eigener Impfzentren, da man davon ausgehe, „Teil der deutschen Impfstrategie“ zu werden, so ein Sprecher. Das Land nimmt mit einer Impfquote von 2,8 Prozent im bundesweiten Vergleich den letzten Platz ein.

Während sich mehrere Bundesländer damit brüsten, Schüler und Schulpersonal ein bis zwei kostenlose Testungen pro Woche anzubieten, berichten in den sozialen Medien Lehrer davon, dass die Teststationen oft außer Reichweite oder überlastet sind. Eine aktuelle Modellstudie der TU Berlin, die verschiedene Innenraum-Situationen miteinander vergleicht, hat erneut nachgewiesen, dass volle Klassenzimmer ohne Maskenpflicht – ebenso wie Großraumbüros – zu den mit Abstand riskantesten Umgebungen zählen.

Obwohl Lehrer, Erzieher und ihre Familien daher unmittelbar einem unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt werden, erklärte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission Thomas Mertens am Dienstag, es gebe „keine Notwendigkeit, die Lehrer jetzt abweichend von der [bisherigen] Empfehlung vorzuziehen“. Bislang sollen Lehrer und Erzieher mit niedrigerer Priorität geimpft werden als Einsatzpolizisten und Ordnungskräfte.

In ihrem mörderischen Drang zur Öffnung von Kitas und Grundschulen stützen sich die Regierungschefs – wie zu Beginn der Pandemie – auf pseudowissenschaftliche Studien und eine Phalanx von akademischen Propagandisten einer sogenannten „Herdenimmunität“. Unter dem Namen „Arbeitsgruppe Corona-Strategie“ trat in den letzten Tagen ein rechtes Netzwerk an die Öffentlichkeit, das von der Bevölkerung ein „Leben mit dem Virus“ verlangt und explizit die „Öffnung von Kitas und Grundschulen“ fordert.

Die „Arbeitsgruppe“ wird von Hendrik Streeck unterstützt und besteht aus acht Professoren – darunter der Epidemiologe Klaus Stöhr, der Leiter der Frankfurter Gesundheitsbehörde René Gottschalk, Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und Gerd Antes, Gründungsmitglied des „Netzwerks Evidenzbasierte Medizin“. Die Akteure sind seit Monaten als vehemente Verfechter einer Durchseuchungspolitik bekannt.

In ihrem aktuellen Positionspapier fordert die Gruppe von der Regierung die Ausarbeitung detaillierter „Pandemiepläne“, um abhängig von der „Belegung der Intensivstationen“ eine politisch „angestrebte Pandemiestufe“ festlegen zu können. Dazu müsse ein flexibler „Zielkorridor“ von Infizierten und Covid-Toten ins Auge gefasst werden, „der Deutschland ohne stetig neue Grundsatzdiskussionen bis zum Pandemieende bringt“.

Ebenso wie führende Regierungspolitiker und Wirtschaftsverbände behaupten die Professoren, dass „die Kollateralschäden durch Schließung von Kitas und Schulen“ in der Vergangenheit „zu wenig berücksichtigt worden“ seien. Mit einer Dreistigkeit und Ignoranz, wie sie sonst nur von Corona-Leugnern und der AfD bekannt sind, erklären die Autoren weiter, dass die „Effektivität von Kita- und Schulschließungen zur Senkung von (…) Todesfällen in den Risikogruppen der Alten und Pflegebedürftigen (…) in der Literatur nicht belegbar“ sei und damit eine „Einschränkung der Grundrechte von Kindern und Jugendlichen“ darstelle, „die ihnen fremdnützig auferlegt wird“.

Die „anteilmäßige Zunahme der B.1.1.7 Variante oder anderer Varianten“ sei zugleich „kein Grund, die SARS-CoV-2 Bekämpfungsstrategie (…) zu verändern“. Auch für die Notwendigkeit zusätzlicher „Schutzkonzepte für Schule und KiTa“ gebe es „keine Anhaltspunkte“. Stattdessen müssten die britischen Studien über die Ansteckungsrate von B.1.1.7 „dringend“ einer „Verifizierung in Deutschland“ unterzogen werden: „Das kann nur in Ländern mit niedrigem Anteil der Variante geschehen. Hierfür sind Studienprotokolle und -orte vorzubereiten.“ (Hervorhebung hinzugefügt)

Die Folgen einer derartigen Durchseuchungspolitik – kombiniert mit einer unvollständigen Immunisierung – werden von dem Papier offen ausgesprochen: „Mit zunehmender Immunität in der Bevölkerung steigt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von [unter hohem Selektionsdruck entstandenen] Escape-Mutanten. Damit ist in Ländern mit sinkender Populationsempfänglichkeit bald zu rechnen.“

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