Durchseuchung an Schulen und Kitas: „Ansteckungspflicht“ für ungeimpfte Kinder

Mit dem Beginn des Präsenzunterrichts an den Schulen droht eine Welle von Infektionen und Krankenhauseinweisungen von Kindern und Jugendlichen. 40 Prozent der deutschen Bevölkerung sind bisher nicht vollständig geimpft, und der Trend der Infektionszahlen geht wieder stark nach oben.

Allein in den letzten zehn Tagen hat sich der Sieben-Tage-Mittelwert der Infektionen verdoppelt. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) vollzieht sich dieser Anstieg „wesentlich früher und schneller als im vergangenen Jahr, als vergleichbare Inzidenzen erst im Oktober erreicht wurden“. Das Institut meldete am Mittwoch rund 16.700 Neuinfektionen und eine Ansteckungsrate (R-Wert), die mit 1,19 ein exponentielles Wachstum anzeigt.

Von der Explosion des Infektionsgeschehens sind gegenwärtig vor allem die jüngeren Altersgruppen betroffen. Am höchsten waren die Inzidenzen in der vergangenen Woche unter Schulkindern (113), gefolgt von der nächsthöheren Altersgruppe der 15- bis 34-Jährigen (88). Während die Sieben-Tage-Inzidenz in allen Altersgruppen rasch steigt, hat sie sich unter den nahezu völlig ungeimpften 5- bis 14-Jährigen innerhalb einer Woche fast verdoppelt.

Trotz der dreistelligen Inzidenz unter Kindern gehen sämtliche Landesregierungen nach den Ferien zu vollem Präsenzunterricht über und führen systematisch die Anwesenheitspflicht wieder ein – ein politisches Verbrechen, an dem von der Linkspartei bis zur Union alle Parteien beteiligt sind.

Gegenwärtig hat sich ausschließlich Hamburg gezwungen gesehen, die Anwesenheitspflicht vorübergehend auszusetzen, nachdem die Inzidenz unter Schulkindern auf 222 gestiegen war.

Dass die daraus resultierende Corona-Durchseuchung der Kinder bewusst in Kauf genommen und beabsichtigt wird, steht mittlerweile außer Zweifel. Besonders scharf zeigt sich dies in Schleswig-Holstein, wo die Inzidenz unter Schulkindern in der vergangenen Woche auf 166 angestiegen ist und auch die Infektionszahlen in den anderen Altersgruppen in die Höhe treibt.

Dort behauptete Dr. Anne Marcic, Infektionsschutzreferentin des Landesgesundheitsministeriums, gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk (NDR), es sei „kein Problem mehr, wenn sich kleine Kinder infizieren“ – vielmehr sei dies „deren einzige Möglichkeit, sich zu immunisieren“. Die Ansteckung der Kinder zu verhindern, sei eine „Illusion“, so die Regierungsberaterin: „Sie werden mit dem Erreger in Kontakt kommen.“

Die Zeit stellt fest, dass „mehr als neun Millionen Kinder unter zwölf Jahren“, die nicht geimpft sind, nun vorsätzlich „der Durchseuchung durch das Virus überlassen“ werden. Obwohl sie „keine Wahl“ hatten und „in den letzten eineinhalb Jahren auf Kindergeburtstage, Kitafeste, viele Monate Präsenzunterricht und Sport im Verein verzichten mussten“, drohe diesen Kindern in den kommenden Monaten eine Covid-Erkrankung.

Bereits zuvor hatten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und andere Regierungspolitiker erklärt, dass sich im Winter „jeder, der nicht geimpft ist“, mit dem Coronavirus infizieren werde. Welches vermeidbare Leid eine derartige Durchseuchung der Kinder für arbeitende Familien bedeutet, sprachen die Politiker nicht aus.

In Wirklichkeit gefährdet diese mörderische Durchseuchungspolitik das Leben von Hunderttausenden Kindern und ihren Angehörigen. Das zeigen Zahlen aus den USA, wo die Infektionen nach der Wiederöffnung der Schulen massiv zunehmen. Allein in der dritten Augustwoche steckten sich 180.000 Kinder an. Im selben Zeitraum starben 24 Kinder an Covid-19. In der Gesamtbevölkerung ist die tägliche Zahl der Infektionen über 170.000 gestiegen, am Mittwoch starben knapp 1300 Menschen an den Folgen der Pandemie.

Die tödlichen Gefahren einer akuten Corona-Infektion werden durch das Risiko von Spät- und Langzeitfolgen verschärft, darunter das Pädiatrische Inflammatorische Multiorgan-Syndrom (PIMS) und Long Covid. Sie können zu einem Verlust von bis zu 7 IQ-Punkten führen, was einer schlimmeren Schädigung als bei einem Schlaganfall entspricht. Eine Umfrage aus Großbritannien hat ergeben, dass rund 9 bis 13 Prozent der an Covid-19 erkrankten Kinder und Jugendlichen fünf Wochen nach der Infektion noch mindestens ein Symptom aufwiesen.

Das RKI, das sich auf die Meldungen der lokalen Gesundheitsbehörden stützt, gelangt zum Schluss, dass sich bei der Zahl der Corona-Ausbrüche an Schulen „zuletzt (trotz Schulferien in den meisten Bundesländern) möglicherweise ein erneuter Anstieg abzeichnet“. Die ursprünglichen Richtwerte von 35 für Wechselunterricht und 50 für vollen Fernunterricht sind von Bund und Ländern längst über Bord geworfen worden.

Die Gefahr in den Klassenzimmern wird weiter vergrößert, weil eineinhalb Jahre nach Pandemiebeginn immer noch kaum ein Klassenraum mit technischen Schutzmaßnahmen wie Luftfiltern ausgestattet ist. Das angekündigte Förderprogramm des Bundes über 200 Millionen Euro beläuft sich nur auf ein Fünftel der Summe, die laut Experten mindestens erforderlich wäre, um an allen Schulen Luftfilter zu installieren. Sie entspricht weniger als 0,4 Prozent des Jahresetats der Bundeswehr.

Mehrere Bundesländer haben überdies Regeln beschlossen, um die Schulen so lange wie möglich offen zu halten. Im rot-rot-grün regierten Berlin, das derzeit eine Gesamtinzidenz von knapp 70 aufweist, gilt ein Drei-Stufen-Plan, bei dem selbst in der höchsten Stufe weiterhin Unterricht mit Präsenzpflicht für die Jahrgangsstufe 6, Abschlussjahrgänge und Förderschulen stattfindet. Die Zuordnung zu einer der drei Stufen erfolgt dabei nicht abhängig von Inzidenzwerten, sondern durch die Entscheidung der jeweiligen Ämter.

In Nordrhein-Westfalen (aktuelle Inzidenz 125,9) wird der Präsenzunterricht unabhängig von der Inzidenz stattfinden. In Sachsen sollen Grund- und Förderschulen ab einer Inzidenz von 100 in den eingeschränkten Betrieb gehen. Auch für die Schulen in Thüringen gilt ein Stufensystem, für das die Inzidenzzahlen keine Rolle spielen. Bei einer Infektion an der Schule sollen nur die infizierte Person und alle unmittelbaren Kontakte in Quarantäne geschickt werden, die Schule aber offenbleiben.

Für alle anderen Bundesländer existieren aktuell keine Regeln, ab wann Schulen geschlossen werden, so dass dort derzeit ein unbefristetes Infektionswachstum möglich ist.

Zusätzlich zum Offenhalten der Schulen schaffen einige Bundesländer grundlegende Schutzmaßnahmen ab, wie die Maskenpflicht im Unterricht. In Bremen, Hessen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen gilt aktuell keine Maskenpflicht im Unterricht. In Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Sachsen gilt sie erst bei einer Inzidenz über 35, in Bayern an Grundschulen bei einer Inzidenz über 50 und an weiterführenden Schulen bei einer Inzidenz über 25. In Berlin gilt eine Maskenpflicht nur in den ersten vier Wochen und ist danach abhängig vom Stufensystem. In Hamburg fällt sie im Sport-, Musik- und Theaterunterricht weg.

In Baden-Württemberg, wo die Grünen den Ministerpräsidenten und die Kultusministerin stellen, soll die Maskenpflicht zwei Wochen nach Schuljahresbeginn aufgehoben werden. Das Magazin familie.de berichtet, dass Eltern in Baden-Württemberg ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro droht, wenn sie sich weigern, ihr Kind in die Schule zu schicken.

Auf einer Onlineveranstaltung der World Socialist Web Site am letzten Sonntag erklärten führende Wissenschaftler übereinstimmend, dass die Auslöschung des Virus die einzige vertretbare Politik in der Pandemie sei. Schutzmaßnahmen wie Impfen, Masken und Luftfilter können langfristig nur Erfolg haben, wenn sie Bestandteil einer Strategie sind, die der Pandemie durch die Auslöschung des Virus ein Ende setzt. Für eine solche Strategie, die private Profite vollständig der Gesundheit der Weltbevölkerung unterordnet, kämpft nur die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) bei den diesjährigen Bundestagswahlen.

Alle Bundestags- und Landtagsparteien sind bereit, das Leben von Millionen Kindern aufs Spiel zu setzen, um die Profitmaximierung des Großkapitals am Laufen zu halten. Anstatt das Virus auszurotten und echte Investitionen in sichere Bildung vorzunehmen, zwingen sie Kinder und ihre Eltern durch Präsenzpflicht zur Infektion. Um diesem brutalen Profite-vor-Leben-Programm der herrschenden Klasse entgegenzutreten, müssen Schüler, Lehrer und Eltern unabhängige Aktionskomitees für sichere Bildung aufbauen und für eine antikapitalistische und sozialistische Perspektive kämpfen.

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