Am Donnerstagabend stimmte das israelische Sicherheitskabinett laut einer Erklärung des Büros von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einstimmig für eine „gegenseitige und bedingungslose“ Einstellung der Kampfhandlungen.
Medienberichten zufolge haben sich Israel und die Palästinensergruppen Hamas und Islamischer Dschihad auf einen von Ägypten ausgehandelten Waffenstillstand geeinigt, der am Freitag um 2 Uhr morgens Ortszeit in Kraft treten soll. Ein Sprecher der Hamas bestätigte das Abkommen gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters und erklärte, der Waffenstillstand werde „auf Gegenseitigkeit beruhen und zeitgleich in Kraft treten“.
Es ist noch unklar, wie lange der Waffenstillstand halten wird, bevor Israel seine seit Jahrzehnten andauernde Gewalt gegen die Palästinenser wieder aufnimmt. Doch nachdem der Rauch sich jetzt lichtet, werden die massiven Folgen des israelischen Angriffs auf den Gazastreifen deutlich.
Das Gesundheitsministerium von Gaza erklärte am Donnerstagnachmittag, das durch den Angriff des zionistischen Regimes mindestens 232 Menschen getötet wurden, darunter 65 Kinder; weitere 1.900 wurden verwundet. Am Mittwoch erklärte das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA), im Westjordanland seien 25 Menschen getötet worden, darunter vier Kinder, weitere 6.309 wurden verwundet. In Israel wurden bis zum Mittwoch 12 Tote und 796 Verwundete gemeldet.
Gleichzeitig wurden laut dem UN OCHA in den letzten elf Tagen durch Israels Angriff auf den Gazastreifen mehr als 90.000 Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben.
Laut dem Bericht des OCHA ist die Zahl der Binnenflüchtlinge durch die Kampfhandlungen zusätzlich gestiegen und „beträgt jetzt insgesamt 91.000. 66.000 davon haben sich in 58 Schulen des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge in Gaza geflüchtet, weitere 25.000 leben bei Gastfamilien.“
Der Sprecher des OCHA, Jens Laerke, erklärte gegenüber der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu: „Insgesamt bleibt die Situation besorgniserregend. Gestern kam es am neunten Tag in Folge zu Kampfhandlungen zwischen israelischen Streitkräften und bewaffneten Gruppen im Gazastreifen; allerdings waren sie weniger heftig. Dafür haben sich die Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Streitkräften im Westjordanland und Ost-Jerusalem verschärft.“
US-Präsident Joe Biden stellte sich in einer Erklärung des Weißen Hauses nach Bekanntgabe des Waffenstillstands uneingeschränkt hinter Israels brutales Vorgehen: „Die Vereinigten Staaten unterstützen uneingeschränkt Israels Recht auf Selbstverteidigung gegen willkürliche Raketenangriffe der Hamas und anderer terroristischer Vereinigungen aus dem Gazastreifen, die zum Tod unschuldiger Zivilisten geführt haben.“
Biden sprach außerdem ein „Lob“ an Israel aus, weil es den augenblicklichen Konflikt nach elf Tagen beendet hat. Zuvor hatte er Ministerpräsident Netanjahu bei einem Telefonat am gleichen Tag die Fortsetzung der militärischen Unterstützung der USA zugesichert.
Nur einen Tag vor der Ankündigung des Waffenstillstands hatte Biden Netanjahu für seine Fortschritte bei der „Schwächung der Kapazitäten der Hamas und anderer terroristischer Elemente“ gelobt.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Wie die World Socialist Web Site bereits am Freitag erklärte, liegt die Verantwortung für das mörderische Vorgehen der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen eindeutig beim US-Imperialismus. Die Bombardierung wehrloser Palästinenser geschieht mit den Waffen und dem Geld, die von der US-Regierung mit Unterstützung der Demokraten und der Republikaner in Washington DC zur Verfügung gestellt werden.
Laut Al Jazeera haben die Palästinenser in Ramallah am Freitagmorgen mit Jubel auf das Inkrafttreten des Waffenstillstands reagiert. Der Korrespondent Safwat al-Kahlout erklärte, man habe überall Feuerwerkskörper und Freudenschüsse hören können: „Tausende gingen auf die Straße um zu feiern.“ Weiter erklärte er, die Palästinenser würden den Waffenstillstand als ihren Sieg betrachten.
Beispielhaft für die Gewalt gegenüber unschuldigen Zivilisten war ein israelischer Luftangriff auf das Haus einer Familie in Gaza am Donnerstag, bei dem laut Al Jazeera ein körperbehinderter Palästinenser, seine schwangere Frau und ihre dreijährige Tochter getötet wurden.
Wie Angehörige und die Behörden gegenüber Al Jazeera berichteten, bereiteten Eyad Salha und seine Frau (beide 33) am Mittwoch das Mittagessen zu, als „eine Rakete die Fassade des Gebäudes durchschlug und alle drei Räume ihrer Wohnung in Deir el-Balah im Zentrum des Gazastreifens zerstörte“.
Salhas Bruder erklärte, der Mann könne seit 14 Jahren nicht mehr laufen und sei kein bewaffneter Kämpfer gewesen. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP äußerte er: „Was hat mein Bruder getan? Er saß nur in seinem Rollstuhl. Was hat seine Tochter jemals getan? Oder seine Frau?“