Perspektive

Weist die rechte Kampagne gegen das Impfen zurück!

Die Kampagne gegen Massenimpfungen ist durch und durch reaktionär und muss von Arbeitern in aller Welt bekämpft werden. Inmitten der weltweiten pandemischen Ausbreitung eines tödlichen Virus, dem nach offiziellen Angaben mehr als vier Millionen Menschen zum Opfer gefallen sind (in Wirklichkeit sind es weit mehr als 10 Millionen), sind Massenimpfungen für die öffentliche Gesundheit und die Selbstverteidigung der Arbeiterklasse unbedingt erforderlich.

Auch die Darstellung, die einen „Impfzwang“ beschwört, ist völlig falsch, da sie die Frage so auffasst, als ob es sich bei den Impfungen um eine Art Eingriff in die „persönliche Freiheit“ handelt. Tatsächlich hat kein Mensch das „Recht“, andere anzustecken und deren Leben zu gefährden.

Ein medizinischer Mitarbeiter verabreicht eine Dosis des Covid-19-Impfstoffs von Johnson & Johnson (AP Photo/Leo Correa)

In einer Massengesellschaft hängt der Schutz der öffentlichen Gesundheit von einer ganzen Reihe von Vorschriften ab: Anschnallpflicht und Geschwindigkeitsbegrenzung, Verbot von Trunkenheit am Steuer und Rauchen auf öffentlichen Plätzen, Höchstbelegungszahlen für Gebäude, Vorschriften für Behindertenparkplätze und eine ganze Reihe anderer Maßnahmen. Hinzu kommen die von der Arbeiterklasse hart erkämpften (und überall angegriffenen) Errungenschaften wie der Achtstundentag und das Verbot der Kinderarbeit.

Es sind stets die rechtesten Kräfte, die sich dem Schutz der sozialen Rechte widersetzen, indem sie das Banner der „individuellen Rechte“ erheben, von denen das „Recht auf Profit“ das berüchtigtste ist.

Was die Impfungen betrifft, so sind sie heute eine Routineanforderung für Auslandsreisen, häufig zum Schutz vor Krankheiten in den besuchten Ländern, gegen die die Reisenden möglicherweise keine eigene Immunität besitzen – aber auch gegen weit verbreitete Krankheiten wie Tuberkulose und Malaria. Es handelt sich dabei um den Schutz vor Tod und schwerer Krankheit, nicht um Eingriffe in die „persönliche Freiheit“.

Ebenso ist es – den üblen und unverantwortlichen Bemühungen von „Impfgegner“-Gruppen zum Trotz – üblich, dass Kinder vor dem Schulbesuch geimpft werden müssen, unter anderem gegen MMR, Polio und andere Krankheiten. Sobald eine für Kinder wirksame und sichere Version des Covid-19-Impfstoffs entwickelt ist, was hoffentlich in wenigen Monaten der Fall sein wird, sollte auch diese Impfung für den Schulbesuch verpflichtend werden.

Die Kampagne gegen eine „Impfpflicht“ hat rein gar nichts Fortschrittliches an sich. Ihr liegen Appelle an Unwissenheit, Angst und wissenschaftsfeindliche Vorurteile zugrunde. Diejenigen, die eine Kampagne gegen Impfungen führen und dabei behaupten, sie seien ein unerträglicher Eingriff in die persönliche Freiheit, gehen mit Anarchismus und Libertarismus hausieren. Die Interessen der Arbeiterklasse haben damit nichts zu tun.

Es sollte nicht überraschen, dass sich die Gewerkschaften, die nichts zum Schutz der Arbeiter vor der Pandemie getan haben, der Kampagne angeschlossen haben. Die Dienstleistungsgewerkschaft Service Employees International Union, die sich geweigert hat, die Welle von Infektionen und Todesfällen in Pflegeheimen im letzten Jahr zu bekämpfen, rief letzte Woche in New York City zu einer Demonstration gegen die Pflichtimpfung für Beschäftigte im Gesundheitswesen auf. Randi Weingarten von der Lehrergewerkschaft American Federation of Teachers, die unabhängig von der Pandemie die Rückkehr aller Schulen in den Präsenzunterricht gefordert hat, sprach sich dort gegen Pflichtimpfungen aus, weil „sich jeder an seinem Arbeitsplatz sicher und willkommen fühlen muss“.

Es kann katastrophale Folgen haben, wenn eine infizierte Person an einem überfüllten Arbeitsplatz, in einer Schule oder einem Krankenhaus arbeitet. Angesichts dieser Tatsache ist die Anforderung, dass sie geimpft sein muss, völlig legitim und notwendig.

Jemand, der sich trotz Zugangs zu einem Impfstoff weigert, sich impfen zu lassen, wird zwangsläufig nicht neben anderen arbeiten dürfen. In solchen Fällen sollte die betreffende Person beurlaubt werden, wobei die Beurlaubung beendet werden kann, sobald sie geimpft wurde. Dies muss mit einer systematischen Aufklärungskampagne verbunden werden, die von medizinischen Fachleuten und Gesundheitspersonal geleitet wird, um die Vorteile und die unerheblichen Risiken eines Schutzes gegen Covid-19 zu erläutern.

Es ist jedoch grundlegend falsch, das Problem als individuelle Nachlässigkeit darzustellen. Nicht die Arbeiter sind für die katastrophale Verbreitung von Covid-19 verantwortlich, sondern die herrschende Klasse. Ein echter Wandel in der öffentlichen Meinung von Millionen Menschen ist nur möglich, wenn es eine industrielle und politische Bewegung der Arbeiterklasse gegen die gesamte Pandemiepolitik der Finanzoligarchie gibt.

Die Kampagne gegen die „Impfpflicht“ ist die jüngste Etappe im Widerstand der herrschenden Klasse gegen alle Maßnahmen, die der Eindämmung der Pandemie dienen. Es ist zutiefst tragisch, dass viele derjenigen, die von dieser Kampagne in die Falle gelockt wurden, ihr eigenes Leben und das Leben von Familienmitgliedern und Arbeitskollegen in große Gefahr bringen, indem sie sich nicht impfen lassen.

Es fand nicht nur keine massenhafte Aufklärungskampagne statt, um die Impfung zu bewerben – die herrschende Klasse hat vielmehr während der gesamten Pandemie eine systematische Desinformationskampagne durchgeführt, die mit der längerfristigen Förderung reaktionärer und wissenschaftsfeindlicher Auffassungen verbunden wurde.

Die gesamte Reaktion der herrschenden Klasse auf die Pandemie war von Täuschung und Kriminalität durchzogen. Von der anfänglichen Verharmlosung der Gefahr über die Bemühungen, die Arbeiter zur Arbeit zu zwingen, während sich die Pandemie noch ausbreitete; bis hin zu der verlogenen Behauptung, China sei für das Massensterben verantwortlich – und nicht die kapitalistische Oligarchie, die sich weigerte, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu stoppen.

Die Politik der Biden-Administration, die auf derjenigen der Trump-Administration aufbaut, scheint fast absichtlich darauf angelegt zu sein, öffentliche Skepsis zu schüren. Trump und seine faschistischen Gefolgsleute haben von Anfang an alle Pandemiemaßnahmen verurteilt, Lockdowns angegriffen und geschworen, Michigan und andere Bundesstaaten mit auch nur begrenzten Pandemiemaßnahmen zu „befreien“. In den republikanisch regierten Bundesstaaten herrscht nun eine verheerende Kombination aus niedrigen Impfquoten und steigenden Infektionsraten, während sich die Delta-Variante ungebremst ausbreitet. Die Gouverneurin von Alabama, Kay Ivey, schiebt den Ungeimpften die Schuld an den steigenden Infektionszahlen in die Schuhe, doch es war ihre eigene Partei, die die Kampagne zur Verharmlosung der Pandemie angeführt hat.

Die Biden-Regierung hat die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an den Schulen zu ihrer obersten Priorität erhoben – ungeachtet der Auswirkungen auf Lehrer und Schüler –, damit die Eltern wieder in die Fabriken und Büros zurückkehren konnten. Nachdem die Biden-Regierung behauptet hatte, die Pandemie sei im Wesentlichen vorüber, ließen die US-Seuchenschutzbehörden Centers for Disease Control and Prevention (CDC) die Maskenpflicht fallen. Weil die darauffolgende explosionsartige Zunahme der Delta-Variante eine gewisse Kursänderung unumgänglich machte, hat sich die Regierung mittlerweile gezwungen gesehen, einen begrenzten Rückzieher zu machen und das Tragen von Masken unter bestimmten Umständen auch für Geimpfte zu befürworten.

Massenimpfungen sind nur eine Komponente einer globalen Kampagne, um das Virus auszurotten – neben Masken, Abstandsregeln, Massentests und der Einstellung jeglicher nicht lebensnotwendiger Produktion, bis die gesamte Weltbevölkerung geschützt ist. Eine solche Anstrengung, die mit den von den Superreichen angehäuften Billionen bezahlt werden muss, erfordert die politische Intervention der Arbeiterklasse gegen die Politik der herrschenden kapitalistischen Eliten, die zu jedem Zeitpunkt den Profiten Vorrang vor dem menschlichen Leben und den Interessen rivalisierender Nationalstaaten Vorrang vor den kollektiven Bedürfnissen der Menschheit eingeräumt hat.

Auf globaler Ebene hat die große Mehrheit der Menschheit noch immer keinen Zugang zu Impfstoffen, da die impfstoffproduzierenden Länder der industrialisierten Welt praktisch den gesamten Vorrat gehortet haben. Kaum ein Prozent der Bevölkerung in Afrika ist vollständig geimpft. Die Quoten in Süd- und Südostasien sind nicht viel besser. Und die gewaltige soziale Polarisierung in jedem kapitalistischen Land bedeutet, dass die Wohlhabenden und die obere Mittelschicht zwar leichten Zugang zu Impfungen haben, die Armen aber praktisch nicht.

Das gilt ebenso für die wohlhabenden Länder. Ein Haupthindernis für Impfungen in den Vereinigten Staaten ist die Armut – und zwar sowohl für die in den städtischen Slums als auch in der ländlichen Isolation lebenden Menschen. Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass nach Angaben des US-amerikanischen Census Bureau mehr als die Hälfte der ungeimpften Amerikaner in Haushalten mit einem Jahreseinkommen von weniger als 50.000 Dollar leben. Die Autoren der Studie bemerken, dass „das Jonglieren von Arbeitszeiten und Kinderbetreuung wichtigere Faktoren als die Politik sein könnten“, um trotz eines reichlichen Angebots an Impfstoffen das Versäumnis zu erklären, sich impfen zu lassen.

Die Politik der Arbeiterklasse muss politische Unnachgiebigkeit und geduldige Aufklärung miteinander verbinden. Die Entwicklung einer klassenbewussten Arbeiterbewegung durch die Organisation von Aktionskomitees für Sicherheit an jedem Arbeitsplatz würde es Arbeitern – insbesondere denen im Gesundheitswesen – ermöglichen, an der Spitze einer politischen Kampagne für allgemein verpflichtende Impfungen einzutreten und ihre Klasse vor der tödlichen Gefahr der Pandemie zu schützen.

Der Kampf gegen die Pandemie ist nicht nur eine medizinische Frage. Er erfordert einen politischen Kampf der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische System. Um auf die Pandemie im Sinne der öffentlichen Gesundheit zu reagieren, sind ein globaler Plan und eine globale Koordination erforderlich, die nur durch den Aufbau einer internationalen revolutionären Führung und die Übernahme der Macht durch die Arbeiterklasse möglich sind.

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