Am letzten Donnerstag legten mehr als 20.000 Beschäftigte des srilankischen Gesundheitswesens im ganzen Land, einschließlich des vom Krieg verwüsteten Nordens und Ostens, für fünf Stunden die Arbeit nieder. Mit ihrem Streik für zahlreiche Forderungen widersetzten sie sich dem Verbot von Streiks in „systemrelevanten“ Bereichen, das die Rajapakse-Regierung verfügt hatte.
An der Arbeitsniederlegung von sieben Uhr morgen bis zwölf Uhr mittags beteiligten sich Ärzte, Sanitäter, Pflegekräfte und andere Beschäftigte aus neun wichtigen Krankenhäusern, darunter dem Nationalkrankenhaus sowie den Universitätskliniken in Colombo und von Kliniken in Peradeniya, Kandy, Anuradhapura, Karapitiya, Rathnapura, Jaffna und Batticaloa. Daneben veranstalteten die Beschäftigten im Gesundheitswesen auch einen landesweiten halbstündigen Protest zur Mittagspause, mit dem sie Urlaub für schwangere Pflegerinnen forderten.
Am letzten Mittwoch um Mitternacht hatte Präsident Gotabhaya Rajapakse eine außergewöhnliche Bekanntmachung veröffentlicht, laut der für das Gesundheitswesen des Landes der Essential Public Services Act gilt – ein Angriff auf die geplante Arbeitsniederlegung. Die reaktionäre Anordnung gilt auch für Beschäftigte der staatlichen Verteilungseinrichtungen und neun Provinzräte.
Eine Woche zuvor, am 27. Mai, hatte Präsident Rajapakse den Essential Services Act benutzt, um alle Arbeitskampfmaßnahmen in der Hafen-, Erdöl, Gas-, Bahn- und Busverkehrsbranche sowie in allen staatlichen Verwaltungsbehörden, Banken, Versicherungs- und Zollbehörden zu verbieten.
Damit wird das legitime und demokratische Recht auf Streiks oder sonstige Arbeitskampfmaßnahmen für fast eine Million srilankische Arbeiter kriminalisiert.
Zu der Protestveranstaltung am Donnerstag hatte der Gewerkschaftsbund Health Employees’ Trade Union Unity (HETUU) aufgerufen, dem 35 Gewerkschaften des Gesundheitswesens angehören, darunter die Medical Laboratory Technologists Association und die Government Nursing Officers Union (GNOU).
Die HETUU hatte zu dem fünfstündigen Ausstand aufgerufen, um die wachsende Wut der Beschäftigten im Gesundheitswesen zu beschwichtigen, die an vorderster Front gegen die Pandemie kämpfen. Genau wie ihre Äquivalents im Rest des Landes unterstützen auch die Gewerkschaften des Gesundheitswesens die Absicht der srilankischen Regierung, „die Wirtschaft“ offenzuhalten und Profiten Vorrang vor Menschenleben einzuräumen.
Die Government Medical Officers’ Association, die Public Service Nurses Union und die All Ceylon Health Employees Union, die von der oppositionellen Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) kontrolliert werden, lehnten die Teilnahme am Streik ab. Einige ihrer Mitglieder beteiligten sich jedoch trotzdem an dem Arbeitskampf von Donnerstag. Die All Ceylon Health Employees Union veranstaltete am 29. Mai eine separate Protestveranstaltung.
Die streikenden Beschäftigten im Gesundheitswesen veröffentlichten eine Reihe von Forderungen. So forderten sie die Bereitstellung von Schutzausrüstung und anderen Sicherheitsmaßnahmen gegen Covid-19, Risikozulage, Essen an Arbeitstagen, Transport während der Einschränkungen des Reiseverkehrs, Sonderurlaub für schwangere Beschäftigte und uneingeschränkte Zusatzleistungen für Arbeit an öffentlichen Feiertagen.
Angesichts des massiven Anstiegs von Corona-Infektionen in den letzten zwei Monaten haben die Beschäftigten im Gesundheitswesen mit einer ganzen Reihe von Protesten und Demonstrationen für diese grundlegenden Forderungen gekämpft. Die Regierung hat sich jedoch geweigert, auch nur eine der seit langem bestehenden Forderungen zu erfüllen.
Hunderte von überarbeiteten Beschäftigten in unterbesetzten und unterfinanzierten medizinischen Einrichtungen haben sich mit Covid-19 infiziert, mindestens vier sind in den letzten Monaten gestorben.
Die Streiks und Demonstrationen des Gesundheitspersonals und anderer Teile der srilankischen Arbeiterklasse sind Teil einer weltweit wachsenden Welle des Widerstands von Arbeitern gegen die Versuche der Regierungen und Arbeitgeber, durch Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne, Arbeitsbedingungen und soziale Rechte den Arbeitern die wirtschaftliche Last der Corona-Pandemie aufzubürden.
Die HETUU behauptet, sie werde nach dem 8. Juni weitere Arbeitskampfmaßnahmen organisieren, nannte aber keine weiteren Details. Der Vorsitzende der GNOU, Saman Rathnapriya, erklärte in einer zahnlosen Drohung, die Gewerkschaft werde Klage bei der International Labour Organisation einreichen, wenn die Regierung nicht auf die Forderungen der Beschäftigten eingehen werde.
Die Gewerkschaften im Gesundheitswesen wahren ein tödliches Schweigen über die repressiven Streikverbote Colombos und informieren ihre Mitglieder nicht einmal über die Auswirkungen von Rajapakses Anwendung des Essentail Services Act. Andere srilankische Gewerkschaften und die Oppositionsparteien haben sich nicht zu der Anwendung des drakonischen Gesetzes geäußert.
Wenn die Arbeiter ihren Kampf für bessere Bedingungen und demokratische Rechte erfolgreich führen wollen, müssen sie sich politisch auf eine Konfrontation mit der Regierung und ihren diktatorischen Angriffen vorbereiten.
Wie die WSWS am Montag in ihrer Perspektive erklärte, bedeutet dies einen Bruch mit den Gewerkschaften und den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees als neue Kampforganisationen:
Die Entwicklung des Klassenkampfs zeigt die objektive Einheit der Arbeiter, unabhängig von Unterschieden der Nationalität, Ethnie, Hautfarbe oder des Geschlechts. Aber diese Einheit muss durch eine bewusste Ablehnung aller Versuche, die Arbeiterklasse zu spalten, gesäubert werden.
In Sri Lanka bedeutet der Kampf für die Vereinigung von singhalesischen, tamilischen und muslimischen Arbeitern, sich der staatlich geförderten „Sinhala First“-Politik zu widersetzen; ebenso wie den Bemühungen der tamilischen Bourgeoisie, tamilischen Nationalismus zu verbreiten. Sie hat sich als lautstärkster Befürworter der Unterordnung Sri Lankas unter Washingtons Kriegstreiberei gegen China entpuppt.
Zu diesem Zweck hat das Internationale Komitee der Vierten Internationale bei seiner diesjährigen Online-Maikundgebung mit der Gründung der Internationalen Arbeiter-Allianz der Aktionskomitees begonnen.
Mehrere Beschäftigte im Gesundheitswesen sprachen mit der WSWS. Sie verurteilten die repressiven gesetzlichen Streikverbote der Rajapakse-Regierung und schilderten die gefährlichen Bedingungen in ihren Krankenhäusern.
Ein Krankenhausbeschäftigter aus Polonnaruwa erklärte: „Wir müssen uns dieses Dekret über systemrelevante Leistungen, das Streiks verbietet, genau ansehen. Das gleiche Gesetz wurde schon 1980 gegen Streikende benutzt. [Er meinte damit den Einsatz des Gesetzes durch Präsident J.R. Jayawardene, um den Generalstreik im öffentlichen Dienst 1980 zu unterdrücken.]
Nach dieser Verfügung können streikende Arbeiter sogar eingesperrt werden. Deshalb müssen wir unsere eigene Strategie gegen diesen Angriff organisieren. Das Wichtigste ist, dass diese Strategie auf der internationalen Arbeiterklasse basieren muss. Das erfordert die Bildung von Aktionskomitees an allen Arbeitsplätzen und die Vereinigung mit unseren internationalen Verbündeten, wie es die Socialist Equality Party vorschlägt.
Bisher gibt es unter den Beschäftigten im Krankenhaus von Polonnaruwa noch wenig Bewusstheit darüber. Sie haben noch nicht begonnen, über dieses Gesetz zu diskutieren. Die Gewerkschaften kümmern sich nicht um diese Themen, aber wir – die Arbeiter – müssen die Angriffe abwehren.“
Ein Arbeiter vom Allgemeinkrankenhaus in Kandy erklärte, das gesamte Personal der Einrichtung habe sich dem Arbeitskampf über alle Gewerkschaften hinweg angeschlossen.
„Die Gewerkschaften rufen gesondert zu Aktionen auf. Zum Beispiel gab es am 29. Mai eine Protestveranstaltung, eine andere am 3. Juni. Die übrigen Gewerkschaften machen dasselbe. Das zeigt, dass sie ein gemeinsames Vorgehen absolut ablehnen und eine für die Regierung gefährliche Situation befürchten.
Das Hilfspersonal im Krankenhaus ist jetzt bereit, wegen des unerträglichen Drucks den Kampf aufzunehmen. Wir haben keine sicheren oder angemessenen Verkehrsmittel. Die Fahrpreise für Busse sind auch gestiegen, und wir fahren darin ohne soziale Distanzierungsmaßnahmen.“
Eine Pflegerin aus einem Krankenhaus in Jaffna erklärte über das Streikverbot der Regierung: „Das ist wie in einer Diktatur – ein undemokratischer Angriff auf die Rechte der Arbeiterklasse, gegen den wir uns wehren sollten.
Die Regierung nutzt die Situation mit dem Coronavirus, um drakonische Gesetze gegen die Bevölkerung durchzusetzen. Wenn die Ausbreitung der Pandemie verhindert werden soll, dann hätte man einen ordentlichen landesweiten Lockdown und andere Gesundheitsmaßnahmen umsetzen müssen.
Ich habe den Streik unterstützt, weil diese Forderungen sehr wichtig sind. Ich arbeite in einer Station, auf der Corona-Patienten behandelt werden. Ich wurde geimpft, aber meine Familie noch nicht. Ich mache mir große Sorgen um sie, deshalb lebe ich getrennt von ihnen.
Wir arbeiten unter sehr schwierigen Bedingungen. Es gibt nur einen Arzt auf unserer Station, und nur wenige Pfleger. Wir arbeiten lange Schichten ohne Ruhepausen, es gibt keine angemessenen Einrichtungen zur Behandlung von Beschäftigten. Männer und Frauen benutzen die gleichen Waschräume, Toiletten und Umkleiden. Die Behörden haben daran nichts geändert, weil angeblich kein Geld da ist.“
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